QSK.«

»Sind Sie's, Bart?« fragte Ainslie. Bartolo Esposito war ein uniformierter Sergeant, aber im Funk wurden keine Nachnamen genannt - vor allem der immer mitho renden Reporter wegen.

»Genau, Malcolm. Hier sieht's schlimm aus. Was sollen wir tun, bis Sie kommen?«

»Den Tatort moglichst weitraumig absperren und alle Unbefugten von ihm fernhalten.«

»Ich lasse ihn gerade raumen - bis auf Notarzte und Sanitater. Sie versuchen, den Zustand des Verletzten zu stabilisieren, damit er abtransportiert werden kann.«

»Danke, Bart. Ich bin bald da.«

Ainslie schaltete auf Kanal drei zuruck und forderte ein Team zur Spurensicherung an.

»Schon veranla?t, dreizehnzehn«, antwortete die Dispatcherin.

Auf einem anderen Kanal forderte Ainslie einen Staatsanwalt an.

Auf dem Parkplatz der Barnett Bank ubertrug er Detective Ruby Bowe die Leitung der Ermittlungen. Sie begann sofort mit der Befragung von Tatzeugen, darunter Tomas Ramirez, der die drei bewaffneten Manner uberraschend gut beschreiben konnte. Obwohl eine Beschreibung des Fluchtfahrzeugs und sogar sein Kennzeichen fruhzeitig verbreitet worden waren, hatte es niemand gesehen. Das legte den Schlu? nahe, die Tater seien in einem vorbereiteten Versteck untergetaucht - wahrscheinlich irgendwo in der Nahe.

Wenige Minuten nach Lieutenant Newbold traf auch Lieutenant Daniel Huerta, der Leiter des Raubdezernats, am Tatort ein. »Ich wei?, da? ihr jetzt hier zustandig seid, Leo«, erklarte er seinem Kollegen, »aber ich brauche meine Leute sofort wieder selbst.«

»Klar«, sagte Newbold nur.

Sie waren sich daruber einig, das Raubdezernat werde voraussichtlich bei der Identifizierung der Tater helfen konnen, die vermutlich einschlagig vorbestraft waren.

Als allen Spuren nachgegangen wurde, kamen weitere Informationen und Hinweise zusammen. Entscheidend wichtig war die eindeutige Identifizierung der drei Killer durch mehrere Tatzeugen anhand vorgelegter Verbrecheralben. Da der schwerverletzte Polizeibeamte inzwischen gestorben war, wurde die Anklage jetzt auf Mord in drei Fallen lauten.

Hinweise aus der Bevolkerung auf mogliche Verstecke losten Razzien aus, die erfolglos blieben - bis zwei der Tater gesehen wurden, als sie in Deep Grove, einem etwas heruntergekommenen Randbezirk von Coconut Grove, ein baufalliges Apartmentgebaude betraten. Anwohner, die sie beobachtet hatten, verstandigten die Polizei.

Am dritten Tag nach dem Uberfall auf den Geldtransporter sturmte ein SWAT-Team kurz vor Tagesanbruch die Wohnung, in der alle drei Tater schliefen. Die schwerbewaffneten Manner wurden im Schlaf uberrascht, ohne Gegenwehr festgenommen und in Handschellen abgefuhrt. Das geraubte Geld wurde sichergestellt und der zur Flucht benutzte Buick Century zwei Stra?en weiter aufgefunden.

Malcolm Ainslie wu?te jetzt, da? die Uberwachung nicht wieder aufgenommen werden konnte, was angesichts der bisher enttauschenden Ergebnisse vielleicht sogar gut war. Statt dessen konzentrierte er sich darauf, alle Serienmorde nochmals unter die Lupe zu nehmen. Aber zu seiner Enttauschung ergaben sich dabei keine neuen Hinweise oder Ideen.

Dann passierte das Unerwartete.

Drei Tage nach der Verhaftung der Geldrauber, als in der Mordkommission langst wieder die gewohnte Routine eingekehrt war, bekam Ainslie einen Anruf von Dr. Sanchez, der Gerichtsmedizinerin im Dade County.

»Malcolm, ich hatte Ihnen neulich versprochen, unsere alten Autopsieberichte nach unaufgeklarten Mordfallen mit ahnlichen Stichwunden durchzusehen«, sagte sie. »Nun, das habe ich getan, aber es hat leider langer gedauert, weil ich einen Haufen Akten sichten mu?te, die wir nicht im Computer haben... «

»Schon gut«, unterbrach Ainslie sie. »Haben Sie etwas gefunden?«

»Ja, ich glaube schon. Der Bericht gehort zu einer umfangreichen Akte, mit der ich einen Boten zu Ihnen geschickt habe. Es geht dabei um einen schon siebzehn Jahre zuruckliegenden Doppelmord an einem alten Ehepaar - Clarence und Florentina Esperanza.«

»Sind irgendwelche Tatverdachtigen benannt?«

»Nur einer. Aber mehr mochte ich Ihnen jetzt nicht sagen, weil Sie diese Akte selbst lesen mussen. Rufen Sie mich an, wenn Sie damit fertig sind.«

Wenig spater brachte ein Bote die Akte. Wie Sanchez angedeutet hatte, enthielt sie eine Menge Papier. Ohne sich allzuviel davon zu erwarten, schlug Ainslie den schon verbla?ten Aktendeckel auf und begann zu lesen.

Die Esperanzas, beide Anfang Siebzig, lebten im Happy Haven Trailer Park, einer Wohnwagensiedlung in West Dade. Als ein Nachbar ihre Leichen entdeckte, sa?en sie sich gefesselt und geknebelt gegenuber. Beide wiesen Verletzungen durch brutale Schlage und tiefe Messerstiche auf. Wie der Autopsiebericht zeigte, waren die Esperanzas verblutet.

Ainslie uberflog die Laborbefunde und las den in Fotokopie beigefugten polizeilichen Ermittlungsbericht, aus dem hervorging, da? die Esperanzas gutsituiert, aber nicht reich gewesen waren. Laut Aussage ihres in der Nahe wohnenden Neffen hatten sie dreitausend Dollar auf der Bank und fur alle Falle immer ein paar hundert Dollar Bargeld in Reserve. Nach ihrer Ermordung war im Wohnwagen jedoch kein Geld aufgefunden worden.

Ganz hinten in der Akte stie? Ainslie auf den vertrauten Vordruck 301 fur Ermittlungsberichte in Mordfallen. Er betraf einen jugendlichen Verdachtigen, der in der Mordsache Esperanza vernommen und dann wegen Mangels an Beweisen freigelassen worden war.

Der Name auf dem Vordruck 301 sprang ihn formlich an: Elroy Doil.

10

Wie in Florida gesetzlich vorgeschrieben, war Elroy Doils Jugendstrafakte an seinem achtzehnten Geburtstag unter Verschlu? genommen worden. Seit damals konnten Ermittler sie nur aufgrund einer richterlichen Anordnung einsehen, die selten gewahrt wurde. In den meisten anderen Bundesstaaten existierten ahnliche Gesetze. Wie viele seiner Kollegen hielt Malcolm Ainslie diese Bestimmung fur einen juristischen Anachronismus: vollig uberholt und einseitig zum Nachteil gesetzestreuer Burger. Als er am Morgen nach der Entdeckung des Namens Elroy Doil auf einem alten Vordruck 301 in Lieutenant Newbolds Buro kam, breitete er seine mitgebrachten Unterlagen mit kaum unterdrucktem Zorn auf dem Schreibtisch des Lieutenants aus.

»Das ist Wahnsinn! Hier drin stehen Sachen, die wir schon letztes Jahr hatten wissen mussen!«

Vor einer Stunde hatte er im Archiv die alte Ermittlungsakte Esperanza ausgegraben. Sie war nicht vollstandig, weil das Verbrechen au?erhalb Miamis im Bezirk Metro-Dade verubt worden war. Aber die Ermittlungen waren grenzuberschreitend gefuhrt worden, und die Mordkommission in Miami hatte eine eigene Akte Esperanza angelegt. Darin hatte Ainslie Hinweise auf die Vernehmung Doils gefunden, auf die Sandra Sanchez ihn aufmerksam gemacht hatte. Aber ohne ihren Tip hatte es keinen Grund gegeben, diese langst archivierte Akte auszugraben.

»Doil ist naturlich nie verhaftet oder angeklagt worden«, stellte Newbold fest.

»Weil seine Mutter clever genug gewesen ist, Elroy keine Fingerabdrucke abnehmen zu lassen. In der Nahe des Tatorts ist ein Bowiemesser mit Blutspuren beider Opfer und Fingerabdrucken gefunden worden. Die Kollegen in Metro-Dade wollten die Abdrucke mit denen Doils vergleichen und sind sich ziemlich sicher gewesen, da? sie ubereinstimmen wurden. Aber weil die Beweise nicht fur eine Verhaftung ausgereicht haben und Elroy noch Jugendlicher war, ist's nie dazu gekommen.«

»Erstaunliche Zufalle«, bestatigte Newbold.

»Zufalle? Die Tatmethode im Fall Esperanza entspricht genau den jetzigen Morden. Hatten wir Doils Jugendstrafakte gehabt, ware uns die Ubereinstimmung aufgefallen, und wir hatten ihn langst aus dem Verkehr gezogen.« Ainslie beugte sich nach vorn und starrte seinen Vorgesetzten an. »Ist Ihnen klar, wie viele Menschenleben wir hatten retten konnen?«

Newbold schlug mit der Faust auf die Schreibtischplatte.

»Hey, Sergeant, das sind nicht meine Gesetze! Machen Sie mir gefalligst keine Vorwurfe!«

Ainslie lie? sich seufzend in den Besuchersessel sinken. »Entschuldigung, Leo. Aber unser ganzes Jugendstrafrecht ist wirklich verruckt. Es gibt einfach keine Jugendkriminalitat mehr, sondern nur noch ganz gewohnliche Verbrechen - das wissen Sie so gut wie ich. Und trotzdem legt uns dieses lacherliche, veraltete System, das bereits vor Jahren hatte abgeschafft werden mussen, weiterhin Beschrankungen auf.«

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