schandliche Weise verschwand.

»Nein, jetzt kriege ich aber die Wut«, sagte Johann und richtete sich von der Ducht auf, wo er in der letzten halben Stunde gehockt hatte, dicht an Bootsmann gedruckt.

»Willst du ins Wasser springen?« fragte Niklas, und seine Zahne schlugen so sehr aufeinander, da? er kaum sprechen konnte.

»Nein, ich will euch nur bis zum nachsten Bootssteg rudern und euch absetzen«, sagte Johann finster.

Freddy hob ihr blaugefrorenes Gesicht.

»Ach bitte, ja, das ware schon. Und wo liegt dieser kleine Steg?«

Johann bi? die Zahne aufeinander.

»Das wei? ich nicht. Ich werde ihn aber jetzt suchen oder tot umfallen. Ich la? doch nicht irgendeinen ekelhaften alten Nebel daruber bestimmen, wie lange ich auf dem Wasser sein soll.«

Er setzte sich an die Riemen. Der Nebel lag nach wie vor so dick wie Watte. Oh, wie er ihn verabscheute! Weshalb machte er nicht, da? er auf die Nordsee hinauskam oder wo er hingehoren mochte? »Ich werd's dir zeigen«, murmelte er erbost. Es schien fast so, als ware der Nebel sein personlicher Feind.

Er machte funf kraftige Ruderschlage. Da stie? der Kahn gegen einen Stein.

»Peng«, sagte Teddy, »da hatten wir den Steg!«

Es war kein Steg. Aber es war Land. Sie hatten mindestens zwei Stunden lang nur funf Ruderschlage vom Land entfernt gelegen.

»Von so was wird man verruckt«, sagte Teddy, und wie die Verruckten sturzten sie ans Ufer. Sie schrien und hupften, und Bootsmann bellte, sie waren vollig au?er Rand und Band. Da? sie wirklich wieder festen Boden unter den Fu?en hatten! Was fur ein fester Boden es nun sein mochte. War es so eine Insel, wo die Leute mit hei?en Pfannkuchen ankamen, oder ein unbewohnter Holm, wo sie unter einer Tanne schlafen mu?ten?

Teddy hatte ja gesagt, es durfe ruhig eine kleine ha?liche und verstruppte Insel sein, und das pa?te sehr gut auf diese hier. Verstruppt war es hier und steinig, soweit sie im Nebel und im Halbdunkel sehen konnten. Aber bevor sie ein Lager fur die Nacht aufschlugen, wollten sie erforschen, ob es hier vielleicht irgend etwas Dachahnliches gab.

Johann vertaute den Kahn und schwor, er werde niemals mehr seinen Fu? dahinein setzen. Und dann begannen sie ihre muhevolle Wanderung. Sie gingen am Ufer entlang, so gut es zwischen den vielen Steinen und all dem Gestrupp gehen wollte, das sie aufzuhalten suchte.

»Schon war's, wenn wir einen alten Strandschuppen fanden«, sagte Teddy.

»Gibt's denn in Ru?land auch solche?« fragte Johann. Er war jetzt aufgedreht und ubermutig. War er es denn nicht gewesen, der sie an Land gebracht hatte?

»Ihr braucht es nur zu sagen, dann finde ich auch noch ein kleines Blockhaus, wo wir ubernachten konnen«, rief er.

Er ging voran und fuhlte sich als Anfuhrer. Dies war eine Expedition durch eine unerforschte Wildnis mit unbekannten Gefahren, die hinter jeder Biegung lauerten. Ein Anfuhrer war vonnoten, und das war er. Allen voran bog er um eine Landspitze, und da sah er etwas, das ihn jah stehenbleiben lie?. Er sah ein Hausdach, das genau vor ihm uber einige

Baume hinwegragte.

»Dieses Blockhaus zum Beispiel«, sagte er.

Die anderen hatten ihn eingeholt, und er zeigte stolz auf seinen Fund. »Bitte schon! Dort habt ihr euer Haus! Wahrscheinlich voller warmer Pfannkuchen.«

Da fingen Teddy und Freddy an zu lachen. Unbandig und befreiend. Dieses Gelachter setzte gewisserma?en den Schlu?punkt fur ihr ganzes schauriges Abenteuer im Nebel, und Johann und Niklas mu?ten mitlachen, obgleich sie nicht wu?ten, woruber.

»Ich mochte mal wissen, was das fur ein Haus ist«, sagte Niklas, als sie sich endlich satt gelacht hatten.

»Mach deine Augen tuchtig auf, dann wirst du es erfahren«, sagte Teddy. »Es ist unsere Schule.«

Niemand bei Grankvists und niemand bei Melchersons kam an diesem Abend vor Mitternacht ins Bett. Das hei?t, Pelle und Tjorven waren zur gewohnten Zeit eingeschlafen, aber sie wurden aus ihren Betten gezerrt, damit sie bei dem Schmaus dabei sein konnten, der in Grankvists Kuche abgehalten wurde, um den glucklichen Ausgang dieses unruhigen Tages zu feiern.

Unruhig war er bis zuletzt gewesen. Als Bjorn mit seinem Boot bei Grankvists Steg anlegte und Melcher seine verlorenen Sohne, wohlbehalten und in Decken eingewickelt, darin sitzen sah, da liefen ihm die Tranen ubers Gesicht, und er sprang mit einem Satz an Bord, um sie in seine Vaterarme zu schlie?en. Er war jedoch etwas zu forsch abgesprungen, und nach einer kurzen Zwischenlandung auf der Achterducht scho? er auf der anderen Seite ins Wasser hinein, und da nutzte es ihm nichts, da? er eine Beruhigungstablette hinter der Nase hatte.

»Das hat mir noch gefehlt«, rief er. »Jetzt ist es aber genug!«

Malin wimmerte, als sie ihn wutend auf den Steg zuschwimmen sah. Nur Melcher konnte an einem einzigen Tag so viel passieren.

Tjorven stand dabei, sie war nicht so richtig wach.

»Weshalb badest du in deinen Sachen, Herr Melcher?« murmelte sie. Aber dann entdeckte sie Bootsmann, und da verga? sie alles andere.

»Bootsmann, komm her, Bootsmann!«

Sie rief ihn mit ihrer zartlichsten Stimme, und er sprang an Land und sturzte auf sie zu, und sie schlang die Arme um ihn, als wollte sie ihn nie wieder loslassen.

»Siehst du nun, da? mein Wunschstein etwas genutzt hat?« sagte Pelle. Sie hatten sich gerade um den gro?en Klapptisch in Grankvists Kuche niedergelassen.

Der ganze Pelle strahlte. Oh, was fur eine Nacht! Was fur ein Leben sie hier auf Saltkrokan fuhrten! Was fur Einfalle! Mitten in der Nacht Leute aus den Betten zu zerren, damit sie aufstanden und Schweinekoteletts a?en, was fur ein phantastischer Einfall! Und au?erdem waren Johann und Niklas auch nach Hause gekommen.

»Man sollte es nicht glauben, da? einem ganz schwindlig im Kopf werden kann vom Essen«, sagte Teddy mit vollem Mund.

Freddy hatte ein Schweinekotelett in jeder Hand. Sie bi? abwechselnd in das eine und in das andere.

»Herrlich finde ich das«, sagte sie. »Ich will schwindlig im Kopf sein vom Essen.«

»Von richtigem Essen«, sagte Johann, »nicht von solchem, das man sich zusammenschmort, wenn man drau?en auf dem Wasser ist.«

»Aber eigentlich war das auch gar nicht so ubel«, sagte Niklas. Sie a?en und genossen und fanden immer mehr, da? dies trotz allem wohl ein schoner Tag gewesen war.

»Hauptsache, man bewahrt die Ruhe«, sagte Melcher und nahm sich noch ein Kotelett. Er hatte sich umgezogen und war trocken und so glucklich, da? es um ihn herum leuchtete.

»Soso, findest du«, sagte Malin.

Melcher nickte nachdrucklich. »Ja, sonst kann man nicht in den Scharen leben. Ich geb zu, ich war nahe daran, ein bi?chen unruhig zu werden, aber dank deiner Beruhigungstablette, Marta …«

»Da bist du wenigstens hinter der Nase ruhig geworden«, sagte Nisse. »Aber im ubrigen …«

»Im ubrigen bin ich voll des Dankes«, sagte Melcher. Und wahrlich, das war er. Das Gemurmel um den Tisch nahm zu, die Kinder waren berauscht vom Essen und der Warme und davon, da? sie wieder daheim waren nach dem Nebel, der wie ein Alptraum gewesen war. Melcher horte die Stimmen seiner Kinder, und deshalb war er voller Dank. Er hatte sie alle um sich, keines war untergegangen und trieb unter Wasser mit Haaren wie wogendes Seegras.

»Und alle atmen sie, froh und gesund,

und keiner fehlt in unserem Kreis«,

sprach er leise vor sich hin. Malin guckte schrag uber den

Tisch zu ihm hinuber.

»Was murmelst du da vor dich hin, Papa?«

»Nichts«, sagte Melcher.

Erst als Malin sich wieder Bjorn zuwandte, sprach er leise die Fortsetzung:

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