keine Gedanken.“

„Das tue ich auch nicht“, antwortete er ungeduldig und fuhr beharrlich fort: „Hier geht es doch wirklich zu wie im Zirkus, konnten wir nicht. Oje! Vorsicht! Massenansturm!“

Er fuhr plotzlich mit der linken Hand zu ihr hinuber und hielt ihr die Augen damit zu, seine eigenen pre?te er gleichzeitig fest zusammen.

Nur wenige Meter entfernt stampften zwei Tralthaner mit ihren insgesamt zwolf elefantenartigen Beinen an ihnen vorbei und durchpflugten die seichten Stellen am Strand, wobei sie in einem Umkreis von fast funfzig Metern die Umliegenden mit Sand und aufspritzendem Wasser bespruhten. Da die Gravitation nur ein halbes Ge betrug, konnten die normalerweise langsamen und behabigen FGLIs hier wie junge Lammer herumhupfen, und zudem blieben der aufgewirbelte Sand und das Wasser eine ganze Weile langer in der Luft. Erst als Conway sich vollig sicher war, da? kein Kornchen und kein Tropfchen mehr in der Luft war, nahm er behutsam seine Hand von Schwester Murchisons Augen, allerdings nicht ganz.

Nur zogernd und ein wenig unbeholfen strich er mit der Hand uber ihre zarte Wange, bis ihr Kinn in seiner Handflache lag. Dann fuhr er ihr sanft mit den Fingern durch das leicht gelockte Haar und streichelte sie hinter dem Ohr. Er spurte, wie sie sich zunachst etwas versteifte, sich dann aber wieder langsam entspannte.

„Ehm. jetzt wissen Sie, was ich meine“, sagte er mit trockenem Mund. „Es sei denn, Sie haben Spa? daran, da? Ihnen weiterhin tonnenschwere Monster Sand und Wasser ins Gesicht spruhen.“

„Wir sind doch spater noch allein, wenn Sie mich nach Hause bringen“,

antwortete sie lachend.

„Sicher, aber was passiert dann? Bestimmt dasselbe wie beim letztenmal!“ reagierte Conway sauer. „Wir schleichen uns auf Zehenspitzen an ihre Zimmertur heran, um blo? nicht Ihre Mitbewohnerin zu wecken, die wieder einmal Fruhschicht hat, und dann drohnt plotzlich diese verdammte Roboterstimme los.“ Conway begann mit Zornesrote im Gesicht eine automatische Stimme nachzuahmen und fuhr quakend fort: „. soweit ich feststellen kann, sind Sie zwei Wesen der Klassifikation DBDG und verschiedenen Geschlechts. Weiterhin ist mir aufgefallen, da? Sie bereits seit zwei Minuten und achtundvierzig Sekunden eng nebeneinanderstehen. Unter diesen Umstanden mu? ich Sie bei allem Respekt auf den Paragraphen dreiundzwanzig, Absatz drei der Hausordnung fur DBDG-Schwesternquartiere hinweisen, der sich auf die Beherbergung von mannlichen Gasten bezieht und.“

Schwester Murchison erstickte fast vor unterdrucktem Lachen und stammelte: „Tut mir leid, das mu? wirklich furchtbar frustrierend fur Sie gewesen sein.“

Conway stellte verdrossen fest, da? ihr scheinbar bedauernder Gesichtsausdruck durch das vorangegangene unterdruckte Lachen leider verdorben wurde. Er ruckte ein Stuck naher zu ihr heran, umfa?te behutsam ihre Schulter und sagte: „Das war es wirklich und ist es auch immer noch. Ich will mit Ihnen reden, und ich werde leider keine Zeit haben, Sie heute abend zu Ihrer Unterkunft zu bringen. Aber ich mochte mich nicht hier mit Ihnen unterhalten, weil Sie immer ins Wasser verschwinden, sobald ich Sie in die Enge getrieben hab. Verstehen Sie mich bitte richtig, ich mochte Sie wirklich in die Enge treiben, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Ich mu? Ihnen einfach einige ernste Fragen stellen. Unser rein freundschaftliches Verhaltnis bringt mich namlich allmahlich um und.“

Die hubsche Schwester schuttelte nachdenklich den Kopf, nahm seine Hand von ihrer Schulter, druckte sie und sagte schlie?lich etwas verwirrt: „Kommen Sie, lassen Sie uns schwimmen gehen.“

Als Conway sie kurz darauf ins Wasser scheuchte, fragte er sich, ob sie vielleicht nicht doch ein wenig telepathisch veranlagt war; jedenfalls legte sie ein Tempo vor, als wurde sie tatsachlich um ihr Leben rennen.

Bei den hier herrschenden Gravitationsverhaltnissen war das Baden ein fast berauschendes Erlebnis. Die Wellen waren hoch und steil, und der kleinste Wasserspritzer schien sekundenlang in der Luft zu schweben, wobei jeder einzelne Tropfen rot und gelb in der Sonne schillerte. So konnte der schlecht ausgefuhrte Hechtsprung eines Wesens, das einer besonders schwergewichtigen Spezies angehorte, wirklich atemberaubende Effekte erzielen — insbesondere FGLIs neigten mit ihren massiven Korpern immer wieder zu unglaublichen Bauchklatschern.

Conway kraulte gerade wie aufgedreht am Rande eines gewaltigen Wellenbergs, der von einem Tralthaner verursacht worden war, hinter Schwester Murchison her, als ein knackendes Gerausch das Einschalten der Lautsprecher auf den Felsen signalisierte.

„Doktor Conway, bitte melden Sie sich zur Einschiffung in Schleuse sechzehn. Doktor Conway, bitte.!“ drohnte es uber die Bucht hinweg.

Als sie kurz darauf den Strand hinaufgingen, sagte Schwester Murchison in einem fur sie ungewohnt ernsten Ton: „Ich hab gar nicht gewu?t, da? Sie heute abreisen mussen. Ich ziehe mich rasch um und werde Sie zum Schiff begleiten.“

Im Vorraum der Schleuse sechzehn wurde Conway bereits von einem Mitglied des Monitorkorps erwartet. Als der Monitor sah, da? Conway in weiblicher Begleitung war, sagte er nur: „Wir legen in funfzehn Minuten ab, Sir“ und zog sich dann diskret zuruck.

Conway und Schwester Murchison blieben neben dem Tunnelgang stehen, durch den der Weg zur Schleuse fuhrte. Sie sah ihm in die Augen, aber ihr Gesicht verriet keine besondere Regung, es war einfach nur schon und sehr begehrenswert. Conway erzahlte ihr noch immer von der Wichtigkeit der vor ihm liegenden Aufgabe, obwohl er eigentlich uber etwas ganz anderes reden wollte. Zu allem Uberflu? sprach er viel zu hastig und zerfahren. Als er jedoch den Monitor durch den Schleusentunnel zuruckkommen horte, zog er Schwester Murchison an sich heran und ku?te sie sturmisch.

Er vermochte nicht einmal zu sagen, ob sie seinen Ku? erwidert hatte, er war viel zu ubersturzt und ungestum vorgegangen.

„Ich werde etwa drei Monate fort sein“, sagte er mit einem Unterton, der erklarend und entschuldigend zugleich klingen sollte. Dann schlo? er mit gekunstelter Leichtigkeit: „Und spatestens ab morgen fruh werde ich es kein bi?chen bereuen, was ich eben getan hab.“

8. Kapitel

Einer der Monitore, der sich als Major Stillman vorstellte, begleitete Conway zu seiner Kabine. Der Askulapstab uber dem Rangabzeichen wies ihn zudem als Korpsarzt aus. Trotz der sehr zuruckhaltenden und hoflichen Ausdrucksweise des Majors gewann Conway den Eindruck, da? er nicht so leicht einzuschuchtern war. Wie ihm der Major abschlie?end sagte, wurde der Captain ihn gern im Kontrollraum sehen, um ihn an Bord personlich willkommen zu hei?en, nachdem er sich in seiner Kabine eingerichtet habe.

Kurz darauf stellte sich Conway bei Captain Colonel Williamson vor, der ihm gleich die Erlaubnis erteilte, sich auf dem Schiff nach Belieben zu bewegen. Diese Auszeichnung wurde einem auf einem Schiff der galaktischen Foderation nur au?erst selten zuteil, und Conway fuhlte sich entsprechend geehrt. Allerdings mu?te er bald feststellen, da? er im Kontrollraum zunachst allen nur im Weg stand, obwohl sich niemand bei ihm beschwerte.

Beim darauffolgenden Versuch, das Schiffsinnere ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen, verirrte er sich gleich zweimal. Der schwere Monitorkreuzer Vespasian war weit gro?er, als Conway zunachst angenommen hatte. Nachdem er von einem freundlichen Monitor mit verstandnisvoller Miene zuruckgebracht worden war, beschlo? er, die meiste Zeit der Reise in seiner Kabine zu verbringen, und sich dort mit seiner vor ihm liegenden Aufgabe vertrauter zu machen.

Colonel Williamson hatte ihm zwar Unterlagen ausgehandigt, die bis ins letzte Detail gingen und auch dank der hervorragenden Informationsquellen des Monitorkorps auf dem aktuellsten Stand waren, aber zunachst wollte er die Akte studieren, die ihm O’Mara mitgegeben hatte.

Als Lonvellin vor einiger Zeit ins Orbit Hospital eingeliefert worden war, war dieser EPLH eigentlich auf dem Weg zu einem Planeten gewesen, der in einer praktisch unerforschten Region der Kleinen Magellanschen Wolke lag und uber den bose Geruchte kursierten. Kurz nach seiner Entlassung hatte er die Reise fortgefuhrt und einige Wochen spater Kontakt mit dem Monitorkorps aufgenommen. Die Verhaltnisse, die er auf dem betreffenden Planeten laut eigener Aussage vorgefunden hatte, grenzten sowohl in soziologischer als auch in medizinischer Hinsicht an Barbarei. Was die medizinische Seite anging, brauchte er dringend Unterstutzung, bevor er die vielen gesellschaftlichen Krankheiten wirkungsvoll bekampfen konnte, von denen dieser wirklich kranke Planet befallen

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