Drehgeschwindigkeit nicht bald wiederhergestellt wurde.

Am nachsten Tag war das Gerust fertig aufgebaut, und man begann mit der Arbeit, das Metallband anzubringen, mit dem die provisorische Luftschleuse verbunden werden sollte. Wahrend die Schleusenkonstruktion errichtet wurde, befestigten Conway und Harrison Sicherheitsleinen am Gerust und untersuchten den Schiffskorper. Der Lieutenant fand dabei eine Menge uber die Steuerungsdusen und die zu den Bremsraketen verlaufenden Schaltungen heraus, wahrend Conway nur verblufft auf die lange und recht schmale Ausstiegsluke starrte oder hin und wieder durch das winzige Glasbullauge guckte, das lediglich einen Durchmesser von wenigen Zentimetern hatte und hinter dem er nur wenig mehr als einen Rolladen erkennen konnte, der sich schnell offnete und wieder schlo?. Erst am folgenden Tag waren Conway und der Lieutenant in der Lage, das Alienschiff zu betreten.

Der Insasse ware zwar noch am Leben, teilte Prilicla ihnen mit, doch sei er mittlerweile bereits in eine Art Koma gefallen.

Wie erwartet, befand sich im Mittelteil des Raumfahrzeugs kaum noch Wasser. Die Zentrifugalkraft hatte bewirkt, da? es sich in den au?eren Schiffsenden gesammelt hatte. Conways und Harrisons Scheinwerferlicht wurde von einem blendenden Nebel aus feinem Wasserdunst reflektiert, der, wie eine rasche Untersuchung ergab, durch die Funktionsweise eines mechanischen Systems aus Zahnrad- und Kettenantrieben entfacht wurde, das uber die gesamte Schiffslange verlief.

Sehr vorsichtig, um sich nicht mit einer Hand zwischen Ketten und Zahnradern zu verfangen oder versehentlich mit einem Stiefel durch den zerbrechlichen Rumpf in den Weltraum zu treten, tastete sich Conway nach vorn, wahrend sich der Lieutenant nach achtern bewegte. Auf diese Weise wollten sie sicherstellen, da? der Schiffsschwerpunkt so nahe wie moglich bei der Rotationsachse blieb, denn jede jetzt erzeugte Unausgeglichenheit wurde das Gerust herunterschutteln und wahrscheinlich Locher in die Schiffswand rei?en.

„Ich bin mir zwar daruber im klaren, da? eine Wasserwiederaufbereitungsanlage eine umfangreichere mechanische Ausrustung erfordert als ein Luftwiederaufbereitungssystem“, sagte Conway zu Harrison und an die Adresse der Fahre, „aber mu?te das Schiff nicht trotzdem verhaltnisma?ig mehr elektrische als mechanische Gerate an Bord haben? Ich komme nur ein paar Meter voran, und alles was ich sehe, sind Zahnrader und Kettenantriebe. Au?erdem verursacht das Zirkulationssystem eine starke Stromung, einen regelrechten Sog, und ich laufe Gefahr, in das Raderwerk gezogen zu werden.“

Der feine, standig gegenwartige Spruhnebel erschwerte die Sicht enorm, doch einen Augenblick lang erhaschte Conway einen fluchtigen Blick von etwas, das nicht zur Maschinerie gehoren konnte — irgend etwas Braunes und Ringelformiges, aus dessen Korper kurze Stoppeln oder angedeutete Tentakel hervorragten, jedenfalls war es irgend etwas Organisches. Das Wesen war von allen Seiten durch sich drehende Maschinen eingeengt und schien selbst ebenfalls zu rotieren, doch war von seinem Korper so wenig sichtbar, da? Conway sich nicht sicher sein konnte.

„Ich kann jetzt den Insassen sehen“, berichtete Conway aufgeregt. „Allerdings nicht gut genug, um ihn klassifizieren zu konnen. Er scheint keinen Druckanzug zu tragen. Aber wir kommen an ihn nicht heran, ohne das Schiff auseinanderzurei?en und ihn dabei zu toten.“ Er fluchte und fuhr dann wutend fort: „Das ist doch alles vollig verruckt! Normalerweise wurde ich jetzt den Patienten ruhigstellen, dann mit ihm rauskommen, ihn auf die Station transportieren lassen und ihn dort behandeln. Aber dieses verdammte Ding kann nicht ruhiggestellt werden, ohne.“

„Angenommen, mit seinem Lebenserhaltungssystem stimmt etwas nicht“, unterbrach ihn der Lieutenant. „Irgend etwas, fur dessen ordnungsgema?es Funktionieren Gravitation oder kunstliche Gravitation in der Form von Zentrifugalkraft benotigt wird. Wenn wir die Fehlfunktionen des Lebenserhaltungssystems beheben konnten, dann.“

„Aber warum?“ fragte Conway plotzlich, als bei ihm eine vage Idee, die er im Hinterkopf hatte, allmahlich Gestalt annahm. „Ich meine, wie kommen wir zu der Annahme, da? irgend etwas nicht richtig funktioniert.?“ Er hielt kurz inne und sagte dann: „Wir werden hier drinnen die Ventile von ein paar Sauerstoffbehaltern offnen, um die Luft dieses Wesens aufzufrischen — ich meine damit naturlich das Wasser. Immerhin ware das schon mal eine Erste-Hilfe-Ma?nahme, bis wir in der Lage sind, etwas Konstruktiveres zu tun. Dann mussen wir zur Fahre zuruck, mir kommen namlich langsam einige sonderbare Ideen zu diesem Astronauten, die ich gerne testen mochte.“

Sie kehrten zum Kontrollraum zuruck, ohne ihre Anzuge abzulegen. Prilicla erwartete die beiden bereits und berichtete ihnen, da? sich der Zustand des Patienten allem Anschein nach ein wenig gebessert hatte, obwohl er immer noch bewu?tlos war. Der Empath fugte hinzu, der Grund dafur sei, da? sich das Wesen womoglich eine schwere Verletzung zugezogen hatte, im fortgeschrittenen Stadium unterernahrt war oder kurz vor dem Erstickungstod gestanden hatte.

Conway erzahlte den anderen von seiner Idee, und wahrend er sprach, machte er eine Skizze von dem Alienschiff.

„Wenn das hier die Rotationsachse ist“, erklarte er, als die Zeichnung vollstandig war, „und das die Entfernung zwischen der Achse und der Position des Piloten und dies hier die Rotationsgeschwindigkeit, konnen Sie mir dann sagen, wie nah die relative Schwerkraft, die in der Umgebung des Piloten herrscht, an die vom Fleischklo? herankommt?“

„Eine Minute“, bat Harrison, als er Conways Stift nahm und zu kritzeln begann. Ein paar Minuten spater — er hatte sich etwas mehr Zeit genommen, um seine Berechnungen zweimal zu uberprufen — verkundete er: „Sehr nah, Doktor. Genaugenommen sind die Schwerkraftverhaltnisse sogar identisch.“

„Und das bedeutet“, folgerte Conway nachdenklich, „da? wir es wahrscheinlich mit einem Wesen zu tun haben, das aus irgendeinem Grund, der physiologisch sicherlich einleuchtend ist, ohne Schwerkraft nicht leben kann. Ein Wesen also, fur das Schwerelosigkeit absolut todlich ist.“

„Entschuldigen Sie, Doktor“, schaltete sich die Stimme des Funkers ein. „Ich hab Major O’Mara fur Sie auf Schirm zwei.“

Conway hatte plotzlich das Gefuhl, da? die Idee, die in seinem Hinterkopf Gestalt angenommen hatte, genauso schnell zerplatzte wie sie ihm gekommen. Rotation, dachte er wutend, versuchte jedoch, den Gedanken zu verdrangen. Zentrifugalkraft, ein kompliziertes Raderwerk… Aber schon fullte der kantige Quadratschadel des Chefpsychologen den Bildschirm, und es war ihm nunmehr unmoglich, an etwas anderes zu denken.

O’Maras Stimme klang freundlich — ein sehr schlechtes Zeichen. „Ihre jungsten Aktivitaten sind wirklich sehr eindrucksvoll gewesen, Doktor“, begann er. „Besonders, als sie die Gestalt einer kunstlichen Meteoritentatigkeit in Form herabfallender Werkzeuge und Bauteile angenommen haben. Doch ich bin nur um Ihren Patienten besorgt. Das sind wir ubrigens alle — sogar und ganz besonders der Captain der Descartes, der vor kurzem zum Fleischklo? zuruckgekehrt ist.

Die Descartes ist namlich in arge Schwierigkeiten geraten. Drei Flugkorper mit Nuklearsprengkopfen wurden auf das Schiff abgeschossen. Einer davon kam vom Kurs ab und hat dabei ein gro?es Gebiet in einem Ozean des Fleischklo?es verseucht, und der zweite kam so nahe heran, da? der Captain vollen Notschub geben mu?te, um ihm auszuweichen. Er meint, eine Kommunikation oder gar einen freundlichen Kontakt mit den Planetenbewohnern herzustellen sei unter diesen Umstanden unmoglich. Die Einheimischen glauben offenbar, ihr Astronaut sei zu irgendeinem grauenerregenden Zweck entfuhrt worden. Die einzige Moglichkeit, die Situation zu retten, ware also die Ruckkehr des Wesens in einem glucklichen und gesunden Zustand.

Doktor Conway, Ihr Mund steht offen! Entweder sagen Sie etwas, oder Sie machen ihn wieder zu!“

„Entschuldigung, Sir“, entgegnete Conway geistesabwesend. „Ich hab gerade nachgedacht. Ich wurde gerne etwas versuchen, und vielleicht konnten Sie mir dabei behilflich sein, indem Sie mir Colonel Skemptons Unterstutzung verschaffen. Wir verschwenden hier drau?en nur unsere Zeit, das hab ich jetzt eingesehen, und ich mochte das Raumfahrzeug in das Hospital bringen. Naturlich immer noch rotierend — jedenfalls zuerst. Die Frachtschleuse drei?ig ist gro? genug, um es aufzunehmen, und sie liegt nahe genug an den wassergefullten Korridoren, die zur Krankenstation fuhren, die wir fur den Patienten bereits vorbereiten. Doch ich furchte, der Colonel wird mir die Erlaubnis verwehren, das Alienschiff ins Hospital zu holen.“

Trotz der Argumente Conways und der durch O’Mara gewahrten Unterstutzung wehrte sich Colonel Skempton tatsachlich gegen dieses Vorhaben mit Handen und Fu?en, und er antwortete gerade zum drittenmal mit einem entschlossenen und unmi?verstandlichen Nein.

„Ich bin mir der Dringlichkeit dieser Angelegenheit zwar vollkommen bewu?t“, sagte er, „und ich sehe auch deren Wichtigkeit fur unsere zukunftigen Hoffnungen auf Handelsbeziehungen mit dem Fleischklo? vollkommen ein, und ich hab auch Verstandnis fur Ihre technischen Probleme, aber Sie werden ein chemisch betriebenes

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