»Ich denke, wir sollten den Namen Sloughi-Bai beibehalten«, schlug Briant vor. »Einverstanden.«

»Auch den Namen French-den sollten wir nicht andern, das gebietet uns das Andenken an den armen Schiffbruchigen, dessen Stelle wir nun eingenommen haben.«

»Wie nennen wir den Rio, der in der Sloughi-Bai mundet?«

»Rio Sealand«, schlug Baxter vor, »dieser Name wird uns immer an unsere Heimat erinnern.«

»Angenommen!«

»Da der Rio den Namen Neuseelands erhalten hat«, meinte Doniphan, »so geben wir doch dem See einen Namen, der uns an unsere Familien erinnert, nennen wir ihn Family-Lake.«

Auch das fand gro?e Zustimmung.

So ging es bis tief in die Nacht. Das Steilufer wurde Auckland-Hill getauft, das Kap, von dessen Gipfel aus Briant im Osten das Meer erkannt zu haben glaubte, nannte man auf seinen Vorschlag hin False-Sea-Point, Spitze des falschen Meeres. Die anderen Bezeichnungen lauteten wie folgt: Traps-woods nannte man den Waldteil, wo man die Trappen angetroffen hatte; Bog-woods den anderen Teil mit der Schlammlache; South-moores den Sumpf auf der sudlichen Inselhalfte; Dike-creek den Bach, uber den der Plattensteg gelegt worden war; Wrack- coast jene Kuste, an der die Jacht gestrandet war; Sportterrace den von den Ufern des Rio und des Sees eingeschlossenen Platz, der vor der Halle zum Rasen wurde, wo, laut Gordons Programm Leibesubungen stattfinden sollten. Alle anderen Punkte auf der Insel sollten je nach den Vorfallen, die sich dort ereigneten, benannt werden.

»Geben wir auch noch den Vorgebirgen, die auf Baudoins Karte eingezeichnet sind, Namen«, schlug Briant vor. Man entschied sich fur North- cape im Norden und fur South-cape im Suden der Insel; den 3 Spitzen, die im Westen liegen, gab man die Namen: French-cape, British-cape und American-cape, zu Ehren der 3 in dieser Jungen­Kolonie vertretenen Nationen.

»Nur fur die ganze Insel haben wir noch keinen Namen gefunden.«

»Ich wei?, wie man sie nennen konnte«, meldete sich Costar.

»Du wei?t das, nicht moglich!?« erwiderte Doniphan.

»Wahrscheinlich will er sie Baby-Insel nennen«, scherzte Service.

»La? deine Witze, Service und horen wir seine Idee.«

Aber Costar hatte jetzt den Mut verloren, seine Idee vorzutragen.

»Sag nur, Costar, ich bin uberzeugt, da? dein Vorschlag gut ist«, besanftigte ihn Briant.

»Da wir alle Zoglinge der Pension Chairman sind, konnte man die Insel vielleicht Chairman-Insel nennen!«

Chairman-Insel. Dieser Name war genial, er Verband personliche Erinnerungen und klang zudem noch richtig geographisch.

»Das geht in die Atlanten der Zukunft ein!« Jetzt verlangte noch einmal Briant das Wort. »Liebe Freunde, wir haben nun der Insel und den wichtigsten Orten einen Namen gegeben, ware es da nicht gut, auch gleich ein Oberhaupt zu ernennen, das die Insel und ihre Bewohner regiert?«

»So ein Quatsch!« brummte Doniphan.

»Vielleicht geht dann alles etwas besser, wenn einer bestimmt, den die anderen zu ihrem Oberhaupt gewahlt haben.«

»Wahlen wir ein Oberhaupt!« riefen alle.

»Wenn es unbedingt sein mu?«, stohnte Doniphan verargert, »aber nur fur eine bestimmte Zeit, sagen wir fur 1 Jahr.«

»Das aber dann wieder neu wahlbar ware.«

»Einverstanden!«

»Ich schlage Gordon vor«, sagte Briant.

Die Jungen brachen in ein Freudengeschrei aus. Gordon wollte zuerst ablehnen, mu?te dann aber unter dem Druck seiner Kameraden die Berufung zum Oberhaupt der Kolonie auf der Chairman-Insel annehmen.

13

 Der Winter wurde, lag diese Insel etwa auf gleicher Breite wie Neuseeland, mindestens 5 Monate dauern. Gordon traf deshalb alle nur erdenklichen Vorkehrungen, um gegen die schlimmsten Uberraschungen gewappnet zu sein. Unter seinen meteorologischen Beobachtungen hatte er folgendes errechnet: Winterbeginn Monat Mai, also 2 Monate vor dem Juli der sudlichen Hemisphare, der dem Januar der nordlichen Erdhalfte entspricht. Daraus war zu schlie?en, da? er 2 Monate danach, also September, beendet sein wurde. Doch bekanntlich mu?te man auch nachher noch mit heftigen Sturmen rechnen, die zur Zeit der Tagundnachtgleiche so haufig und so verheerend auftreten.

Um das tagliche Leben in French-den zu regeln, arbeitete Gordon sein Programm weiter aus. Seine Bemuhungen zielten darauf ab, auch die Kleinsten daran zu gewohnen, sich wie erwachsene Manner zu verhalten, sie sollten also nicht, wie es in der Pension Chairman ublich war, verpflichtet sein, die Gro?eren zu bedienen. Sonst aber richtete sich Gordon traditionsgema? nach den Ausfuhrungen des Buches »Collegleben in England«, einem Schinken uber die »hohere Gewalt an englischen Schulen«. Da die Bibliothek von French-den au?er Reisebeschreibungen nur wenige Bucher enthielt, konnten die Gro?eren ihre Studien kaum fortsetzen; sie mu?ten vor allem den Unterricht der Kleinen gestalten und uberwachen. Besonderen Wert sollte dabei auf den Turn- und Sportunterricht gelegt werden. Gordon entwarf sein Programm nach den Grundsatzen der englischen Erziehungsmethode :

1. Beherrsche und uberwinde deine Angst.

2. Versaume niemals die Gelegenheit zu einer Anstrengung, die dich uber dich selbst hinauswachsen la?t.

3. Verachte keine Arbeit, denn jede Arbeit ist zu etwas nutze.

Das sah in der Praxis folgenderma?en aus : Vormittags und nachmittags je 2 Stunden allgemeine Arbeiten in der Halle; abwechselnd sollten Briant, Doniphan, Cro? und Baxter aus der 5. und Wilcox und Webb aus der 4. Abteilung des Pensionats ihren Kameraden aus der 3., 2. und 1. Abteilung Mathematik-, Erdkunde- und Geschichtsunterricht geben; die Kleinen sollten vor allem nicht wieder vergessen, was sie schon einmal gelernt hatten. Zweimal die Woche, sonntags und mittwochs, sollte eine Versammlung abgehalten werden, d. h. in freier Unterhaltung sollte ein Thema aus der Geschichte oder der Gegenwart diskutiert werden. Gordon hatte daruber zu wachen, da? dieses Programm streng eingehalten wurde. Damit man das Zeitgefuhl nicht vollstandig verlor, wurde Wilcox beauftragt, jeden Tag die von der Sloughi geretteten Uhren aufzuziehen, Baxter hatte die Tage im Kalender abzustreichen. Webb erhielt den Auftrag, den Barometer- und Thermometerstand abzulesen und taglich in einem Heft zu notieren. Au?erdem beschlo? man, ein Tagebuch uber alles, was sich auf der Chairman- Insel zugetragen hatte und noch zutragen wurde, zu fuhren. Baxter meldete sich fur diese Aufgabe freiwillig. Moko schlie?lich ubernahm die Reinigung der Kleider und Bettwasche.

Der nachste Tag war zufallig ein Sonntag. Die jungen Kolonisten machten gemeinsam einen langen Ausflug zum Family-lake. Anschlie?end veranstaltete Gordon fur alle einen Wettlauf auf der Sport-terrace, wo sich besonders die Kleinsten bis zum Umfallen austoben konnten. Nach dem Abendessen spielte Garnett einige englische Volkslieder auf seiner Ziehharmonika, die anderen sangen mehr oder weniger falsch dazu. Jacques hatte von allen Anwesenden die schonste, reinste Stimme, aber er lehnte es kategorisch ab, einige Lieder zum besten zu geben. Gegen 22 Uhr lagen die Kinder auf ihren Matratzen, Phann sa? hinter der Eingangstur und bewachte French-den und seine Bewohner. Im Lauf des Juni nahm die Kalte gewaltig zu. Webb teilte mit, da? das hundertteilige Thermometer 10 bis 12 Grad unter dem Gefrierpunkt anzeigte. Wenn der aus Suden kommende Wind nach Westen umsprang, hob sich die Temperatur ein wenig; es fiel dann meistens Schnee.

»Machen wir eine Schneeballschlacht«, riefen die Jungen und sturmten ins Freie.

Wahrend des wilden Gefummels verirrte sich ein harter Schneeball und traf Jacques, der dem Treiben lediglich zuschaute, ziemlich fest. Er schrie auf.

»Ich habe es nicht mit Absicht getan«, entschuldigte sich Cro?.

Вы читаете Zwei Jahre Ferien
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату