sich an den Oberschenkel und taumelte zu Boden; doch er war nur verwundet, und so scho? Kate ihm in den Kopf, wahrend er noch am Boden lag.

Sie griff gerade nach dem nachsten Pfeil, als sie sah, da? de Kere sich aus dem Kampf mit Marek gelost hatte und jetzt mit erstaunlicher

Geschwindigkeit die Treppe hoch auf sie zugerannt kam.

Kate legte den Pfeil auf die Sehne und scho? ihn auf de Kere ab. Aber sie war zu hastig gewesen und verfehlte ihn. De Kere kam immer naher.

Sie lie? Pfeil und Bogen fallen und rannte nach drau?en.

Wahrend sie uber die Kampe zur Getreidemuhle lief, schaute sie aufs

Wasser hinunter. Uberall glitzerten Flu?steine unter dem brodelnden wei?en Wasser: Zum Springen war es viel zu flach. Sie mu?te auf dem gleichen Weg wieder hinunter, den sie hochge-kommen war. Hinter ihr schrie de Kere etwas. Auf dem Wachturm vor ihr spannten einige Soldaten ihre Bogen.

Als die ersten Pfeile flogen, hatte sie die Tur zur Muhle erreicht. De Kere lief inzwischen ruckwarts, schrie die Bogenschutzen an und schuttelte wutend die Faust. Pfeile umschwirrten ihn. Aus dem Obergescho? der Muhle ertonte ein lautes Poltern. Soldaten warfen sich gegen die mit der Leiter versperrte Tur. Kate wu?te, da? die Leiter nicht lange halten wurde. Sie ging zu dem Loch im Boden und schwang sich in den darunterliegenden Raum. Der Tumult weckte die betrunkenen Soldaten, die sich mit verquollenen Augen hochrappelten. Doch bei all dem gelben Staub in der Luft konnte Kate sie nicht richtig sehen.

Und dieser Staub brachte sie auf eine Idee.

Sie griff in ihren Beutel und zog einen der roten Wurfel heraus. »60« stand darauf. Sie zog an der Schnur und warf den Wurfel in eine Ecke. Dann zahlte sie stumm ruckwarts. Neunundfunfzig. Achtundfunfzig.

De Kere war jetzt in dem Raum direkt uber ihr, doch er zogerte offenbar herunterzukommen, weil er nicht wu?te, ob sie bewaffnet war. Dann horte sie uber sich viele Stimmen und Schritte: Die Soldaten aus dem Wachturm waren durchgebrochen. Es mu?ten mindestens ein Dutzend Manner da oben sein, vielleicht sogar mehr. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie einer der betrunkenen Soldaten einen Satz auf sie zu machte und nach ihr griff. Sie trat ihm kraftig zwischen die Beine, er fiel wimmernd zu Boden und rollte sich zusammen.

Zweiundfunfzig. Einundfunfzig.

Geduckt lief sie in die Kammer, in der sie angekommen war. Das Wasserrad drehte sich achzend und verspritzte Wasser. Kate schlo? die niedrige Tur, aber sie hatte weder Riegel noch Schlo?. Jeder konnte hereinkommen. Funfzig. Neunundvierzig.

Sie schaute nach unten. Die Offnung im Boden, in der das Kad sich nach Erreichen des Scheitelpunkts wieder nach unten bewegte, war so breit, da? sie hindurchpa?te. Jetzt mu?te sie nur noch eine der vorbeiziehenden Schaufeln packen und sich vom Rad nach unten tragen lassen, bis sie tief genug war, um sich gefahrlos ins flache Wasser plumpsen zu lassen.

Aber als sie dann vor dem Wasserrad stand und versuchte, ihren Absprung zu timen, merkte sie, da? das leichter gesagt als getan war. Das Rad schien sich sehr schnell zu drehen, die Schaufeln sausten an ihr vorbei. Wasser spritzte ihr ins Gesicht, sie sah nur verschwommen. Wieviel Zeit hatte sie noch? Drei?ig Sekunden? Zwanzig? Sie hatte das Zahlen vergessen, wahrend sie unschlussig vor dem Rad stand. Aber sie wu?te, sie konnte nicht langer warten. Wenn Chris recht hatte, wurde die ganze Muhle jeden Augenblick in die Luft gehen. Kate streckte die Arme aus, packte eine Schaufel — spurte den Zug nach unten — bekam Angst - lie? wieder los - packte die nachste - bekam wieder Angst - trat dann einen Schritt zuruck, beruhigte sich und konzentrierte sich noch einmal.

Wieder ein Poltern, als die Manner einer nach dem andern von oben in den angrenzenden Raum sprangen. Sie hatte keine Zeit mehr. Sie mu?te los.

Noch einmal holte sie tief Atem, packte die nachste Schaufel mit beiden Handen und pre?te ihren Korper gegen das Rad. Sie glitt durch die Offnung — tauchte ins Sonnenlicht - sie hatte es geschafft! - und spurte plotzlich, wie sie vom Rad weggerissen wurde und in der Luft hing. Sie hob den Kopf.

Robert de Kere hielt ihren Arm mit eiserner Faust umklammert. Er hatte im letzten Augenblick durch das Loch gegriffen und sie im Absteigen gerade noch zu fassen gekriegt. Jetzt hielt er sie fest, so da? sie in der Luft baumelte. Zentimeter von ihrem Korper entfernt drehte sich das Rad. Sie versuchte, sich aus de Keres eisernem Griff loszurei?en, uber sich sein grimmiges, entschlossenes Gesicht. Sie kampfte. Er hielt sie fest.

Doch dann sah sie eine Veranderung in seinem Blick — einen Augenblick der Unsicherheit -, und der durchweichte Holzboden begann, unter ihm nachzugeben. Das Gewicht ihrer beider Korper war zuviel fur die alten Bohlen, die sich jahrelang mit dem Spritzwasser des Rads vollgesaugt hatten. Jetzt bogen sie sich langsam durch. Eine Bohle zersplitterte lautlos, und de Kere brach bis ubers Knie ein, aber er lie? Kate nicht los.

Wieviel Zeit noch, dachte sie. Mit der freien Faust schlug sie auf de Keres Handgelenk, damit er sie loslie?. Wieviel Zeit noch?

De Kere war wie ein Pitbull, der sich festbi? und nicht mehr loslie?. Eine zweite Bohle brach, er kippte zur Seite. Wenn noch eine brach, wurde er mit ihr in die Tiefe sturzen.

Aber es war ihm gleichgultig. Er wurde sie festhalten bis zum bitteren Ende.

Wieviel Zeit noch?

Mit der freien Hand packte sie eine Schaufel und lie? sich gegen den Widerstand von de Keres Griff nach unten ziehen. Ihre Arme brannten vor Spannung, aber es funktionierte — die Bohlen brachen — de Kere sturzte ins Leere — er lie? sie los - und sie fiel das kurze Stuck, das sie noch vom brodelnden wei?en Wasser um das Rad herum trennte. Dann gab es einen gelben Lichtblitz, und das holzerne Gebaude verschwand mit einem berstenden Knall. Sie sah Bretter, die in alle Richtungen flogen, dann drehte sie sich und tauchte mit dem Kopf zuerst in das eisige Wasser. Eine Sekunde lang sah sie Sterne, dann verlor sie im aufgewuhlten Wasser das Bewu?tsein.

Chris wurde von Geschrei geweckt. Er hob den Kopf und sah Soldaten, die in gro?er Verwirrung uber die Muhlenbrucke liefen. Ein Monch in wei?er Kutte kletterte aus einem Fenster des gro?eren Gebaudes. Es war Marek, der mit seinem Schwert auf jemanden im Inneren einschlug. Schlie?lich glitt er an Ranken herab, bis er tief genug war, um einen Sprung riskieren zu konnen, und lie? sich dann in den Flu? plumpsen. Chris sah ihn nicht wieder an die Oberflache kommen. Ein paar Momente spater explodierte die Getreidemuhle in einem Lichtblitz und einer Kaskade fliegender Trummer. Soldaten, die von der Wucht der Explosion in die Luft geschleudert wurden, purzelten wie Puppen von den Wachturmen. Als Rauch und Staub sich legten, sah Chris, da? die Getreidemuhle verschwunden war — nur ein paar brennende Balken waren noch ubrig. Tote Soldaten trieben auf dem Flu? inmitten von Brettern der zerstorten Muhle.

Marek sah er nirgendwo, und Kate ebenfalls nicht. Eine wei?e

Monchskutte trieb auf der Stromung an ihm voruber, und er hatte plotzlich das besturzende Gefuhl, da? Marek tot war.

Wenn das stimmte, dann war er allem. Es war ihm egal, ob er abgehort werden konnte. Er tippte sich ans Ohr und fragte leise: »Kate? Andre?«

Keine Antwort.

»Kate, bis du da? Andre?«

Er horte nichts in seinem Ohrstopsel, nicht einmal statisches Rauschen. Ein Mannerkorper trieb mit dem Gesicht nach unten auf dem Flu?. Er sah aus wie Marek. Wirklich? Ja. Chris war sich sicher: dunkelhaarig, gro?, stark, in einem leinenen Unterhemd. Chris stohnte auf. Etwas weiter oben am Ufer schrien Soldaten; er hob den Kopf, um nachzusehen, wie nah sie waren. Als er dann wieder zum Flu? schaute, war der Korper weitergetrieben.

Chris setzte sich wieder und versuchte zu uberlegen, was er jetzt tun sollte.

Mit dem Gesicht nach oben durchbrach Kate die Wasseroberflache. Hilflos trieb sie mit der Stromung flu?abwarts. Um sie herum prasselten zersplitterte Holzstucke ins Wasser wie Geschosse. Der Schmerz in ihrem Nacken war so heftig, da? er ihr fast den Atem nahm, mit jedem Atemzug schossen ihr elektrische Schlage in Arme und Beine. Sie konnte ihren Korper nicht regen, und erst dachte sie, sie sei gelahmt, doch dann merkte sie, da? sie ihre Fingerspitzen und Zehen bewegen konnte. Der Schmerz zog sich zuruck, an ihren Gliedern hoch, und setzte sich im Genick fest, wo er sehr heftig war. Aber sie konnte jetzt ein bi?chen freier atmen und ihre Glieder bewegen. Sie probierte es noch einmal: Ja, sie konnte ihre Glieder bewegen. Sie war also nicht gelahmt. Hatte sie sich das Genick gebrochen? Sie probierte kleine Bewegungen, drehte den Kopf ganz leicht nach links, dann nach rechts. Es tat sehr weh, aber es schien alles okay zu sein. Sie trieb auf dem Wasser. Etwas Dickflussiges troff ihr ins Auge, so da? sie kaum etwas sehen konnte. Als sie es wegwischte, sah sie, da? es Blut war. Es mu?te von

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