»Hei?t das, da? er den Sprung nicht gemacht hat?«

»Ich wurde es behaupten.«

»Aber kannst du sicher sein, da? wirklich alle Zeitreisenden registriert wurden?« fragte Helaine. »Was ist, wenn eine ganze Menge so davonkamen?«

»Moglich ware es naturlich.«

»Und die Namen«, fuhr sie fort. »Wenn Norm in der Vergangenheit einen falschen Namen angab, dann wurdest du ihn auch nicht auf der Liste finden. Habe ich recht?«

Quellen sah sie duster an. »Es besteht immer die Moglichkeit, da? er unter einem Pseudonym lebte«, gab er zu.

»Du weichst mir aus, Joe. Du kannst einfach nicht sicher sein, ob er die Reise machte. Auch nicht mit der Liste.«

»Und was soll ich tun, Helaine?«

Sie atmete tief ein. »Du konntest Lanoy festnehmen, bevor er Norm in die Vergangenheit schickt.«

»Ich mu? Lanoy erst finden«, stellte Quellen fest. »Und dann mu? ich ihm beweisen, da? er mit der Sache zu tun hat. Bis jetzt haben wir nicht den geringsten Beweis — nur deine Vermutungen.«

»Dann verhafte Norm.«

»Was?«

»Hange ihm irgendein Vergehen an und sperre ihn ein. Gib ihm ein paar Jahre Therapieaufenthalt in einer Anstalt. Dann ist er aus dem Verkehr gezogen, bis die Zeitreise-Affare vorbei ist. Nenne es meinetwegen Schutzhaft.«

»Helaine, ich kann das Gesetz nicht willkurlich anwenden. Auch nicht bei meiner Familie.«

»Er ist mein Mann, Joe. Ich will ihn behalten. Wenn er in die Vergangenheit zuruckgeht, verliere ich ihn fur immer.« Helaine erhob sich. Sie schwankte und mu?te sich an Quellens Schreibtisch festhalten. Wie konnte sie ihm verstandlich machen, da? sie sich am Rand eines Abgrunds befand? Wenn Norm den Sprung wagte, war es ihr Tod. Sie kampfte um ihren Mann. Und da sa? ihr Bruder, hullte sich in sein Mantelchen der Selbstgerechtigkeit und tat nichts, wahrend die kostbaren Sekunden verstrichen.

»Ich werde tun, was ich kann«, versprach Quellen. »Ich werde mir diesen Lanoy naher ansehen. Wenn du Norm herschicken willst, spreche ich mit ihm uber diese Sache. Vielleicht kann ich herausbringen, was er vorhat. Ja. Das ist vielleicht das beste. Schicke ihn her.«

»Wenn er vorhat, den Sprung zu wagen«, meinte Helaine, »wird er es dir wahrscheinlich nicht sagen. Er wird um dieses Gebaude einen Bogen von funf Meilen machen.«

»Dann sage ihm, da? ich mit ihm uber einen Job reden mochte. Hat er sich nicht oft genug beklagt, da? ich zu wenig fur ihn tue? Schon, er soll herkommen. Er wird glauben, da? ich eine freie Stelle fur ihn habe. Und ich werde ihn wegen der Zeitreise-Angelegenheit aushorchen. Vorsichtig naturlich. Wenn er etwas wei?, werde ich es erfahren. Dann zerschlagen wir den Ring der Verbrecher, und er kann nicht mehr reisen. Wie klingt das, Helaine?«

»Ermutigend. Ich werde mit ihm sprechen. Ich werde ihn herschicken. Wenn er nicht schon verschwunden ist.«

Sie ging auf die Tur zu. Ihr Bruder lachelte wieder. Helaine beeilte sich. Sie hatte Angst, da? Norm bereits fur immer abgereist war, wahrend sie hier sa? und redete. Sie mu?te sofort nach Hause. Und sie mu?te ihn genau im Auge behalten, bis die Krise vorbei war.

»Viele Gru?e an Judith«, sagte sie und lief hinaus.

8

Quellen war von der Unterredung mit seiner Schwester nicht sehr erbaut. Helaine hinterlie? in ihm immer ein Gefuhl der Scham. Sie war so sichtlich unglucklich, da? ihn schon ihr Anblick schmerzte. Jetzt sah sie schon funf oder sechs Jahre alter als er aus. Er erinnerte sich an Helaine im Alter von dreizehn oder vierzehn, so jung und strahlend, so naiv, da? sie an die Wunder des Lebens glaubte. Und was war jetzt? Sie war noch keine Vierzig, eingesperrt in vier Wande, und hangte sich wie ein Damon an ihren schwachlichen, verbitterten Mann, weil er das einzige war, das sie besa?.

Dennoch, sie hatte ihm ein paar brauchbare Informationen gegeben. Quellen war dieser Lanoy nicht aus dem Kopf gegangen, seit ihm der blasse Fremde den gefalteten Zettel zugeschoben hatte. Am nachsten Tag hatte Quellen eine Routineuntersuchung eingeleitet, aber es war nichts Brauchbares dabei herausgekommen. Einen einzelnen Namen konnte der Komputer nicht verarbeiten. Es gab Tausende von Lanoys auf der Welt, und Quellen konnte kaum alle auf eine kriminelle Tatigkeit hin uberprufen. Stichproben hatten nichts ergeben. Und nun kam Helaine mit ihrer intuitiven Uberzeugung, da? Lanoy hinter dem Zeitreisegeschaft steckte. Und diese Frau, die sie erwahnt hatte, diese Beth Wisnack — Quellen notierte sich, da? seine Manner sie nochmals befragen sollten. Zweifellos war Beth Wisnack wegen des Verschwindens ihres Mannes bereits verhort worden, aber jetzt wurde man gleich nach Lanoy fragen.

Quellen erwog die Moglichkeit, Norm Pomrath bewachen zu lassen, um ihn an einem vorzeitigen Verschwinden zu hindern. Man hatte ihm in recht deutlichen Worten gesagt, da? er Donald Mortensen in Ruhe lassen sollte und da? man keinerlei Einmischung bei irgendwelchen registrierten Zeitreisenden wunschte. Koll hatte den Befehl von Giacomin erhalten, der ihn wiederum von Kloofman personlich hatte: »Hande weg von Mortensen!«

Sie hatten Angst, die Vergangenheit zu verandern. Quellen konnte die Furcht in ihnen spuren. Sie wurde starker, je hoher man hinaufging. Es lag in seiner Macht, die Saulen des Universums zum Einsturz zu bringen. Man konnte Donald Mortensen zum Beispiel zu einem Verhor bestellen und ihm einen Laserstrahl durch den Kopf jagen.

»Tut mir leid. Er widersetzte sich der Verhaftung und mu?te getotet werden.«

Ja. Und dann wurde Donald Mortensen niemals am vierten Mai in die Vergangenheit reisen. Was die gesamte Struktur der letzten Jahrhunderte verandern konnte. Sobald ich Mortensen erschie?e, dachte Quellen, wird alles anders. Wir werden im Jahre 2257 von einer Armee glitschiger Tausendfu?ler aus den Magellan-Wolken erobert — eine Eroberung, die die Nachkommen Donald Mortensens verhindert hatten, wenn ich ihn nicht so leichtsinnig niedergeschossen hatte.

Quellen hatte nicht die Absicht, den Zorn der Hohen Regierung auf sich zu ziehen, indem er in die Abreise Donald Mortensens eingriff. Aber Norm Pomrath stand nicht auf der Liste der Zeitreisenden. Betraf ihn dann Kloofmans Verbot? Mu?te Quellen uberhaupt alles vermeiden, was zur Verhinderung eines Zeitsprungs fuhren konnte?

Das war sinnlos. Deshalb kam Quellen zu dem Entschlu?, da? er seinen Schwager uberwachen konnte, ohne etwas Verbotenes zu tun. Er wurde seine Schritte unternehmen, um Norm an der Zeitreise zu hindern. Vielleicht machte es Helaine glucklich. Vielleicht, dachte Quellen, fuhrte es auch tatsachlich zur Losung dieses unangenehmen Auftrags.

»Ich brauche Brogg«, sagte er in den Tischlautsprecher.

Es stellte sich heraus, da? Brogg gerade au?erhalb des Gebaudes eine Untersuchung fuhrte. Leeward, der zweite Untersekretar, betrat Quellens Buro.

Der Kriminalsekretar sagte: »Vielleicht habe ich eine Spur gefunden. Mein Schwager Norm Pomrath soll angeblich den Kontakt von Leuten suchen, die mit der Zeitreise zu tun haben. Ich bin nicht sicher, ob das stimmt, aber ich mochte, da? es uberpruft wird. Versehen Sie Pomrath mit einem Horcher und lassen Sie seinen Standort alle vierundzwanzig Stunden per Monitor uberprufen. Wenn er auch nur eine Silbe uber die Zeitreise verliert, werden wir unsere Ma?nahmen einleiten.«

»Jawohl, Sir«, sagte Leeward gleichgultig.

»Dann ist da noch die Angelegenheit Lanoy. Ist in der Zwischenzeit etwas Neues bekanntgeworden?«

»Noch nicht, Sir.«

»Ich habe erfahren, da? Pomraths angeblicher Kontaktmann dieser Lanoy ist. Das ist also unser Schlusselwort. Sorgen Sie dafur, da? die Monitoren auf den Namen programmiert werden. Es soll ein Warnzeichen ertonen, sobald Pomrath ihn ausspricht. Und ich mochte, da? man mich dann sofort holt.«

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