bleibe?«
»Nein.«
»Ich kann auch jemanden vom Fursorge-Dienst vorbeischicken.«
»Gib dir keine Muhe.«
»Helaine, du mu?t mir glauben, da? ich alles tat, was in meiner Macht stand, um das zu verhindern. Und wenn du zu Norm in die Vergangenheit mochtest, werde ich dafur sorgen, da? du die Moglichkeit bekommst. Das hei?t, wenn die Hohe Regierung weitere Reisen zula?t, jetzt, da wir Lanoy verhaftet haben.«
»Ich mu? es mir uberlegen«, sagte Helaine ruhig. »Ich wei? noch nicht, was ich tun werde. La? mich jetzt allein. Auf alle Falle vielen Dank fur alles, Joe.«
Sie verdunkelte den Schirm und schaltete das Gerat aus. Jetzt, da das Schlimmste sich verwirklicht hatte, war Helaine merkwurdig ruhig. Sie wurde nicht in die Vergangenheit gehen, um ihrem Mann nachzujagen. Sie war die Witwe Pomrath — verraten, im Stich gelassen.
»Mammi, wo ist denn Dad?« fragte Joseph.
»Er ist weggegangen, Junge.«
»Wird er bald wiederkommen?«
»Ich glaube nicht«, sagte Helaine.
Marina sah auf. »Hei?t das, da? Daddy tot ist?«
»Nicht ganz«, erklarte Helaine. »Es ist zu kompliziert. Ich werde es euch spater erklaren. Und jetzt macht eure Hausaufgaben, Kinder. Es wird fast Zeit zum Schlafengehen.«
Sie ging an die Schublade, in der sie die Alkoholrohrchen aufbewahrten. Mit einem schnellen Griff holte sie eines heraus, pre?te die Spitze gegen ihre Haut und nahm eine starke Einspritzung. Anschlie?end war sie weder angeregt noch deprimiert. Sie war einfach starr. Ohne Gefuhle.
Die Witwe Pomrath. Beth Wisnack wird es gern horen. Sie kann es nicht ertragen, da? andere Frauen noch einen Mann haben.
Sie schlo? die Augen und stellte sich vor, wie Norm im Jahre 2050 landete. Er war ein Fremder und ganz allein. Aber sie wu?te, da? er es schaffen wurde. Er hatte seine medizinische Ausbildung. In der primitiven Vergangenheit konnte er bestimmt als Arzt ein Auskommen finden. Vielleicht gelang es ihm sogar, seine Herkunft zu verbergen. Schlie?lich hatte sich sein Name nicht unter den Registrierten befunden.
Er wurde reich und erfolgreich sein. Patienten wurden ihm zustromen, besonders die Frauen. Er wurde nicht mehr so verzweifelt und hager aussehen, sondern Tuchtigkeit und Optimismus ausstrahlen. Helaine fragte sich, was fur eine Frau er heiraten wurde. Geheiratet
Helaines Gedanken verwirrten sich. Sie nahm ein zweites Alkoholrohrchen. Es half nicht sehr viel. Die Kinder sa?en mit dem Rucken zu ihr da, in ihre Hausarbeiten-Maschine geschnallt. Sie taten so, als lernten sie eifrig.
Ich bin verloren, dachte sie.
Ich bin ein Nichts.
Ich bin die Witwe Pomrath.
Mit dem dritten Rohrchen kam ihr ein neuer Gedanke. Ich bin noch ziemlich jung. Wenn ich mich ein paar Monate entspannen kann, sehe ich wieder anziehend aus. Joe kann sich um die Formalitaten kummern. Es mu? eine besondere Regierungspension fur die verlassenen Frauen von Zeitreisenden geben. Ich werde ausgehen, mich erholen, wieder etwas Heisch ansetzen. Und dann heirate ich wieder. Naturlich, meine Fortpflanzungsbewilligung ist schon aufgebraucht, aber das macht nichts. Ich finde schon einen Mann, dem nichts an einer Vaterschaft liegt. Er wird Joseph und Marina adoptieren. Ein gro?er, hubscher Mann in einer der oberen Klassen. Ob ich einen aus Klasse Sechs erwische? Einen Witwer vielleicht, oder einen, dessen Frau auch in die Vergangenheit reiste?
Ich werde es Norm zeigen. Ich werde mir einen echten Mann ergattern.
Schon jetzt konnte sie spuren, wie ihr Korper aufbluhte, wie sie voller wurde. Seit Monaten und Jahren lebte sie nun in Angst und Sorge, klammerte sich an ihren Mann und versuchte ihm seine Verzweiflung auszureden. Nur damit er sie nicht verlie?. Und jetzt war er doch fort. Jetzt brauchte sie keine Angst mehr um ihn zu haben. Jetzt konnte sie sich wieder dem Leben zuwenden. Sie fuhlte sich bereits junger.
Ich werde es Norm Pomrath zeigen, dachte Helaine. Er wird es noch bereuen, da? er mich im Stich lie?.
13
Es war Morgen. Quellen hatte absichtlich dafur gesorgt, da? Lanoy uber Nacht im Haft-Tank blieb. Er sollte uber seine Verbrechen nachdenken. Alle sensorischen Reflexe waren abgeschaltet. Er schwamm in einer warmen Nahrlosung und konnte nur uber sich selbst nachdenken. Eine solche Behandlung hatte schon bei den hartesten Fallen Erfolg gehabt. Und aus Broggs Worten konnte man schlie?en, da? Lanoy einer der hartesten Falle uberhaupt war.
Quellen hatte kurz vor Helaines Anruf von der Verhaftung erfahren. Er hatte seine Instruktionen hinsichtlich der Behandlung Lanoys gegeben, aber er war nicht personlich ins Hauptquartier gegangen, um sich den Mann anzusehen. Leeward hatte ihn hergebracht, wahrend Brogg an der Zeitmaschine zuruckblieb.
Fur Quellen war es eine dustere Nacht gewesen. Er wu?te naturlich, da? Norm Pomrath in die Vergangenheit verschwunden war. Er hatte hilflos zugehort, wie Pomrath mit Lanoy diskutierte und schlie?lich zu einer Einigung kam. Pomrath hatte auf der Stelle die Gebuhr bezahlt — offenbar die gesamten Ersparnisse der Familie — und war auf die Plattform getreten, um sich in das Jahr 2050 befordern zu lassen. Von diesem Moment an hatte der Horcher nichts mehr ubertragen. Er war zwar ein ausgezeichnetes Gerat, aber uber eine Zeitlucke hinweg konnte er auch nichts ausrichten.
Helaines erstarrtes Gesicht war qualend fur ihn gewesen. Quellen wu?te, da? sie ihm die Schuld an dem gab, was geschehen war. Sie wurde ihm nie verzeihen. Also hatte er seine Schwester, seine einzige Verwandte, verloren. Und Judith ebenfalls. Seit dem Fiasko bei dem Erbrechens-Kult hatte sie Anrufe von seiner Seite nicht mehr entgegengenommen. Er wu?te, da? er sie nie wiedersehen wurde. Die schlanke Gestalt mit dem Aufspruhkleid schob sich oft genug qualend in seine Traume.
Der einzige Trost an seiner aussichtslosen Lage war die Tatsache, da? man Lanoy gefunden und verhaftet hatte. Das hie?, da? es in seiner Abteilung nicht mehr so hektisch zugehen wurde. Der Ring der Agenten war zerschlagen, und das normale Leben ging weiter. Quellen konnte wieder den gro?ten Teil seiner Freizeit in Afrika verbringen. Es sei denn, Brogg hatte ihn verraten. Das hatte Quellen ganz vergessen. Kolls unfreundlicher Ton gestern — hie? das, da? man ihn selbst verhaften wollte, sobald die Lanoy-Affare erledigt war?
Quellen bekam die Antwort kurz vor Mitternacht. Koll rief ihn an. Fur Koll war Tag und Nacht Dienst.
»Ich habe soeben mit dem Buro gesprochen«, sagte Koll. »Man sagte mir, da? Sie den Kerl erwischt hatten.«
»Ja. Er wurde abends zwischen sechs und sieben eingeliefert. Brogg und Leeward hatten sich auf seine Spur geheftet. Sie legten ihn in einen Haft-Tank. Ich mochte ihn morgen vormittag verhoren.«
»Gute Arbeit«, sagte Koll, und Quellen bemerkte die Spur eines Lachelns auf den schmalen Lippen seines Vorgesetzten. »Das pa?t gut in die internen Veranderungsplane, die ich gestern mit Spanner besprach. Ich habe ein Beforderungsformular fur Sie durchgegeben. Ein Kriminalsekretar verdient eigentlich Klasse Sechs, finden Sie nicht auch? Sie werden in Kurze Spanners und meinen Grad haben. Naturlich bleiben wir Ihre Vorgesetzten, aber ich dachte, es wurde Sie vielleicht trotzdem freuen.«
Naturlich freute es Quellen. Und es erleichterte ihn. Die Sache mit Afrika war also doch nicht bekannt. Ich hatte mir nur alles eingebildet, dachte er. Das schlechte Gewissen hatte mir einen Streich gespielt.
Und dann kam eine neue Sorge. Wie konnte er das illegale Stati-Feld zu einem neuen Heim bringen, ohne