»Sieh dir mal diese beiden an -unsere aktuelle Ausgabe und der Entwurf fur nachste Woche. Zusammen sagen sie, glaube ich, etwas aus.«

Partridge sah sich zuerst das gedruckte Magazin an. Das Titelblatt zeigte in Farbe das Flachdach eines gro?en Gebaudes in der Innenstadt. Eine Menge Schutt lag auf dem Dach, vermutlich von einer Explosion. Den Mittelpunkt des Bildes nahm eine auf dem Rucken liegende, tote Frau ein. Sie war offensichtlich noch jung; ihr Gesicht, das kaum verletzt war, mochte im Leben schon gewesen sein. Aber ihr Bauch war zerfetzt, die blutigen Gedarme quollen heraus. Partridge erschauerte, obwohl er mit Kriegsbildern vertraut war.

»Ich will dir die Lekture des Artikels ersparen, Harry. Gegenuber fand eine Tagung von Geschaftsleuten statt. Der Sendero Luminoso, bei dem die junge Frau Aktivistin war, hatte beschlossen, das Konferenzzentrum mit einem Granatwerfer zu beschie?en. Zum Gluck fur die Konferenzteilnehmer, aber nicht fur die junge Frau, explodierte der selbstgebastelte Werfer, bevor sie die Ladung abfeuern konnte.«

Partridge warf noch einen fluchtigen Blick auf das Bild und sah dann weg. »Soviel ich wei?, wird der Sendero in Lima immer aktiver.«

»Und zwar in erschreckendem Umfang. Die Leute bewegen sich frei in der Stadt, und da? dieses Bombardement schiefging, war eine Ausnahme. Die meisten Anschlage sind erfolgreich. Aber jetzt sieh dir mal das Cover fur nachste Woche an.« Der Herausgeber schob ihm den Entwurf zu.

Es war Sex pur, nur um Haaresbreite von Pornographie entfernt. Ein junges, vielleicht neunzehnjahriges Madchen in einem sehr gewagten Badeanzug stutzte sich mit zuruckgeworfenem Kopf und zerzausten Haaren auf ein seidenes Kissen. Die Augen hatte sie geschlossen, die Beine leicht gespreizt.

»Das Leben geht weiter, und es hat immer zwei Seiten, sogar in Peru«, sagte Seminario. »Weil wir gerade dabei sind, la? uns doch das Essen bestellen, und dann, Harry, werde ich dir ein paar Vorschlage machen, damit auch dein Leben weitergeht.«

Das Essen war italienisch und ausgezeichnet, der Service einwandfrei. Gegen Ende des letzten Ganges lehnte Seminario sich zuruck.

»Uber eins mu?t du dir im klaren sein, Harry, da? namlich der Sendero Luminoso vermutlich bereits von deiner Anwesenheit wei?; die haben ihre Spione uberall. Aber auch wenn sie es noch nicht wissen, werden sie es bald erfahren, spatestens nach den CBA-Nachrichten morgen abend, die man sicher auch bei uns zu sehen bekommt. Du brauchst also zuallererst einen Leibwachter, vor allem wenn du nachts auf die Stra?e gehst.«

Partridge lachelte. »Dafur scheint ja bereits gesorgt zu sein.« Fernandez Pabur hatte darauf bestanden, ihn vom Hotel abzuholen und ins Lokal zu bringen. Als Begleitung war in dem Ford Kombi noch ein schweigsamer, kraftiger Mann mit dabei, der aussah wie ein Schwergewichtsboxer. Der Ausbuchtung an seinem Sakko nach zu urteilen, war er bewaffnet. Am Ziel stieg der Mann dann als erster aus, wahrend Partridge und Pabur im Auto sitzenblieben, bis er ihnen winkte. Ohne von Partridge danach gefragt worden zu sein, hatte Fernandez erklart: »Er wartet hier, solange Sie im Restaurant sind.« Wahrscheinlich stand der Mann immer noch drau?en.

»Gut«, bemerkte Seminario. »Dein Mann wei?, was er tut.

Tragst du selbst eine Waffe?«

Partridge schuttelte den Kopf.

»Mu?t du aber. Viele von uns haben eine. Und um American Express zu zitieren: >Verlassen Sie nie das Haus ohne sie.< Noch etwas: Fahr nicht nach Ayacucho. Das ist eine Hochburg des Sendero. Sie wurden davon erfahren, und deine Anwesenheit dort ware der reine Selbstmord.«

»Irgendwann mu? ich vielleicht doch hin.«

»Du meinst, wenn ich oder andere, die versuchen, dir zu helfen, erfahren haben, wo deine Freunde gefangengehalten werden. In diesem Fall mu?t du sie uberraschen, indem du schnell dort auftauchst und ebenso schnell wieder verschwindest. Du wirst ein Charterflugzeug dafur brauchen. Einige Piloten sind zu solchen Auftragen bereit, wenn du ihnen genug Risikozulage zahlst.«

Als sie endlich alles besprochen hatten, waren die meisten anderen Gaste bereits gegangen, das Restaurant wollte schlie?en.

Vor der Tur warteten Fernandez und der Leibwachter.

Wahrend sie im Kombi zum Caesar's Hotel zuruckfuhren, fragte Partridge Fernandez: »Konnen Sie mir eine Waffe besorgen?«

»Naturlich. Irgendwelche besonderen Wunsche?«

Partridge dachte nach. Die Art seiner Auftrage brachte es mit sich, da? er sich mit Waffen auskannte und sie auch benutzen konnte. »Am liebsten eine Browning neun Millimeter mit Schalldampfer.«

»Bis morgen haben Sie sie. Apropos morgen - haben Sie besondere Plane, die ich kennen sollte?«

»Das gleiche wie heute, ich werde mich mit Leuten treffen.« Im Geist fugte Partridge hinzu: Und in den Tagen danach ebenso - bis der Durchbruch geschafft ist.

3

Freitag war ein hektischer Tag bei CBA in New York. Einen Teil der Hektik hatte man vorausgesehen, doch vieles kam uberraschend.

Wie gewohnlich begann der Sendetag mit dem »Sunrise Journal«, dem Fruhstucksfernsehen um 6 Uhr. Wahrend dieses Magazins wurde im Werbeblock eine Programmankundigung von CBA News ausgestrahlt, die wahrend des ganzen Tages wiederholt werden sollte. Die Ankundigung war von Harry Partridge noch vor seinem Abflug aufgenommen worden.

»Heute abend in den CBA National Evening News - ein Exklusivbericht uber verbluffende neue Entwicklungen im Entfuhrungsfall der Familie Crawford Sloanes.

Um 21 Uhr ostlicher und um 19 Uhr zentraler Zeit eine einstundige Sondersendung - >Ein Sender in Bedrangnis: Die Entfuhrung der Sloanes.<

Schalten Sie rechtzeitig ein, damit Sie die National Evening News und die Sondersendung nicht verpassen.«

Man hatte Partridge als Sprecher gewahlt, weil er die Entfuhrungsberichte regelma?ig moderiert hatte. Daruber hinaus war es ein kluger Schachzug, da es die Annahme nahelegte, er befinde sich noch in den Vereinigten Staaten, obwohl er sich um 6 Uhr morgens bereits seit achtzehn Stunden in Peru aufhielt.

Les Chippingham sah die Vorankundigung, wahrend er in seiner Wohnung an der Eighty-second Street ein schnell selbst zubereitetes Fruhstuck hinunterschlang. Er hatte es eilig, denn er wu?te, da? an diesem Tag einiges passieren wurde, und durch das Kuchenfenster sah er, da? seine CBA-Limousine bereits vor der Tur wartete. Das Auto erinnerte ihn an Margot Lloyd-Masons Ermahnung bei ihrer ersten Begegnung, er solle mit dem Taxi fahren, eine Anordnung, die er bis jetzt ignoriert hatte. Er durfte aber auf keinen Fall vergessen, Margot auf dem laufenden zu halten; er hatte vor, sie anzurufen, sobald er in seinem Buro war, da sie die Ankundigung wahrscheinlich auch sah.

Doch dazu kam es gar nicht. Kaum war er ins Auto eingestiegen, da gab der Fahrer ihm bereits den Horer. Margot bellte ihn an:

»Was sind das fur neue Entwicklungen, und warum wei? ich nichts davon?«

»Es ist alles sehr plotzlich passiert. Ich hatte vor, Sie gleich als erstes vom Buro aus anzurufen.«

»Die Offentlichkeit wei? bereits Bescheid. Und warum ich nicht?«

»Margot, die Offentlichkeit wei? uberhaupt nichts; sie erfahrt es erst heute abend. Sie dagegen werden es erfahren, sobald ich an meinem Schreibtisch sitze, aber uber diese Leitung will ich nichts sagen, weil wir nicht wissen, wer alles mithort.«

Es entstand eine kurze Pause, in der er sie schwer atmen horte. »Aber Sie rufen mich sofort an, wenn Sie im Buro sind.«

»Jawohl.«

Funfzehn Minuten spater war Chippingham wieder mit der Prasidentin von CBA verbunden. Er begann: »Es gibt eine Menge zu erzahlen.«

»Also heraus damit!«

»Hervorragende Neuigkeiten, zumindest aus Ihrer Sicht. Einige unserer besten Leute haben eine Menge exklusiver Informationen zusammengetragen, die CBA heute abend das gro?te Publikum und damit die hochsten Einschaltquoten in der Geschichte des Senders verschaffen werden. Fur Crawf sind die Neuigkeiten uber seine Familie leider alles andere als gut.«

»Wo sind sie?

»In Peru. Als Gefangene des Sendero Luminoso.«

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