»Nee, du mu?t so rucken«, sagte Tjorven und zeigte mit einer zuckenden Armbewegung, wie er es machen sollte.

»Du, hor mal, ich ruck dir gleich eins, wenn du nicht sofort machst, da? du wegkommst«, sagte Melcher.

Tjorven kniff die Augen zusammen, erstaunt uber so eine schandliche Undankbarkeit. »Du mu?test froh sein, wenn ich

dir helfe.«

Melcher machte sich wieder uber seinen Motor her.

»Ja, danke, ich bin froh – so froh – so froh«, versicherte er und zerrte im Takt mit den Worten an der Leine. Aber der verflixte Motor sagte nur »putt, putt« und schwieg dann. Tjorven schuttelte den Kopf.

»Du bist ganz bestimmt ein geschickter Kerl, Herr Melcher, aber gerade von Motoren verstehst du vielleicht nichts. Warte, ich zeig's dir.«

Da brullte Melcher: »Geh weg hier! Geh hin und schmei? dich noch mal ins Wasser, oder geh zu Pelle und spiel mit dem. Aber verschwinde!«

Tjorven sah beleidigt aus.

»Ja, ich geh zu Pelle und spiel mit ihm. Aber zuerst mu? ich nach Hause und mich umziehen, das wirst du wohl begreifen.«

Melcher nickte zustimmend. »Tu das! Zieh alles an, was du hast! Am liebsten zwei, drei Leibchen, die man hinten zuknopft.«

»Leibchen!« sagte Tjorven. »Wir leben doch nicht in der Steinzeit.« Das sagte Teddy immer von Sachen, die altmodisch waren.

Melcher horte sie nicht, denn jetzt machte der Motor noch einmal »putt, putt«, und Melcher sah ihn flehentlich an. Aber vergebens. Als der Motor sein letztes »Putt« gesagt hatte, verstummte er vollig. »Herr Melcher, wei?t du was?« sagte Tjorven. »Du bist hoffentlich tuchtiger, wenn du Bucher schreibst, denn das hier kannst du nicht. Wo ist Pelle ubrigens?«

»Wahrscheinlich beim Kaninchenstall«, fauchte Melcher, dann faltete er die Hande. »Ich bete zu Gott, da? er beim Kaninchenstall ist und da? du da hingehst.«

»Weshalb mochtest du, da? Gott ausgerechnet am Kaninchenstall ist?« fragte Tjorven interessiert.

»Pelle!« brullte Melcher. »Pelle soll beim Kaninchenstall sein

– und au?erdem du. Vor allen Dingen du!«

»Nee, du hast gesagt, du wolltest zu Gott beten, da? er am Kaninchenstall ist«, begann Tjorven, aber Melcher machte jetzt ganz wilde Augen, und um ihn zu beschwichtigen, sagte sie rasch: »Ja, ja, ich gehe schon.« Melcher wurde erhort. Pelle war beim Kaninchenstall, und dorthin ging Tjorven, nachdem sie sich umgezogen hatte.

Jocke hatte einen feinen Stall bekommen. »Von Melcher angefertigt, mit eigenen Handen angefertigt«, prahlte Melcher, als der Stall fertig war. Pelle hatte auch nageln geholfen, obgleich Melcher ihn gewarnt hatte: »Du wirst dir nur auf die Finger hauen.«

»Ach wo«, hatte Pelle gesagt. »Tjorven kann den Nagel halten.«

Ganz so schlau war Melcher nicht gewesen.

»Warum haust du dir immerzu auf den Daumen?« hatte Tjorven gefragt, als Melcher hintereinander zwei Volltreffer gelandet hatte. Melcher hatte an seinem Daumen gelutscht.

»Weil du, meine kleine Tjorven, mir nicht den Nagel gehalten hast.«

Der Kaninchenstall war wirklich fein, als er fertig war. Fur ein Kaninchen sei es schon, in so einen hineinzuziehen, meinte Pelle. Glucklich, so da? es um ihn herum leuchtete, holte er Jocke aus Janssons Kuhstall und fuhrte ihn in sein neues Heim.

Die ganze Anlage hatte ihren Platz hinter den Fliederbuschen in einer geschutzten Ecke, wo Pelle ungestort sitzen und der glucklichste Kaninchenbesitzer der Welt sein konnte. Der Stall war aus Maschendraht und hatte eine Tur mit einem kleinen Haken an der einen Seite, so da? er Jocke herausholen konnte, wenn er ihn auf den Arm nehmen wollte. An der anderen Seite hatte Jocke sein Hauschen, einen Kasten mit einem runden Loch.

»Hier mu?t du reinkriechen, wenn es regnet und kalt ist«, sagte Pelle.

Er hatte das Kaninchen im Arm, als Tjorven kam. Sie futterten es gemeinsam, und Pelle unterrichtete Tjorven in der Kunst, Kaninchen zu versorgen, da sie sich um Jocke kummern sollte, wenn Pelle in die Stadt zuruckfuhr.

»Und ich bin dir ewig bose, wenn du ihn nicht ordentlich futterst«, sagte Pelle. »Und dann mu?t du aufpassen, da? er nicht ausruckt.«

Darauf hatte Pelle selber aufpassen sollen, denn bevor er den Satz noch zu Ende gesprochen hatte, entschlupfte Jocke seinen Armen und scho? durchs Fliedergebusch davon.

Pelle und Tjorven fuhren hoch und setzten ihm nach. Das tat auch Bootsmann mit einem leisen Klaffen.

»Nein, Bootsmann, du ruhrst Jocke nicht an!« rief Pelle angstlich, wahrend er lief.

»Bootsmann ruhrt nie einen an, das solltest du wissen. Er denkt nur, wir spielen.«

Da schamte Pelle sich. Aber jetzt hatte er keine Zeit, sich bei Bootsmann zu entschuldigen, jetzt mu?te er Jocke einfangen.

Hinter dem Schreinerhaus waren Malin und Johann und Niklas dabei, Betten auszuklopfen, und als Jocke angeschossen kam, warf Johann eine Decke uber ihn. Jocke raste unter der Decke herum, die wogte wie ein aufgewuhltes Meer, aber schlie?lich machte er sich frei und war mit drei frohlichen Satzen um die Hausecke verschwunden.

Stina war es, die ihn einfing; sie sa? mit Kalle Hupfanland auf ihrer Treppe und sah Jocke voruberflitzen, und sie hatte ihn eben erwischt, als Tjorven und Pelle mit hangender Zunge angerannt kamen. »Oh, wie schon, da? du ihn eingefangen hast«, sagte Pelle. Er lie? sich erleichtert auf Stinas Treppe sinken mit Jocke im Arm und sah ihn ebenso zartlich an wie eine Mutter ihr neugeborenes Kind.

»Es macht Spa?, wenn man ein eigenes Tier hat«, sagte er. Tjorven und Stina pflichteten ihm bei.

»Vor allen Dingen einen Raben«, versicherte Stina. Und dann sagte sie triumphierend: »Und jetzt kann er es!«

»Was kann er?« fragte Tjorven.

»Er kann sagen ›Zum Kuckuck mit dir‹. Ich hab es ihm beigebracht.«

Es war Pelle und Tjorven anzumerken, da? sie ihr nicht glaubten, und Stina wurde bose.

»Wartet, ihr konnt es gleich mal horen! Kalle, sag ›Zum Kuckuck mit dir‹, tu's!«

Der Rabe legte den Kopf schief und schwieg beharrlich, als Stina es ihm aber lange immer wieder vorgesprochen hatte, lie? er ein paarmal einen kleinen Krachzer horen. Nur wer eine lebhafte Phantasie hatte, konnte heraushoren, da? es »Zum Kuckuck mit dir« hei?en sollte. Stina hatte eine lebhafte Phantasie.

»Habt ihr's gehort?« fragte sie jubelnd.

Tjorven und Pelle lachten, aber Stina nickte altklug.

»Wi?t ihr, was ich glaube? Ich glaube, Kalle ist ein verwunschener Prinz, weil er sprechen kann.«

»Tsss«, machte Pelle. »Hast du schon mal gehort, da? ein Prinz ›Zum Kuckuck mit dir‹ sagt? Was?«

»Ja, dieser hier«, sagte Stina und zeigte auf Kalle.

In dem Marchen, das sie dem Gro?vater eben erzahlt hatte, kamen nicht weniger als drei verwunschene Prinzen vor. Sie waren in ein Wildschwein und einen Hai und einen Adler verwandelt. Weshalb also sollte nicht ein Rabe ein verwunschener Prinz sein konnen?

»O nein, nur Frosche sind verwunschene Prinzen«, erklarte Tjorven.

»Sagst du, ja«, sagte Stina.

»Doch, Freddy hat es mir vorgelesen. Da kam eine Prinzessin vor, und die ku?te einen Frosch, und da wurde er ein Prinz, peng – auf einmal stand er da!«

»Das versuche ich auch mal«, sagte Stina.

Pelle sa? dabei und lachte in sich hinein.

»Wozu willst du den Prinzen haben, falls du einen kriegst?« fragte er.

»Er kann Malin heiraten«, sagte Stina.

Das hielt Tjorven fur einen ausgezeichneten Vorschlag.

»Dann braucht sie hier nicht mehr vollig unverheiratet rumzulaufen.«

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