den Befestigungsnahten Dampf austrat, lie? er es sofort wieder los. Unmittelbar darauf spurte er, da? er wie von einer Steinschleuder in den freien Raum katapultiert wurde.
„Wo, zum Teufel, sind Sie, Doktor?“ fragte Mannon besorgt. „Bei der letzten Drehung waren Sie noch da, und jetzt sind Sie einfach weg.“
„Keine Ahnung, Doktor“, antwortete Conway wutend. Dann zundete er eins der Notleuchtsignale an seinem Anzug und fragte: „Konnen Sie mich jetzt sehen?“
Als er spurte, wie sich die Traktorstrahlen auf ihn richteten und ihn zur Fahre zuruckzuziehen begannen, fuhr er fort: „Was wir machen, ist vollig sinnlos. Das Ganze sollte eine simple Rettungsaktion werden, aber wir brauchen einfach viel zu lange dafur. Lieutenant Harrison und Doktor Prilicla, kommen Sie bitte zum Schiff zuruck. Wir werden es auf eine andere Art versuchen.“
Wahrend sie ihre Vorgehensweise besprachen, hatte Conway das Raumfahrzeug aus jedem Winkel fotografieren lassen und das Labor auf der Fahre mit einer ausfuhrlichen Analyse der Proben betraut, die er und Harrison zuvor gesammelt hatten. Sie suchten noch immer nach einem geeigneten Verfahren, den Patienten zu bergen, als sie mehrere Stunden spater die Abzuge und vollstandigen Analysen erhielten.
Laut Laborbericht lief aus samtlichen Lecks des Alienschiffs kein Treibstoff aus, sondern Wasser, das ausschlie?lich zum Atmen zu dienen schien, da es nicht die ublichen tierischen und pflanzlichen Organismen enthielt, die man in den Meeresproben vom Fleischklo? gefunden hatte. Verglichen mit diesen Meeresproben war der CO2-Gehalt zudem relativ hoch — das Wasser war, kurz gesagt, besorgniserregend verbraucht.
Eine genaue Untersuchung der Fotos durch Harrison, der sich auf dem Gebiet der fruhzeitlichen Raumfahrt recht gut auskannte, deutete darauf hin, da? das uberstehende Heck einen Hitzeschild enthielt, an dem mit Feststoff betriebene Bremsraketen angebracht waren. Fur Harrison war klar, da? der lange zylindrische Flugkorper keine dritte Stufe mehr hatte, sondern nur wenig mehr als eine Lebenserhaltungsausrustung enthielt, die, ihrer Gro?e nach zu urteilen, ziemlich primitiv sein mu?te. Nachdem er dies geau?ert hatte, korrigierte er sich noch ein wenig zugunsten einer etwas freundlicheren Darstellung und fugte hinzu, da? es sauerstoffatmenden Astronauten moglich sei, komprimierte Luft mit sich zu fuhren, wohingegen Wasseratmer ihr Wasser ja nicht komprimieren konnten.
Die Spitze der Schiffsnase enthielt kleine Klappen, hinter denen sich wahrscheinlich die Landefallschirme befanden. Ungefahr anderthalb Meter dahinter befand sich eine weitere Klappe, die zirka vierzig Zentimeter breit und zwei Meter hoch war. Das stellte fur die Aus- und Einstiegsluke eines Piloten zwar eine seltsame Form dar, doch Harrison war davon uberzeugt, da? es sich nur um eine solche Offnung handeln konnte. Wie er hinzufugte, mache es der geringe Entwicklungsgrad der Schiffskonstruktion zudem unwahrscheinlich, da? es sich bei dieser Klappe um die Au?enluke einer Luftschleuse handelte, sondern mit ziemlicher Sicherheit nur um einen direkten Zugang zur Kommandokapsel.
Er warnte Conway davor, diese Luke zu offnen, weil durch die Zentrifugalkraft innerhalb weniger Sekunden das Wasser aus dem Schiff geschleudert werden wurde, oder, um ganz genau zu sein, die Halfte des Wassers. Durch dieselbe Kraft wurde namlich die andere Halfte des Wassers im Heckbereich verbleiben, doch befand sich der Astronaut hochstwahrscheinlich in der Schiffsnase.
Conway gahnte heftig, rieb sich die Augen und sagte erschopft: „Ich mu? den Patienten sehen, um eine Vorstellung von seinen Verletzungen zu bekommen und die Unterbringung vorzubereiten, Lieutenant. Angenommen, ich wurde mich mittschiffs in der Nahe des Rotationszentrum hineinschneiden. Eine betrachtliche Menge Wasser ist ja bereits ausgelaufen, und der Rest wird von der Zentrifugalkraft in Bug und Heck gedruckt. Deshalb durfte die Schiffsmitte so gut wie leer sein und der durch mein Eindringen verursachte zusatzliche Wasserverlust nur geringfugig ausfallen.“
„Das stimmt zwar, Doktor“, entgegnete Harrison, „aber die Schiffskonstruktion konnte so beschaffen sein, da? Sie dabei versehentlich eine Schwei?naht der wassergefullten Teile beschadigen. Es besteht sogar die Gefahr, da? die Zentrifugalkraft die gesamte Konstruktion auseinanderrei?t, so zerbrechlich ist das Ding.“
Conway schuttelte den Kopf. „Wenn wir den Mittelteil mit einem breiten Band aus dunnem Metall umschlie?en, das eine mit einem Scharnier versehene luftdichte Luke hat, die gro? genug fur einen Menschen ist, dann konnen wir die Rander des Bands mit schnelltrocknendem Klebstoff luftdicht an das Schiff kleben und eine provisorische Schleuse uber der Luke aufbauen — naturlich ohne zu schwei?en, denn die Hitze wurde die Au?enhaut beschadigen. Das wurde mir ermoglichen hineinzugelangen, ohne.“
„Das ware auf einem rotierenden Schiff aber eine au?erst heikle Angelegenheit“, gab Mannon zu bedenken. Harrison nickte zustimmend, dann sagte er: „Sicher, aber wir konnten ein leichtes, rohrenformiges. Gerust errichten, das wir mit Magneten am Rumpf verankern. Von dort aus konnten wir das Band verkleben und die Luftschleuse aufbauen. Das klingt komplizierter als es ist und wurde nur relativ wenig Zeit in Anspruch nehmen.“
Prilicla au?erte sich nicht. Cinrussker hatten einen notorischen Mangel an physischem Durchhaltevermogen, und der kleine Empath hatte sich mit seinen Beinen, deren Enden mit Saugnapfen versehen waren, an die Decke gehangt und war eingeschlafen.
Mannon, der Lieutenant und Conway bestellten beim Hospital Material und fachmannische Hilfe und begannen, eine Arbeitsgruppe zusammenzustellen, als der Funker der Ambulanzfahre meldete: „Ich hab Major O’Mara fur Sie auf Schirm zwei.“
„Werter Doktor Conway“, sagte der Chefpsychologe, als er sehen und gesehen werden konnte, „zu mir sind Geruchte durchgedrungen, da? Sie versuchen — und es wahrscheinlich schon erfolgreich bewerkstelligt haben —, einen neuen Langsamkeitsrekord in der Disziplin „Bergung eines Patienten von einem Schiff und dessen Einlieferung in ein Hospital“ aufzustellen. Ich brauche Sie nicht an die Dringlichkeit und Wichtigkeit dieser Angelegenheit zu erinnern, tue es aber trotzdem. Also, Conway, diese Angelegenheit ist dringend und wichtig. Ende.“
„Sie selbstherrlicher und aufgeblasener Seelenklempner.“, begann Conway wutend eine Schimpftirade an das bereits verblassende Bild, beherrschte dann jedoch schnell seine Gefuhle, weil sie Prilicla selbst im Schlaf zucken lie?en.
„Vielleicht“, sagte der Lieutenant, wobei er Mannon grubelnd anblickte, „ist mein Bein noch nicht wieder richtig verheilt, seit ich es mir wahrend dieses ubersturzten Starts vom Fleischklo? gebrochen hab. Ein freundlicher, hilfsbereiter Arzt wurde sich moglicherweise entschlie?en, mich wieder auf Ebene zweihundertdreiundachtzig, Station vier zuruckzuschicken.“
„Derselbe freundliche und hilfsbereite Arzt wurde moglicherweise zu dem Schlu? kommen“, entgegnete Mannon trocken, „eine gewisse terrestrische Schwester auf Ebene zweihundertdreiundachtzig, Station vier, konnte etwas mit ihrem Ruckfall zu tun haben. Er wurde Sie wahrscheinlich in diesem Fall auf. nun, sagen wir mal, auf Ebene zweihunderteinundvierzig, Station sieben, verlegen. Es gibt namlich nichts Besseres, als einen terrestrischen Mann von einer vieraugigen Schwester mit viel zu vielen Beinen bemuttern zu lassen, um ihn von seinen fleischlichen Gelusten zu heilen.“
Conway lachte. „Beachten Sie ihn einfach nicht, Harrison. Gelegentlich sind Doktor Mannons Gedanken noch schmutziger als die von O’Mara. Im Moment gibt es nichts mehr, was wir tun konnten, meinen Herren, und es ist ein langer harter Tag gewesen. Lassen Sie uns lieber ins Bett gehen, bevor wir noch im Stehen einschlafen.“
Ein weiterer Tag verging, ohne bedeutende Fortschritte zu erzielen. Wegen der gebotenen Eile versuchte das fur den Aufbau des Gerusts zustandige Team, die Arbeit zu beschleunigen, mit dem Erfolg, da? es Werkzeuge und Gerustteile verlor und mehrmals Mitarbeiter uber Bord gingen. Sie konnten zwar ganz einfach mit Traktorstrahlen wieder zuruckgeholt werden, doch die Werkzeuge und Gerustteile waren nicht mit Leuchtsignalen ausgestattet und normalerweise unwiederbringlich verloren. Fluchend beschwerten sich die Monteure immer wieder daruber, solch heikle Gerustbauarbeiten auf einem Weltraumkarussell verrichten zu mussen, machten sich dann aber wieder an die Arbeit.
Man kam zwar nur langsam, dafur aber zielstrebig voran. Die Menge der von Werkzeugen und Raumstiefeln im Rumpf des Raumfahrzeugs erzeugten Beulen und Furchen war nicht mehr zu zahlen, und aus dem Schiff entwich immer mehr Wasserdampf.
Gegen Priliclas ausdrucklichen Wunsch versuchte Conway erneut, die Drehgeschwindigkeit des Schiffs zu verringern, um so den Verlauf der Arbeiten zu beschleunigen. Diesmal gab es beim Insassen keine Anzeichen von Panik, wie der Empath berichtete, weil er bereits zu bewu?tlos war, um sich uberhaupt noch Sorgen zu machen. Prilicla fugte hinzu, eigentlich konne er die emotionale Ausstrahlung des Patienten nur einem anderen Empathen beschreiben, doch sei er fest davon uberzeugt, da? der Patient sehr bald sterben musse, wenn die volle