man eine gro?e Anzahl kleinerer Blutgefa?e durchtrennen mussen, und diese wieder miteinander zu verbinden oder abzuklemmen wurde viel schwieriger als alle vorhergehenden Arbeiten werden. Die durchtrennten Gefa?enden erneut weit genug in die Schlauche einzufuhren, damit sie sich nicht noch einmal herauslosten, sobald die Blutzirkulation wiederhergestellt war, war ein schwieriges, sich wiederholendes und nervenaufreibendes Verfahren.

Es blieben nur noch zwolf Minuten. „Ich erinnere mich noch gut an Harrison“, erwiderte Edwards, nachdem ihm Conway erklart hatte, was er wissen wollte. „Sein Anzug war nur an den Beinen beschadigt, deshalb konnten wir ihn nicht einfach wegwerfen — schlie?lich sind diese Dinger mit einer kompletten Werkzeug- und Uberlebensausrustung ausgestattet und entsprechend teuer. Und selbstverstandlich haben wir den Anzug dekontaminiert. Die Vorschriften schreiben ausdrucklich vor, da?.“

„Der Anzug kann noch immer irgend etwas in sich getragen oder beherbergt haben, Major“, unterbrach ihn Conway ungeduldig. „Wie grundlich haben Sie diese Dekontaminierung durchgefuhrt.“

„Sehr grundlich“, antwortete der Major, der allmahlich etwas verargert klang. „Wenn am Anzug irgendeine Art von Bazillus oder Parasit gehangen hat, dann ist er spatestens wahrend der Dekontaminierung eingegangen. Au?erdem ist er inklusive samtlicher Zubehorteile mit Hochdruckdampf im Sterilisationsraum desinfiziert worden. Er hat dasselbe Sterilisationsverfahren durchlaufen mussen wie Ihre chirurgischen Instrumente. Sind Sie jetzt zufrieden, Doktor?“

„Ja“, entgegnete Conway mit ruhiger Stimme. „Ja, das bin ich allerdings.“

Jetzt hatte er uber Harrisons Anzug und den Sterilisationsraum die Verbindung zwischen dem Fleischklo? und dem OP hergestellt. Doch das war nicht alles, was er hatte. Jetzt hatte er auch „Yehudi“!

Neben ihm hatte Mannon gerade die Operation kurz unterbrochen. Die Hande des Chirurgen zitterten, und er sagte voller Verzweiflung: „Ich brauche ein Dutzend Hande oder irgendwelche Instrumente, die gleichzeitig ein Dutzend verschiedener Operationen durchfuhren konnen. Es lauft nicht gut, Conway. Gar nicht gut.“

„Machen Sie eine Minute lang gar nichts“, bat Conway ihn eindringlich und rief dann den Schwestern die Anweisung zu, nacheinander mit ihren Instrumententabletts an ihm vorbeizugehen. O’Mara fing an zu brullen, weil er wissen wollte, was dort vor sich ginge, doch Conway konzentrierte sich zu stark, um ihm antworten zu konnen. Dann gab plotzlich eine der kelgianischen Schwestern einen Laut wie ein einatmendes Nebelhorn von sich — die DBLF-Entsprechung eines uberraschten Aufschreis —, weil plotzlich zwischen den Zangen auf ihrem Tablett ein mittelgro?er Steckschlussel lag.

„Sie werden es zwar nicht glauben“, sagte Conway erfreut, als er den Steckschlussel zu Mannon brachte und ihm in die Hand legte, „aber wenn Sie mir nur eine Minute zuhoren und anschlie?end genau das tun, was ich Ihnen sage, dann.“

Es war noch keine Minute verstrichen, da war Mannon bereits wieder bei der Arbeit.

Zunachst setzte er die komplizierte Operation nur zogernd, doch dann mit wachsender Selbstsicherheit und Geschwindigkeit fort. Gelegentlich pfiff er sogar durch die Zahne oder fluchte grausig, aber das war Mannons normales Verhalten wahrend einer schweren Operation, wenn sie gut zu verlaufen versprach. Auf der Zuschauergalerie konnte Conway das glucklich griesgramige und vor allem verblufffte Gesicht O’Maras und den zerbrechlichen, spinnenhaften Korper des Empathen sehen.

Prilicla zitterte zwar noch immer, aber nur au?erst verhalten. Eine Reaktion, die man bei einem Cinrussker, der sich nicht auf seinem Heimatplaneten befand, nur sehr selten beobachten konnte und die auf eine in der Nahe befindliche emotionale Strahlungsquelle hinwies, die sehr intensiv und ausgesprochen angenehm sein mu?te.

Nach der Operation wollten alle von Harrison mehr uber den Fleischklo? wissen, doch bevor ihm jemand eine Frage stellen konnte, mu?te Conway dem Lieutenant erst einmal erklaren, was passiert war.

„Und obwohl wir noch immer keine Vorstellung davon haben, wie diese Wesen aussehen“, erzahlte Conway gerade, „wissen wir doch, da? sie hochintelligent und auf ihre Weise technisch fortgeschritten sind. Damit meine ich, sie formen und benutzen Werkzeuge nach Belieben.“

„In der Tat, ja“, sagte Mannon trocken, und das „Etwas“ in seiner Hand verwandelte sich nacheinander in eine Metallkugel, eine Miniaturbuste von Beethoven und ein tralthanisches Gebi?. Seit absolute Gewi?heit herrschte, da? sich die Operation an dem hudlarischen Patienten als ein weiterer Erfolg Mannons und keineswegs als ein Fehlschlag herausstellen wurde, hatte dieser seinen Sinn fur Humor wiedererlangt.

„Die Phase der Werkzeugherstellung mu? sich allerdings sehr viel spater als die Entwicklung der philosophischen Wissenschaften eingestellt haben“, fuhr Conway fort. „Die Umstande, unter denen sich diese Wesen entwickelt haben, sind fur uns kaum vorstellbar. Diese Werkzeuge sind nicht fur den manuellen Gebrauch bestimmt, denn die Einheimischen besitzen wahrscheinlich gar keine Hande oder Greiforgane, wie wir sie normalerweise kennen. Aber dafur haben sie Gehirne…!“

Unter der geistigen Kontrolle seines Besitzers hatte sich das „Werkzeug“ neben Harrisons Aufenthaltsort auf dem Schiff einen Weg in die Descartes hineingeschnitten, war jedoch wahrend des plotzlichen Starts nicht in der Lage gewesen zuruckzukehren. Dadurch hatte eine neue Quelle unwissentlich die geistige Steuerung ubernommen — namlich der Lieutenant. Das Werkzeug war zu der Halterung geworden, die er fur seinen Fu? so dringend benotigt hatte, doch hatte es unter seinem Gewicht nachgegeben, weil es nicht wirklich mit dem Schiffskorper verbunden gewesen war. Als spater die Zubehorteile von Harrisons Anzug im selben Raum wie die chirurgischen Instrumente sterilisiert wurden und eine Schwester hereinkam, um nach einem bestimmten Instrument fur den OP zu suchen, wurde das Werkzeug wiederum zu dem, wozu es gerade gebraucht wurde.

Von da an herrschte Verwirrung uber Instrumentenzahlungen, herunterfallende Skalpelle, die nicht schnitten, oder Spruhdosen, die sich wirklich eigenartig verhielten. So benutzte Mannon ein Skalpell, das seinen Gedanken gefolgt war anstatt seinen Handen, was fur den Patienten fast verheerende Folgen gehabt hatte. Doch nachdem Conway ihn aufgeklart hatte, wu?te Mannon, da? er ein kleines, nicht spezialisiertes Allzweckwerkzeug in den Handen hielt, das sowohl geistiger als auch manueller Kontrolle unterworfen war. Und einige der Formen und Dinge, die Mannon dieses „Werkzeug“ annehmen und tun lie?, sollten Conway diese Operation sein Leben lang nicht vergessen lassen.

„Dieses. Gerat. ist wahrscheinlich fur seinen Besitzer von gro?em Wert“, schlo? Conway mit ernstem Ton. „Von Rechts wegen sollten wir es zuruckgeben. Aber wir brauchen es hier im Orbit Hospital, wenn moglich sogar noch einige mehr davon. Ihre Leute mussen Kontakt und Handelsbeziehungen zum Fleischklo? aufnehmen. Es mu? doch irgend etwas geben, das diese Wesen von uns im Austausch dafur haben wollen oder was wir fur sie tun konnen.“

„Ich wurde meinen rechten Arm fur ein solches Gerat geben“, bemerkte Mannon und fugte lachelnd hinzu: „Zumindest mein rechtes Bein.“

Der Lieutenant erwiderte sein Lacheln und sagte: „So, wie ich mich an den Planeten erinnere, herrscht dort kein Mangel an Frischfleisch, Doktor.“

O’Mara, der bis dahin au?ergewohnlich still gewesen war, sagte in sehr ernstem Ton: „Normalerweise bin ich wahrhaftig alles andere als ein gieriger Mensch. Aber stellen Sie sich nur mal vor, was dieses Hospital mit nur zehn oder sogar nur funf von diesen Dingern zustande bringen konnte. Wir besitzen eins, und wenn wir uns anstandig verhalten, bringen wir es wieder dorthin zuruck, wo wir es gefunden haben, denn offensichtlich hat ein solches Werkzeug einen unschatzbaren Wert. Das bedeutet, wir werden diese Dinger kaufen oder eine Art Tauschhandel um sie fuhren mussen. Dazu mussen wir aber erst einmal herausfinden, wie wir mit deren Besitzern kommunizieren konnen.“

Er blickte alle der Reihe nach an und fuhr dann mit ironischem Unterton fort: „Normalerweise zogert unsereins, solch schmutzige und kommerzielle Themen gegenuber so unverdorbenen und hingebungsvollen Arzten wie Ihnen zu erwahnen. Mir bleibt allerdings leider nichts anderes ubrig, um meinen folgenden Vorschlag zu begrunden: Sobald die Descartes mit den Wesen, die diese Werkzeuge benutzen, Kontakt aufgenommen hat, mochte ich, da? Doktor Conway und wen er sich sonst noch als Begleitung aussucht, die medizinische Situation auf dem Fleischklo? untersucht. Denn selbst wenn unser Interesse nicht ausschlie?lich kommerzieller Natur sein wird“, fugte er rasch hinzu, „kommt es mir doch so vor, als ob die einzigen Dinge, die wir diesen Wesen zum Tausch anbieten konnen, unsere medizinischen Fachkenntnisse und Fahigkeiten sind.“

Schwindelgefuhl

Vielleicht blickte die Mehrzahl der Beobachter auf dem Schiff zwangslaufig gerade irgendwo anders hin, als endlich der lang erwartete Beweis fur das Vorhandensein intelligenten Lebens sichtbar wurde. Denn zur Uberraschung aller tauchte er nicht etwa in den auf die Planetenoberflache gerichteten Teleskoplinsen oder auf den Fotos oder Filmen auf, die von den Sonden der Descartes aufgenommen worden waren, sondern auf den

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