Ihnen hatte nichts Besseres einfallen konnen, das Pelle reizte.

»Zum Kuckuck mit euren verwunschenen Prinzen«, sagte er. »Komm, Jocke, wir gehen.«

Tjorven und Stina schauten ihm lange nach.

»Er will wohl nicht, da? Malin jemals heiratet«, sagte Tjorven. »Sicher, weil er keine Mama hat.«

Stina wurde ernst und zog nachdenklich die Augenbrauen zusammen. »Wieso ist seine Mama gestorben?« fragte sie.

Es war nicht leicht, darauf eine Antwort zu geben. Tjorven uberlegte. Sie wu?te nicht, weshalb Menschen starben.

»Es ist sicher wie in diesem Lied, wei?t du«, sagte sie schlie?lich. »Es ist wohl einfach so.« Und sie sang Stina vor:

»Die Welt, sie ist ein Jammertal,

kaum da? man lebt, so mu? man sterben

und wieder Erde werden.«

»Das ist aber wirklich traurig, du«, sagte Stina.

Pelle setzte Jocke in seinen Stall zuruck und hatte dann einen einsamen, schonen Abend, den er am Fruhlingsgraben verbrachte. Er liebte den Graben, wo es so viel zu sehen gab, Insekten und Pflanzen verschiedenster Art. Aber das lustigste an dem Fruhlingsgraben war beinahe, druber hinwegzuspringen und zu sehen, ob man es in einem einzigen Satz schaffte. Manchmal schaffte man es nicht, und deshalb war Pelle, als er abends nach Hause kam, bis zur Stirn hinauf mit Schlamm bespritzt.

Um diese Stunde sa? Melcher in der Kuche des Schreinerhauses, vor sich auf dem Tisch seinen Au?enbordmotor, den er ganz auseinandergenommen hatte. Er hatte vor, ihm dieses »putt, putt« abzugewohnen, und meinte, eine grundliche Sauberung bringe ihn vielleicht auf bessere Gedanken. Aber die kleinen Schrauben und Muttern hatten alle die merkwurdige Eigenschaft zu verschwinden, wenn man sie gerade brauchte, und Melcher wurde jedesmal wieder wutend.

»E?t ihr Muttern?« fragte er Johann und Niklas, die am Tisch herumhingen, um zuzusehen, und nachdem sie ein paarmal so ungerecht beschuldigt worden waren, sagte Johann:

»Komm, Niklas, wir gehen ins Bett. Papa kann seine Muttern selber futtern.«

Und sobald sie weg waren, fand Melcher, was er suchte.

»Sieh da, hier ist ja das Dings, nach dem ich gesucht hab«, sagte er.

In diesem Augenblick kam Pelle schlammbespritzt und mude zur Tur herein, und Malin sagte:

»Und hier ist das andere Dings, nach dem ich gesucht hab. Wie siehst du denn blo? aus, Pelle!«

Es war nicht nur der Bootsmotor, der an diesem Abend in der Kuche des Schreinerhauses gesaubert wurde. Malin holte die gro?e Waschwanne, steckte Pelle ganz hinein und begann ihn grundlich abzuschrubben.

»Die Ohren brauchst du doch nicht zu waschen«, murrte Pelle, »die hab ich erst Samstag gewaschen.«

Aber Malin erklarte, ihn mit solchen Ohren herumlaufen zu lassen, sei uberhaupt nicht zu verantworten.

»Morgen kommt vielleicht Tante Marta zum Kaffee, und wenn sie solche Ohren sieht …«

»Du sagst ›vielleicht‹ – konnen wir dann nicht warten und erst mal sehen, ob sie wirklich kommt?« schlug Pelle vor.

Malin wandte sich lachend an Melcher.

»Sind eigentlich alle Jungen solche Schmutzfinken, was meinst du? Warst du auch so, als du klein warst?«

Melcher sa? da und wuhlte zwischen seinen Muttern, und er summte erfreut: »Ich habe den richtigen Ruck – da kann sich Tjorven drauf verlassen, wei? der Himmel! – Schmutzfink, ich?« sagte er dann. »Nein, ich war ein sehr reinliches kleines Kind, soweit ich mich erinnere.«

Pelle schaute uber den Rand der Wanne traumerisch zu seinem Vater hinuber. »Ja, klar warst du ein reinliches kleines Kind, Papa.«

»Wieso ist das so klar«, fragte Melcher.

»Na ja, du warst doch in jeder Weise ganz prachtig, du warst immer gehorsam und hattest so gute Schulzeugnisse und hast nie gelogen und so.«

»Hab ich das gesagt?« entgegnete Melcher und lachelte breit. »Dann mu? ich auf meine alten Tage angefangen haben, ein bi?chen zu lugen.« Pelle schickte einen Wasserstrahl zu ihm hin.

»Nicht doch, Pelle«, sagte Malin, »du darfst nicht die ganze Kuche na? machen.«

»Soso, seinen Vater darf er aber na? machen?« fragte Melcher erstaunt. »Ja, das darf er«, sagte Pelle ruhig und uberzeugt.

Hinterher, als er, in ein gro?es Bettlaken gehullt, auf Malins Scho? sa?, fiel ihm Stinas dummer Vorschlag ein wegen des verwunschenen Prinzen, den Malin heiraten sollte. Er betrachtete sie forschend. Sie war womoglich traurig, weil sie so »vollig unverheiratet«, wie Tjorven es nannte, herumlaufen mu?te?

Sie hatten eine gro?e Neuigkeit erfahren, als sie diesmal nach Saltkrokan gekommen waren. Bjorn hatte sich mit einem Madchen auf Harskar verlobt. Pelle hatte Malin mit Bangen gefragt, ob sie deswegen traurig sei. Aber Malin hatte gelacht und gesagt:

»Nein, das war das Beste, was er tun konnte, und das hab ich ihm schon Weihnachten gesagt!«

Aber deswegen war es ja doch nicht sicher, ob es ihr gefiel, so »vollig unverheiratet« herumzulaufen.

»Jetzt ist dieser kleine Motor fertig und von Melcher eigenhandig gesaubert«, sagte Melcher und schraubte die letzte Mutter fest, und dann sang er: »Jetzt hat er den richtigen Spritzer, und das werde ich euch nun zeigen.«

Der Motor sollte in Pelles Badewanne zeigen, ob er den richtigen Spritzer hatte oder nicht.

Den hatte er. Er hatte einen Spritzer, da? es ringsum gegen die Wande spruhte, und Melcher, der sich eifrig uber die Wanne beugte, bekam den ersten Schwall mitten ins Gesicht.

»Aah«, sagte Melcher, und dann sagte er schnell: »Ich wische hinterher selbst alles wieder trocken, Malin.«

Aber Malin versicherte ihm, sie sei richtig dankbar, weil plotzlich die ganze Kuche dadurch sauber wurde, und trockenwischen konne sie schon noch selber. »Wenn unser kleiner Pelle nur erst ins Bett kriechen mochte. Frierst du?« fragte sie, als sie sah, wie Pelle dastand und schlotterte.

»Ich friere wie ein Schneider«, sagte Pelle. Und er fror auch, als er ins Bett kam.

»Ich glaub, ihr habt die Decken zu lange geluftet«, sagte er. »Puh, wie ist es hier kalt.«

»Du merkst auch alles«, murmelte Niklas halb im Schlaf.

Pelle lag in seinem schmalen Bett ganz still und versuchte, sich ein Fleckchen anzuwarmen.

»Es ware schon, wenn man ein warmes Kaninchen im Bett hatte«, sagte er.

Johann hob den Kopf hoch.

»Ein Kaminchen, bist du nicht bei Trost? Meinst du einen Petroleumkamin?«

»Ein Kaninchen, hab ich gesagt.«

»Ein Kaninchen – ja, das sieht dir ahnlich«, sagte Johann. Dann sank er zuruck auf sein Kopfkissen und schlief ein.

Aber Pelle lag wach. Er sorgte sich wegen Jocke so, da? er nicht einschlafen konnte. Wenn nun heute nacht Frost kam und Jocke in seinem Stall fror? Ihm selbst wurde jetzt allmahlich warm und wohl. Es war ungerecht, da? Kaninchen nur kleine Kisten zum Schlafen haben sollten mit ein bi?chen Heu darin.

Pelle seufzte mehrmals. Er litt gro?e Seelenpein. Zuletzt hielt er es nicht mehr aus. Er stieg aus dem Bett, und auf der Leiter, die von einem der vielen Dachausfluge, die Melcher gemacht hatte, vor ihrem Fenster stand, kletterte er in den kuhlen Fruhlingsabend hinaus und rannte bibbernd zum Kaninchenstall.

Niemand sah ihn, weder als er hinlief noch als er, mit Jocke im Arm, wieder zuruckschlich. Niemand au?er moglicherweise dem Fuchs, der ebenfalls einen kleinen Abendspaziergang um Saltkrokan herum machte.

Nun war Jocke aber keineswegs so dankbar, seinen Kaninchenkafig verlassen zu durfen, wie Pelle erwartet hatte. Er wehrte sich, als Pelle versuchte, ihn in sein Bett zu stecken. Seiner Ansicht nach war das kein Schlafplatz fur ein Kaninchen, und er machte einen langen Satz. Malin und Melcher sa?en unten im Wohnzimmer und horten plotzlich von oben einen gellenden Schrei. Sie sturzten hinauf, um nachzusehen, was denn los sei, und fanden einen Niklas, der aufrecht in seinem Bett sa?, au?er sich vor Schrecken und am ganzen Leibe zitternd.

»Hier spukt es«, sagte er. »Ein unheimliches, zottiges Gespenst ist auf mich losgesprungen.«

Вы читаете Ferien auf Saltkrokan
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату