und Lieutenant Harrison schien erfreut, die beiden begru?en zu konnen. Er machte einen sehr gelangweilten Eindruck, und laut Prilicla fuhlte er sich auch entsprechend.

„Abgesehen von Ihrem Beinbruch scheinen Sie ja in sehr guter korperlicher Verfassung zu sein, Lieutenant“, begru?te ihn Conway, nur fur den Fall, da? sich Harrison uber die Anwesenheit zweier Chefarzte Sorgen machen konnte. „Wir wurden gern mit Ihnen uber die Ereignisse sprechen, die zu Ihrem Unfall gefuhrt haben. Das hei?t naturlich nur dann, wenn es Ihnen nichts ausmacht.“

„Nicht im geringsten“, antwortete der Lieutenant. „Wo soll ich anfangen? Mit der Landung oder noch davor?“

„Wenn Sie so nett waren, uns zuerst ein wenig uber den Planeten selbst zu erzahlen, ware das sehr hilfreich“, regte Conway an.

Der Lieutenant nickte und ruckte seine Kopfstutze in eine fur das Gesprach bequemere Position. „Der Planet war schon ziemlich absonderlich. Wir hatten ihn bereits lange von der Umlaufbahn aus beobachtet.“

Der Planet war auf den Namen „Fleischklo?“ getauft worden, weil Captain Williamson vom Kontakt- und Vermessungsschiff Descartes es au?erst nachdrucklich abgelehnt hatte, solch einen seltsamen und unangenehmen Planeten nach sich selbst benannt zu wissen. Wie Harrison erzahlte, musse man ihn schon selbst gesehen haben, um an seine Existenz zu glauben, und fur seine Entdecker sei es selbst dann noch schwierig gewesen, das zu glauben, was sie gesehen hatten.

Die Ozeane auf der Planetenoberflache waren wie eine dicke, lebendige Suppe und die Landmassen fast vollstandig von sich langsam bewegenden Teppichen aus tierischem Leben bedeckt. In vielen Gegenden gab es Mineralauswuchse und Erdreich mit pflanzlichem Leben. Andere Vegetationsformen gediehen im Wasser, auf dem Meeresboden oder trieben auf der organischen Landoberflache Wurzeln. Doch der gro?ere Teil der Landflache war von einer Schicht aus tierischem Leben bedeckt, die an einigen Stellen fast einen Kilometer dick war.

Dieser organische Riesenteppich unterteilte sich in Schichten, die durcheinander krabbelten und rutschten, um sich den Weg zu der lebensnotwendigen Oberflachenvegetation oder zu den unterirdischen Mineralien freizukampfen oder um sich einfach gegenseitig zu ersticken und zu fressen. Im Verlauf dieses langsamen und gewaltigen Kampfs hoben sich die lebendigen Schichten zu Bergen und Talern, veranderten die Gestalt von Seen und Kusten und stellten die gesamte Topographie ihres Planeten von Monat zu Monat auf den Kopf.

An Bord der Descartes waren sich die Spezialisten grundsatzlich einig gewesen: Wenn es auf diesem Planet intelligentes Leben gab, dann mu?te es eine von zwei moglichen Formen angenommen haben, wobei jede fur sich eine Moglichkeit darstellte. Der erste Typ mu?te gro? sein, namlich einer der gewaltigen lebenden Teppiche, der vielleicht in der Lage war, sich im tiefer liegenden Gestein zu verankern, wahrend er sich durch Auswuchse in Richtung Oberflache ausdehnen konnte, die der Atmung, Nahrungsaufnahme und Ausscheidung von Abfallstoffen dienten. Dieser Typ durfte des weiteren eine Verteidigungswaffe um seinen sich weit erstreckenden Umfang herum besitzen, mit der er weniger intelligente Schichtkreaturen davon abhalten konnte, sich zwischen ihn selbst und den darunterliegenden Boden zu drangeln oder uber ihn zu rutschen und ihn von Licht, Nahrung und Luft abzuschneiden. Au?erdem konnte er mit einer solchen Waffe gro?e und kleine Meeresraubtiere abwehren, die rund um die Uhr an ihm herumzunagen schienen.

Bei der zweiten Moglichkeit konnte es sich um eine ziemlich kleine Lebensform handeln, glatthautig, biegsam und schnell genug, um ihr ein Leben zwischen den Schichtkreaturen zu ermoglichen und den Nahrungsaufnahmeprozessen der Schichten zu entkommen, deren Bewegungen und Stoffwechsel langsam abliefen. Ihre Behausung, die sicher genug sein mu?te, um die Nachkommen zu schutzen und Kultur und Wissenschaft zu entwickeln, wurde wahrscheinlich in Hohlen oder Tunnelsystemen im tiefer liegenden Gesteinsschichten zu suchen sein.

Falls eine dieser beiden Lebensformen auf dem Planeten existierte, dann war es unwahrscheinlich, da? sie eine fortschrittliche Technologie besa?. Die Errichtung einer gro?eren Industrie samt der dazugehorigen komplizierten Maschinerie war auf diesem sich andauernd hebenden und sich senkenden Planeten nicht moglich. Wenn man uberhaupt Werkzeuge entwickelt hatte, dann wurden diese klein, handlich und unspezialisiert sein — doch bestand immerhin die Moglichkeit, da? es eine sehr primitive Gesellschaft ohne kulturelle Wurzeln gab.

„Vielleicht liegt die Starke einer solchen Spezies ja in den philosophischen Wissenschaften“, unterbrach Conway an diesem Punkt. Prilicla kam naher und zitterte vor doppelter Aufregung, namlich durch Conways und seiner eigenen.

Harrison zuckte die Achseln. „Wir hatten sogar einen Cinrussker an Bord“, entgegnete er, wobei er Prilicla anblickte. „Aber auch dieser GLNO konnte keinerlei Anzeichen entdecken, die auf irgendwelche unterschwellige Emotionen schlie?en lie?en, die normalerweise von intelligentem Leben ausgestrahlt werden. Dafur ging aber von dem gesamten Planeten eine solch heftige Aura von Hunger und roher tierischer Gewalt aus, da? der Empath die meiste Zeit unter Beruhigungsmitteln gehalten werden mu?te. Diese Ausstrahlung kann aber genausogut intelligente Emotionen enthalten haben, die in diesem Chaos einfach untergingen. Schlie?lich macht intelligentes Leben auf jeder x-beliebigen Welt immer nur einen sehr geringen Teil der Gesamtpopulation aus.“

„Ich verstehe“, erwiderte Conway enttauscht. „Und was war mit der Landung?“

Laut Harrison hatte der Captain ein Gebiet ausgewahlt, das aus einem dicken, trockenen, lederartigen Material bestand. Die Substanz sah tot und unempfindlich aus, so da? die Triebwerke des Schiffs keinem intelligenten oder nichtintelligenten Leben in diesem Gebiet Schaden zufugen konnten. Sie landeten ohne Zwischenfalle, und vielleicht zehn Minuten lang geschah nichts. Dann begann die lederartige Oberflache unter ihnen abzusacken, jedoch langsam und gleichma?ig, so da? die gyromagnetischen Stabilisierungsgerate keine Probleme hatten, das Schiff waagerecht zu halten. Es sank langsam in eine Vertiefung, die zuerst eine flache Senke war und kurz darauf zu einem Krater mit niedrigen Wanden wurde. Der Kraterrand stulpte sich in Richtung des Schiffs um und druckte gegen die Landebeine, die so konstruiert waren, da? man sie teleskopisch einziehen konnte und nicht zur Schiffsmitte zusammenklappen mu?te. Die weit ausgefahrenen Elemente und die Beingehause gaben mit einem Gerausch nach, als wenn man Blech in kleine Stucke rei?en wurde.

Dann fing jemand oder etwas an, mit Gesteinsbrocken zu werfen. Fur Harrison klang es fast so, als ob die Descartes auf der Spitze eines Vulkans sa?e, der gerade ausbrach. Es herrschte ein unglaubliches Getose, und die einzige Moglichkeit, Anweisungen zu ubermitteln, bestand darin, die Funkgerate im Anzug mit voll aufgedrehter Lautstarke zu benutzen. Harrison erhielt den Befehl, vor dem Start eine schnelle Schadenskontrolle am Heck durchzufuhren.

„Ich befand mich zwischen Innen- und Au?enhaut fast auf Hohe der Beluftungsoffnung, als ich ein Loch entdeckte“, fuhr der Lieutenant schnell fort. „Es hatte einen Durchmesser von ungefahr acht Zentimetern, und als ich anfing, es zu flicken, hab ich eine leichte Magnetisierung des Rands festgestellt. Noch bevor ich meine Arbeit beenden konnte, entschlo? sich der Captain, sofort zu starten. Die Kraterwand drohte namlich eins der Landebeine einzuklemmen. Der Captain hat uns tatsachlich erst ganze funf Sekunden vor dem Start Bescheid gegeben.“

An dieser Stelle hielt Harrison inne, als musse er erst einmal seine Gedanken ordnen. Dann fuhr er nachdenklich fort: „Eigentlich bestand bei dieser ganzen Geschichte keine gro?e Gefahr, verstehen Sie? Wir sind mit ungefahr anderthalb Ge gestartet, weil wir uns nicht sicher waren, ob der Krater Ausdruck von Intelligenz, vielleicht sogar feindlicher Intelligenz war oder ob es sich dabei um eine reflexartige Bewegung irgendeiner Riesenbestie handelte, die ihr Maul schlo?. Deshalb wollten wir in diesem Gebiet unnotige Zerstorungen vermeiden. Mein Gedanke war nur, mich an irgendwelchen Stutzstreben festzuhalten und irgendwo meine Fu?e abzustutzen. Doch wie Sie wissen, kann man sich in schweren Raumanzugen nur schlecht bewegen, und funf Sekunden sind nicht gerade viel Zeit. Ich hatte zwei gute Haltepunkte fur die Hande gefunden und suchte nach einer Halterung, die dort irgendwo sein mu?te, um mich mit den Fu?en abzustutzen. Dann entdeckte ich auch diese Fu?halterung und spurte sogar, wie ich sie mit den Stiefeln beruhrte, aber. aber. wahrscheinlich.“

„…wahrscheinlich waren Sie damals zu verwirrt und haben sich in der Entfernung verschatzt“, beendete Conway den Satz nachsichtig. „Oder vielleicht haben Sie sich einfach nur eingebildet, da? eine solche Halterung da war.“

Auf der anderen Seite des Krankenbetts fing Prilicla wieder zu zittern an und sagte: „Es tut mir leid, Doktor, keine Echos.“

„Ich hab auch keine erwartet“, entgegnete Conway. „Es hat sich inzwischen entfernt.“

Harrison blickte mit verdutztem und leicht gekranktem Gesichtsausdruck vom einen zum anderen und sagte: „Vielleicht hab ich mir wirklich nur eingebildet, da? diese Stutze da war. Sie hat mich jedenfalls nicht getragen, und ich bin gefallen. Das Schiffslandebein auf meiner Seite wurde jedenfalls wahrend des Starts aus seiner Verankerung gerissen, und das dadurch zertrummerte und verzogene Gehause versperrte den Raum zwischen

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