dann mussen Sie wohl mit dem neuen Besitzer abmachen, wie lange Sie hier wohnen bleiben konnen.« Direktor Karlberg vermied es, Melcher anzusehen. Er redete mit Mattsson, als ware kein Mensch sonst zugegen.

»Doch, auf jeden Fall, ich konnte mir schon denken, das Haus zu kaufen, wenn wir uns uber den Preis einig werden. Mit dem Haus ist ja nichts mehr los, das sehe ich mit einem Blick, und das mu?te man dann abrei?en. Aber so ein Grundstuck, das findet man nicht alle Tage.«

Melcher horte ein dumpfes Gemurmel von seinen Kindern, und er bi? die Zahne zusammen.

Jetzt mischte sich auch Lotta Karlberg ins Gesprach.

»Ja, Papa, das Haus ist wirklich schrecklich. Aber man konnte ja so einen su?en Bungalow bauen, du wei?t, so einen, wie Kalle und Anna Greta einen haben.«

Ihr Vater nickte, aber er schien etwas unangenehm beruhrt. Vielleicht fand er, es gehe doch zu weit, da? Lotta zu diesem Zeitpunkt schon Kalles und Anna Gretas Bungalow erwahnte.

Tjorven fand es ebenfalls. Sie fand, es gehe zu weit. Das fand sie schon lange. Diese Lotta, da sa? sie auf der Treppe zum Schreinerhaus und sah aus, als gehorte das ganze Haus ihr! Tjorven stellte sich breitbeinig vor sie hin. »Lotta, wei?t du was«, sagte sie. »Ich finde, du bist ein Bongalo, so gro? wie du bist.«

Jetzt wurde es Lotta klar, da? sie eine Feindin bekommen hatte.

Ubrigens nicht nur eine. Alle diese Kinder, die da standen und sie anstarrten, waren ihre Feinde, und sie hatte nichts dagegen. Im Gegenteil, sie geno? es, denn sie fuhlte ihre Uberlegenheit. Ihr Vater konnte entscheiden, ob diese Kinder dort wohnen bleiben sollten oder nicht. Daher ware es schon besser, sie nahmen sich in acht. Sie brauchten ihr wirklich nicht so ins Gesicht zu starren, als hatte sie hier nichts zu suchen.

»Man hat doch wohl das Recht, einen Besitz zu kaufen, wenn man will«, sagte sie hochnasig in die blaue Luft hinein.

»Ja, klar«, sagte Teddy. »Und so'n Bungalow hinzubauen, wie Kalle und Anna Greta einen haben. Tut das nur ruhig.«

»Diese alte Bruchbude, die konnen wir ja abrei?en«, sagte Freddy. »Macht man los!«

Teddy und Freddy waren angelaufen gekommen, sobald sie horten, was hier vor sich ging. Beim Kaufmann wu?te man auf irgendwie ubernaturliche Art und Weise uber alles Bescheid, was auf der Insel geschah, noch fast ehe es geschehen war. Teddy und Freddy wollten in der Stunde der Bedrangnis bei ihren Freunden sein – wozu hatte man sonst seine Freunde? Noch nie hatten sie Johann und Niklas so niedergeschlagen und so finster gesehen. Und Pelle erst! Er sa? noch immer am Fruhstuckstisch, kreidebleich im Gesicht, und neben ihm sa? Malin. Sie hatte den Arm um Pelle gelegt, und sie war auch ganz bla?. Es war alles grauenhaft und unertraglich, und dann kam dieses versnobte Madchen und schrie herum, da? man einen Bungalow bauen wolle. Kein Wunder, da? Teddy und Freddy in Wut gerieten.

»Was ist eigentlich ein Bongalo?« fragte Tjorven ihre alteren und klugeren Schwestern.

»Wahrscheinlich irgend etwas ganz Blodes«, sagte Teddy.

»Von oben bis unten blode, genau wie die da«, sagte Freddy und zeigte mit dem Daumen in Lottas Richtung.

Es war eine schreckliche Vorstellung, da? die vielleicht auf einmal ihre Nachbarin sein wurde und nicht mehr Johann und Niklas und Pelle und Malin und Melcher.

»Man darf sich das Haus doch wohl mal von innen ansehen«, sagte Direktor Karlberg, und zum ersten Mal wandte er sich an Melcher. »Falls Sie gestatten, Herr Melcherson?« fugte er hinzu, und es gelang ihm, da? es wohlwollend und gleichzeitig hochnasig klang.

O ja, Herr Melcherson gestattete es. Was sollte er denn sonst tun? Er war ein geschlagener Mann, und er wu?te es. Er ging jedoch mit ins Haus und Malin ebenfalls. Ihr Vater sollte mit diesen beiden Herren, die ihm sein Schreinerhaus wegnehmen wollten, nicht allein bleiben. Und im ubrigen dachte sie nicht daran, irgendwelche Leute in ihrem Haus herumstiefeln und alles schlechtmachen zu lassen, was sie so sehr geliebt hatten. Es war ein Zuhause, in dem Menschen wohnen und sich wohl fuhlen konnten, da komme keiner an und streite das ab! Und es gehorte ihnen. Sie hatten alle gemeinsam etwas Lichtes und Sommerliches und Alltagsschones daraus gemacht, und das Schreinerhaus hatte ihnen seinen Segen gegeben, das wu?te Malin. Das Schreinerhaus und Melchersons gehorten zusammen. Jetzt aber kamen andere Leute daher, die wohl nur bemerkten, da? der Fu?boden hier und da nachgab und da? die Fenster ein bi?chen schief und verzogen waren und da? an der Decke hier und da feuchte Stellen waren. Armes altes Schreinerhaus. Malin spurte, da? sie es beschutzen und verteidigen mu?te, und deshalb stand sie hier und hielt den ungebetenen Gasten und ihrem armen Vater die Tur auf. Sie gab ihm heimlich einen trostenden Sto?, und da sah er sie mit einem dankbaren und betrubten entschuldigenden Lacheln an. Das war fast mehr, als sie ertragen konnte.

Lotta ging nicht mit hinein. Das Haus sollte ja sowieso abgerissen werden, falls Papa es kaufte, und sie wollte hier drau?en bei den Kindern bleiben und ihre Uberlegenheit genie?en. Es waren zwar sechs, aber sie war gespannt, ob sie sechs Feinde auf einmal bewaltigen konnte. Mit solchen Sachen wurde sie ganz gut fertig, denn sie hatte reichlich Ubung, da es ihr niemals Schwierigkeiten bereitet hatte, sich Feinde zu machen.

Au?erdem hatte sie ihren Pudel, ganz allein war sie nicht. Mulli zum mindesten fand genau wie sie selber, da? Lotta Karlberg etwas sehr Vornehmes und Hochstehendes sei, und das zu spuren, verlieh ihr Kraft. Sie hatte Mulli auf dem Arm, damit er nicht auf Pelles Welpen losgehen konnte, und dann machte sie leise trallernd eine Runde ums Haus, so als wollte sie es in Augenschein nehmen. Aber in Wirklichkeit wollte sie sehen, wie sehr sie die anderen argern konnte, die da herumstanden und sie wortlos anstarrten. Es gehorte Mut dazu, ganz unbekummert vor ihren Augen hin und her zu gehen, und sie hatte es niemals tun konnen, wenn sie sich nicht absolut uberlegen gefuhlt hatte. Was kummerten sie ein paar Bauerngoren!

»Mullichen«, sagte sie, »wurde es dir nicht gefallen, wenn du im Sommer hier wohnen konntest? In einem richtigen Haus naturlich, nicht in diesem alten Kasten!«

Sie ruttelte an einem Fensterblech, um Mulli zu zeigen, welchen alten Kasten sie meinte. Es war das Blech zum Fenster der Madchenkammer, und es sa? lose. Die Melcherson-Kinder wu?ten das, aber Lotta wu?te es nicht, und sie war etwas betroffen, als sie das Blech plotzlich in der Hand hatte. Sie machte eifrige und vergebliche Versuche, es wieder an seinen Platz zu bringen, bis Niklas kam und es ihr wegnahm. Er setzte es mit einem geubten Griff wieder ein und stie? zwischen den Zahnen hervor:

»Hor mal, du kannst mit dem Abrei?en von diesem alten Kasten wenigstens warten, bis ihr ihn gekauft habt.«

Lotta warf den Kopf in den Nacken, aber so wohl wie vorher war ihr nicht zumute, und um das zu verbergen, versuchte sie, ein Gesprach mit Pelle anzufangen – er hatte ja auch einen Hund, und uber Hunde konnte man sich immer unterhalten.

»Soso, du hast einen Cockerspaniel«, sagte sie.

Pelle antwortete nicht. Es ging sie nichts an, was er hatte, und im Augenblick war er so verzweifelt, da? es ihn auch kaum etwas anging. »Na ja, sie sind ja niedlich, aber nicht besonders klug«, sagte Lotta. »Pudel sind viel kluger.«

Pelle gab noch immer keine Antwort, und nun kam sich Lotta blode vor. So still durfte es nicht sein, das machte sie unsicher, und daher wandte sie sich an Tjorven.

»Du hattest wohl auch gern einen kleinen Hund, konnte ich mir vorstellen?«

Tjorven hatte Lotta so bose ins Gesicht geschaut wie keines von den anderen. Jetzt aber lachelte sie, wahrhaftig.

»Ich hab schon einen kleinen Hund«, sagte sie. »Mochtest du ihn sehen?«

Lotta schuttelte den Kopf.

»Nein, hol nicht noch mehr Hunde her. Mulli wird nur bose und geht auf ihn los.«

»Dann ist er auch ein Bongalo«, sagte Tjorven. »Aber ich wette, da? er auf meinen Hund nicht losgeht.«

»Das denkst du so«, sagte Lotta. »Du kennst Mulli nicht.«

»Wollen wir wetten?« fragte Tjorven. »Um eine Krone?« Und sie hielt das Geldstuck hoch, das sie von Lottas Vater bekommen hatte. »Meinetwegen«, sagte Lotta, »aber du bist selber schuld!«

Sie merkte, wie ein erwartungsvolles Gemurmel von allen Kindern kam. Na ja, wenn sie so versessen auf eine Hunderauferei waren, dann wollte sie ihnen gleich eine vorfuhren! Mulli war zwar klein, aber so giftig, da? er leicht uberkochte, und er lie? sich ohne Besinnen mit Hunden ein, die viel gro?er waren als er selber. Und mit kleineren naturlich auch. Daheim in Norrtalje war er der Schrecken aller Damen. »Er bildet sich offenbar ein, er ware ein Bluthund«, hatte erst gestern eine gesagt, als Mulli sich auf deren gro?en Boxer gesturzt hatte. Also nur

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