Bjorn wird so bose, da? er Funken zu spruhen scheint.
»Was machst du hier? Weg mit dir! Ich will schie?en!«
»Nein!« schreit Pelle und umklammert Bjorns Beine. »Du darfst nicht! Fuchse durfen doch schlie?lich auch leben.«
Und kein Fuchs braucht heute nacht Pelles wegen zu sterben. Dort drau?en im Mondschein gibt es keinen Fuchs mehr. Statt dessen kommt Malin auf ihren Skiern angefahren. Und Bjorn wird bla?. Sich vorzustellen, er hatte einen Schu? abgegeben. Sich vorzustellen, Pelle hatte ihn nicht daran gehindert!
»Ja, es war gut, da? du gekommen bist«, sagte Pelle zu Malin, als er wieder in seinem Bett lag. Er hatte ihr versprochen, niemals wieder nachts auf Fuchsjagd zu gehen, und Malin hatte ihm versichert, da? der Fuchs Jocke gar nicht holen
Jetzt aber lag Pelle immer noch da und warf sich herum. Da war etwas, was ihn fast mehr beunruhigte als der Fuchs.
»Malin«, sagte er, »wirst du Bjorn heiraten?«
Malin gab ihm lachend einen Ku? auf die Wange.
»Nein, das werde ich nicht tun«, versicherte sie ihm. »Der Fuchs kann den Jocke nicht holen, und Bjorn kann die Malin nicht holen, solange wir jeder in unserem kleinen Verschlag bleiben.«
Und am nachsten Tag hatte Pelle alle Sorgen vergessen. Denn nun war das Schlittenkarussell auf dem Eis vor Grankvists Bootssteg fertig. Jedes Jahr, wenn das Eis fest war, stellte Nisse Grankvist das Schlittenkarussell auf. Das hatte sein Vater vor ihm getan, zu allen Zeiten war man auf Saltkrokan im Winter Schlittenkarussell gefahren.
»Und weshalb soll man etwas aufgeben, was so viel Freude macht«, sagte Nisse.
Melcher pflichtete ihm bei. Er fuhr mit gro?erer Begeisterung Schlittenkarussell als seine eigenen Kinder, und hinterher kamen sie alle zum Essen nach Hause, mit Wangen so rot wie Weihnachtsapfel, und bekamen bei Malin Dorsch mit Senfso?e.
»Vormittags Dorsche im Eisloch angeln und nachmittags Schlittenkarussell fahren – es ist wirklich ein reiches Leben, das man fuhrt«, sagte Melcher, als sie um den Kuchentisch versammelt waren.
»Bist du allein angeln gewesen?« fragte Johann.
»Nein, ich war mit Nisse Grankvist drau?en«, sagte Melcher.
»Wie viele Dorsche habt ihr gefangen?« erkundigte sich Niklas voller Interesse.
»Zehn Stuck, stellt euch vor«, sagte Melcher. »Nicht schlecht!«
»Wie viele davon hast du gekriegt?« fragte Johann.
»Wir haben gleich und gleich geteilt«, sagte Melcher kurz. »Es macht wirklich einen Mordsspa?, Schlittenkarussell zu fahren, findet ihr nicht?« fuhr er lebhaft fort. Aber Johann war unerbittlich.
»Wie viele davon hast du gefangen?«
Melcher starrte ihm voller Grimm ins Gesicht. Die bittere Wahrheit war, da? Nisse neun Dorsche geangelt hatte und er selbst einen. Einen kleinen, elenden Burschen, den kleinsten von allen. Aber das hatte er nicht erzahlen wollen.
»Du hast vielleicht gar keinen gefangen?« fragte Niklas.
Da seufzte Melcher. Aber dann lachelte er wie eine Sonne und zeigte auf den kleinen Dorsch, der da so jammerlich und verloren neben den anderen lag.
»Doch – den!«
Alle guckten mitleidig auf den Dorsch und auf Melcher, aber er versicherte, das Anglergluck sei etwas Unerforschliches, das habe nichts mit Geschicklichkeit zu tun, falls sie das dachten.
»Manchmal hat man Gluck und manchmal nicht. Ich wei? noch, als ich vor einigen Jahren mal mit einem guten alten Freund im Eis Dorsche geangelt hab, und da hab ich sechsundzwanzig Dorsche gefangen. Und wie viele, meint ihr, fing er? Keinen einzigen!«
»Was war das fur ein guter alter Freund?« fragte Johann.
Melcher warf ihm einen Blick zu.
»Ist das eine Art Frage-und-Antwort-Spiel, was du hier treibst?« Dann legte er die Stirn in tiefe Falten und dachte eine Weile nach. »Ja, wie hie? er doch gleich? Himmel noch mal, denkt blo?, ich kann mich nicht an den Namen erinnern!«
»Tsss, weshalb erfindest du den nicht auch?« riet ihm Pelle.
»Scham dich, Kind«, sagte Melcher. »Vergi? nicht, da? du mit deinem Vater sprichst.«
Da schlang Pelle die Arme um seinen Hals und druckte ihn. »Daran denke ich ja gerade.«
Malin beeilte sich, ihrem Vater zu Hilfe zu kommen. Es war kein Wunder, da? er sich an den Namen eines guten alten Freundes nicht erinnern konnte.
»Ihr wi?t doch, wie es manchmal bei Papa ist. Das einzige, woran er sich erinnert, ist, da? er etwas vergessen hat, aber was es war, daran erinnert er sich nicht.«
»Scham dich, Kind!« sagte Melcher noch einmal.
Die Wintertage waren kurz. Es dammerte fruh. An den langen Abenden wurde die Kuche zur Warmehalle, wo sich alle versammelten. Strenggenommen war sie der einzige wirklich warme Ort im ganzen Schreinerhaus.
Die Nachte waren kalt. Die Jungen schliefen in Flanellpyjamas und mit Wollpullovern in ihrer Bodenkammer. Melcher konnte es in seiner kleinen Madchenkammer leidlich aushalten. Aber Malin hatte auf das Sofa in der Kuche umziehen mussen.
»Zwei Bodenkammern heizen, das geht einfach nicht«, sagte Malin, und sie fuhlte sich wohl auf ihrem Kuchensofa. »Der einzige Nachteil ist, da? man abends nie ins Bett kommt.«
Denn in der Kuche kamen alle zusammen. Hier sa?en Nisse und Marta, um bei einer Tasse Kaffee ein Plauderstundchen zu halten, Teddy und Freddy sa?en hier und spielten mit Johann und Niklas Monopoly, Tjorven und Pelle zeichneten und spielten. Bootsmann lag in einer Ecke und schlief, Malin strickte, Melcher sang und redete und fuhlte sich wohl.
Drau?en war klirrend kalter Winter. Kalte Sterne leuchteten uber ihrem vereisten Fjord, und die Kalte knackte in den Hausecken. Da war es herrlich, sich in einer warmen Kuche zusammenzukuscheln. Pelle schmunzelte und stopfte den Herd mit Holz voll. Genau so sollte es sein: Alle sollten beisammensitzen und es warm haben und singen und sich unterhalten. Bis er zuletzt selber so mude wurde, da? sich alles fur ihn wie ein Gesumm anhorte und er ins Bett wankte.
Sonst verbrachte Pelle den gro?ten Teil seiner Zeit in Janssons Stall. Nicht nur bei Jocke. Er half Onkel Jansson auch beim Ausmisten, und er kam nach Hause und roch so nach Stall, da? es keiner in seiner Nahe aushielt. Malin war gezwungen, ein Paar alte Skihosen und eine zu klein gewordene Jacke als Stallkleidung herauszugeben, die er, sobald er zur Tur herein war, im Hausflur auszuziehen hatte.
»Spater werden wir das Zeug wohl verbrennen mussen, wenn wir wieder wegfahren«, sagte Malin.
»Nee, das will ich mit in die Stadt nehmen«, sagte Pelle unerwartet heftig. Malin war im Begriff, etwas kaputtzumachen, was er sich gerade ausgedacht hatte. Und ein wenig verlegen erklarte er es ihr. »Ich kann es in einem besonderen Schrank aufbewahren«, sagte er. »Und wenn ich mich zu sehr nach Jocke sehne, dann gehe ich hin und rieche daran.«
Tjorven ging ein paarmal mit ihm in Janssons Stall, aber schlie?lich hatte sie es satt.
»Ich will nicht die ganze Zeit blo? immer mit Kuhen und Kuhen zusammensein«, sagte sie.
Statt dessen lief sie Ski. Sie hatte zu Weihnachten Skier bekommen, und nun muhte sie sich auf den Hangen ab, unverdrossen und beharrlich. Wenn sie hinfiel, hatte sie Muhe, allein wieder hochzukommen. Sie lag da und zappelte mit den Beinen wie ein Kafer, bis Teddy oder Freddy kamen und ihr wieder hochhalfen. Aber sie waren jetzt selten zur Stelle. Meistens trieben sie sich mit Johann und Niklas herum und waren wieder geheim. Sie hatten eine geheime Schneefestung, die jeder Mensch, der Augen im Kopf hatte, unten an der Landzunge sehen konnte. Da brachten sie den ganzen Tag zu, aber manchmal wurde es ihnen langweilig, und sie begaben sich auf lange Skifahrten ubers Eis zu anderen Inseln, oder sie angelten Stromlinge im Eis mit Soderman zusammen, der jetzt wieder zu Hause war und geschworen hatte, furs erste werde er nicht mehr in die Stadt reisen.
Alle waren beschaftigt, und Tjorven war immer noch eine ziemlich verlassene Tjorven mit Bootsmann als ihrer liebsten Gesellschaft. An einem bitterkalten Tag, als der Himmel eisig grun uber Saltkrokan stand und der Mehlbeerbaum beim Schreinerhaus wei? von Rauhreif war, kam Malin von ihrer Skifahrt nach Haus und fand