Die letzte Aussage wird als Bild- und Tonzitat Castanedas gesendet.
Vielen Dank fur Rat und Hilfe. Margot Lloyd-Mason
Die Nachricht ging sofort per Kurier an die Zentrale von Globanic Industries.
Margots nachster Anruf ging nach Washington - zum Au?enminister.
Wahrend des ganzen Freitags bis zur ersten Sendung der National Evening News um 18 Uhr 30 war bei CBA Abschottung oberstes Gebot, wahrend nicht wenige Au?enstehende versuchten, sie zu durchbrechen und Zugang zu den Exklusivinformationen zu erhalten, mit deren Ankundigung der Sender Publikum und Konkurrenz nun schon den ganzen Tag auf die Folter spannte. Journalisten der anderen Sender, von Radiostationen, Presseagenturen und den Printmedien, versuchten teils direkt, teils mit verschleierten Fragen, bei Freunden und Kontakten innerhalb von CBA zu erfahren, worum es sich nun eigentlich handelte. Da aber nur sehr wenige Leute uberhaupt etwas wu?ten und man die Computer der Spezialeinheit zeitweise vom Datennetz abgekoppelt hatte, konnte bei CBA bis zum letzten Augenblick Stillschweigen gewahrt werden.
Doch unmittelbar nach Bekanntgabe der Informationen wurde die Meldung von allen ubernommen und, unter Hinweis auf CBA News als Quelle, in der ganzen Welt verbreitet. Bei den anderen Sendern mu?ten sich einige Leute peinliche Fragen stellen lassen:
Unterdessen warfen die Sender hastig ihre Spatsendungen um und verwendeten in aller Eile besorgtes Videomaterial mit dem Zusatz »Mit freundlicher Genehmigung von CBA«, wahrend die Zeitungen den Umbruch ihrer Titelseiten anderten. Gleichzeitig alarmierten alle gro?en Nachrichtenorganisationen ihre Kontakte in Peru und versuchten, so schnell wie moglich eigene Korrespondenten und Kamerateams in Flugzeuge nach Lima zu setzen.
Inmitten dieses Trubels kam es zu einer weiteren, bedeutenden Entwicklung.
Don Kettering, der nun die Spezialeinheit leitete, horte kurz vor 22 Uhr davon, als die Sondersendung eben dem Ende zuging. Er sa? noch an dem Tisch, an dem er, zusammen mit Harry Partridge, die Sendung moderiert hatte - so sah es zumindest fur die Zuschauer aus, die nicht wissen konnten, da? Partridges Beitrag in Wirklichkeit vom Band kam.
Norman Jaeger teilte ihm die Neuigkeit wahrend eines Werbeblocks uber Telefon mit. Jaeger war nun Chefproduzent, da Rita Abrams bereits im Flugzeug nach Peru sa?.
»Don, wir mussen unbedingt gleich nach der Sendung eine Konferenz der Spezialeinheit ansetzen.«
»Ist irgendwas passiert, Norm? Irgendwas Hei?es?«
»Brandhei?. Ich hab' es eben von Les erfahren. Druben in Stonehenge ist ein Paket mit den Forderungen der Entfuhrer und einem Videoband von Jessica Sloane eingetroffen.«
4
Das Band mit Jessicas Erklarung lie?en sie zuerst laufen.
Es war Freitag, 22 Uhr 30. In einem Vorfuhrraum, der sonst nur vom obersten Management benutzt wurde, sa?en zehn Personen: Les Chippingham und Crawford Sloane, von der Spezialeinheit Don Kettering, Norm Jaeger, Karl Owens und Iris Everly, von der Senderzentrale in Stonehenge Margot Lloyd-Mason und Tom Nortandra, einer der Vizeprasidenten, und Irwin Bracebridge, der Prasident der CBA Broadcast Group, sowie vom FBI Sonderagent Otis Havelock.
Da? dieses Treffen uberhaupt zustande kam, war zu einem Gro?teil dem Zufall zu verdanken. Etwas fruher am Abend, gegen 19 Uhr 30, gab ein Bote in der Eingangshalle von Stonehenge ein kleines, unscheinbares Paket mit der Adresse
Margot verlie? den Empfang und eilte nach Stonehenge, wo sie sich zusammen mit Nortandra und Bracebridge, den man ebenfalls hinzugerufen hatte, das Band ansah und den beiliegenden Brief las. Sie wu?ten naturlich sofort, da? sie die Nachrichtenabteilung informieren mu?ten, und beriefen eine Sitzung in der CBA News-Zentrale ein.
Wenige Minuten vor Beginn der Sitzung nahm Bracebridge, selbst ehemaliger Prasident von CBA News, Crawford Sloane beiseite. »Ich wei?, da? das sehr schwer fur dich wird, Crawf, und ich mu? dich warnen. Auf diesem Band sind einige Gerausche, die mir gar nicht gefallen haben. Wenn du dir die Aufnahme also zuerst alleine ansehen willst, dann verstehen wir das und warten vor der Tur.«
Crawford Sloane war von Larchmont gekommen, zusammen mit Otis Havelock, der im Haus gewesen war, als der Anruf mit der Nachricht uber die Botschaft der Entfuhrer sie erreichte. Jetzt schuttelte Sloane den Kopf. »Vielen Dank, Irwin. Aber ich will es mir mit euch zusammen ansehen.«
Don Kettering war es, der nun die Leitung ubernahm und dem Vorfuhrer zurief: »Also los!«
Es wurde dunkel im Saal. Fast gleichzeitig zeigte sich auf dem riesigen, erhohten Fernsehschirm vor den Zuschauern das schwarzwei?e Flimmern, das typisch ist, wenn der Vorspann eines Bands ohne Bilder lauft. Aber Ton war bereits vorhanden - eine Reihe markerschutternder Schreie drang unvermittelt aus den Lautsprechern. Die Gruppe sa? wie erstarrt. Dann richtete Crawford Sloane sich auf und rief mit gebrochener Stimme: »O Gott! Das ist Nicky!«
Plotzlich horten die Schreie so abrupt auf, wie sie begonnen hatten. Einen Augenblick spater tauchte ein Bild auf - Jessicas Gesicht und Schultern vor einem nackten braunen Hintergrund, offensichtlich einer Wand. Jessicas Gesicht war ernst und starr, und auf diejenigen, die sie kannten, auf die meisten also, wirkte sie erschopft und schwach. Doch als sie zu reden begann, klang ihre Stimme fest und entschlossen, wobei man allerdings das Gefuhl nicht loswurde, da? sie sich zwang, ihre Stimme normal klingen zu lassen.
Sie begann: »Wir werden hier gut behandelt. Man hat uns erklart, warum wir entfuhrt wurden, und wir verstehen nun, da? es notwendig war. Wir wissen auch, da? die Bedingungen, die fur unsere sichere Ruckkehr gestellt werden, von unseren amerikanischen Freunden sehr leicht zu erfullen sind. Als Gegenleistung fur unsere Freilassung sind die Anweisungen, die dieser Aufnahme beiliegen, schnell und Punkt fur Punkt zu befolgen. Aber seid euch uber eins im klaren...«
Bei den Worten »uber eins im klaren« horte man, wie Crawford Sloane uberrascht die Luft anhielt und dann etwas murmelte.
»...wenn ihr diese Instruktionen nicht befolgt, werdet ihr keinen von uns je wiedersehen. Wir flehen euch an, la?t das nicht geschehen... «
Wieder kam ein plotzliches Gerausch von Sloane, ein geflusterter Ausruf:
»Wir warten, wir zahlen auf euch und hoffen verzweifelt, da? ihr die richtige Entscheidung trefft und uns wohlbehalten nach Hause holt.«
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Jessicas Gesicht war noch auf dem Monitor zu sehen, sie starrte mit ausdrucksloser Miene ins Leere. Dann war die Aufzeichnung zu Ende. Die Lichter gingen wieder an.
»Wir haben das Band zuvor ganz durchlaufen lassen«, sagte Irwin Bracebridge. »Es ist sonst nichts drauf. Aber wir glauben, da? die Schreie am Anfang von einem anderen Band heruberkopiert wurden. Wenn man sich das Band in Zeitlupe genau ansieht, erkennt man einen optischen Schnitt an der Stelle, wo zwei Aufnahmen zusammenkopiert wurden.«
»Warum sollten sie so etwas tun?« wollte jemand wissen.
Bracebridge zuckte mit den Achseln. »Vielleicht, um uns aufzurutteln und uns Angst einzujagen. Und das hat ja auch funktioniert, oder?«
Die anderen murmelten zustimmend.
Les Chippingham fragte behutsam: »Bist du sicher, da? diese ersten Gerausche von Nicky stammen?«
