Rucken, zeigte mit seinem Daumen in Richtung des Gebaudeinneren. »Viel Gluck da drin.« Dann drehte er sich um und ging den Weg zuruck, den er gekommen war.

»Schon, dich zu sehen«, sagte Ricky. »Kennst du den Code, um reinzukommen?«

Ich bejahte. Er deutete auf ein Tastenfeld. Ich tippte die Ziffern ein. Die Glaswand glitt zur Seite. Ich trat wieder in einen schmalen, knapp einen Meter zwanzig breiten Raum, an allen vier Seiten Metallgitter. Die Wand schloss sich hinter mir.

Ein heftiger Windsto? schoss vom Boden hoch, blahte meine Hosenbeine auf, riss an meiner Kleidung. Gleich darauf kam Luft von beiden Seiten, dann von oben, blies mir auf Haare und Schultern. Mit einem Wuusch wurde die Luft abgesaugt. Die Scheibe vor mir glitt zur Seite. Ich strich mir die Haare glatt und trat hinaus.

»Tut mir Leid wegen der Unannehmlichkeiten.« Ricky schuttelte mir energisch die Hand. »Aber so mussen wir wenigstens keine Schutzanzuge tragen«, sagte er. Mir fiel auf, dass er kraftig aussah, gesund. Die Muskeln seiner Unterarme zeichneten sich deutlich ab.

Ich sagte: »Du siehst gut aus, Ricky. Machst du viel Sport?«

»Ach, na ja. Eigentlich nicht.«

»Nette Muskeln«, sagte ich. Ich boxte ihn gegen die Schulter.

Er grinste. »Blo? die Anspannung im Job. Hat Vince dir Angst eingejagt?«

»Nicht direkt .«

»Er ist ein bisschen merkwurdig«, sagte Ricky. »Vince ist in der Wuste aufgewachsen, allein bei seiner Mutter. Sie starb, als er funf war. Der Korper war schon ziemlich verwest, als man sie schlie?lich fand. Der arme Junge, er hat einfach nicht gewusst, was er machen sollte. Ich schatze, ich ware genauso merkwurdig geworden.« Obwohl Ricky unubersehbar korper-lich fit war, fiel mir jetzt auf, dass er nervos wirkte, gereizt. Er fuhrte mich flott einen kurzen Gang hinunter. »Also, wie geht's Julia?«

»Hat sich den Arm gebrochen und bose den Kopf geprellt. Sie ist im Krankenhaus zur Beobachtung. Aber sie kommt bald wieder auf die Beine.«

»Gut. Das ist gut.« Er nickte schnell, ging weiter einen Korridor entlang. »Wer kummert sich um die Kinder?«

Ich erzahlte ihm, dass meine Schwester zu Besuch gekommen war.

»Dann kannst du eine Weile bleiben? Ein paar Tage?«

Ich sagte: »Klar. Wenn ihr mich so lange braucht.« Normalerweise halten sich Software-Berater nicht lange vor Ort auf. Einen Tag, vielleicht zwei. Langer nie.

Ricky warf mir einen Blick uber die Schulter zu. »Hat Julia dir, ahm, erklart, was hier lauft?«

»Eigentlich nicht, nein.«

»Aber du hast gewusst, dass sie ziemlich viel hier ist.«

Ich sagte: »Ja sicher. Klar.«

»In den letzten Wochen ist sie fast jeden Tag mit dem Hubschrauber hergekommen. Hat auch mal hier ubernachtet.«

Ich sagte: »Ich wusste gar nicht, dass sie sich neuerdings so fur die Produktion interessiert.«

Ricky schien einen Moment zu zogern. Dann sagte er: »Tja, Jack, was wir hier machen, ist wirklich etwas vollig Neues ...« Er runzelte die Stirn. »Sie hat dir wirklich nichts erzahlt?«

»Nein. Wirklich nicht. Wieso?«

Er antwortete nicht.

Er offnete die Tur am Ende des Ganges und winkte mich durch. »Das hier ist unser Wohnmodul, wo wir alle schlafen und essen.«

Nach dem Durchgang war die Luft hier kuhl. Die Wande bestanden aus dem gleichen glatten Resopalmaterial. Ich horte das leise, ununterbrochene Zischen des Geblases. Von einem Flur gingen mehrere Turen ab. An einer stand mein Name, mit Filzstift auf ein Stuck Klebeband geschrieben. Ricky offnete die Tur. »Dein trautes Heim, Jack.«

Der Raum war spartanisch eingerichtet - ein kleines Bett, ein winziger Schreibtisch, auf den gerade mal ein PC-Monitor mit Tastatur passte. Uber dem Bett ein Regal fur Bucher und Kleidung. Alle Mobel waren mit einer glatten, wei?en Plastikschicht uberzogen. Es gab keine Nischen oder Ecken, wo sich irgendwelche Schmutzpartikel ablagern konnten. Es gab auch kein Fenster, aber ein Flussigkristallbildschirm zeigte einen Blick auf die Wuste drau?en.

Ricky sagte: »Stell dein Gepack ab, und ich zeig dir alles.«

Noch immer mit flottem Schritt fuhrte er mich in einen mittelgro?en Gemeinschaftsraum mit einem Sofa und Stuhlen um einen Couchtisch und einem schwarzen Brett an der Wand. Alle Mobel hier hatten die gleiche, glatte Plastikbeschichtung. »Rechts ist die Kuche und der Freizeitraum mit Fernseher, Videospielen und so weiter.«

Wir betraten die kleine Kuche. Zwei Leute waren darin, ein Mann und eine Frau, die im Stehen ein Sandwich a?en. »Die beiden muss ich dir ja wohl nicht vorstellen«, sagte Ricky grinsend. Und er hatte Recht. Sie waren in meinem Team bei MediaTronics gewesen.

Rosie Castro war dunkel, dunn, exotisch und sarkastisch; sie trug weite Cargoshorts und ein T-Shirt, das sich uber ihren gro?en Brusten spannte und die Aufschrift trug: »Traum weiter.« Rosie war unabhangig und rebellisch, und sie hatte in Harvard uber Shakespeare geforscht, bis sie zu dem Schluss kam, dass Shakespeare, wie sie es ausdruckte, »mausetot ist. Seit einer halben Ewigkeit. Es gibt nichts Neues mehr zu sagen. Also wozu das Ganze?« Sie wechselte zum Massachusetts Institute of Technology, wurde Schulerin von Robert Kim und entwickelte naturliche Programmiersprachen. Auch auf diesem Gebiet war sie hervorragend. Und inzwischen arbeiteten die ersten Programme, die mit naturlicher Sprache geschrieben werden, mit verteilter Verarbeitung. Man hatte namlich festgestellt, dass Menschen einen Satz, noch wahrend er gesprochen wird, gleichzeitig nach mehreren Kriterien beurteilen. Sie warten nicht, bis er beendet ist, sondern formen vorher schon Erwartungen uber das Nachfolgende. Insofern bietet sich damit ein ideales Feld fur verteilte Verarbeitung an, die ein Problem gleichzeitig an mehreren Punkten angehen kann.

Ich sagte: »Du tragst ja noch immer diese T-Shirts, Rosie.« Bei MediaTronics brachte ihre Art, sich zu kleiden, manchmal Probleme mit sich.

»He. Halt die Jungs wach«, sagte sie achselzuckend.

»Ehrlich gesagt, wir gucken gar nicht mehr hin.« Ich sah David Brooks an, steif, formlich, immer wie aus dem Ei gepellt und mit achtundzwanzig fast kahlkopfig. Er blinzelte hinter dicken Brillenglasern. »So gut sind sie ohnehin nicht«, sagte er.

Rosie streckte ihm die Zunge raus.

David war Ingenieur, und er hatte die fur viele Ingenieure typische schroffe Art und mangelnde Sensibilitat im Umgang mit anderen. Au?erdem steckte er voller Widerspruche. Einerseits war er, was seine Arbeit und sein Au?eres anging, hyperpenibel, andererseits fuhr er am Wochenende Motocross-Rennen und kam haufig vollig verdreckt zuruck. Er schuttelte mir enthusiastisch die Hand. »Ich bin sehr froh, dass du da bist, Jack.«

Ich sagte: »Kann mir mal einer verraten, warum ihr alle so froh seid, mich zu sehen?«

Rosie sagte: »Na, weil du mehr von den Multi-Agenten-Algorithmen verstehst, die .«

»Ich fuhre ihn erst mal rum«, fiel Ricky ihr ins Wort. »Dann reden wir.«

»Wieso?«, sagte Rosie. »Soll es eine Uberraschung werden?«

»Schone Uberraschung«, sagte David.

»Nein, absolut nicht«, erwiderte Ricky und blickte sie warnend an. »Ich mochte blo?, dass Jack vorher ein paar Hintergrundinformationen bekommt. Ich mochte ihm erst noch was erklaren.«

David sah auf seine Uhr. »Und, wie lange wird das dauern? Weil, ich denke, wir haben noch .«

»Ich hab gesagt, ich will ihn vorher rumfuhren, verdammt noch mal!« Ricky fauchte fast. Ich war uberrascht; ich hatte noch nie erlebt, dass er die Beherrschung verlor. Aber die anderen offenbar.

»Okay, okay, Ricky.«

»He, du bist der Boss, Ricky.«

»Ganz genau, ich bin der Boss«, sagte Ricky, noch sichtlich verargert. »Und ubrigens, eure Pause ist seit zehn Minuten zu Ende. Also zuruck an die Arbeit.« Er warf einen Blick in den Spieleraum nebenan. »Wo sind die anderen?«

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