ein Reinfall.

Tjorven grubelte. Sie war es gewohnt, Auswege zu ersinnen. »Wei?t du was …« sagte sie. »Aber das geht sicher nicht.«

»Was denn?« fragte Stina.

»Wir konnten ihn noch einmal kussen. Dann wird er vielleicht wieder ein Frosch, man kann nie wissen.«

Petter sa? da und ahnte nicht, was ihm drohte. Eifrig spahte er zum Schreinerhaus hinuber. Ob Malin nicht bald kam? Es war das einzige, was er in diesem Augenblick im Kopf hatte.

Erst, als sie auf der Brucke dicht vor ihm standen, sah er sie, diese beiden kleinen Madchen, die er beim Kaufmann getroffen hatte.

»Sitz eben mal still und mach die Augen zu«, sagte die, die Tjorven hie?. Petter lachte. »Was soll das? Ist es ein Spiel?«

»Das verraten wir nicht«, sagte Tjorven barsch. »Mach die Augen zu, hab ich gesagt.«

Malins Prinz machte brav die Augen zu, und sie ku?ten ihn voller Zorn, zuerst Tjorven und dann Stina. Und dann liefen sie schnell von ihm weg. Erst als sie in sicherer Entfernung beim Bootsschuppen waren, blieben sie stehen.

»Ja, das geschieht uns ganz recht«, brummte Tjorven. Und dann schrie sie dem Prinzen zu, der kein Frosch werden wollte: »Zum Kuckuck mit dir!«

Heutzutage waren Madchen wirklich nicht so su?, wie sie sein sollten, da hatte Petter ein wahres Wort gesprochen.

Er schaute den beiden kleinen Aufgebrachten, die ihn geku?t hatten, erstaunt nach. Aber jetzt sah er Malin kommen, genauso su? wie der Juniabend, und er machte rasch die Augen zu.

»Was sitzt du so mit geschlossenen Augen da?« fragte Malin und schnipste ihn an die Nasenspitze.

Er schlug die Augen auf und sagte seufzend: »Es war nur ein unverschamter Versuch. Ich dachte, es ware vielleicht hier auf Saltkrokan Sitte, da? alle Madchen einen kussen, wenn man nur stillsitzt und die Augen zumacht.«

»Bist du verruckt«, sagte Malin. Bevor Petter es naher erklaren konnte, rief Tjorven druben vom Bootsschuppen:

»Malin, wei?t du was! Vor dem nimm dich in acht. Der ist eigentlich blo? ein Frosch!«

An diesem Abend bekam Bootsmann seinen Platz auf dem Stuck Vorleger neben Tjorvens Bett zuruck, und als die ganze Familie kam, um wie gewohnlich ihrer Jungsten gute Nacht zu sagen, erzahlte sie, weshalb Moses nicht mehr da war und was Vesterman fur ein gemeiner Kerl war. »Er ist genauso wie dieser Pharao, den sie in Agypten hatten«, sagte Tjorven. »Du wei?t doch noch, Freddy. Da mu?ten sie auch alle ihre Mosesse verstecken.«

»Und deinen Moses, wo hast du den versteckt?« wollten Teddy und Freddy wissen.

»Das ist geheim«, sagte Tjorven.

Geheime Teddy und geheime Freddy, hier gab es noch andere Leute, die Geheimnisse haben konnten!

»Ich halte alles geheim«, sagte Tjorven. »Wo Moses ist, das erfahrt ihr nie, niemals.«

Nisse machte ein bedenkliches Gesicht.

»Aber das mit Vesterman, das mussen wir irgendwie ins reine bringen.« Dann kraulte er Bootsmann den Hinterkopf. »Na, Bootsmann, jetzt bist du wohl froh, was?«

Und Tjorven beugte sich uber den Bettrand und sah Bootsmann tief in die Augen.

»Mein guter Nodelhund«, sagte sie zartlich, »jetzt wollen wir schlafen, du und ich.«

Aber vielleicht war dieses Gluck allzu gro?, als da? Bootsmann es mit Gleichmut hinnehmen konnte. Er schlief unruhig, und etwa um Mitternacht weckte er Tjorven und wollte hinaus.

Sie offnete ihm schlaftrunken die Tur.

»Was ist mit dir, Bootsmann?« murmelte sie. Aber dann wankte sie ins Bett zuruck und schlief schon, bevor sie drin lag.

Und Bootsmann wanderte in die Juninacht hinaus, die mit ihrem bleichen Licht Menschen und Tiere in Unruhe versetzt. Malin sah ihn, beide Male, als er fortging und als er nach zwei Stunden wieder heimkehrte. Denn sie stand an der Pforte zum Schreinerhaus und sagte Petter gute Nacht. So etwas dauert manchmal ungefahr zwei Stunden. Und Juninachte seien nicht zum Schlafen da, meinte Petter. Die seien ja so kurz, und da sei so viel, was man noch gern sagen wollte.

»O doch, ich habe viele Madchen gekannt«, versicherte Petter, »und einige davon habe ich gern gehabt. Aber ernstlich verliebt, so da? man das Gefuhl hat, man mu?te davon sterben, war ich nur ein einziges Mal.«

»Und bist du vielleicht immer noch in sie verliebt?« fragte Malin. »Ja, ich bin immer noch in sie verliebt.«

»Ist das schon lange so?« fragte Malin, und in ihrer Stimme lagen Unruhe und Enttauschung.

»La? mal sehen.« Petter schaute auf seine Uhr, dann zahlte er stumm. »Es ist genau seit zehn Tagen und zwolf Stunden und zwanzig Minuten so. Es machte nur peng, und dann war's passiert. Du kannst es in meinem Logbuch sehen, wenn du willst. Da steht es: ›Heute habe ich Malin kennengelernt.‹ Mehr steht da nicht, und mehr war auch nicht notig.« Malin lachelte ihn an.

»Aber wenn es so plotzlich gekommen ist, dann halt es wohl auch nicht lange vor. Peng – dann ist es aus.«

Da sah er sie ernst an.

»Malin, ich bin ein bestandiger Mensch, glaub mir.«

»Wirklich?« sagte Malin.

In diesem Augenblick horten sie in der Ferne Hundegebell, und sie murmelte: »Was fallt Bootsmann eigentlich ein?«

Ob Juninacht oder nicht, man kann nicht bis in alle Ewigkeit an einer Gartenpforte stehen. Zuletzt sterben einem gewisserma?en die Beine ab. Petter ku?te Malin, und sie ging zogernd von ihm fort. Er blieb stehen und sah ihr nach, und da wandte sie sich noch einmal um.

»Ich glaub, du solltest noch etwas in dein Logbuch schreiben«, sagte sie. »Heute hat Malin Petter kennengelernt.«

Und dann verschwand sie im Schatten zwischen den Apfelbaumen.

Juninachte sind nicht zum Schlafen da, sagt Petter. Es gibt noch mehr, die das finden: andere, die um diese Zeit herumstreunen. Aber schlie?lich kehren sie alle nach Hause zuruck. Bootsmann kommt gerade nach Hause, als Malin ihr letztes gute Nacht zu Petter sagt. Und der Fuchs, der in Janssons Kuhwaldchen wohnt, kehrt jetzt auch in seinen Bau zuruck. Und Soderman, der schlecht schlaft, wenn die Nachte hell sind, und eine nachtliche Runde gemacht hat, um nach seinen Schafen zu sehen, kehrt jetzt ebenfalls heim, und er hat Totti auf dem Arm.

Noch einer hat sich in der Juninacht drau?en herumgetrieben, Jocke … Ach, da? Pelle den Stall nicht besser hinter ihm zugemacht hat! Armer kleiner Jocke! Er ist auch auf einem Streifzug unterwegs gewesen – aber er kehrt nicht heim.

Freud und Leid reichen einander die Hand …

Freud und Leid reichen einander die Hand – manche Tage sind schwarz und voller Trubsal, und sie konnen kommen, wenn man es am wenigsten erwartet.

Fruh am nachsten Morgen kam Soderman zu Nisse und Marta in den Laden. Traurig und bekummert sah er aus, und traurige Dinge hatte er zu berichten.

»Ich mache wie gewohnlich eine kleine Runde, und was hore ich? Einen Hund, der bellt, und meine Schafe, die geradezu verzweifelt bloken, und ich sehe von weitem, wie sie hin und her rasen, als ob einer sie jagt. Und als ich dann endlich zur Weide komme, wer, meint ihr, kommt mir da in wilden Satzen entgegen? Tatsachlich, Bootsmann!«

Soderman machte ein Gesicht, als glaubte er, die Erde sollte bersten und sich auftun, als er das sagte, aber

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