Immer noch keine Antwort auf diese so lebenswichtige Frage! Das vermeintliche Meer hatte sich als Binnensee entpuppt, aber deshalb konnte es immer noch moglich sein, da? die
»Wei? der Geier. Also ist das doch Amerika?«
»Hab ich ja immer gesagt.«
»Aber das mit der Wasserlinie stimmte!«
»Aber ein Meer war es eben nicht, mein Lieber!«
Sowohl Briant wie Doniphan hatten recht, doch war damit nichts gewonnen. Die Frage blieb offen: Insel oder Festland? Man entschied sich nach reiflicher Uberlegung fur Festland, allerdings mit kleinen Vorbehalten; Genaues wu?te niemand. Es mu?ten irgendwann weitere Reisen unternommen werden. Es war jetzt Anfang April, der Winter stand vor der Tur. Man durfte nicht mehr allzulange an der von Sturmen gepeitschten Bai bleiben, noch vor Ende dieses Monats mu?ten die Kinder die
»Das sind Strau?e!« rief Service.
»Aber dann sehr kleine Strau?e«, sagte Doniphan. »Immerhin Strau?e, und wenn wir auf dem Festland . . .«
»Zweifelst du noch, Briant?« fragte Doniphan.
»... so mu? es Amerika sein, wo diese Tiere haufig vorkommen.«
Gegen 19 Uhr machten die Kinder Rast. Am nachsten Morgen wollte man, wenn nichts dazwischenkam, zur Sloughi-Bai, wie jener Uferteil nun getauft wurde, zuruckkehren. Man konnte augenblicklich sowieso nicht weitergehen, weil im Suden ein Rio, der Abflu? des Sees, lag, den man wohl durchschwimmen mu?te. Die Dunkelheit war schon zu gro?, als da? man die Gegend noch heute abend hatte untersuchen konnen. Nach dem Abendessen waren alle mude, man legte sich unter freiem Himmel auf die mitgefuhrten Decken und schlief sofort ein. Am See wie am Strand war alles still. Manchmal heulten einige Schakale. Gegen 4 Uhr fruh schlug plotzlich Phann an, er knurrte und schnupperte auf dem Boden, als suche er eine Fahrte. Die Kinder aber erwachten erst gegen 7 Uhr. Sie waren sofort auf den Beinen und schauten sich um.
»Ein Gluck, da? wir gestern abend vernunftig waren und nicht weitergegangen sind, wir waren in den schlimmsten Sumpf geraten.«
»Die Niederung erstreckt sich nach Suden zu, ohne da? man ihr Ende ausmachen konnte.«
»Hier wimmelt es ja von Enten und Bekassinen«, schwarmte Doniphan.
»Alles e?bares Wild! An dieser Stelle sollten wir hausen!«
Im Hintergrund erhob sich ein machtiges Steilufer, das auf der anderen Seite schroff abzufallen schien. Von den beiden fast rechtwinklig zusammensto?enden Schenkeln verlief der eine zum See hin, der andere bog mit einem kleinen Rio landeinwarts.
»Das ist interessant«, sagte Briant. »Ersteigen wir mal das Steilufer.«
Zuerst untersuchte man von hoch oben die Mundung des Flusses in den See.
»Seht doch!« rief Wilcox. »Hier ist wieder so eine ahnliche Steinanhaufung wie damals.«
»Ja, jetzt kann es keinen Zweifel mehr geben.«
»Nein, unmoglich«, stimmte Doniphan zu, »da liegen sogar noch Holzreste herum.«
Diese Trummer ruhrten ganz bestimmt von einem Boot her, das bewiesen die stark gekrummten Holzstucke, ein Teil des Vorderstevens, an dem auch noch ein rostiger Eisenring hing. Alle 4 Kinder schauten intensiv die Umgebung ab, so als musse der Mann, dem dieses Boot einmal gehort hatte, jeden Augenblick erscheinen. Aber naturlich tauchte niemand auf, viele Jahre waren verflossen, seit dies Boot am Ufer des Rio zuruckgelassen wurde. Hatte der Besitzer, der ohne Zweifel hier gelebt haben mu?te, die Insel oder das Festland hier wieder verlassen konnen? War er hier umgekommen? Die Kinder spurten in sich eine seltsame Erregung. Da bemerkten sie das auffallende Benehmen Phanns, der offenbar eine Fahrte gefunden hatte.
»Phann hat etwas gewittert!«
Briant und seine Kameraden folgten dem Hund zu einer Baum-grupp'e, die am Fu? des Steilufers an der Seeseite wuchs. Ihr Herz stockte. In die
Rinde eines Baumes waren folgende Initialen geschnitzt:
F.B.
1807
Die Kinder standen regungslos davor. Da lief Phann zuruck und verschwand hinter der Uferhohe.
»Hierher, Phann!« rief Briant.
Der Hund folgte nicht, sondern bellte laut auf.
»Jetzt Achtung, bleiben wir beisammen! « flusterte Briant. Die Gewehre wurden schu?fertig gemacht, die Revolver geladen, man mu?te zur Verteidigung bereit sein. Die Kinder drangen weiter vor. Als sie die Uferhohe hinter sich hatten, glitten sie langs des schmalen Ufers am Rio vorwarts. Sie hatten noch keine 20 Schritte zuruckgelegt, als Doniphan sich buckte und eine Schaufel amerikanischen oder europaischen Fabrikats vom Boden aufhob. Jedenfalls stammte dieses Werkzeug nicht von der Hand eines Eingeborenen. Die Schaufel mu?te lange Zeit dagelegen haben, das Metall war stark oxydiert. Am unteren Steilufer entdeckten die Kinder weitere Spuren: einige regelma?ig angelegte Furchen und ein kleines Beet von verwilderten Ignamen. Plotzlich horte man Phann wieder laut bellen.
»Schon wieder was gefunden?« fragte Briant unglaubig. »Lassen wir uns von ihm fuhren!«
10 Schritte weiter blieb Phann vor einer Straucher- und Gebuschwucherung sitzen. Briant ging vorsichtig zu ihm hin. Da, als er das Gewirr der
Aste und Blatter etwas luftete, bemerkte er eine enge Offnung.
»Eine Hohle?« rief er und wich einige Schritte zuruck. »Gut moglich. Aber was soll drin sein?«
»Das mussen wir noch herausfinden.«
Briant zerteilte die Zweige mit einigen Axthieben. Noch horte man kein verdachtiges Gerausch aus der Hohle. Service wollte deshalb auch schon in den freigehauenen Eingang treten, doch Briant hielt ihn zuruck. »Warten wir erst ab, was der Hund macht!« Phann knurrte dumpf. Ware ein lebendes Wesen in der Hohle gewesen, es ware sicherlich schon langst herausgekommen. Da die Luft im Innern vielleicht schadlich, weil unatembar sein konnte, warf Briant angezundetes Gras durch die Offnung; die Halme brannten weiter, also konnte man die Luft atmen.
»Dann los!«
»Ja, gehen wir hinein!«
»Noch einen Augenblick«, sagte Briant, der wirklich an alles dachte, »ich will erst einen harzigen Fichtenzweig abschneiden und anzunden, damit wir drinnen auch was erkennen.«
Der Hohleneingang war 1,5 m hoch und 60 cm breit; die Hohle weitete sich jedoch rasch auf 3 m Hohe und 6 m Breite, der Boden war uberall mit feinem, trockenen Sand bedeckt. Beim Eintreten stie? Wilcox auf einen Holzschemel, auf einem daneben stehenden Tisch lagen verschiedene Geschirrstucke. An einer Wand stand eine Art Koffer aus lose verbundenen Planken, der noch einzelne zerfetzte Kleider enthielt. Diese Hohle war also einmal bewohnt worden; aber zu welcher Zeit und von wem? Lag das Opfer irgendwo in einer Ecke? Im Hintergrund war
