Durchmesser von etwa anderthalb Metern aussah, rollte auf die Offnung zu.

Der innerste der drei „Reifen“ war der Astronaut selbst, wahrend die anderen beiden zu seinen Seiten ein metallisches Aussehen und eine Reihe von Schlauchen hatten, die von ihnen aus zum mittleren, organischen Reifen verliefen — wahrscheinlich Vorratsbehalter fur Nahrung, wie Conway meinte. Seine Theorie bestatigte sich, als die Au?enreifen genau in der Luke stoppten und der Alien, noch einen Versorgungsschlauch hinter sich herziehend, aus dem Schiff herausgerollt kam. Sich immer noch drehend sank er langsam auf den zweieinhalb Meter unter ihm liegenden Boden.

Harrison, der ihm am nachsten war, versuchte seinen Fall zu dampfen, konnte aber nur mit einer Hand an ihn herankommen. Das Wesen drehte sich um die eigene Achse und schlug mit der Seite flach auf dem Boden auf. Es federte nur einmal langsam nach und blieb dann regungslos liegen.

„Er ist wieder bewu?tlos, er stirbt! Schnell, Doktor Conway!“

Der normalerweise hofliche und zuruckhaltende Empath hatte die Lautstarke seines Anzugfunks voll aufgedreht, um so besser die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Conway bestatigte mit einer Handbewegung — er schwamm bereits so schnell er konnte auf den zu Boden gesunkenen Astronauten zu — und schrie zu Harrison: „Richten Sie ihn auf, Mann! Rollen Sie ihn!“

„Was.?“ wollte Harrison fragen, schob aber trotzdem beide Hande unter den Alien und stemmte ihn hoch.

Mannon, O’Mara und Conway kamen gleichzeitig an. Zu viert hoben sie ihn schnell in eine aufrechte Position, doch als Conway seine drei Helfer versuchen lie?, den Alien zu rollen, eierte er wie ein durchweichter Riesenreifen und neigte dazu, sich in sich selbst zusammenzufalten. Prilicla landete unter gro?er Lebensgefahr direkt neben ihnen und betaubte ihre Ohren mit den Einzelheiten der emotionalen Ausstrahlung des Astronauten — die jetzt praktisch nicht mehr vorhanden war.

Conway brullte den drei anderen die Anweisungen zu, den Alien auf Hufthohe zu heben, ihn dabei aufrecht zu halten und zu rollen. Binnen weniger Sekunden hatte er es geschafft, da? O’Mara auf der einen Seite nach unten zog, Mannon auf der anderen den Alien hochhob und der Lieutenant und er selbst den gro?en, schlaffen, ringformigen Korper von beiden Seiten stutzten und rollten.

„Drehen Sie die Lautstarke runter, Prilicla!“ schrie O’Mara. Dann knurrte er mit leiserer, wutender Stimme: „Ich nehme an, einer von uns wei?, was wir hier tun, oder?“

„Ich glaube schon“, antwortete Conway, der sich sofort angesprochen fuhlte. „Konnen Sie ihn nicht mehr beschleunigen? Im Schiff hat er sich viel schneller gedreht als jetzt. Prilicla?“

„Er ist. er ist kaum noch am Leben.“

Sie taten alles mogliche, um die Drehung des Aliens zu beschleunigen, wahrend sie ihn gleichzeitig auf den Beckenabschnitt zurollten, der fur ihn vorbereitet worden war. Dieser Abschnitt enthielt das komplizierte Riesenrad, das Conway bestellt hatte, und eine wassrige Atmosphare, die der Suppe in den Meeren vom Fleischklo? einigerma?en entsprach. Zwar war es keine exakte Reproduktion, weil die in dieser Suppe aufgelosten Substanzen nicht aus den lebenden Organismen bestand, die man im Original gefunden hatte, sondern nur aus kunstlichen Stoffen, doch hatte sie denselben Nahrwert. Da diese Bruhe zudem ungiftig war, soweit es die restlichen Wasseratmer betraf, die diese Station zu benutzen pflegten, hatte man die Unterkunft des Astronauten nicht extra durch Metallwande mit einer Luftschleuse, sondern nur durch eine transparente Plastikwand abtrennen mussen. Dadurch konnte der Patient nun sehr viel schneller in den ihm zugeteilten Abschnitt und auf das Rad gebracht werden.

Schlie?lich hatte man ihn an der richtigen Stelle untergebracht. Er war am Rad angebunden worden und drehte sich mit gleicher Geschwindigkeit und in derselben Richtung wie seine „Liege“ in der Kommandokapsel. Mannon, Prilicla und Conway schnallten sich selbst in der Nahe des Patienten an, wobei sie darauf achteten, gleichzeitig so nahe wie moglich am Mittelpunkt des Rads zu sein. Wahrend sie bereits mit der Untersuchung begannen, gesellte sich weiteres OP-Personal zu ihnen. Spezialinstrumente, Diagnosegerate und das gedankengesteuerte „Spezialwerkzeug“ trafen ein und wurden am Rad befestigt, das sich in der fast undurchsichtigen Suppe unaufhorlich drehte.

Gegen Ende der ersten Stunde befand sich der Patient noch immer in tiefer Bewu?tlosigkeit.

O’Mara und Skempton zuliebe, die ihre Platze auf dem Rad Mitgliedern des Operationsstabs uberlassen hatten, sagte Conway: „Durch diese Bruhe hindurch kann man selbst auf kurze Entfernung kaum etwas sehen. Da der reflexbedingte Atmungsvorgang eine Nahrungsaufnahme einschlie?t, und weil der Patient lange Zeit zu wenig Nahrung und Wasser hatte, ziehe ich es trotzdem vor, in dieser truben Suppe zu arbeiten als in klarem und nahrstofffreiem Wasser.“

„Essen ist auch meine Lieblingsmedizin“, bemerkte Mannon.

„Ich frage mich immer noch, wie solch eine Lebensform entstanden sein kann“, fuhr Conway fort. „Vermutlich fing alles in irgendeinem gro?en, flachen Gewasser an, das von den Gezeiten abhangig war. Dieses Gewasser mu? so beschaffen gewesen sein, da? die Auswirkungen von Ebbe und Flut das Wasser standig im Kreis bewegten, anstatt es steigen und sinken zu lassen. Der Patient hat sich vielleicht aus einem vorzeitlichen Tier entwickelt, das dauernd von den kreisformigen Gezeiten an den flachen Stellen herumgerollt wurde und wahrend dieser rotierenden Bewegung Nahrung aufnahm. Spater entwickelte diese prahistorische Kreatur spezialisierte Organe und eine Muskulatur, die es ihr ermoglichten, sich selbst zu rollen, anstatt sich auf die Gezeiten und Stromungen zu verlassen. Zusatzlich bildeten sich Greiforgane in der Form dieser Fransenkante aus kurzen Tentakeln, die zwischen den Reihen von Kiemenofffnungen und Augen aus dem Korper wachsen. Ihre Sehorgane mussen wie eine Art Zolostat funktionieren, da der Inhalt ihres Blickfelds standig rotiert.

Die Fortpflanzung findet wahrscheinlich durch direkte Zellteilung statt“, fuhr er fort, „und sie rollen jede Minute ihres Lebens, denn Stillstand bedeutet Tod.“

„Aber warum?“ warf O’Mara ein. „Warum mu? sich dieses Wesen standig drehen, obwohl es Wasser und Nahrung ohne jede Bewegung einsaugen konnte?“

„Wissen Sie uberhaupt, was dem Patienten fehlt, Doktor Conway?“ fragte Skempton aufgeregt und fugte dann besorgt hinzu: „Konnen Sie ihn behandeln?“

Mannon gab einen Laut von sich, der ein spottisches Grunzen sein konnte, ein bellendes Lachen oder vielleicht blo? ein ersticktes Husten.

Conway antwortete schlie?lich: „Ja und nein, Sir. In gewissem Sinn mu?te die Antwort allerdings auf beide Fragen ja lauten.“ Er sah kurz O’Mara an, um ihn mit in das Gesprach einzubeziehen und fuhr fort: „Das Wesen mu? rollen, um am Leben zu bleiben. Dabei wendet es eine glanzende Methode an, sich wie ein aufrechter Reifen zu drehen. Es verlagert namlich permanent seinen Schwerpunkt, indem es den Korperabschnitt, der als nachstes oben sein soll, teilweise mit Luft aufpumpt. Das ununterbrochene Rollen la?t sein Blut zirkulieren — es verwendet ein Gravitationsversorgungssystem anstatt einer Muskelpumpe. Sehen Sie, dieses Geschopf hat namlich kein Herz, uberhaupt keins. Wenn es zu rollen aufhort, stoppt auch der Blutkreislauf, und es stirbt innerhalb weniger Minuten.

Das Problem ist“, schlo? Conway grimmig, „da? wir den Blutkreislauf des Patienten moglicherweise schon zu oft unterbrochen haben.“

„Ich mu? Ihnen ausnahmsweise einmal widersprechen, mein Freund“, entgegnete Prilicla, der in der Regel nie jemandem widersprach. Der Korper und die dunnen Beinchen des Empathen zitterten, allerdings langsam, ein Indiz dafur, da? er ausgesprochen angenehme Emotionen empfing. Der Cinrussker fuhr fort: „Der Patient erlangt sehr schnell das Bewu?tsein zuruck. jetzt ist er schon bei vollem Bewu?tsein! Er strahlt ein dumpfes, schwer zu lokalisierendes Schmerzgefuhl aus, das ziemlich sicher durch Hunger hervorgerufen wird, doch beginnt es bereits abzuklingen. Ansonsten fuhlt er sich ein wenig angstlich. Er ist sehr aufgeregt und vor allem ungeheuer neugierig.“

„Neugierig?“ hakte Conway nach.

„Neugier ist die vorherrschende Emotion, Doktor.“

„Unsere ersten Astronauten waren ebenfalls ganz besonders neugierige Leute.“, merkte O’Mara an.

Danach verging noch mehr als eine Stunde, bis sie endlich mit dem Astronauten vom Fleischklo? fertig waren — naturlich rein medizinisch gesprochen — und aus ihren Anzugen herausstiegen. Ein Sprachenexperte des Monitorkorps teilte sich mittlerweile mit dem Alien das Riesenrad, um dem Ubersetzungscomputer des Orbit Hospital moglichst rasch eine neue ET-Sprache beizubringen. Colonel Skempton war vorzeitig gegangen, weil er fur den Captain der Descartes eine recht komplizierte Mitteilung zu verfassen hatte.

„Nicht alle Neuigkeiten sind gut“, sagte Conway, wobei er trotzdem vor Erleichterung unwillkurlich lacheln

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