Brewmaster am Haupteingang des Hauses.

»Zeigen Sie mir den Tatort, Lieutenant«, befahl der Chief ihm energisch.

»Ja, Sir. Bitte kommen Sie mit.«

Unter Newbolds Fuhrung stiegen die drei Manner eine breite Treppe hinauf, folgten der Galerie nach rechts und kamen zur Schlafzimmertur, die offenstand. Drinnen blieben sie stehen, wahrend der Chief sich umsah.

Die Spurensicherung war bereits am Werk. Dr. Sanchez stand im Hintergrund und wartete darauf, da? ein Fotograf seine Arbeit beendete. Detective Jacobo und Sylvia Waiden sprachen daruber, wo Fingerabdrucke zu finden sein konnten.

»Wer hat die Leichen gefunden?« fragte der Chief. »Was wissen wir bisher?«

Newbold nickte Brewmaster zu, der die Ankunft des Dienstmadchens, ihre morgendliche Teezubereitung und ihre Schreckensschreie beschrieb - alles Informationen, die er dem Butler verdankte. Theo Palacio hatte ausgesagt, seine Frau Maria und er seien vom spaten Nachmittag des Vortags bis zum fruhen Morgen au?er Haus gewesen, um seine schwerbehinderte Schwagerin in West Palm Beach zu besuchen, was sie regelma?ig einmal pro Woche taten. Auch das Dienstmadchen hatte das Haus gestern um siebzehn Uhr verlassen.

»Der Todeszeitpunkt steht noch nicht fest«, fugte Newbold hinzu, »aber bestimmt ist die Tat verubt worden, als Mr. und Mrs. Ernst sich allein im Haus befanden.«

Brewmaster erklarte dem Chief: »Wir prufen selbstverstandlich genau nach, wo sich die Palacios aufgehalten haben, Sir.«

Der Chief nickte. »Als Tater kommt also jemand in Frage, der mit den Zeitablaufen hier im Haus vertraut ist.«

Diese Schlu?folgerung war so offensichtlich, da? Newbold und Brewmaster sich nicht dazu au?erten. Wie sie beide wu?ten, war Chief Ketledge nie Kriminalbeamter gewesen, sondern war aus der Polizeiverwaltung, in der er sich ausgezeichnet hatte, in die Spitzenposition gelangt. Wie vielen hohen Polizeibeamten machte es dem Chief jedoch Spa?, gelegentlich Detektiv zu spielen.

Der Chief ging weiter ins Zimmer hinein, um einen besseren Uberblick zu bekommen. Er trat zuerst neben, dann hinter die beiden leblosen Gestalten, mit denen die Spurensicherung beschaftigt war. Als er sich dann wieder in Bewegung setzen wollte, entfuhr es Dion Jacobo scharf:

»Halt! Nicht dorthin!«

Der Chief drehte sich ruckartig um und starrte Jacobo unglaubig und wutend an, bevor er mit eisiger Stimme fragte: »Und wer... «

Jacobo unterbrach ihn, indem er zackig meldete: »Sir! Detective Jacobo, Chief. Ich leite hier mit Sergeant Brewmaster die Ermittlungen.«

Die beiden standen sich gegenuber. Beide waren Schwarze. Jacobo erwiderte Ketledges Blick unerschrocken.

»Entschuldigen Sie die Lautstarke, Sir«, fugte der Kriminalbeamte hinzu, »aber es ist dringend gewesen.«

Der Chief funkelte ihn weiter an und schien zu uberlegen, was er als nachstes tun sollte.

Theoretisch hatte Jacobo das Recht gehabt, diesen Befehl zu geben. Als mitverantwortlicher Ermittler am Tatort konnte er jedem dort Anwesenden ohne Rucksicht auf dessen Dienstgrad Befehle erteilen. Aber dieses Recht wurde nur selten eingefordert - vor allem dann nicht, wenn der Befehlsempfanger sieben Dienstgrade uber dem Detective stand.

Wahrend die anderen zusahen, schluckte Jacobo trocken. Er war sich daruber im klaren, da? er vermutlich - auch wenn er im Recht gewesen war - zu undiplomatisch vorgegangen war und morgen um diese Zeit vielleicht schon wieder in Uniform Streife gehen mu?te.

Im nachsten Augenblick hustelte Julio Verona diskret und sprach den Chief an. »Entschuldigen Sie, Sir, aber ich glaube, der Detective hat nur zu schutzen versucht, was hier auf dem Boden liegt.« Er zeigte auf eine Stelle hinter den beiden Ermordeten.

»Und was ist das?« fragte Lieutenant Newbold.

»Ein totes Kaninchen«, antwortete Verona und sah zu Boden. »Es konnte wichtig sein.«

Brewmaster starrte ihn an. »Sogar verdammt wichtig! Wieder eines dieser Symbole. Wir brauchen Malcolm Ainslie.«

Der Chief fragte Verona skeptisch: »Soll das hei?en, da? Detective Jacobo gewu?t hat, da? dort ein Tier liegt?«

»Das wei? ich nicht, Sir«, antwortete der Leiter der Spurensicherung gelassen. »Aber bis wir hier fertig sind, mussen wir uberall Beweismaterial vermuten.«

Der Chief zogerte, als ringe er um Selbstbeherrschung. Er stand in dem Ruf, streng auf Disziplin zu achten, aber auch fair zu sein.

»Nun gut.« Er wirkte gelassener, als er sich jetzt umsah. »Ich bin hergekommen, um zu unterstreichen, wie wichtig dieser Fall ist. Die Augen der Offentlichkeit sind auf uns gerichtet. Ich verlasse mich auf Sie, Gentlemen. Der Fall mu? schnellstens aufgeklart werden.«

Beim Hinausgehen blieb Chief Ketledge vor Newbold stehen. »Lieutenant, ich mochte, da? in Detective Jacobos Personalakte eine Belobigung eingetragen wird.« Er lachelte schwach. »Sagen wir >wegen pflichtbewu?ter Sicherung von Beweismaterial unter schwierigen Umstandenc.«

Im nachsten Augenblick war der Chief verschwunden.

Ungefahr eine Stunde spater, als noch Beweismaterial gesammelt wurde, kam Verona zu Sergeant Brewmaster und berichtete: »Bei Mr. Ernsts Sachen haben wir eine Brieftasche mit Fuhrerschein und Kreditkarten gefunden. Ohne Geld, aber der Form nach durfte sie immer welches enthalten haben.«

Brewmaster fragte sofort bei Theo Palacio nach, der mit seiner Frau in der Kuche bleiben und im Haus alles so lassen sollte, wie es war. Der Butler war den Tranen nahe und konnte kaum sprechen. Seine am Kuchentisch sitzende Frau hatte verweinte Augen. »Mr. Ernsts Brieftasche ist immer voll Geld gewesen«, sagte Palacio. »Meistens gro?e Scheine, Funfziger und Hunderter. Er hat gern Bargeld in der Tasche gehabt.«

»Wissen Sie, ob er sich die Nummern dieser gro?en Scheine aufgeschrieben hat?«

Palacio schuttelte den Kopf. »Das bezweifle ich.«

Brewmaster machte eine Pause, bis der Butler die Fassung zuruckgewonnen hatte. »Noch eine andere Frage.« Er blatterte in seinem Notizbuch zuruck. »Ihrer Aussage nach sind Sie heute morgen ins Schlafzimmer der Ernsts gekommen, haben gleich erkannt, da? Mr. und Mrs. Ernst nicht mehr zu helfen war, und sind sofort ans Telefon gelaufen.«

»Ganz recht, Sir. Ich habe neuneinseins angerufen.«

»Aber haben Sie im Schlafzimmer etwas angefa?t? Irgend etwas?«

Palacio schuttelte den Kopf. »Ich habe gewu?t, da? nichts verandert werden darf, bis die Polizei kommt.« Der Butler zogerte.

»Ja?« fragte Brewmaster.

»Nun, ich habe etwas zu erwahnen vergessen. Das Radio hat sehr laut gespielt. Ich habe es ausgeschaltet. Tut mir leid, wenn das... «

»Schon gut. Kommen Sie, wir sehen uns das Radio mal an.«

Im Schlafzimmer blieben die beiden vor dem Radio auf einem der Nachttische stehen. »Haben Sie beim Ausschalten die Sendereinstellung verandert?« fragte Brewmaster.

»Nein, Sir.«

»Ist das Radio seitdem benutzt worden?«

»Das glaube ich nicht.«

Brewmaster zog sich einen Latexhandschuh uber die rechte Hand und schaltete das Radio ein. Der Song »Oh, What a Beautiful Mornin'« aus dem Musical Oklahoma! erfullte den Raum. Der Kriminalbeamte buckte sich und stellte fest, da? das Gerat auf 93,1 MHz eingestellt war.

»Das ist WTMI«, sagte Palacio. »Mrs. Ernsts liebster Sender. Sie hat ihn oft gehort.«

Wenig spater ging Brewmaster mit Maria Palacio nach oben, um auch sie etwas zu fragen. »Sehen Sie sich die Toten lieber nicht an«, warnte e~ sie. »Ich stelle mich vor sie. Aber ich mochte Ihnen etwas anderes zeigen.«

Er zeigte ihr Schmuck - einen Ring mit Saphiren und Brillanten, dazu passende Ohrringe, einen weiteren Goldring, ein Perlenkollier mit rosa Turmalinschlie?e und ein Brillantarmband. Lauter kostbare Stucke, die deutlich

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