»Was kann das sein?« fragte Wilcox.
»Wahrscheinlich Jaguars oder Cuguars.«
»Und zwar eine ganze Rotte.«
»Na, hoffen wir, da? es Cuguars sind, denn die sind doch viel weniger gefahrlich.«
»Schon, aber wenn sie in gro?erer Zahl auftreten, gleicht sich das wieder aus.«
»Wie auch immer, wir sind ja bereit, ihnen einen warmen Empfang zu bereiten.«
»Nur schie?en, wenn ihr sicher seid zu treffen«, ermahnte Gordon.
Es bereitete Muhe, Phann zuruckzuhalten, der aufgeregt hin und her rannte. Es war jedoch unmoglich, in der Dunkelheit irgendeine Gestalt zu erkennen.Plotzlich erschienen, kaum 20 Schritte von ihrem Lagerplatz entfernt, leuchtende Punkte im Schatten. Fast gleichzeitig krachte ein Schu?. Doniphan hatte geschossen. Die Tiere antworteten mit noch furchterlicherem Gebrull. Baxter nahm ein brennendes Holzstuck und tastete sich, den Revolver in der anderen Hand, vor. Aber die Tiere hatten sich zuruckgezogen, nachdem eines durch Doniphans Kugel getotet worden war.
»Passen wir hollisch auf, bis es Tag wird, vielleicht kommen sie wieder.«
»Kaum, die haben genug.«
20 Schritte im Wald entdeckten die Jungen einen gro?en Blutfleck auf der Erde. Das getroffene Tier hatte noch entfliehen konnen, doch man verzichtete darauf, Phann auf die Fahrte zu locken.
»Jetzt wissen wir immer noch nicht, ob es Jaguars, Cuguars oder noch andere Tiere waren.«
Um 6 Uhr morgens brachen die Jungen auf, sie wollten jetzt keine Zeit mehr verlieren und schnell nach French-den kommen. Service und Webb hatten die beiden Lammer im Arm, Baxter fuhrte das Muttertier an der Leine hinterher. Gegen 11 Uhr machten sie kurz Rast, fruhstuckten und gingen dann sofort wieder weiter. Plotzlich, gegen 15 Uhr nachmittags, krachte ein Flintenschu?. Doniphan und Cro? waren den anderen um etwa 100 Schritte vorangegangen.
» Achtung! Vorsicht!«
Da brach auch schon ein Tier durch das Gestrupp.
Baxter schwang sein Lasso durch die Luft, die Schlinge legte sich dem Tier um den Hals. Sofort kamen auch Doniphan und Cro? zum Vorschein.
»So ein Mist, wie konnte ich nur daneben schie?en!«
»Tja, mein Lieber, aber Baxter hat es mit dem Lasso eingefangen, und zwar lebend!«
»Egal, wir mussen es ohnehin toten.«
»Wieso toten? Das dient uns als Zugtier, ist doch klar!«
»Das da?« fragte Service unglaubig.
»Es ist ein Guanako«, erklarte Gordon, »eine Art Lama, das in Sudamerika als Haustier verwendet wird.«
Das Tier mu?te ziemlich verschreckt sein, denn es lie? sich willig an der Leine fuhren.
»Das war eine ergiebige Reise. Wir bringen ja einen ganzen Zoo mit nach French-den.«
»Mal sehen, ob sich das Guanako zureiten la?t«, uberlegte Service. Die anderen lachten.
»Vielleicht hast du mit dem hier mehr Gluck, aber das wird sich zeigen.«
»Ich brauche einen flotten Renner, ganz egal wie!«
»Wichtiger ist, da? es unseren gebastelten Wagen ziehen kann.«
Gegen 18 Uhr traf die Jagergesellschaft in French-den ein. Costar, der auf der Sport-terrace spielte, meldete die Ankunft Gordons. Sofort kamen die anderen aus der Halle heraus.
»Endlich seid ihr zuruck«, sagte Briant erleichtert.
16
In French-den war wahrend Gordons Abwesenheit alles nach Wunsch gegangen. Briant schien nur wegen des unerklarlichen Verhaltens seines Bruders Jacques besorgt. Trotz der Fragen, mit denen Briant ihm zusetzte, hatte Jacques immer nur die Antwort gegeben :
»Nein, Bruder, mir fehlt nichts!«
»Du willst nicht sprechen, damit tust du aber mir und allen anderen unrecht. Auch fur dich ware es eine Erleichterung. Ich spure doch genau, wie du immer trauriger und verschlossener wirst. Bitte sage mir, was du dir vorzuwerfen hast.«
»Ach, Briant, was ich getan habe? Du wurdest mir vielleicht verzeihen, vielleicht - aber die anderen?«
»Was hei?t das: die anderen! Was willst du damit sagen?«
Jacques Augen fullten sich mit Tranen; doch trotz des Drangens von Briant stie? er nur hervor:
»Spater sollst du es erfahren . . . spater!«
Briants Besorgnis nahm jetzt noch zu. Was bedruckte Jacques so sehr, da? er daruber nicht einmal zu seinem Bruder sprechen konnte? Er mu?te es endlich wissen. Sobald Gordon zuruck war, sprach er mit ihm uber diesen mysteriosen Fall.
»Mach du deinen Einflu? geltend und versuche, aus meinem Bruder etwas herauszubringen.«
»Wozu?«
»Aber es kann doch fur uns alle entscheidend sein, wer wei??«
»Ich denke, wir sollten Jacques nicht zusetzen. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Kleinigkeit, die er aus Angst ma?los ubertreibt.«
Briant lie? die Sache also vorerst auf sich beruhen. Am 9. November gingen die jungen Kolonisten wieder an die Arbeit. Die Vorrate Mokos zeigten starke Lucken, sie mu?ten schnell aufgefullt werden. Es fehlte vor allem an e?barem Wild.
»Wir mussen die Fallen so gro? machen, da? sich darin auch peruanische Schafe, Bisamschweine und Guaculis fangen. So sparen wir Pulver und Blei.«
»So eine Schweinearbeit, das dauert sicher bis Ende November«, beschwerte sich Doniphan.
»Macht doch nichts, wir haben ja genugend Zeit«, erwiderte ihm Gordon.
»Ja, leider! Wir sollten besser schauen, wie wir hier wegkommen!«
Das eingefangene Guanako, das Vigogne-Schaf und die beiden Lammer weideten an langen Stricken unter einigen Baumen nahe French-den. Das genugte zwar fur den Augenblick, aber schon mu?te man wieder an den nachsten Winter denken, die Tiere brauchten unbedingt einen richtigen, wetterdichten Stall.
»Bauen wir die Stallungen dicht am Auckland- hill, an der Seeseite, etwas jenseits der Hallentur.«
Gordons Vorschlag wurde angenommen. Baxter uberwachte die Arbeiten, das Fallen und Zersagen der Baume, das Teeren des Pfortsegels, das
Streuen von Sand und Sagemehl, das Sammeln von Vorraten. Alles verlief nach Plan. Das Gehege erhielt bald neue Gaste. Zuerst hatte sich in einer der ausgebesserten Fallgruben im Wald noch ein weiteres Guanako gefangen, kurze Zeit darauf folgte noch ein Paar Vigogne-Schafe. Phann stellte sogar noch einen Nandu in vollem Lauf. Man uberzeugte sich, da? mit diesem Exemplar ebensowenig anzufangen war wie mit dem ersten und lie? es laufen, sehr zum Arger von Service, der noch immer von einem flotten Renner schwarmte. Es versteht sich von selbst, da? alle Tiere abends nach French-den geholt wurden, denn das Geheul der Schakale, das Klaffen der Fuchse und das Gebrull der Raubtiere verriet, da? diese Tiere Witterung genommen hatten. Besonders Garnett und Service widmeten sich der Pflege des kleinen Zoos. Wilcox hielt die Fallgruben instand. Fur die beiden Kleinsten, Iverson und Jenkins, gab es eine besondere Aufgabe: Sie mu?ten sich um die Trappen, Fasanen, Perlhuhner und Tinamus in dem von Gordon errichteten Stall kummern. Moko hatte jetzt nicht nur Milch von den Vigogne-Schafen, sondern auch Eier vom Federvieh zur Verfugung. Hatte auf Anweisung Gordons der Zucker nicht rationiert werden mussen, von Moko ware ofters eine delikate Su?speise serviert worden.
»Zucker mu?te man gewinnen konnen«, uberlegte Gordon.
»Wer sucht, der findet auch«, sagte Service selbstbewu?t und ganz uberzeugt von seiner Robinsonade.
Gordon suchte, und er fand tatsachlich am Ende der Traps-woods eine Ahornbaumgruppe. »Wunderbar, das sind unsere Zuckerlieferanten!«
»Baume aus Zucker?« fragte der kleine Costar und schnalzte mit der Zunge.
»Konnte dir so passen«, lachte Gordon, »sie sind nicht aus Zucker, sie liefern nur welchen.«
