Erklarungen zu den einzelnen Gerauschen.

Newbold horte sich den nun folgenden Wortwechsel gespannt an: die olige Stimme des Gefangnisgeistlichen... Doils heisere Aufforderung an Ainslie: »Vergeben Sie mir, Pater, denn ich habe gesundigt...« Dann Uxbridges erregter Einspruch: »Das ist Gotteslasterung!...« Zuletzt Doils wutende Aufforderung:

»Schafft dieses Arschloch hier raus!«

Newbold schuttelte fassungslos den Kopf. »Einfach unglaublich!«

»Augenblick, es kommt noch mehr.«

Die Lautstarke nahm ab, sobald Ainslie dann vorgab, Doil die »Beichte« abzunehmen.

»Ich hab' ein paar Leute umgebracht, Pater.,.«

»Wen zuerst?«

»Zwei Japse in Tampa.«

Newbold, der wie gebannt zuhorte, fing an, sich Notizen zu machen.

Wenig spater folgte Doils Gestandnis seiner ubrigen Doppelmorde... an den Ehepaaren Esperanza, Frost, Larsen, Hennenfeld, Urbina, Tempone...

»Die Gesamtzahl stimmt nicht«, stellte Newbold fest. »Das haben Sie mir erzahlt, aber ich habe gehofft...«

»Da? ich mich verrechnet habe?« Ainslie lachelte schwach.

Als nachstes kam Doils verzweifelter Appell in bezug auf die Ermordung des Ehepaars Ernst: »Ich bin's nicht gewesen! Ich schwor's Ihnen, Pater! Dafur will ich Vergebung... Ich hab' die anderen umgebracht, aber ich will mir nichts anhangen lassen, was ich nie getan habe!«

Sein Ausbruch ging weiter, bis Newbold plotzlich ausrief: »Halt!« Ainslie druckte die Pausentaste. Zwischen den Glaswanden, die das Buro des Lieutenants umschlossen, herrschte wieder Stille.

»Jesus! Das klingt so gottverdammt wahr.« Newbold sprang auf und ging kurz vor seinem Schreibtisch auf und ab, bevor er sich erkundigte: »Wie lange hat Doil noch zu leben gehabt, als er das alles gesagt hat?«

»Ungefahr zehn Minuten. Nicht wesentlich mehr.«

»Ich wei? nicht, ich wei? einfach nicht... Ich habe ihm anfangs kein Wort glauben wollen... Aber wer mit dem Tod vor Augen...« Der Lieutenant starrte Ainslie an. »Glauben Sie, was er erzahlt hat?«

Ainslie antwortete zuruckhaltend. »Ich habe wegen des einen Falls schon immer Zweifel gehabt, deshalb...« Den Rest lie? er ungesagt.

»Deshalb fallt's Ihnen leichter, Doil zu glauben«, erganzte Newbold seine Antwort.

Malcolm Ainslie schwieg. Mehr gab es dazu eigentlich nicht zu sagen.

»Okay, horen wir uns den Rest an«, entschied Newbold.

Ainslie lie? das Tonband weiterlaufen.

Er horte, wie er Doil fragte: Alle diese Morde - die vierzehn, die Sie zugeben -, bereuen Sie die?

»Zum Teufel mit denen!... Sie sollen mir die anderen vergeben, an denen ich nicht schuld bin!«

»Er ist geistesgestort«, sagte Newbold. »Beziehungsweise gewesen.«

»Das habe ich auch gedacht; ich denke es noch jetzt. Aber auch Geistesgestorte lugen nicht standig.«

»Er ist ein pathologischer Lugner gewesen«, gab Newbold zu bedenken.

Sie schwiegen wieder, als Ainslie Doil erklarte: »... ein Geistlicher konnte Ihnen keine Absolution erteilen, bevor Sie alles bereuen - und ich bin kein Priester.«

Danach war plotzlich Lieutenant Hambricks Stimme zu horen, die Ainslie aufforderte: »Sie wissen noch immer genug, um etwas fur ihn zu tun... Also tun Sie's!«

Newbold lie? Ainslie nicht aus den Augen, als seine Tonbandstimme Foucaulds Gebet der Hingabe rezitierte, das Doil Satz fur Satz wiederholte. Der Lieutenant fuhr sich sichtlich bewegt mit einer Hand ubers Gesicht und sagte danach leise: »Sie sind ein guter Kerl, Malcolm.«

Ainslie stellte das Gerat ab und spulte das Band zuruck.

Dann sa? Newbold stumm an seinem Schreibtisch und wog offensichtlich seine bisherige Meinung gegen das eben Gehorte ab. Nach einiger Zeit sagte er: »Sie haben die Sonderkommission geleitet, Malcolm, daher ist das eigentlich noch immer Ihr Fall. Was schlagen Sie vor?«

»Wir uberprufen alles, was Doil behauptet hat - die Geldklammer mit dem Monogramm, den Mord an dem Ehepaar Ikei und das Messer, das er in einem Grab zuruckgelassen haben will. Ich setze Ruby Bowe darauf an - sie versteht sich auf solche Nachforschungen. Danach wissen wir, wieviel Doil gelogen hat - wenn er uberhaupt gelogen hat.«

»Und was passiert«, fragte Newbold, »wenn Doil ausnahmsweise nicht gelogen hat?«

»Dann haben wir keine andere Wahl. Wir sehen uns den Fall Ernst noch mal an.«

Der Lieutenant machte ein murrisches Gesicht. In der Polizeiarbeit gab es kaum etwas Frustrierenderes als die Wiederaufnahme eines bereits abgeschlossenen Mordfalls, den jedermann fur gelost hielt - vor allem eines von den Medien so aufgebauschten sensationellen Falls.

»Einverstanden«, sagte Newbold zuletzt. »Ruby soll loslegen. Wir mussen's wissen.«

7

»Meinetwegen uberprufen Sie diese Angaben in beliebiger Reihenfolge, Detective«, sagte Ainslie zu Ruby Bowe. »Aber irgendwann mussen Sie auch nach Tampa.«

Es war kurz nach sieben Uhr am Morgen nach Ainslies Besprechung mit Lieutenant Newbold, und Bowe sa? auf einem Stuhl neben Ainslies Schreibtisch. Am Vorabend hatte er ihr ein Tonbandgerat mit Kopfhorer mitgegeben und sie aufgefordert, sich die Aufnahme aus dem Florida-State-Gefangnis zu Hause anzuhoren. Morgens hatte sie ihm das Gerat mit deprimiertem Kopfschutteln zuruckgegeben. »Schlimm, wirklich schlimm. Ich habe die halbe Nacht wach gelegen. Aber ich hab's gespurt. Ich habe die Augen zugemacht und bin dabeigewesen.«

»Sie haben also gehort, was Doil gesagt hat und was uberpruft werden mu??«

»Ich habe mir alles notiert.« Bowe zeigte Ainslie ihr Notizbuch, in dem samtliche Punkte standen.

»Schon, Sie konnen anfangen«, erklarte er ihr. »Ich wei?, da? ich mich auf Sie verlassen kann.«

Ruby Bowe ging, und Ainslie wandte sich dem Papierkram auf seinem Schreibtisch zu, ohne zu ahnen, wie wenig Zeit er haben wurde, um ihn aufzuarbeiten.

Der Anruf unter der Notrufnummer 911 wurde in der Nachrichtenzentrale der Miami Police um 7.32 Uhr registriert.

Eine Polizeibeamtin meldete sich: »Notruf neuneinseins, was kann ich fur Sie tun?« Gleichzeitig erschienen auf einem Anzeigefeld uber ihrem Computer die Nummer des Anschlusses, von dem aus angerufen wurde, und der Name T. DAVANAL.

Eine atemlose Frauenstimme: »Schicken Sie die Polizei zur

2801 Brickell Avenue gleich ostlich der Viscaya Street. Mein Mann ist angeschossen worden.«

Wahrend die Anruferin sprach, tippte die Beamtin ihre Angaben ein und schickte sie mit einer F-Taste zu einer Dispatcherin in einer anderen Abteilung der Zentrale hinuber.

Die Dispatcherin reagierte prompt, weil sie wu?te, da? die angegebene Adresse in Zone 74 lag. Auf ihrem Bildschirm hatte sie bereits eine Liste der verfugbaren Streifenwagen mit ihren Nummern und Standorten. Sie wahlte einen aus und rief ihn uber Funk: »Einssiebenvier.«

Als Streifenwagen 174 sich meldete, sendete die Dispatcherin erst einen lauten Piepston, der eine dringende Nachricht ankundigte. Dann sagte sie ins Mikrofon: »Dreidrei?ig in der 2801 Brickell Avenue, ostlich der Viscaya Street.« Die »3« bedeutete einen Notfall mit Blinklicht und Sirene, die »30« bezeichnete einen gemeldeten Schu?waffengebrauch.

»QSL. Ich bin ganz in der Nahe im Alice Wainwright Park.«

Wahrend die Dispatcherin sprach, winkte sie Harry Clemente, den Sergeant vom Dienst, zu sich heran. Sie zeigte auf die Adresse auf ihrem Bildschirm. »Klingt irgendwie bekannt. Sind das wirklich die Leute, die ich meine?«

Clemente beugte sich nach vorn, dann sagte er: »Falls Sie die Davanals meinen, haben Sie gottverdammt

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