sagte Marek. »Ich schwore es.«

»Auf Euer Wort hin habe ich ihr Leben geschont«, sagte Arnaut. »Auf Eures und das Wort dieser Lady, die sich fur Euch verburgt.« Er verbeugte sich knapp vor Lady Claire, die ein schwaches Lacheln uber ihre Lippen huschen lie?.

»Mylord, Ihr seid weise«, sagte Claire, »denn einen Mann zu hangen kann durchaus die Zunge des Freundes, der zusieht, lockern. Sehr oft aber bestarkt es ihn nur in seiner Entschlossenheit, und er nimmt das Geheimnis des Freundes mit ins Grab. Und dieses Geheimnis ist so wichtig, da? Ihr, Mylord, seiner auf alle Falle habhaft werden mu?t.« »Dann wollen wir diesen beiden folgen und sehen, wohin sie uns fuhren.« Arnaut nickte in Mareks Richtung. »Raimondo, kummert Euch um ein Pferd fur diesen armen Mann und gebt ihm zwei Eurer besten chevaliers als Begleitung mit.«

Der gutaussehende Ritter verbeugte sich. »Mylord, wenn es Euch beliebt, werde ich ihn selbst begleiten.«

»Tut das«, sagte Arnaut, »denn hier kann durchaus noch Arglist lauern.« Und er warf dem Ritter einen bedeutungsvollen Blick zu. Unterdessen war Lady Claire zu Marek gegangen und nahm seine Hand in ihre beiden Hande. Er spurte etwas Kaltes in ihren Fingern und erkannte, da? es ein winziger Dolch war, kaum zehn Zentimeter lang. »Mylady«, sagte er, »ich stehe tief in Eurer Schuld.« »Dann seht zu, da? Ihr mir diese Schuld vergeltet, Ritter«, erwiderte sie und sah ihm in die Augen.

»Das werde ich, Gott ist mein Zeuge.« Er versteckte den Dolch in seiner Kleidung.

»Und ich werde fur Euch beten, Ritter«, sagte sie. Sie beugte sich vor und ku?te ihn fluchtig auf die Wange. Dabei flusterte sie: »Euer Begleiter ist Raimondo von Narbonne. Er liebt es, Kehlen aufzuschlitzen. Wenn er das Geheimnis erst einmal kennt, dann gebt acht, da? er Euch nicht die Eure aufschlitzt, und die Eurer Freunde noch dazu.« Sie loste sich von ihm und lachelte.

Marek sagte: »Mylady, Ihr seid zu freundlich. Ich werde mir alle Eure Wunsche zu Herzen nehmen.«

»Guter Ritter, Gott stehe Euch bei und beschutze Euch.« »Mylady, Ihr seid immer in meinen Gedanken.« »Guter Ritter, ich wunschte mir -«

»Genug, genug«, rief Arnaut ungehalten. Dann wandte er sich an Raimondo. »Geht jetzt, Raimondo, denn bei diesem Gefuhlsuberschwang hebt sich mir der Magen.« »Mylord.« Der gutaussehende Ritter verbeugte sich. Er fuhrte Marek zur Tur und hinaus ins Sonnenlicht.

Ich will Ihnen sagen, was das verdammte Problem ist«, sagte Robert Doniger und starrte seine Besucher an. »Das Problem ist, die Vergangenheit wieder zum Leben zu erwecken. Sie real zu machen.« Es waren zwei junge Manner und eine Frau, die da auf der Couch in seinem Buro lummelten. Alle waren ganz in Schwarz gekleidet und trugen diese schmal geschnittenen Jacketts, die aussahen, als waren sie beim Waschen eingegangen. Die Manner hatten lange Haare und die Frau einen Burstenschnitt. Das waren die Medienleute, die Kramer angestellt hatte. Aber Doniger fiel auf, da? Kramer ihnen gegenuber sa?, wie um sich diskret von ihnen zu distanzieren. Er fragte sich, ob sie ihr Material bereits gesehen hatte.

Das Ganze machte Doniger gereizt. Er mochte Medienleute sowieso nicht. Und das war heute schon sein zweites Treffen mit dieser Meute. Am Vormittag hatte er die PR-Trottel hiergehabt, und jetzt diese Trottel.

»Das Problem«, sagte er, »ist, da? morgen drei?ig Topmanager zu meiner Prasentation kommen. Der Titel meiner Prasentation ist: >Das Versprechen der Vergangenheit, aber ich habe kein uberzeugendes Bildmaterial, das ich ihnen zeigen kann.«

»Verstanden«, sagte einer der jungen Manner forsch. »Das war genau unser Ausgangspunkt, Mr. Doniger. Der Kunde will die Vergangenheit zum Leben erwecken. Und das wollten wir umsetzen. Mit Ms. Kramers Unterstutzung haben wir Ihre eigenen Beobachter gebeten, DemoVideos fur uns zusammenzustellen —« »Lassen Sie sehen«, sagte Doniger.

»Ja, Sir. Wenn wir vielleicht das Licht etwas dimmen konnten —« »Lassen Sie das Licht so, wie es ist.«

»Ja, Mr. Doniger.« Der Gro?bildschirm an der Wand leuchtete blau auf, als das Gerat eingeschaltet wurde. Wahrend sie auf die ersten Bilder warteten, sagte der junge Mann: »Der Grund, warum wir diese erste Szene ausgewahlt haben, ist der, da? es sich um ein historisches Ereignis handelt, das von Anfang bis Ende nur zwei Minuten dauert. Wie Sie wissen, laufen viele historische Ereignisse sehr langsam ab, vor allem fur moderne Sehgewohnheiten. Das war ein schnelles. Leider passierte es an einem etwas regnerischen Tag.« Der Monitor zeigte ein graues, dusteres Bild, tiefhangende Wolken. Die Kamera schwenkte und fuhr uber die Kopfe einer gro?en Menschenmenge hinweg. Ein hagerer Mann stieg eben auf eine schlichte, unlackierte Holzbuhne. »Was ist das? Eine Hinrichtung?«

»Nein«, sagte der Medienmensch. »Das ist Abraham Lincoln, der jetzt gleich seine Gettysburg-Ansprache halten wird.«

»Das soll er sein? Gott, der sieht ja ubel aus. Wie eine Leiche. Sein

Anzug ist ganz zerknittert. Und seine Armel sind zu kurz.«

»Ja, Sir, aber —«

»Und das soll seine Stimme sein? Die quiekst ja.«

»Ja, Mr. Doniger, kein Mensch hat je Lincolns Stimme gehort, aber das ist seine Original —«

»Haben Sie denn alle den Verstand verloren?« »Nein, Mr. Doniger —«

»O Mann, das kann ich doch nicht verwenden«, sagte Doniger. »Kein Mensch will einen Abraham Lincoln sehen, der klingt wie Betty Boob. Was haben Sie sonst noch?«

»Kommt sofort, Mr. Doniger.« Ungeruhrt legte der junge Mann eine andere Kassette ein und sagte: »Beim zweiten Video sind wir von einer anderen Pramisse ausgegangen. Wir wollten eine gute Action-Sequenz, aber wiederum ein beruhmtes Ereignis, das jeder kennt. Hier also der Weihnachtstag 1778, auf dem Delaware River, wo —« »Ich sehe uberhaupt nichts«, sagte Doniger.

»Ja, ich furchte, es ist ein bi?chen dunkel. Es ist eine nachtliche Uberfahrt. Aber wir dachten, da? George Washington, wie er gerade den Delaware uberquert, ein guter -« »George Washington? Wo ist George Washington?« »Genau hier«, sagte der Mann und deutete auf den Monitor.

»Wo?«

»Dort.«

»Der Kerl, der da hinten im Boot kauert?« »Genau, und —«

»Nein, nein, nein«, sagte Doniger. »Er mu? im Bug stehen, wie ein General.«

»Ich wei?, da? er auf Portrats so dargestellt wird. Aber so war es nicht. Hier sehen sie den echten George Washington, wie er wirklich den -« »Er sieht seekrank aus«, sagte Doniger. »Sie wollen, da? ich ein Video von einem seekranken George Washington zeige?« »Aber das ist die Wirklichkeit.«

»Schei?-Wirklichkeit«, sagte Doniger und warf eine ihrer Videokassetten durchs Zimmer. »Was ist denn los mit Ihnen? Mir ist die Realitat schei?egal.

Ich will was Interessantes, was Aufreizendes. Und Sie zeigen mir eine lebende Leiche und einen begossenen Pudel.«

»Na ja, wir konnen ja noch mal ganz von vorne anfangen -«

»Das Gesprach ist morgen«, sagte Doniger. »Ich habe drei wichtige

Konzernchefs hier. Und ich habe ihnen bereits versprochen, da? sie was sehr Spezielles zu sehen bekommen.« Er warf die Hande in die Luft. »O

Gott.«

Kramer rausperte sich. »Wie war's mit Standfotos?« »Standfotos?«

»Ja, Bob. Wir konnten einzelne Bilder aus diesen Videos nehmen, und die konnten ziemlich eindrucksvoll sein.«

»Hmhm.ja, das konnte funktionieren«, sagte die junge Frau und nickte.

Doniger sagte: »Lincoln wurde trotzdem zerknittert aussehen.«

»Die Falten konnen wir mit Photoshop rausholen —«

Doniger uberlegte. »Vielleicht«, sagte er schlie?lich.

»Au?erdem«, sagte Kramer, »solltest du ihnen nicht zu viel zeigen. Weniger ist mehr.«

»Na gut«, sagte Doniger. »Richten Sie die Standfotos her, und zeigen Sie sie mir in einer Stunde.«

Die Medienleute verlie?en das Buro. Doniger war allein mit

Kramer. Er ging hinter seinen Schreibtisch und blatterte in seiner Prasentation. Dann sagte er: »Meinst du, es sollte >Das Versprechen der Vergangenheit hei?en oder >Die Zukunft der Vergangenheit?« »Das

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