seines zusatzlichen Einkommens bedeuten. Vielleicht steckte man ihn als Mitwisser sogar ins Gefangnis. Und so wachte Brogg wie ein Schutzengel uber Quellen und deckte ihn vor den forschenden Blicken anderer.

Brogg wu?te naturlich, da? Quellen ihn ha?te und furchtete. Es machte ihm nichts aus. An verschiedenen Orten hatte er Bander mit Quellens Schuldbekenntnis versteckt, die so programmiert waren, da? sie automatisch der Hohen Regierung zukamen, wenn Brogg etwas zusto?en sollte. Quellen wu?te das. Quellen konnte nichts tun. Er war sich daruber im klaren, da? die teuflischen kleinen Kasten sich in Bewegung setzen wurden, sobald ihre Sensoren nicht mehr den Alphastrom von Stanley Brogg spurten. Sie wurden sich in Bewegung setzen und an der richtigen Stelle ihre Anschuldigungen vorbringen.

Weder Quellen noch Brogg machten je Erwahnung von ihrem seltsamen Abkommen. Im Buro ging die Arbeit ungestort weiter, obwohl sich Brogg hin und wieder eine versteckte Anspielung erlaubte. Aber im allgemeinen nahm er Quellens Befehle entgegen und fuhrte sie aus.

Wie zum Beispiel bei der Zeitreise-Affare.

Er hatte die letzten Tage damit verbracht, den potentiellen Zeitreisenden Donald Mortensen aufzuspuren, der am vierten Mai den Sprung wagen sollte. Quellen hatte Brogg aufgetragen, den Fall mit au?erster Vorsicht anzugehen. Brogg wu?te, weshalb. Er war klug genug, um die Konsequenzen vorherzusehen, die sich ergeben konnten, wenn man Mortensen an der Abreise hinderte. Schlie?lich stand er auf der Liste der Reisenden. Brogg war selbst noch einmal das Material durchgegangen, das er Quellen zur Verfugung gestellt hatte. Wenn man einen Menschen aus dem Gefuge nahm, konnte die ganze Welt einsturzen. Brogg wu?te das. Zweifellos war sich auch Quellen daruber im klaren. Wenn Kloofman oder Danton davon erfuhren, begannen sicher ein paar Beruhigungsspritzen in ihnen zu arbeiten. Eine Veranderung der Vergangenheit bedrohte den Status eines jeden in der Gegenwart, und diejenigen mit dem hochsten Status — also Danton und Kloofman — hatten am meisten zu befurchten und mu?ten sich am starksten aufregen.

So ging Brogg vorsichtig zu Werk. Er war ziemlich sicher, da? die Hohe Regierung die Untersuchung einstellen lie?, sobald sie davon erfuhr. Aber inzwischen fuhrte Brogg seinen Auftrag aus. Er konnte Quellen naturlich auch anschwarzen. Aber seine Grunde, Quellen bei Laune zu erhalten, waren doch machtig.

Mortensen war schnell gefunden — ein hagerer, blonder Mann von achtundzwanzig Jahren mit hellblauen Augen und sehr dunnen, blonden Augenbrauen. Brogg stie? auf der Schnellbootrampe gegen ihn und befestigte dabei einen Horcher an ihm. Es war ein Splittermodell, das er in eine Narbe der Hand stach und das der Mann nie spuren wurde. In ein paar Tagen loste es sich auf, aber die Zeit genugte, um eine Menge Informationen zu ubertragen. Im Anbringen von Horchern war Brogg Meister.

Er schaltete das Abhorgerat ein und lie? Mortensens Tatigkeiten aufnehmen.

Es ging um einen Mann namens Lanoy. Brogg horte Bruchstucke wie diese:

»… am Bahnhof mit Lanoy. Am Tag der Abreise …«

»… Lanoys Honorar wurde schon eingezahlt …«

»… sagen Sie Lanoy, da? ich in der ersten Maiwoche den Sprung machen mochte …«

»… ja, am See, wo ich ihn das letztemal traf.«

Mortensen war verheiratet. Klasse Zehn. Er mochte seine Frau nicht mehr. Amusiert dachte Brogg, da? der Sprung in die Vergangenheit einer sofortigen Scheidung gleichkam. Der Horcher ubermittelte ihm Sidna Mortensens schrilles Gejammer, und er mu?te zugeben, da? fur Mortensen der Sprung das beste war. Er stapelte eine Menge Informationen uber den Zeitreisenden.

Und dann kam die Entscheidung. Von Kloofman uber Giacomin, Koll und Quellen zu Brogg:

»Wir mussen Mortensen in Ruhe lassen. Wir sollen uns nicht um ihn kummern. Das ist ein Befehl.«

Brogg sah Quellen fragend an. »Was soll ich tun? Wir erfahren von Mortensen eine ganze Menge.«

»Unterbrechen Sie die Nachforschungen.«

»Wir konnten es wagen, sie heimlich fortzufuhren«, schlug Brogg vor. »Solange Mortensen nichts merkt, bekommen wir gute Hinweise von ihm. Naturlich mischen wir uns nicht ein, wenn er den Sprung wagt, aber …«

»Nein.«

Feigling! dachte Brogg. Du hast Angst vor der Hohen Regierung.

In einem Aufwallen anarchistischer Gefuhle sah sich Brogg als Morder von Donald Mortensen. Er wurde es den Oberen zeigen! Wahrscheinlich brach alles zusammen wie damals, als Samson mit den Schultern an die Tempelsaulen stie?. Es hatte Brogg sicher amusiert, wenn er gewu?t hatte, da? der augenscheinlich so schwache Quellen den gleichen rebellischen Gedanken gehabt hatte. Es steckte eine gro?e Macht in dem Wissen, da? ein kleiner Angestellter durch einen kleinen Ungehorsam die Sicherheit der Hohen Regierung aufs Spiel setzen konnte. Aber weder Quellen noch Brogg gaben ihren Impulsen nach. Gehorsam nahmen sie von einer weiteren Verfolgung Mortensens Abstand. Mortensen wurde am vierten Mai in die Vergangenheit abreisen, und der Zeitablauf blieb erhalten.

Au?erdem wurde Brogg auf eine neue Spur gesetzt.

Es war heute herausgekommen. Ein Prolet namens Brand, Klasse Funfzehn, hatte in einem Saloon zu viel getrunken. Leeward, der sich selbst an der Theke erfrischte, hatte zugehort, wie Brand gro?e Worte uber Lanoy fuhrte. So erhielt Leeward ohne technische Hilfsmittel einen wichtigen Hinweis und teilte ihn Brogg mit.

»Lassen wir uns diesen Brand einmal herkommen«, sagte Brogg, als Leeward fertig war. »Bleiben Sie im Buro. Ich hole ihn selbst.«

Brogg liebte diese Art von Arbeit. Er spurte Brand auf, sah ihn sich an und wog die Moglichkeiten der Annaherung ab. Nach einigem Zogern sonderte er ihn aus der Menge ab, wies sich als Regierungsmitglied aus und bat den Mann, ihm zu folgen. Brand sah ihn erschreckt an. »Aber was habe ich denn getan?« fragte er. »Nichts, gar nichts.«

»Wir wollen Ihnen ja nichts tun«, versprach ihm Brogg. »Wir stellen Ihnen nur ein paar Fragen.«

Er nahm Brand mit. Als er das Sekretariatsgebaude erreichte, erfuhr er, da? Quellen einen neuen Befehl gegeben hatte.

»Er will, da? wir seinem Schwager einen Horcher andrehen«, sagte Leeward.

Brogg grinste. »Nepotismus sogar bei der Verbrechensbekampfung? Schamt sich der Mann uberhaupt nicht?«

»Ich konnte es mir gar nicht erklaren«, meinte Leeward ruhig. »Aber er sagt, da? sein Schwager die Absicht hat, den Sprung zu wagen. Das will er uberprufen. Deshalb sollen wir ihn mit einem Horcher versehen und den Monitor Tag und Nacht laufen lassen. Norman Pomrath hei?t der Mann. Ich habe mir bereits die Unterlagen besorgt.«

»Schon. Wir kummern uns sofort um Pomrath.«

»Pomraths angeblicher Kontaktmann ist Lanoy. Das sagte wenigstens Quellen.«

»Sieht so aus, als sei jeder in Kontakt mit Lanoy. Wu?ten Sie, da? sogar Quellen angesprochen wurde?« Brogg lachte. »Ich hatte noch keine Gelegenheit, ihm zu sagen, da? auch Mortensen mit Lanoy verhandelte, aber es wird ihn wohl kaum uberraschen. Und dieser Prolet, den Sie entdeckten, dieser Brand — auch er spricht von Lanoy. Durch einen von ihnen mussen wir an den Mann kommen.«

»Soll ich Pomrath einen Horcher verpassen?« erkundigte sich Leeward.

»Ich mache es selbst«, sagte Brogg. »Sie werden zugeben mussen, da? ich dafur eine besonders geschickte Hand habe.«

Das stimmte. Brogg bewegte sich fur einen Mann seiner Fulle mit einer erstaunlichen Wendigkeit. Wie ein passionierter Taschendieb konnte sich Brogg seinen Opfern in einem Schnellboot nahern und den Horcher an den verschiedensten Stellen anbringen. Es war eine Begabung, die ihm gute Dienste geleistet hatte, als er Quellens Geheimnis ausspionierte. Mit Mortensen war er ahnlich elegant fertiggeworden. Nun kam also Pomrath an die Reihe. Brogg ging ins Labor und lie? sich die neuesten Horchermodelle zeigen.

»Hier ist ein hubsches Stuck«, erklarte der Techniker stolz. »Wir haben es eben erst hergestellt. Der Abhormechanismus ist in ein Stuckchen pseudolebendes Glas eingebaut. Das Ergebnis durfte einmalig sein. Sehen Sie sich die Sache nur an.«

Brogg streckte ihm die wulstige Hand entgegen. Der Techniker uberreichte ihm eine winzige, nur wenige Molekule starke Metallanlage, die unsichtbar in eine kleine, grunliche Kunststoffperle eingebaut war.

»Wie funktioniert das Ding?« fragte Brogg.

»Wie ein ganz normaler Horcher. Aber sobald sich das Gerat am Korper des Opfers befindet, tritt das Glas in Aktion und schiebt sich von selbst durch die Poren in die Haut. Sie verstehen, eine Art kunstlicher Parasit. Kein

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