Detective Garcia nickte eifrig. »Robinson ist unser Mann! Er mu? es sein. Seht euch nur den Passus mit der Offenbarung an! Und er ist als >Racher< bekannt - das pa?t genau. Au?erdem ist er als ehemaliger Boxer bestimmt recht kraftig.«
»Abgesehen davon ist er als Messerstecher bekannt«, fugte Ruby Bowe hinzu.
»Okay, okay«, sagte Ainslie. »Keine voreiligen Schlu?folgerungen! Wir sehen sie uns alle an.«
Sheriff-Detective Montes fragte: »Haben Sie vor, jemanden festnehmen zu lassen?«
Ainslie schuttelte den Kopf. »Dafur sind die Hinweise zu durftig. Nein, wir uberwachen erst mal alle.«
»Sergeant«, sagte Knowles warnend, »das mu? au?erst vorsichtig geschehen, damit diese Leute nichts merken.« Er sah einen Kriminalbeamten nach dem anderen an. »Denken Sie bitte alle daran, da? wir bisher praktisch keine Beweise haben. Ist einer dieser sechs unser Mann und wird er durch unsere Uberwachung gewarnt, konnte er vollig inaktiv werden, so da? wir nichts gegen ihn in der Hand hatten.«
»Ein bi?chen Untatigkeit konnte allerdings nicht schaden«, stellte Pablo Greene fest. »Wir wollen schlie?lich nicht, da? er weitermordet.«
»Funktioniert die Uberwachung, kann das nicht passieren.« Knowles machte eine nachdenkliche Pause. »Ideal war's naturlich, ihn auf frischer Tat zu ertappen.«
»Ideal fur den Staatsanwalt«, sagte Ruby Bowe. »Riskant fur das Opfer.«
Ainslie stimmte in das Gelachter der anderen mit ein, bevor er es mit einer Handbewegung beendete.
»Ruby hat trotzdem recht«, stellte Quinn fest. »Die Uberwachung ist riskant. Wir wissen, da? dieser Kerl clever ist, und er wei? naturlich, da? wir nach ihm fahnden.«
Ainslie wandte sich an Leo Newbold, der sich vor einigen Minuten zu der Gruppe gesellt hatte. »Was denken Sie, Lieutenant?«
Newbold zuckte mit den Schultern. »Das ist Ihre Entscheidung, Malcolm. Sie leiten diese Sonderkommission.«
»Dann gehen wir das Risiko ein«, sagte Ainslie. »Und ich versichere Ihnen, Counselor, da? kein Verdachtiger etwas von unserer Uberwachung mitbekommen wird.« Er wandte sich an Greene. »Pablo, am besten arbeiten wir gleich einen Plan aus.«
Sie einigten sich darauf, da? Sergeant Ainslies Team zunachst Earl Robinson, James Calhoun und Carlos Quinones uberwachen wurde. Sergeant Greenes Team sollte Alec Polite, Elroy Doil und Edelberto Montoya ubernehmen. Alle sechs Manner wurden Tag und Nacht observiert werden.
Ainslie teilte Newbold mit: »Wir brauchen sofort Verstarkung aus dem Raubdezernat, Sir - fur den Anfang erst mal zwei Kollegen, die ich gleich einplanen mochte.«
Der Lieutenant nickte. »Gut, ich rede mit Major Yanes.«
Die Gruppe wollte sich eben trennen, als plotzlich die Tur des Konferenzraums aufgesto?en wurde. Sergeant Hank Brewmaster, der gleich nach der Besprechung gegangen war, stand atemlos und vor Entsetzen bleich auf der Schwelle. Da Brewmasters Team an diesem Tag Bereitschaftsdienst hatte, wu?ten alle, was kommen wurde.
Newbold trat vor. »Ein schlimmer Fall, Hank?«
»Schlimmer geht's kaum, Sir.« Brewmaster holte tief Luft. »City Commissioner Gustav Ernst. Und seine Frau. Beide tot, ermordet. Die Meldung ist gerade reingekommen. Der Beschreibung nach deutet alles auf einen dieser...«
»O Gott!« sagte Ainslie betroffen. »Nicht schon wieder einer unserer... «
Er brauchte nicht weiterzusprechen, denn Brewmaster nickte nachdrucklich. »Offenbar hat unser Serienmorder wieder zugeschlagen.«
Der Sergeant wandte sich wieder an Newbold. »Meine Leute sind zum Tatort unterwegs, Sir. Das wollte ich Ihnen nur melden.« Sein Blick schlo? die anderen mit ein. »Ich dachte, das solltet ihr alle wissen, denn die Medien sind bereits am Tatort, und soviel ich gehort habe, ist dort die Holle los.« In den Tagen danach erfa?te die von den Medien geschurte Emporung der Offentlichkeit die City wie ein Flachenbrand: Der Mordfall Ernst war zu einer
Fur das Police Department war der grausame Mord an einem City Commissioner und seiner Frau schlimm genug -Commissioner Ernst war einer der drei Referenten gewesen, die gemeinsam mit dem Oberburgermeister, seinem Stellvertreter und dem City Manager die Verwaltungsspitze der Stadt bildeten. Aber Ainslie, Newbold und ihre Kollegen traf das Verbrechen noch schwerer, denn die Tochter des ermordeten Ehepaars war Major Cynthia Ernst, eine hohe Polizeibeamtin in Miami.
Zum Tatzeitpunkt war Cynthia Ernst halb dienstlich, halb privat in Los Angeles. Sie wurde vom L.A. Police Department benachrichtigt und flog sofort »schmerzlich betroffen und zutiefst trauernd«, wie es in den Abendnachrichten hie?, nach Miami zuruck, wo sie im Brennpunkt des offentlichen Interesses stand.
Die hastige erste Meldung, der Doppelmord an Miami City Commissioner Ernst und seiner Frau sei offenbar identisch mit der grausamen Ermordung dreier alterer Ehepaare - der Frosts in Coconut Grove, der Hennenfelds in Fort Lauderdale und der Urbinas in Miami -, erwies sich als beunruhigend zutreffend. Inzwischen setzten die Medien auch den Mord an Hal und Mabel Larsen in Clearwater - den Gegenstand des von Ruby Bowe entdeckten funf Monate alten Fahndungsaufrufs - auf ihre Liste.
Die mit Hochdruck betriebenen Ermittlungen konzentrierten sich auf das Landhaus im mediterranen Stil, in dem das Ehepaar Ernst in dem exklusiven Villenviertel Bay Point - eingezaunt und standig bewacht - an der Westkuste der Biscayne Bay gewohnt hatte.
Dort waren die ubel zugerichteten, blutigen Leichen Gustav und Eleanor Ernsts von ihrem Dienstmadchen entdeckt worden. Sie war fruh am Morgen ins Haus gekommen und hatte wie immer den Morgentee zubereitet, den sie auf einem Tablett ins Schlafzimmer des Ehepaars brachte. Beim Anblick der beiden, die gefesselt und in einer Blutlache einander gegenubersa?en, stie? sie gellende Schreie aus, lie? das Tablett fallen und kippte vor Schreck um.
Ihre Schreie horte Theo Palacio, der schon altere Butler der Ernsts, der mit seiner Frau Maria, die Kochin war, den Haushalt fuhrte. Theo und Maria schliefen an diesem Morgen etwas langer, weil sie - mit Billigung ihrer Arbeitgeber - ausgegangen und erst nach ein Uhr morgens heimgekommen waren.
Auf die Schreckensszene im Schlafzimmer reagierte Palacio rasch: Er lief ans nachste Telefon.
Als Sergeant Brewmaster eintraf, hielt uniformierte Polizei vor dem Haus Wache, wahrend drinnen das Dienstmadchen von einem Notarzt versorgt wurde.
Dion Jacobo und Seth Wightman, zwei Detectives aus Brewmasters Ermittlerteam, waren bereits am Tatort. Brewmaster hatte Jacobo zu seinem Stellvertreter ernannt, was Jacobo etwas zusatzliche Autoritat verschaffte, die er angesichts der Bedeutung dieses Falls bestimmt brauchen wurde.
Jacobo, ein muskuloser, stammiger Mann mit zwolfjahriger Berufserfahrung in der Mordkommission, hatte die Uniformierten bereits angewiesen, das gesamte Grundstuck mit gelbem Absperrband als Sperrzone zu kennzeichnen.
Nur wenig spater trafen Julio Verona und Dr. Sandra Sanchez ein. Verona hatte gleich einen Geratewagen und drei seiner besten Leute von der Spurensicherung mitgebracht. Wie es hie?, war auch der Polizeiprasident zum Tatort unterwegs.
Scharen von Reportern, die der aufgeregte Polizeifunkverkehr alarmiert hatte, drangten sich vor dem Haupttor von Bay Point, aber das Wachpersonal, das Detective Jacobos Anweisungen befolgte, verwehrte ihnen den Zutritt. Die Reporter spekulierten bereits eifrig daruber, wie der oder die Tater das Sicherheitssystem von Bay Point hatten uberwinden und in die Villa der Ernsts eindringen konnen.
Bei manchen Polizeibehorden loste die Ermordung einer prominenten Personlichkeit des offentlichen Lebens »Alarmstufe eins« aus oder wurde weniger offiziell als »Katastrophenfall« eingeordnet. Fiel ein Mordfall in diese Kategorie, hatten die jeweiligen Ermittlungen absoluten Vorrang. In Miami gab es diese Kategorie angeblich nicht; hier galten alle Morde und Morder als »vor dem Gesetz gleich«. Aber der Mord an Commissioner Ernst und seiner Frau widerlegte diese Theorie bereits.
Einer der Gegenbeweise war das Eintreffen des Chief of Police Farrell W. Ketledge jr. in seinem Dienstwagen, mit einem Sergeant am Steuer. An der Uniform des Chiefs glanzten die vier Sterne, die seinen Dienstgrad bezeichneten, der dem eines Viersternegenerals der U.S. Army entsprach. Bei seinem Eintreffen erklarte Detective Wightman einem der Streifenpolizisten halblaut: »Die Zahl der Morde pro Jahr, bei denen der Chief am Tatort aufkreuzt, kann man an den Fingern
Lieutenant Newbold, der einige Minuten vor ihm angekommen war, empfing den Chief gemeinsam mit