Jose Garcia, Dion Jacobo, Charlie Thurston, Seth Wightman, Gus Janek und Luis Linares. Sie alle waren an der Uberwachungsaktion beteiligt gewesen.

Detective Dan Zagaki, der ebenfalls dabei war, stand nicht auf der Liste. Als der junge Kriminalbeamte nachmittags in der Dienststelle erschien, ging Ainslie mit ihm zu einem privaten Gesprach in ein freies Buro. Zagaki fuhlte sich sichtlich unbehaglich, als er Platz nahm.

Zagaki war erst vor einem Vierteljahr zur Mordkommission versetzt worden, nachdem er zwei Jahre Streifendienst gemacht und immer sehr gute Beurteilungen erhalten hatte. Er stammte aus einer alten Offiziersfamilie: Sein Vater war General in der U.S. Army, sein alterer Bruder Oberstleutnant im Marine Corps. In der Mordkommission hatte Zagaki stets Diensteifer und Einsatzbereitschaft bewiesen - vielleicht von beidem zuviel, uberlegte Ainslie sich jetzt.

»Wahrend Ihrer Uberwachungstatigkeit«, sagte Ainslie, »haben Sie mir gemeldet, Elroy Doil sei wahrscheinlich nicht unser Morder. Sie haben empfohlen, ihn nicht weiter zu observieren. Stimmt das?«

»Ja, das stimmt, Sergeant. Aber mein Partner Luis Linares ist der gleichen Meinung gewesen.«

»Nicht ganz. Als ich mit Linares gesprochen habe, hat er gesagt, auch er halte Doil fur einen unwahrscheinlichen Kandidaten. Aber er hat nicht dafur pladiert, seine Uberwachung einzustellen. >Soweit wurde ich nicht gehenc, hat er mir erklart.«

Zagaki war sichtlich geknickt. »Ich hab' mich getauscht, was? Das wollen Sie mir doch sagen, oder?«

Ainslies Tonfall wurde scharfer. »Ja, Sie haben sich getauscht, sogar gefahrlich getauscht. Empfehlungen von Detectives werden ernstgenommen, obwohl ich Ihre zum Gluck nicht beachtet habe. Hier, lesen Sie selbst!« Er legte Zagaki mehrere Fotokopien hin: den Vordruck 301, auf den Sandra Sanchez gesto?en war, eine Zusammenfassung der Ermittlungen im Mordfall Esperanza, in dem Elroy Doil vor siebzehn Jahren als Hauptverdachtiger benannt worden war, und drei Seiten aus Doils Jugendstrafakte.

Als der junge Detective wieder aufsah, machte er ein zerknirschtes Gesicht. »Mann, da hab' ich echt danebengelegen! Was haben Sie mit mir vor, Sergeant - fliege ich raus?«

Ainslie schuttelte den Kopf. »Nein, die Sache bleibt unter uns.

Aber wenn Sie ihren Dienst weiter in der Mordkommission machen wollen, mussen Sie daraus eine Lehre ziehen. Lassen Sie sich bei solchen Entscheidungen Zeit; urteilen Sie nicht nur nach au?eren Eindrucken. Seien Sie immer skeptisch. Denken Sie daran, da? im richtigen Leben selten etwas so ist, wie's auf den ersten Blick aussieht.«

»Ich werd's mir merken, Sergeant. Und vielen Dank dafur, da? die Sache unter uns bleibt.«

Ainslie nickte. »Noch etwas, das Sie wissen sollten: Ich habe fur heute nachmittag eine Besprechung uber Elroy Doils weitere Beobachtung angesetzt. Sie werden wahrscheinlich davon horen, aber ich habe Sie von der Liste gestrichen.«

Zagaki war sichtlich niedergeschlagen. »Sergeant, mir ist klar, da? ich das verdient habe. Aber kann ich Sie nicht irgendwie dazu uberreden, mir noch eine Chance zu geben? Diesmal mache ich keinen Schei?, das verspreche ich Ihnen.«

Ainslie zogerte. Sein Instinkt riet ihm, bei seiner Entscheidung zu bleiben. Er traute Zagaki einfach nicht so recht. Dann erinnerte er sich daran, wie er fruher selbst Anfangerfehler gemacht und darauf gehofft hatte, seine Vorgesetzten wurden Verstandnis dafur aufbringen.

»Also gut«, sagte er. »Seien Sie um sechzehn Uhr da.«

11

»Uber den Hauptverdachtigen sind wir uns vermutlich alle einig«, sagte Ainslie.

Die in Newbolds Dienstzimmer zusammengedrangten zwolf anderen Mitglieder der Sonderkommission murmelten zustimmend. Der Lieutenant stand ganz hinten in der Nahe der Tur; er hatte Ainslie seinen Schreibtisch uberlassen.

Die drei Sergeants und zehn Detectives der Sonderkommission sa?en auf Stuhlen, hockten auf Tischkanten und Fensterbanken oder lehnten einfach an der Wand. Im Verlauf der Besprechung spurte Ainslie, wie die allgemeine Spannung wuchs, als er vortrug, was Sandra Sanchez entdeckt hatte, und wichtige Einzelheiten aus Elroy Doils Jugendstrafakte vorlas.

»Vor allem mussen wir Doil sofort wieder uberwachen«, erklarte Ainslie seinen Leuten. »Pablo und Hank, ihr stellt einen Dienstplan auf. Ich schlage vor, da? ihr die ersten achtundvierzig Stunden gleich einteilt, damit jeder Bescheid wei?, bevor wir nachher auseinandergehen. Mich durft ihr naturlich nicht vergessen. Spannt mich mit Zagaki zusammen.«

Brewmaster nickte. »Wird gemacht, Malcolm.«

»Bei dieser Observation kommt's auf zwei Dinge an«, fuhr Ainslie fort. »Erstens mussen wir verdammt aufpassen, damit Doil nicht merkt, da? er beschattet wird. Und zweitens mussen wir dicht an ihm dranbleiben, damit er uns nicht entwischt. Das ist ein schwieriger Balanceakt, aber wir wissen alle, was hier auf dem Spiel steht.

Oh, noch etwas«, sagte Ainslie zu den beiden Sergeants. »Setzt Detective Bowe nicht auf den Dienstplan. Fur sie habe ich einen anderen Auftrag.«

Er wandte sich an Ruby Bowe. »Ich mochte, da? Sie Informationen uber Elroy Doils Arbeitsverhaltnisse einholen, Ruby. Wir wissen, da? er als Lastwagenfahrer bei verschiedenen Firmen arbeitet. Stellen Sie fest, um welche Firmen es sich handelt und was er an den Tagen der jeweiligen Morde gemacht hat. Aber Sie mussen behutsam vorgehen, damit ihm nicht irgend jemand steckt, da? wir uns nach ihm erkundigt haben.«

»Dafur brauche ich alles, was wir uber Doil wissen«, sagte Ruby, »auch die Berichte uber die bisherige Uberwachung.«

»Ich lasse Ihnen anschlie?end alles kopieren«, versprach Ainslie. Sein Blick glitt uber die versammelten Kriminalbeamten. »Noch Diskussionsbeitrage? Noch Fragen?«

Als sich niemand meldete, sagte er: »Gut, dann an die Arbeit.«

Die Uberwachung Elroy Doils dauerte drei Wochen und zwei Tage. Fur die Kriminalbeamten war die Tag und Nacht andauernde Observation wie ublich gro?tenteils eintonig und sogar langweilig. Aber es gab auch spannende Augenblicke, wenn es darauf ankam, nicht entdeckt zu werden. Und ausgerechnet in diese Zeit fiel die langste Schlechtwetterperiode des Jahres. Sturmische Winde und haufige Regenfalle machten die Beschattung Doils, der haufig mit Lastwagen unterwegs war, ungewohnlich schwierig. Blieb das Uberwachungsfahrzeug zu lange dicht hinter ihm, konnte Doil es im Ruckspiegel bemerken. Andererseits bestand Gefahr, da? er seine Verfolger abhangte, wenn sie den Abstand bei starkem Regen mit schlechter Sicht allzugro? werden lie?en.

Gelost wurde dieses Problem zumindest teilweise durch den Einsatz zweier, manchmal sogar dreier Uberwachungsfahrzeuge, die Funkverbindung miteinander hatten. Nachdem ein Wagen eine Zeitlang hinter Doil geblieben war, lie? er sich zuruckfallen und wurde von dem anderen Fahrzeug abgelost. Das verhinderte, da? Doil mi?trauisch wurde.

Die Kombination aus drei Fahrzeugen - im allgemeinen ein Lieferwagen und zwei unauffallige Personenwagen - wurde eingesetzt, wenn Doil wieder einmal mit einem Lastwagen im Fernverkehr unterwegs war. Bei einer Fahrt nach Orlando verloren die sechs Kriminalbeamten - je zwei in drei Wagen -Doil an der Stadtgrenze bei stromendem Regen aus den Augen. Die Beamten fuhren kreuz und quer durch Orlando und verfluchten die schlechte Sicht. Charlie Thurston und Luis Linares, die mit einem Postauto unterwegs waren, entdeckten den Gesuchten zuletzt in einer Pizzabar. Sein Lastwagen war in der Nahe geparkt.

Nachdem Thurston die anderen uber Funk benachrichtigt hatte, knurrte Linares: »Verdammt, die Uberwachung bringt nichts! Die kann jahrelang so weitergehen.«

»Ich mach' dir 'nen Vorschlag, Luis«, antwortete Thurston. »Du gehst einfach zu ihm hin und erzahlst ihm das. Du sagst: >Hey, Blodmann, wir haben diesen Schei? satt. Zieh schon los und leg die nachsten Leute um.<«

»Witzig, witzig«, wehrte Linares ab. »Du solltest im ausgeschalteten Fernsehen auftreten.«

War Elroy Doil nicht mit einem Lastwagen unterwegs, fand die Uberwachung hauptsachlich in der Nahe seiner Unterkunft statt, was ebenfalls Probleme aufwarf.

Gemeinsam mit seiner Mutter Beulah hatte Doil in Wynwood an den Bahngleisen in einer Holzhutte auf dem Grundstuck 23 Northeast 35th Terrace gehaust. Jetzt bewohnte er die baufallige Zweizimmerhutte allein und hatte davor einen klapprigen Pickup stehen, mit dem er herumfuhr.

Da ein unbekanntes Fahrzeug auffallen konnte, wenn es zu lange in der Nahe geparkt stand, wechselten die Uberwachungswagen haufig - nach Einbruch der Dunkelheit und bei schlechtem Wetter jedoch seltener. Alle hatten

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