und zu angeln. Oh, wie lieb war Papa gewesen, da? er ihm diese Angelrute geschenkt hatte. Tjorven hatte er auch eine geschenkt, denn zur gleichen Zeit war zufallig auch ihr Namenstag. Und dabei hatte Pelle immer gedacht, sie hie?e nur Tjorven und nichts weiter! Das war ein gro?er Irrtum.

»Ich hei?e Karin Maria Eleonora Josefina«, sagte Tjorven. »Wenn ich auch mehr wie Tjorven aussehe, sagt Mama.«

Dann guckte sie Pelle erwartungsvoll an. »Und du, wie hei?t du?«

»Per«, sagte Pelle duster. Es war typisch, da? Tjorven vier Namenstage hatte, an denen sie Geschenke bekommen konnte, und er nur einen. »Bald setzen sie auch noch Tjorven in den Kalender, damit du noch einen dazukriegst«, sagte Pelle. Nicht da? er etwa mi?gunstig gewesen ware, nur, wenn es sich um Bootsmann handelte, war es schwer, nicht wenigstens ein bi?chen neidisch zu werden.

Aber jetzt nahm Pelle seine Angelrute und ging zum Steg hinunter. Hier fand ihn Stina, und sie kam voller Freude angesturzt. Sie durfte ja so selten mit Pelle allein sein. Tjorven regierte und bestimmte, wer mit wem spielen sollte. Wie sie das machte, wu?te kein Mensch. Sie druckte es nicht etwa in klaren Worten aus. Trotzdem kam es so, wie sie es haben wollte. Sie selbst, Saltkrokans Tjorven, konnte spielen, mit wem sie Lust hatte, entweder mit Stina oder mit Pelle, ganz wie es ihr einfiel. Manchmal, wenn ihr die Laune danach stand, spielten sie auch alle drei zusammen. Eins aber durfte nie geschehen, und zwar, da? Pelle und Stina zusammen und ohne sie spielten.

Und nun kam sie an diesem warmen Augustmorgen, nichts Boses ahnend, den Weg zum Schreinerhaus daher und entdeckte eben diese beiden unten auf dem Steg. Da blieb sie ganz plotzlich stehen. Mitten zwischen Kalberkropf und Steinbrech stand sie still und sah zu ihnen hinunter, und sie wu?ten es nicht. Sie unterhielten sich nur miteinander, und Stina lachte und fuchtelte lebhaft mit den Handen. O ja, o ja, jetzt war sie in Schwung, aber das sollte ein Ende haben!

»Du, Stina, hor mal«, schrie Tjorven bose, »du darfst nicht auf dem Steg sitzen! Kleine Kinder durfen nicht auf Anlegestege, sie konnen ins Wasser fallen!«

Stina zuckte zusammen, aber sie drehte nicht den Kopf. Sie konnte so tun, als hatte sie nichts gehort. Wenn sie keine Antwort gab, dann war dort vielleicht keine Tjorven, und wenn sie dort war, dann ging sie vielleicht wieder – hoffen konnte man immer.

Stina rutschte etwas naher an Pelle heran und sagte mit leiser Stimme: »Da bei?t sicher bald einer an, Pelle!«

Aber bevor Pelle antworten konnte, schrie Tjorven von neuem: »Kleine Kinder durfen nicht auf dem Anlegesteg sein! Bist du taub?«

Jetzt wu?te Stina, da? es Streit geben wurde, und kann man sich dem Unangenehmen nicht entziehen, dann sturzt man sich am besten gleich mitten hinein.

»Dann darfst du aber auch nicht auf dem Steg sein«, sagte sie, denn jetzt stand Tjorven dicht hinter ihnen.

Tjorven schnaubte.

»Tsss, zwischen mir und dir ist wohl ein Unterschied.«

»Ja, besonders zwischen dir, finde ich«, sagte Stina patzig. Sie hatte ja Pelle neben sich, da konnte sie Sachen sagen, die zu sagen sie sich sonst nie im Leben getraut hatte.

Aber Pelle sa? da und sah aus, als ob er am liebsten ganz woanders gewesen ware, und Tjorven sagte:

»Ubrigens ist Pelle nicht mit dir hier, sondern mit mir.«

»Nein, Pelle ist mit mir hier«, versicherte Stina bose.

Jetzt war es Pelle klar, da? er seine Meinung sagen mu?te.

»Tss, ich bin mit mir hier, mochte ich nur bemerken!«

Er wunschte Tjorven wie auch Stina dorthin, wo der Pfeffer wachst, doch jetzt hatte sich Tjorven an seiner anderen Seite niedergelassen, und nun sa?en sie alle drei schweigend da und starrten auf den Schwimmer. Schlie?lich sagte Stina wieder:

»Da bei?t sicher bald einer an, Pelle.«

Mehr war nicht notig, um Tjorven zur Raserei zu bringen.

»Das geht dich doch nichts an. Pelle gehort ja schlie?lich nicht dir.«

Stina beugte sich vor und sah ihr herausfordernd ins Gesicht. »Und dir auch nicht, basta!«

»Nee, denn ich gehor mir ganz allein«, sagte Pelle. »Denkt mal, so ist es!« Jetzt hatte er es Tjorven und Stina gegeben, da? sie beide schwiegen. Pelle gehorte sich ganz allein, und er fuhlte, wie schon das war. Von ihm sollte keiner auch nur ein Hinterbein kriegen!

Aber Tjorven wu?te ja, wer eigentlich uber Pelle zu bestimmen hatte, und das wollte sie ihm auf feine Art klarmachen. Deshalb sagte sie zutraulich, genau wie Stina:

»Da bei?t sicher bald einer an, Pelle!«

Aber das war offenbar nicht das richtige.

»Stellt euch vor, das passiert nicht«, sagte Pelle ungeduldig. »Hort auf, immerzu davon zu faseln! Es kann keiner anbei?en, ich habe namlich gar keinen Wurm am Haken.«

Tjorven starrte ihn an. Sie war ein Kind der Scharen, und so etwas Verrucktes wie jetzt das von Pelle hatte sie noch nie gehort. »Weshalb denn nicht?« fragte sie.

Pelle erklarte es ihr. Er hatte es mit einem Wurm versucht, aber er konnte es nicht, ihm tat der Wurm so leid. Der hatte sich gewunden, sagte Pelle, und ihm grauste es bei dem Gedanken. Ubrigens konnte der Fisch einem genauso leid tun, der vielleicht den Haken verschluckte. Und daher also …

»Aber wieso sitzt du dann hier und angelst?« fragte Tjorven.

Pelle erklarte es ihr, noch ungeduldiger. Hatte er etwa nicht eine Angelrute bekommen? Und wahrhaftig, er war durchaus nicht der einzige, der hier sa? und angelte, ohne einen Fisch zu kriegen. Er hatte Leute von fruh bis spat und tagelang sitzen und angeln sehen, ohne da? auch nur einmal etwas angebissen hatte. Der Unterschied war nur der, da? sie die ganze Zeit einen armen Wurm ganz umsonst qualten. Und das tat er nicht, im ubrigen aber angelte er genau wie alle anderen. Ob sie das nun verstehe? Tjorven sagte, sie verstehe es. Und nun beteuerte Stina, sie verstehe es auch.

Dann sa?en sie da und starrten lange auf den Schwimmer, und Tjorven wu?te, es war gelogen, als sie gesagt hatte, sie verstehe es. Aber die Sonne schien, und auf dem Steg war es schon, und wenn sie au?erdem Stina loswerden konnte, dann ware es noch schoner.

»Stina wird kalte Mamsell, wenn sie gro? ist«, sagte Pelle. Stina hatte ihm das gerade erzahlt.

»Ich nicht«, sagte Tjorven mit Nachdruck. Sie wu?te nicht, was eine kalte Mamsell zu tun hatte, aber es klang kuhl und unheimlich, und wenn Stina es auch noch so sehr werden sollte! Stinas Mama war kalte Mamsell. Sie wohnte in Stockholm, und manchmal kam sie nach Saltkrokan heraus. So etwas Hubsches wie sie hatte Tjorven noch nie gesehen. Au?er Malin. Aber kalte Mamsells mochten noch so hubsch sein – wurde Stina kalte Mamsell, so wollte Tjorven es unter keinen Umstanden werden.

»Was willst du machen, wenn du gro? bist?« fragte Pelle.

»Ich will dick werden und Bucher schreiben, genau wie Herr Melcher.« Pelle zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Papa ist doch nicht dick?«

»Hab ich das denn gesagt?« erwiderte Tjorven.

»Doch, das hast du gesagt«, behauptete Stina.

»Bist du schwerhorig?« fragte Tjorven. »Ich sagte, ich wollte Bucher schreiben wie Herr Melcher und ich wollte dick werden, aber das war eine Sache fur sich.«

Stina war nach und nach immer dreister geworden. Sie befand sich in dem irrigen Glauben, da? Pelle zu ihr hielt, und jetzt sagte sie geradeheraus, sie finde Tjorven dumm. Da versicherte Tjorven, Stina sei noch viel dummer als Janssons Schwein. »Das erzahle ich Gro?vater, was du da gesagt hast«, schrie Stina, aber Tjorven uberschrie sie.

»Petze, Petze, ging in'n Laden, wollt' fur'n Sechser …«

Pelle stohnte vor Unbehagen.

»Kann man denn nicht ein bi?chen Ruhe haben«, brummelte er vor sich hin. »Immer und ewig Streit.«

Da schwiegen sie, Tjorven und Stina auch. Lange Zeit sagte keine von beiden etwas, aber schlie?lich wurde es Tjorven langweilig. »Was willst du werden, wenn du gro? bist, Pelle?« fragte sie, um die Unterhaltung wieder in Gang zu bringen.

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