und rieb den Kopf an Alexandras Beinen. »Wir konnen uns ja derweil im Keller umsehen«, schlug sie vor, als Tobias das Gesprach beendet hatte. »Mal schauen, ob wir jetzt unbemerkt an den Schlusselbund kommen!«

Tobias nickte. »Wildens Handy ist ubrigens noch angeschlossen, damit es aufgeladen wird«, lie? er sie wissen. »Ich habe die Konsole geschlossen, damit niemand das Gerat sehen kann und auf die Idee kommt, den Wagen aufzubrechen, um es doch noch verschwinden zu lassen.«

»Okay, alles klar.« Alexandra schloss Wildens Wagen ab, dann gingen sie, jeder mit einer schweren Einkaufstasche bepackt, zum Kloster. Kater Brown trottete in einigem Abstand hinter ihnen her, was dank der Auszugleine kein Problem war.

»Das Geschirr scheint ihn so wenig zu storen wie die Leine«, merkte Tobias an.

»Ja, er ist schon etwas ganz Besonderes, finde ich.« Sie drehte sich um und stutzte. »Wo ist er hin?« Sie folgte dem Verlauf der Leine und stellte fest, dass Kater Brown in den Seitenweg eingebogen war, der zur Kapelle neben dem Kloster fuhrte. »He, du Rauber, komm her!«, rief sie, aber der Kater sah nicht zu ihr zuruck, sondern marschierte zielstrebig weiter. Alexandra wartete schmunzelnd, bis das Ende der Leine erreicht war. Kater Brown blieb stehen, als er den Widerstand bemerkte, und drehte sich um. Seine Augen funkelten vorwurfsvoll, und er lie? ein sehr energisches Miauen horen.

»Nein, du kommst jetzt her«, erwiderte Alexandra und zog an der Leine.

Der Kater blieb storrisch stehen, miaute erneut … und warf sich auf den Boden!

»Das darf doch wohl nicht wahr sein«, sagte sie. »Der hinterlistige Kerl wei? ganz genau, dass ich ihn nie und nimmer einfach uber den Boden schleifen wurde.«

Sie stellte die Einkaufstasche ab und ging zu dem Kater, der auf der Seite lag und sie herausfordernd ansah. Seine Schwanzspitze zuckte hin und her. Kurz bevor Alexandra ihn erreicht hatte, sprang er jedoch auf und jagte weiter in Richtung Kapelle. Alexandra hatte den Stopp-Knopf der Leine drucken konnen, um Kater Brown aufzuhalten. Doch sie lie? ihn gewahren. Als erneut das Ende der Leine erreicht war, warf er sich wieder auf den Boden.

»Ich schatze, das dauert noch ein bisschen«, rief sie Tobias zu, der das Schauspiel mit einem ausgelassenen Lachen kommentierte.

»Ich bringe schon mal die Taschen hinein und schaue noch einmal nach Assmann. Vielleicht hat er sich ja inzwischen blicken lassen«, erwiderte er und ging davon.

Alexandra trat auf Kater Brown zu, hakte diesmal jedoch die Leine ein, damit er nicht noch einmal entwischen konnte. Der Kater stand auf und kam ihr entgegengelaufen. Aber wahrend Alexandra sich buckte, um ihn auf den Arm zu nehmen, lie? sie den Einraste-Knopf los, und Kater Brown schlug einen Haken, lief zweimal um sie herum und blieb dann stehen.

Er hatte Alexandra die Leine so eng um die Beine gezogen, dass sie keinen Schritt mehr gehen konnte. »He, was ist denn in dich gefahren? Willst du, dass ich mir das Genick breche?«

Sie drehte sich um ihre eigene Achse, bis sie sich befreit hatte, und das nutzte der Kater, um noch ein Stuck weiterzulaufen. Alexandra schuttelte nachdenklich den Kopf und lie? die Leine locker. Sie wollte herausfinden, was Kater Brown ihr nun schon wieder zeigen wollte. Sein Ziel war offenbar die Kapelle – eine Erkenntnis, die ihr plotzlich ein ungutes Gefuhl in der Magengegend verursachte.

Alexandra griff nach ihrem Handy und wahlte Tobias’ Nummer. »Komm mal schnell zur Kapelle! Ich glaube, unser Sherlock Brown ist auf eine neue Fahrte gesto?en!«

Langsam folgte sie dem Kater zu der zweiflugeligen Holztur der Kapelle. Das kleine Gebaude war komplett mit einem mobilen Zaun umgeben, um Unbefugte am Betreten der Baustelle zu hindern.

»Was ist denn los?«, rief Tobias und kam herbeigelaufen.

»Der Kater dirigiert mich zielstrebig zur Kapelle«, entgegnete sie. »Das gefallt mir gar nicht.«

Alexandra sah sich den Zaun genauer an und entdeckte eine Lucke. »Hier ist ein Element aus dem Betonsockel gehoben worden. Jemand konnte diesen Abschnitt des Zauns wieder an den Sockel herangeschoben haben, nachdem er sich durch die Lucke gezwangt hat.«

»Du denkst an Assmann, nicht wahr?«

Sie nickte bedachtig und wurde mit einem Mal ganz blass. »Komm, lass uns nachsehen! Und dann rufen wir die Polizei. Das hatten wir vielleicht schon heute Morgen tun sollen.«

Kater Brown hatte sich einen Weg zwischen den Gitterelementen hindurch gebahnt und zog ungeduldig an der Leine. Endlich hatte er sie so weit, dass sie ihm folgten!

Tobias schob das Gitter zur Seite, sodass sie hinter die Absperrung und in die Kapelle gelangen konnten. Alexandra zog die Tur einen Spaltbreit auf und spahte ins Innere des kleinen Gotteshauses. Die hohen Fenster zu beiden Seiten der Kapelle waren zum Schutz mit einer lichtdurchlassigen Folie zugehangt worden. Im Innern der Kapelle war es beinahe taghell.

Alexandra hatte eben zwei Schritte in das Gotteshaus gemacht, als sie entsetzt aufschrie. Nicht einmal vier Meter vom Eingang entfernt lag eine gekrummte Gestalt auf den dunkelroten Fliesen. Assmann! Sein Gesicht war ihnen zugewandt, die weit geoffneten Augen starrten ins Leere. Sein Hinterkopf prasentierte sich als eine einzige blutige Masse. Gleich daneben lagen die Uberreste einer steinernen Statue, die vermutlich zuerst Assmanns Schadel zertrummert hatte und dann auf dem Steinboden in tausend Stucke zersprungen war.

Alexandra hielt sich erschrocken eine zitternde Hand vor den Mund, wahrend Tobias nur dastand und unglaubig den Kopf schuttelte. Auch er war unter der Sonnenbraune blass geworden.

Kater Brown setzte sich in einigem Abstand von dem Toten hin, blinzelte mehrmals und schaute sich dann mit leicht zusammengekniffenen Augen in der Kapelle um.

Nachdem Alexandra sich wieder ein wenig gefasst hatte, folgte sie seinem Beispiel. Schlie?lich legte sie den Kopf in den Nacken und sah nach oben. »Von da ist die Figur runtergefallen«, murmelte sie und zeigte auf die Empore. »Oder runtergesto?en worden.« Auf der Balustrade standen in gleichma?igen Abstanden Heiligenskulpturen; nur an einer Stelle klaffte eine Lucke.

Skeptisch schuttelte Tobias den Kopf. »Ich wei? nicht. Wie gro? sind die Chancen, dass das Opfer von einer solchen Figur tatsachlich getroffen wird? Von einem todlichen Treffer ganz zu schweigen. Uberleg mal, von da oben konnte der Tater sein Opfer nicht einmal sehen. Es hatte sich schon unmittelbar unter ihm befinden mussen, damit er einen Treffer erzielen konnte, und es durfte sich auch nicht von der Stelle ruhren. Aber Assmann wurde am spaten Abend in die Kapelle gelockt. Da war es langst dunkel. Bestimmt hat er sich besonders vorsichtig hier bewegt und auf jedes Gerausch geachtet. Wenn eine Statue bewegt wird, knirscht es. Assmann ware vorgewarnt gewesen …« Tobias schuttelte den Kopf. »Nein, ich denke, er ist hier unten niedergeschlagen worden.« Er sah mit zusammengekniffenen Augen zur Empore hinauf. »Guck mal, an der Stelle, wo die Steinskulptur gestanden hat, ragt ein gro?er Metallstift in die Hohe; damit war die Skulptur offenbar befestigt. Da ist jemand also ganz geplant vorgegangen und hat die Heiligenfigur im Vorfeld gelost.«

Alexandra gab ihm die Leine, dann ging sie langsam hin und her. Ihr Blick war die ganze Zeit uber auf den Boden gerichtet. »Zu schade, dass man nach der letzten Renovierungsrunde hier alles gefegt und gewischt hat, sonst konnten wir auf dem Boden wenigstens die Spuren des Taters zuruckverfolgen.« Sie kniete sich hin. »Sieh dir das einmal an!«

Tobias kam zu ihr und ging neben ihr in die Hocke.

»Diese Fliese hier«, erklarte sie. »Sie ist zersplittert, als ware etwas Schweres hier aufgeschlagen.«

Er schaute nach oben. »Das wurde passen. Wenn man die Figur da oben uber die Brustung geschoben hat, hatte sie ungefahr hier landen konnen. Allerdings wurde Assmann einen Meter von hier entfernt von der Skulptur getroffen.«

Alexandra richtete sich auf und grubelte. »Das passt alles irgendwie nicht zusammen.« Sie ging die holzerne Wendeltreppe hinauf, die auf die Empore fuhrte, und betrachtete die Szene von oben. Nach ein paar Augenblicken kehrte sie zu Tobias zuruck. »Vielleicht ist das Ganze hier extra so angeordnet worden, um den Eindruck zu erwecken, dass Assmann von der Steinskulptur getroffen wurde. Okay, das wurde er auch, das zeigt ja das Blut an den Bruchstucken. Aber ich wurde sagen, er wurde bereits beim Eintreten niedergeschlagen. Dann hat der Tater ihn unter der Empore platziert …«

»Der Morder hat die Figur also zuvor von der Empore nach unten geschafft, um damit auf Assmann einzuschlagen. Anschlie?end hat er sie wieder nach oben gebracht und von der Brustung geworfen, um einen Unfall vorzutauschen.«

»Aber dabei musste er Assmann unbedingt verfehlen, denn ihm war klar, dass eine Autopsie andernfalls zeigen wurde, dass Kurt Assmanns Schadel von der Skulptur an zwei verschiedenen Stellen getroffen wurde. Und

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