erreichten sie das Vorland der Sloughi-Bai.
»Ganze Scharen von Vogeln!«
»Lauter Fettganse, die sind kein Gramm Pulver wert.«
»Aber sie sehen doch ganz adrett aus, diese befrackten Pinguine!«
»Schaut da druben«, rief Wilcox.
»Au ja, das sind Russel-Robben.«
Sobald die Kinder aber naher kamen, verschwanden sie im Meer.
»Die werde ich spater einmal jagen«, versprach Doniphan.
Nach einem kurzen Fruhstuck setzte man den Weg fort. Auch hier war alles schneebedeckt, die Flache von der Mundung des Rio Sealand bis hin zum Vorgebirge False-sea-point wirkte wie ein wei?er Teppich. Bald stie? man unter der Schneedecke auf die zuruckgelassenen Uberreste der
»Da drau?en, ganz weit drau?en, liegt Neuseeland!«
»Hoffentlich werden wir es jemals wiedersehen!« Die Kinder standen fur einige Augenblicke stumm da und starrten uber die endlose Weite. Der Anblick war hoffnungslos! Baxter ging nun daran, eine neue Flagge aufzuziehen und die Tafel mit der Karte zu befestigen.
Gegen 16 Uhr waren sie zuruck. Doniphan hatte unterwegs noch einige Schwanzenten und Kiebitze erlegt, die Moko strahlend in Empfang nahm.
»Unten an der Bai gibt es Robben in rauhen Mengen, damit konnen wir unsere Fettvorrate aufbessern«, sagte Briant. Sie beschlossen, bei gunstigem Wetter auf die Robbenjagd zu gehen, »in ganz gro?em Stil«, wie Service hinzufugte.
Bald mu?te die schlechte Jahreszeit voruber sein. Wahrend der letzten Augustwoche war schon wieder der mildere Seewind zu spuren, schwere Regenboen brachten schnelle Milderung, der Schnee schmolz. Vom See her horte man das Bersten der Eisdecke.
Am 10. September waren es genau 6 Monate, seit die
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Mit Beginn der schonen Jahreszeit wollten die Jungen einige Plane ausfuhren, die sie wahrend der langen Wintermonate entworfen hatten.
Da? sich im Westen der Insel kein Land befand, war klar. Wie aber sah es im Osten, Norden und Suden aus? Gehorte die Insel Chairman zu keiner Inselgruppe, zu keinem Archipel im Stillen Ozean? Nach der Karte von Frangois Baudoin mu?te diese Frage negativ beantwortet werden, aber man hatte ja bei dem schiffbruchigen Franzosen kein Fernrohr gefunden. Vielleicht entdeckten die nautisch wesentlich besser ausgerusteten Jungen doch Nachbarland.
»Bevor wir die der Sloughi-Bai gegenuberliegende Bucht untersuchen«, schlug Briant vor, »sollten wir das Terrain zwischen Auckland-hill, Family-lake und den Traps-woods in Augenschein nehmen, moglicherweise finden wir dort fruchtbares Land vor.«
»Dem Kalender nach ist zwar bereits Fruhling, aber merken tut man noch nichts davon.«
Wahrend des ganzen Septembers und der ersten Oktoberhalfte herrschte noch ziemlich schlechtes Wetter, heftige Winde wuteten uber der Insel, Regen fiel und immer wieder gab es unerwartete Kalteeinbruche.
»Hier weht die eisige Luft des antarktischen Polarmeeres, verbarrikadieren wir die Turen, sonst werden sie noch einmal eingedruckt!«
»Auch das e?bare Wild halt sich versteckt«, fluchte Doniphan, der gern wieder einmal auf Jagd gegangen ware. »Inzwischen konnen wir ja einen Wagen bauen, denn der Tisch war als Schlitten doch nicht gerade das letzte«, sagte Gordon. »Ja, wir haben ja noch die Rader vom Gangspill des Schoners hier, wir mussen sie nur mit einer Eisenstange verbinden.« Nach verschiedenen mi?gluckten Versuchen gelang es, einen Wagen zu bauen, der zwar ziemlich wacklig war, aber doch einige Dienste leisten konnte.
»Jetzt mussen wir nur noch losen, wer den Maulesel spielt!«
»Service soll lieber seinen Strau? abrichten, damit wir den davorspannen konnen, das ware ein Spa?! «
»Schon, aber augenblicklich macht er noch einen recht wilden Eindruck, keine Spur von Haustier!«
»Mein Brausewind wird uns sicherlich bald behilflich sein, ich schwore darauf, Jack konnte seinen Strau? im Roman auch zum Reittier zahmen!«
»Zwischen deinem Helden und dir liegt das wuchernde Gebiet der Fiktion, vergi? das nicht, du wurdest beim ersten Versuch auf die Nase fallen!«
»Machen wir trotzdem den Versuch, Wirklichkeit und Einbildung mit Hilfe unseres Vogels zu vereinen!«
»Vielleicht spricht er eines Tages auch noch englisch«, spottete Doniphan, den die ganze Sache langweilte.
»Lach nur, ich habe schon das Sattelzeug und die Scheuklappen fertig. Rechts rum geht er, wenn ich die rechte Scheuklappe offne, links herum, wenn ich die linke Klappe offne, so einfach ist das, ihr werdet noch staunen.«
»Du mu?t ihm aber noch einen Hut aufsetzen«, sagte Doniphan gehassig.
»Mach ich auch«, grunzte Service zuruck.
Die Tage vergingen. Es war jetzt Mitte Oktober, die Nachtundtaggleiche-Periode ging zu Ende, die Sonne gewann langsam wieder an Kraft, der Himmel schien sich zu weiten. Wurde man nicht endlich eine Entdeckung machen, die ihre Lage veranderte? Wahrend des Sommers war es eher moglich, da? ein Schiff an der Insel Chairman vorbeisegelte und die Flagge bemerkte.
»Vertrauen wir auf die Beobachtungsgabe der wachhabenden Offiziere oder Matrosen, sonst konnen wir uns hier einmotten lassen!«
»Immerhin haben wir hier eine Kolonie«, erwiderte Gordon. »Du kannst einem aber auf den Wecker gehen mit deinem Kolonie-Geschwafel, aber das merkst du wohl nicht. Wir wollen hier heraus, wollen nach Neuseeland zuruck, heim zu unseren Eltern, zur Schule!«
»Denkt ihr an zu Hause, ich denke mittlerweile an unsere jetzige Situation, dann geht ja alles in Ordnung. Nach Hause kommen wir nur, wenn wir hier nicht verhungern und nicht krank werden oder erfrieren oder von Raubtieren zerfetzt werden oder was wei? ich.«
In der zweiten Oktoberhalfte wurden mehrere Ausfluge um French-den herum unternommen, an denen nur die Jager teilnahmen. Obwohl Gordon befohlen hatte, Pulver und Blei zu schonen, trafen Doniphan und seine Kollegen immer mit vollen Handen wieder in French-den ein. In einigen von Wilcox aufgestellten Fallen fingen sich Tinamus und Maras-Hasen, die unseren Meerschweinchen ahnlich sehen. Allerdings hatten die Fallen den einen Nachteil, da? man sie wegen der streunenden Schakale und Paperos zweimal am Tag aufsuchen und leeren mu?te. Hin und wieder entdeckte man Spuren gro?erer Katzen, aber zu Gesicht hatte man sie bis jetzt noch nicht bekommen. Doniphan erlegte auch einmal einige Pecaris und Guaculis, das sind eine Art Eber und Hirsch in kleinerem Format. Da? man keine weiteren Nandus mehr traf, bedauerte keiner der Jungen, hatte man doch mit dem einen von Service die schlechtesten Erfahrungen machen mussen. Das zeigte sich besonders am Morgen des 26. Oktober, als Service den Nandu besteigen wollte. Auf der Sportterrace hatten sich alle versammelt, um diesem waghalsigen Experiment zuzuschauen. Die Kleinen betrachteten Service mit einer Mischung aus Neid und Angst, die Gro?en zuckten nur mit den Achseln. Gordon hatte versucht, Service von diesem Schritt abzubringen, aber umsonst, er bestand darauf. Wahrend Garnett und Baxter das Tier hielten, dessen Augen mit Scheuklappen verschlossen waren, gelang es Service nach mehreren Versuchen, sich auf den Nandurucken zu schwingen.
»Loslassen!« schrie Service, bereits mehr tot als lebendig Der Nandu blieb zunachst still stehen.
Nachdem aber Service die Klappen gelockert hatte, machte der Nandu einen machtigen Satz vorwarts und rannte in Richtung Wald davon. Service schlo? die Augenklappen sofort wieder, um das Tier zum Stehen zu bringen, aber der Nandu lief und lief und lief. Wenige Augenblicke nach dem furiosen Start wurde Service in hohem Bogen aus dem leichten Sattel geworfen, das Tier verschwand im Wald. Die Kinder liefen herbei, Service
