sie sprechen sollte, wurde mitgeliefert. Abweichungen oder Anderungen waren verboten. Miguel selbst sollte die Aufnahme uberwachen.

Eine weitere Instruktion bestatigte den Abschlu? von Baudelios Einsatz. Er sollte mit dem Boten im Lastwagen nach Ayacucho fahren und von dort nach Lima weiterfliegen. Einige Tage spater wurde der Lastwagen mit weiterem Nachschub nach Nueva Esperanza zuruckkehren und die Videocassette abholen.

Die Nachricht, da? Baudelio nach Lima zuruckkehren konnte, kam zwar nicht unerwartet, war Miguel aber dennoch nicht recht. Zum einen wu?te der Arzt zu viel. Zum anderen wurde er sicher wieder anfangen zu trinken, und Schnaps lockerte die Zunge. Wenn also Baudelio frei herumlief, war das eine Gefahr nicht nur fur die Sicherheit ihrer kleinen Garnison, sondern auch, was Miguel wichtiger war, fur seine eigene.

Unter anderen Umstanden hatte Miguel Baudelio zu einem Dschungelspaziergang gezwungen, von dem nur er allein zuruckkehren wurde. Doch so skrupellos der Sendero Luminoso in vieler Hinsicht war, wenn ein Au?enseiter die eigenen Leute totete, konnte man sehr ungehalten werden.

Miguel gab deshalb dem Boten eine eindringlich formulierte Nachricht mit, in der er vor der Gefahr, die Baudelio darstellte, warnte. Die Organisation sollte dann ihre eigene Entscheidung treffen. Miguel war sich ziemlich sicher, wie sie ausfallen wurde.

Uber einen Befehl freute er sich besonders. Es war der Auftrag, »die drei Geiseln bei guter Gesundheit zu halten, bis neue Befehle eintreffen«. Der Hinweis auf die »drei Geiseln« bedeutete, da? der Fuhrungsstab vom Sendero Luminoso Miguels Entscheidung, den alten Mann mitzunehmen, nachtraglich abgesegnet hatte, obwohl das ursprunglich nicht geplant gewesen war.

Miguel wandte sich nun der Videoausrustung zu, die er aus Ayacucho bekommen hatte. Sie bestand aus einem Sony Camcorder mit Cassetten, einem Stativ, einem Scheinwerfer und einem tragbaren 110-Volt-Generator mit Benzinmotor. Die Gerate waren fur Miguel kein Problem, denn er hatte schon ofters Videoaufnahmen von Entfuhrungsopfern gemacht.

Er ahnte aber, da? er Hilfe und einige strenge Ma?nahmen benotigte, um die Frau gefugig zu machen, denn er befurchtete, da? sie ihm Schwierigkeiten bereiten wurde. Miguel entschied sich schlie?lich fur Gustavo und Ramon als Hilfskrafte, weil er wu?te, da? sie hart mit den Gefangenen umsprangen und sich nicht zierten, wenn er von ihnen Brutalitaten verlangte.

Miguel hatte vor, gleich am nachsten Morgen mit der Aufnahme zu beginnen.

Sobald Jessica genug Tageslicht hatte, machte sie sich an die Arbeit.

Bald nach dem Aufwachen in Peru hatten sie alle drei bemerkt, da? man ihnen die Taschen geleert und fast alles weggenommen hatte, auch das Geld, das sie bei sich trugen. Jessicas Handtasche war ebenfalls verschwunden. Zu den wenigen Dingen, die man ihnen gelassen hatte, gehorten einige Buroklammern, Jessicas Kamm und ein kleines Notizbuch aus Angus' Gesa?tasche, das man offensichtlich ubersehen hatte. Im Futter von Nickys Jacke fand sich noch ein Kugelschreiber, der durch ein Loch in der Innentasche gerutscht und deshalb nicht entdeckt worden war.

Auf Jessicas Betreiben wurden Notizbuch und Kugelschreiber sorgfaltig versteckt und nur benutzt, wenn die weniger strengen Wachen Dienst hatten.

Am Tag zuvor hatte Jessica sich Angus' Notizbuch und Nickys Kugelschreiber ausgeliehen. Da die beiden wegen der Gitternetze die Sachen nicht selber in Jessicas Zelle hinuberreichen konnten, hatte Vincente, der zu dieser Zeit Dienst hatte, sie freundlicherweise eingesammelt und ihr gegeben.

Jessica hatte vor, von allen an der Entfuhrung Beteiligten Skizzen zu machen, solange sie deren Gesichter noch deutlich in Erinnerung hatte. Sie war zwar keine perfekte Kunstlerin, aber doch ein geschickter Amateur, und sie war sicher, da? die Gesichter auf den Zeichnungen wiedererkennbar sein wurden, falls sie sie spater zur Identifizierung der Verbrecher brauchen sollte.

Die erste Zeichnung, die sie am Tag zuvor begonnen hatte und an der sie auch jetzt noch arbeitete, zeigte den gro?en Mann mit den schutteren Haaren und dem bestimmten Auftreten, den sie gleich nach dem Aufwachen in der dunklen Hutte bemerkt hatte. Trotz ihrer Benommenheit zu diesem Zeitpunkt konnte sie sich an ihr verzweifeltes Flehen um Hilfe noch gut erinnern. Und es war ihr auch noch klar und deutlich im Gedachtnis, da? der Mann sehr uberrascht auf ihre Bitte reagiert hatte. Unternommen hatte er jedoch nichts, das war inzwischen klar.

Wer war er? Was hatte er in dieser Hutte zu suchen? Irgendwie mu?te er in die Entfuhrung verwickelt sein. Jessica hielt ihn fur einen Amerikaner. Aber auch wenn er es nicht war, hoffte sie doch, da? ihre Zeichnung die Fahndung nach ihm erleichtern wurde.

Als Jessica schlie?lich den Stift weglegte, hatte sie ein recht brauchbares Portrat des Learjetpiloten Captain Denis Underhill gezeichnet.

Bei dem Gerausch von Schritten vor der Tur faltete Jessica die Zeichnung hastig zusammen und stopfte sie sich in den BH, das erste Versteck, das ihr spontan einfiel. Notizbuch und Kugelschreiber schob sie unter die dunne Matratze ihres Betts.

Im nachsten Augenblick standen Miguel, Gustavo und Ramon in der Hutte. Sie trugen Gerate, die Jessica sofort erkannte. »O nein«, rief sie Miguel zu. »Das brauchen Sie gar nicht aufzubauen. Wir werden uns nicht filmen lassen.«

Miguel achtete nicht auf sie. Bedachtig schraubte er den Camcorder auf das Stativ, stellte den Scheinwerfer auf und schlo? ihn an ein Verlangerungskabel an. Das Kabel lief nach drau?en, von wo nun auch das Gerausch des startenden Generators kam. Augenblicke spater war die Mitte der Zelle, wo vor der Kamera ein leerer Stuhl stand, hell erleuchtet.

Miguel kam seelenruhig auf Jessicas Kafig zu. Seine Stimme klang kalt und hart. »Du Schlampe wirst genau das tun, was ich dir sage, und wann ich es sage.« Er gab ihr drei Seiten mit handschriftlichem Text. »Du wirst das aufsagen - genau das und nicht mehr, und ohne ein Wort zu andern.«

Jessica nahm die Seiten, uberflog sie und zerri? sie in kleine Fetzen, die sie durch die Gitterstabe hinauswarf. »Ich habe doch gesagt, da? ich es nicht tue, und daran hat sich nichts geandert.«

Miguel reagierte nicht auf sie, sondern sah nur Gustavo an, der in der Nahe wartete. »Hol dir den Jungen.«

Trotz der Entschlossenheit, die Jessica eben noch gezeigt hatte, lief ihr nun ein Schauer der Angst uber den Rucken.

Sie mu?te zusehen, wie Gustavo das Vorhangeschlo? an Nickys Zelle offnete und hineinging. Er packte Nicky an Schulter und Arm, drehte ihm den Arm auf den Rucken und warf ihn aus der Zelle.

Jessica war au?er sich vor Angst, der Schwei? stand ihr auf der Stirn. »Was macht ihr mit ihm?« fragte sie die Manner.

Doch keiner antwortete.

Statt dessen brachte Ramon nun aus einer anderen Ecke der Hutte den Stuhl, auf dem sonst die Wachen sa?en. Gustavo stie? Nicky auf den Stuhl, und die beiden Manner fesselten ihn. Bevor Gustavo Nickys Arme am Stuhl festband, knopfte er ihm das Hemd auf und entblo?te seine schmale Brust. Ramon zundete sich unterdessen eine Zigarette an.

Jessica, die sich nur zu gut vorstellen konnte, was nun kommen wurde, rief Miguel zu: »Warten Sie! Vielleicht war ich zu voreilig. Bitte warten Sie! Wir konnen doch daruber reden!«

Miguel antwortete nicht. Er buckte sich und hob einige der Fetzen auf, die Jessica auf den Boden geworfen hatte. »Das waren drei Seiten«, sagte er. »Ich habe mir schon gedacht, da? so etwas passieren wurde und dir deshalb nur eine Kopie gegeben. Aber die Zahl drei hast du uns damit vorgegeben.«

Er sah Ramon an und hielt drei Finger in die Hohe. »Quemelo bien... tres veces.«

Ramon zog an der Zigarette, bis das Ende rot aufgluhte. Dann nahm er sie entschlossen und mit einer schnellen Bewegung aus dem Mund und druckte die Glut Nicky auf die Brust. Im ersten Augenblick war der Junge so uberrascht, da? er keinen Ton uber die Lippen brachte. Doch als er den entsetzlichen, brennenden Schmerz spurte, schrie er auf.

Auch Jessica schrie - wild und unzusammenhangend brach es aus ihr heraus, sie flehte Miguel unter Tranen an, er solle mit der Qualerei aufhoren, denn sie werde alles tun, was er von ihr verlange. »Alles! Alles! Egal was. Sagen Sie mir nur, was Sie wollen. Aber horen Sie auf. Bitte, horen Sie auf!«

Angus trommelte mit den Fausten gegen das Maschengitter seiner Zelle und schrie ebenfalls. Das meiste ging in dem ubrigen Larm unter, doch ein paar seiner Worte waren zu verstehen. »Ihr elenden Schweine!

Вы читаете Reporter
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату