»Peru! Sind Sie ganz sicher?«
»Wie gesagt, einige unserer erfahrensten Leute haben an dem Fall gearbeitet, darunter auch Harry Partridge, und was sie entdeckt haben, ist absolut uberzeugend. Ich habe keine Zweifel daran, und ich bin sicher, Sie auch nicht.« Doch Margots erschrockene Reaktion auf die Erwahnung Perus uberraschte Chippingham, und er fragte sich, was dahintersteckte.
»Ich mochte Partridge sprechen«, sagte sie scharf.
»Ich furchte, das ist nicht moglich. Er ist bereits seit gestern in Lima. Wir erwarten von ihm einen Bericht fur die Montagsausgabe.«
»Warum diese Hast?«
»So ist das Nachrichtengeschaft, Margot. Wir arbeiten immer so.« Die Frage erstaunte ihn, ebenso wie eine gewisse Unsicherheit und Nervositat in Margots Stimme. Er sagte deshalb: »Sie scheinen besorgt wegen Peru. Durfte ich vielleicht erfahren, warum?«
Zunachst kam nur Schweigen, es war offensichtlich, da? sie mit der Antwort zogerte. »Globanic Industries ist im Augenblick geschaftlich sehr stark in Peru engagiert. Es steht viel auf dem Spiel, und wir haben ein eminentes Interesse daran, da? unsere guten Beziehungen zur peruanischen Regierung nicht gestort werden.«
»Darf ich Sie darauf hinweisen, da? CBA keine, also weder gute noch schlechte Beziehungen zur peruanischen Regierung, noch zu irgendeiner anderen unterhalt.«
»CBA ist Globanic«, erwiderte Margot ungeduldig. »Globanic hat ein Abkommen mit Peru, und CBA deshalb auch.
Wann geht diese einfache Tatsache denn endlich in Ihren Kopf?«
Insgeheim fragte sich Chippingham:
»Halten Sie mich auf dem laufenden«, erwiderte Margot knapp. »Falls es Neuigkeiten gibt, vor allem uber Peru, will ich es sofort erfahren, nicht erst am nachsten Tag.«
Chippingham horte ein Klicken, Margot hatte aufgelegt.
Margot Lloyd-Mason sa? in ihrem eleganten Buro in Stonehenge und dachte nach. Obwohl das fur sie sehr untypisch war, wu?te sie nicht genau, was sie als nachstes tun sollte. Sollte sie den Vorsitzenden von Globanic, Theo Elliott, anrufen oder nicht? Sie erinnerte sich noch an seine warnenden Worte bei der Konferenz im Fordly Cay Club:
Bei dem Gesprach reagierte Elliott dann uberraschend ruhig. »Na, wenn dieser Pobel vom Leuchtenden Pfad fur die Entfuhrung verantwortlich ist, konnen wir die Berichterstattung wohl kaum verhindern. Aber wir durfen nicht vergessen, da? die peruanische Regierung mit der Sache nichts zu tun hat, schlie?lich sind sie und der Leuchtende Pfad ja Todfeinde. Sorgen Sie dafur, da? unsere Nachrichtenleute das deutlich herausstellen.«
»Ich werde mich darum kummern«, entgegnete Margot.
»Sie konnen sogar noch weitergehen«, fuhr Elliott fort. »Die Ereignisse bieten doch eine Gelegenheit, die Regierung positiv herauszustellen, und genau das sollte CBA tun.«
Die Bemerkung verwirrte Margot. »Aber wie?«
»Nun, die peruanische Regierung wird doch offensichtlich alles tun, um die entfuhrten Amerikaner zu finden und zu befreien, auch unter Einsatz von Militar und Polizei. Und wenn sie das tut, wollen wir dafur sorgen, da? das auch bekannt wird, mit aktuellen Bildern in unseren Nachrichten. Dann kann ich Prasident Castaneda, den ich personlich kenne, anrufen und ihm sagen: >Sehen Sie, wir sorgen dafur, da? Sie und Ihre Regierung hervorragend dastehen.<
Das hilft uns sicher bei unseren Abschlu?verhandlungen uber die Umschuldung.«
Nun zogerte sogar Margot. »Ich bin nicht sicher, ob wir so weit gehen sollten, Theo.«
»Sollten Sie aber sein! Ich wei?, was Sie denken - da? wir die Nachrichten manipulieren. Und wenn schon, schlie?lich ist die Sache fur uns au?erst wichtig!« Der Vorsitzende hob die Stimme. »Verdammt noch mal, schlie?lich gehort der Sender doch uns, oder? Und ab und zu konnen wir dieses Besitzerrecht doch zu unserem Vorteil nutzen. Au?erdem sollten Sie Ihre Nachrichtenleute daran erinnern, da? es ein profit- und wettbewerbsorientiertes Unternehmen ist, das ihnen ihre Wahnsinnsgehalter zahlt, und sie sind ein Teil davon, ob es ihnen nun gefallt oder nicht. Wenn es ihnen nicht gefallt, haben sie ein klare Alternative: Raus!«
»Schon kapiert, Theo«, antwortete Margot. Beim Zuhoren hatte sie sich Notizen gemacht, und dabei war ihr ein
Zunachst wollte sie Chippingham anrufen und darauf beharren, da? CBA News die Unschuld der peruanischen Regierung an der Entfuhrung deutlich herausstellte, also genau so, wie Theo es verlangt hatte. Zweitens wollte sie sich als Prasidentin von CBA selbst an das US-Au?enministerium wenden und darauf drangen, da? von dort auf die peruanische Regierung Druck ausgeubt wurde, damit diese alles tue, um die entfuhrten Sloanes zu retten, gegebenenfalls auch unter Einsatz von Militar. Drittens sollte die CBA-Zentrale die Kooperation mit der peruanischen Regierung offentlich bekanntgeben. Und gleichzeitig mu?te CBA News positiv uber die aktuellen Bemuhungen der Regierung berichten.
Da? es dabei zu Schwierigkeiten und Diskussionen kommen wurde, war unvermeidlich, aber eins wu?te Margot ganz genau: Ihre Beziehung zu Theo Elliott und ihre Loyalitat zu Globanic waren wichtiger als alles andere.
Les Chippingham war allmahlich an Margots Launen gewohnt, es uberraschte ihn deshalb gar nicht, als er kurz nach ihrem ersten Gesprach einen zweiten Anruf erhielt. Das Thema, das sie anschnitt, bereitete ihm jedoch Unbehagen, denn dies war ein direkter Eingriff des Konzerns in den Inhalt der Nachrichten. So etwas passierte zwar gelegentlich bei allen Sendern, nie jedoch bei einer so wichtigen Sache. Er war deshalb froh, da? er in diesem Fall etwas Positives melden konnte.
»Wir wissen doch alle, da? die peruanische Regierung mit der Entfuhrung nichts zu tun hat«, sagte er. »Ich bin sicher, da? das in unserer Nachrichtensendung heute abend angedeutet wird.«
»Ich will mehr als eine Andeutung. Ich will eine eindeutige Aussage.«
Chippingham zogerte, er wu?te zwar, da? er, was die Unabhangigkeit seiner Abteilung betraf, durchaus hart bleiben konnte, war sich aber auch seiner starken personlichen Abhangigkeit von Margot bewu?t. »Da mu? ich mir zuerst die Manuskripte ansehen«, erwiderte er. »Ich werde Sie in funfzehn Minuten wieder anrufen.«
»Aber keine Minute spater.«
Zehn Minuten spater rief Chippingham zuruck. »Das wird Ihnen gefallen. Harry Partridge hat das geschrieben, bevor er nach Peru abreiste, und wir bringen es heute in der Sendung. >Die Regierung von Peru und der Sendero Luminoso sind seit Jahren erbitterte Feinde. Jeder will nichts mehr als die Zerstorung des anderen. Perus Prasident Castaneda hat erklart: Senderos Existenz ist eine todliche Gefahr fur Peru. Diese Kriminellen sind wie ein Messer in meiner Seite.< Das letzte bringen wir als Bild- und Tonzitat von Castaneda.«
In Chippinghams Stimme klang Erleichterung und auch ein wenig Humor an. »Ich glaube, Harry hat Ihre Gedanken gelesen, Margot. Ich hoffe, Sie sind damit zufrieden.«
»Schon gut. Lesen Sie es noch einmal vor. Ich will mitschreiben.«
Nach dem Telefongesprach rief Margot ihre Sekretarin an und diktierte ihr eine Nachricht an Theo Elliott.
Theo:
Als Ergebnis unseres Gesprachs werden die National Evening News heute abend folgende Meldung bringen:
