»Weil es keine aufragenden Teile gibt«, erwiderte der Mann mit der Aktentasche. »Keine Antennen, keine Spitzen, nichts, was irgendwie absteht. Die Leute haben Angst vor Spitzen und Antennen. Daruber gibt's Untersuchungen. Aber ein Gebaude, das schlicht und gleichma?ig ist wie dieses da, und
»Diese Umweltschutzer konnen jetzt schon einpacken«, sagte Brummbar mit Genugtuung. »Die fuhren hier doch medizinische Forschung durch, nicht wahr?«
»Eigentlich nein .«
»Werden sie aber, wenn ich hier fertig bin, glauben Sie mir. Medizinische Forschung, das ist in dem Fall die richtige Strategie.«
Der Pilot zeigte auf die verschiedenen Gebaude, wahrend er sie umkreiste. »Der erste Betonblock da, das ist die Energieversorgung. Dort, der Weg zu dem niedrigen Haus, da ist der Wohntrakt. Daneben Produktionszubehor, Labors und so weiter. Und dann das quadratische, fensterlose, dreistockige Gebaude, das ist die eigentliche Fertigungshalle. Ich hab gehort, das ist die Au?enhulle, da drin ist noch ein Gebaude. Dann weiter rechts, der niedrige, flache Schuppen, das ist das externe Depot und eine Art offene Garage. Die Autos mussen hier im Schatten stehen, sonst verbiegen sich die Armaturenbretter. Man holt sich eine Verbrennung ersten Grades, wenn man das Lenkrad anfasst.«
Ich sagte: »Es gibt einen Wohnbereich?«
Der Pilot nickte. »Ja. Zwangslaufig. Das nachste Hotel ist hunderteinundsechzig Meilen entfernt. In der Nahe von Reno.«
»Wie viele Leute wohnen denn in der Anlage?«, wollte Brummbar wissen.
»Es gibt Platz fur zwolf«, erwiderte der Pilot. »Aber im Schnitt sind funf bis acht Mitarbeiter da. Man braucht nicht viele Leute. Lauft alles automatisch, nach dem, was ich gehort habe.«
»Was haben Sie denn sonst noch so gehort?«
»Nicht sehr viel«, sagte der Pilot. »Die sind hier alle ziemlich schweigsam, was die Anlage betrifft. Und drinnen bin ich noch nie gewesen.«
»Gut«, sagte Brummbar. »Sorgen wir dafur, dass es so bleibt.«
Der Pilot drehte am Steuerknuppel. Der Hubschrauber legte sich in die Kurve und setzte zur Landung an.
Ich offnete die Plastiktur im kugelformigen Cockpit und stieg aus. Es war, als hatte ich einen Ofen betreten. Die Hitze, die mir entgegenschlug, lie? mich aufkeuchen.
»Und das ist noch gar nichts!«, rief der Pilot uber den Larm der Rotorblatter hinweg. »Wir haben fast Winter! Kann nicht viel mehr als vierzig Grad sein!«
»Da bin ich aber froh«, sagte ich und atmete hei?e Luft ein. Ich griff nach hinten, um meine Reisetasche und meinen Laptop zu nehmen, den ich unter dem Sitz des zaghaften Mannes verstaut hatte.
»Ich muss mal pinkeln«, sagte Brummbar und offnete seinen Sicherheitsgurt.
»Dave . «, sagte der Mann mit der Aktentasche in einem warnenden Tonfall.
»Verdammt, bin doch gleich wieder da.«
»Dave ...«, ein verlegener Blick in meine Richtung. Dann mit gesenkter Stimme: »Die haben gesagt,
»Ach, schei? drauf. Ich halte keine Stunde mehr durch. Und uberhaupt, was soll's?« Er deutete auf die Wuste drum herum. »Hier drau?en ist doch nichts als eine Million Meilen Sand.«
»Aber Dave ...«
»Ihr nervt mich. Ich geh jetzt pinkeln, verdammt.« Er wuchtete seine Leibesfulle hoch und bewegte sich zur Tur.
Den Rest der Unterhaltung bekam ich nicht mehr mit, weil ich inzwischen meinen Kopfhorer abgenommen hatte. Brummbar kletterte raus. Ich nahm meine Taschen, drehte mich um und ging geduckt unter den Rotorblattern her. Sie warfen einen flackernden Schatten auf den Landeplatz. Am Rande des Platzes horte der Beton abrupt auf, und es fing ein schmaler Pfad an, der sich zwischen Feigenkakteen hindurch zu dem klobigen, wei?en Energiegebaude in funfzig Metern Entfernung schlangelte. Es war niemand da, der mich erwartete - nirgendwo eine Menschenseele in Sicht.
Als ich einen Blick zuruckwarf, sah ich, wie Brummbar sich gerade die Hose zumachte und wieder in den Hubschrauber stieg. Der Pilot zog die Tur zu und hob ab, winkte noch einmal, als er in die Luft stieg. Ich winkte zuruck, duckte mich dann gegen den aufgewirbelten, bei?enden Sand. Der Hubschrauber beschrieb einen Kreis und flog in westlicher Richtung davon. Das Drohnen verklang.
Die Wuste war still bis auf das Summen der Stromleitungen einige hundert Meter entfernt. Der Wind zerrte an meinem Hemd, lie? meine Hosenbeine flattern. Ich drehte mich in einem langsamen Kreis, fragte mich, was ich machen sollte. Und dachte an die Worte des PR-Mannes:
»He! He, Sie da!«
Ich drehte mich um. Eine Tur in dem wei?en Energiegebaude hatte sich einen Spaltbreit geoffnet. Ein Mann streckte den Kopf hinaus. Er rief: »Sind Sie Jack Forman?«
»Ja«, erwiderte ich.
»Na, worauf warten Sie denn noch, eine schriftliche Einladung? Rein mit Ihnen, verdammt noch mal.«
Und er knallte die Tur wieder zu.
Das war meine Begru?ung in der Produktionsanlage von Xymos. Mit meinen Taschen beladen, stapfte ich den Pfad hinunter auf die Tur zu.
Es kommt immer anders, als man denkt.
Ich trat in einen kleinen Raum, mit dunkelgrauen Wanden auf drei Seiten. Die Wande waren aus einem glatten Material wie Resopal. Meine Augen brauchten einen Moment, um sich an die relative Dunkelheit zu gewohnen. Dann sah ich, dass die vierte Wand direkt vor mir ganz aus Glas bestand und zu einer kleinen Kabine und einer zweiten Glaswand fuhrte. Die Glaswande waren mit ausklappbaren Armen ausgestattet, Druckkissen aus Metall waren an den Enden angebracht. Es sah ein bisschen so aus, wie man sich einen Banktresor vorstellte.
Hinter der zweiten Glaswand konnte ich einen stammigen Mann in blauer Hose und blauem Arbeitshemd sehen, das Xymos-Logo auf der Brusttasche. Er war zweifellos der Wartungsmonteur des Werkes. Er machte eine Geste in meine Richtung.
»Das ist eine Luftschleuse. Die Tur funktioniert automatisch. Treten Sie vor.«
Ich tat wie gehei?en, und die erste Glastur offnete sich zischend. Ein rotes Lampchen ging an. In der Kabine vor mir sah ich einen Gitterrost auf dem Boden, an der Decke und an beiden Wanden. Ich zogerte.
»Sieht aus wie ein Toaster, nicht?«, sagte der Mann grinsend. Ihm fehlten ein paar Zahne. »Aber keine Angst, Sie werden blo? ein bisschen durchgepustet. Rein mit Ihnen.«
Ich trat in die Glaskabine und stellte meine Tasche auf den Boden.
»Nein, nein. Halten Sie die Tasche in der Hand.«
Ich hob sie wieder auf. Sogleich fiel zischend die Glastur hinter mir zu, die Stahlarme entfalteten sich sanft. Die Druckkissen schlossen sich mit einem Plopp. Ich hatte ein leicht unangenehmes Gefuhl in den Ohren, als sich der Druck in der Luftschleuse erhohte. Der Mann in Blau sagte: »Machen Sie besser die Augen zu.«
Ich schloss die Augen und spurte sogleich, wie mein Gesicht und der ganze Korper von allen Seiten mit etwas Kuhlern angespruht wurden. Meine Kleidung wurde durchtrankt. Es roch bei?end nach Aceton oder Nagellackentferner. Mich frostelte, die Flussigkeit war richtig kalt.
Die Luft wurde zuerst von oben auf mich heruntergeblasen, ein Brausen, das rasch so laut wie ein Orkan wurde. Ich spannte die Muskeln an, um das Gleichgewicht zu halten. Meine Kleidung flatterte und wurde dann wieder platt an den Korper gepresst. Der Wind wurde starker, drohte, mir die Tasche aus der Hand zu rei?en. Er horte kurz auf, und dann blies es vom Boden nach oben. Es war verwirrend, aber es dauerte nur ein paar Sekunden. Mit einem
Eine Stimme sagte: »Das war's. Treten Sie vor.«
Ich offnete die Augen. Die Flussigkeit, mit der sie mich bespruht hatten, war verdunstet; meine Kleidung war trocken. Die Turen vor mir gingen zischend auf. Ich trat aus der Kabine, und der Mann in Blau sah mich schmunzelnd an. »Alles in Ordnung?«