hatte Angst, da? man ihn umbringen wurde.«

»Hat er gesagt, warum?«

Dolores dachte nach. »Ich glaube, er hat etwas gehort. Jemand hat gesagt, da? er zu viel wei?.« Sie begann zu weinen. »Wir waren so lange zusammen. Was soll ich jetzt tun?«

Eine wichtige Frage war noch offen. Partridge hatte sie bewu?t zuruckgestellt, und auch jetzt bereitete sie ihm Schwierigkeiten. »Nach seiner Ruckkehr aus Amerika und bevor er wieder hierherkam, war Baudelio da noch woanders in Peru?«

Dolores nickte.

»Hat er Ihnen gesagt, wo?«

»Ja. In Nueva Esperanza.«

Partridge konnte kaum glauben, was er da so plotzlich und unerwartet erfahren hatte. Seine Hande zitterten, als er in seinem Notizbuch zuruckblatterte - zu den Aufzeichnungen des Interviews mit Cesar Acevedo und der Liste der Orte, aus denen der Sendero Luminoso die katholischen Arzteteams vertrieben hatte. Ein Name sprang ihm sofort ins Auge: Nueva Esperanza.

Er hatte es geschafft! Endlich wu?te er, wo Jessica, Nicky und Angus Sloane gefangengehalten wurden.

Partridge mu?te sich ins Gedachtnis rufen, da? er vor allem und zuerst Fernsehkorrespondent war, als er mit Rita, Minh und O'Hara die Aufnahmen besprach, die sie brauchten - von Dolores, der Wohnung und dem Gebaude. Nachdem er Tomas zum Auto, geschickt hatte, um die anderen zu holen, standen sie jetzt alle in der Wohnung im zehnten Stock.

Partridge wollte auch Nahaufnahmen der Arztdiplome und des Briefes aus Massachusetts, der Gossage alias Baudelio zum Aussatzigen seines Standes machte. Auch wenn der amerikanische Arzt bereits begraben war, wollte Partridge alles tun, um das, was er den Sloanes angetan hatte, fur immer festzuhalten.

Doch obwohl die Rolle, die Baudelio bei der Entfuhrung gespielt hatte, fur die Story sehr wichtig war, wu?te Partridge auch, da? eine sofortige Veroffentlichung ein Fehler ware, weil man damit Informationen aus der Hand geben wurde, die seine CBA-Truppe im Augenblick exklusiv besa?. Nur wollte er die Sequenz uber Baudelio sofort fertigstellen, um sie schnell bei der Hand zu haben, wenn es Zeit fur eine Veroffentlichung war.

Dolores wurde in Gro?aufnahme gefilmt und ihre Stimme im spanischen Original aufgenommen. Sie sollte spater ausgeblendet und eine Ubersetzung darubergelegt werden. Gegen Ende der Aufnahme sagte Fernandez zu Partridge: »Sie erinnert Sie daran, da? Sie ihr Geld versprochen haben.«

Partridge besprach sich kurz mit Rita, die dann tausend Dollar in Funfzigerscheinen abzahlte. Das war eine fur die Umstande sehr gro?zugige Bezahlung, aber Dolores hatte ihnen zu einem wichtigen Erfolg verholfen; au?erdem hatten Partridge und Rita Mitleid mit ihr und glaubten ihrer Behauptung, da? sie, trotz ihres Verhaltnisses mit Baudelio, nichts von der Entfuhrung gewu?t habe.

Abschlie?end sagte Rita zu Fernandez: »Bitte erklaren Sie ihr, da? CBA im allgemeinen nicht fur Interviews zahlt und da? sie das Geld fur die Bereitstellung ihrer Wohnung und die Informationen bekommt, die sie uns geliefert hat.« Es war eine rein theoretische Unterscheidung, die in der Branche haufig benutzt wurde, um zu verschleiern, da? sie genau das taten, was sie vorgaben, nicht zu tun, und New York sah es gern, wenn Produzenten sich an dieses Ritual hielten.

Dolores' Dankbarkeit nach zu urteilen, hatte sie weder zugehort noch verstanden, worum es ging. Partridge war uberzeugt, da? sie die leere Gin-Flasche durch eine volle ersetzen wurde, sobald die Reporter verschwunden waren.

Doch jetzt konnte Partridge sich wieder mit dem Wesentlichen beschaftigen - so schnell wie moglich eine Befreiungsexpedition nach Nueva Esperanza auf die Beine zu stellen. Bei dem Gedanken wuchs die Erregung in ihm, ruhrte sich wieder die alte Sucht nach Gefahr, Waffen und Kampf.

10

Am liebsten hatte Crawford Sloane jeden Tag Harry Partridge in Peru angerufen und ihn gefragt: »Gibt's was Neues?« Aber er beherrschte sich, denn er wu?te, da? er von jeder neuen Entwicklung ohnehin sofort erfahren wurde und da? es wichtig war, Partridge ungestort und auf seine Art arbeiten zu lassen. Sloane traute ihm noch immer mehr zu als jedem anderen, den man mit diesem Auftrag nach Peru hatte schicken konnen. Ein weiterer Grund fur seine Zuruckhaltung war die Tatsache, da? Harry Partridge ihn von sich aus mehrfach entweder spatabends oder fruh am Morgen angerufen hatte, um ihn uber Forschritte und Hintergrunde zu informieren.

Doch seit dem letzten Anruf aus Peru waren bereits einige Tage vergangen, so da? Crawford, obgleich er enttauscht war, annahm, da? es einfach nichts Neues zu berichten gab.

Er irrte sich.

Wovon Sloane nichts wu?te und auch nichts wissen konnte, war Partridges Entscheidung, die gesamte Kommunikation zwischen Lima und New York, ob nun uber Telefon, Satellit oder Geschriebenem, wegen des damit verbundenen Sicherheitsrisikos vorubergehend auszusetzen. Nach dem Interview mit General Ortiz, in dem dieser Partridge zu verstehen gegeben hatte, da? er uberwacht wurde, schien es moglich, da? Telefone angezapft und sogar die Post geoffnet wurde. Satellitenubertragungen waren mit der entsprechenden Ausrustung leicht mitzuschneiden, und auch die Benutzung anderer als der ublichen Telefonanschlusse garantierte keine Vertraulichkeit.

Grund zur Vorsicht gab aber auch, da? es in Lima inzwischen von Journalisten und Fernsehteams wimmelte, die alle in ihrer Berichterstattung uber die Sloane-Entfuhrung konkurrierten und nach neuen Spuren suchten. Bis jetzt hatte sich Partridge die Reportermeute vom Hals halten konnen, doch wu?te er auch, da? man wegen der bisher so erfolgreichen CBA-Berichterstattung sehr genau darauf achtete, wohin er ging und welche Leute er traf.

Partridge hatte deshalb beschlossen, nichts uber seinen Besuch in der Wohnung an der Huancavelica Street und dessen Ergebnis preiszugeben, vor allem nicht uber Telefon. Seine Kollegen von CBA bat er, sich ebenfalls daran zu halten, und scharfte ihnen fur die Vorbereitungen der Expedition nach Nueva Esperanza absolute Verschwiegenheit ein. Nicht einmal CBA in New York durfte vorerst davon erfahren.

So betrat Crawford Sloane am Donnerstagvormittag um 10 Uhr 55, also etwas spater als sonst, die CBA News-Zentrale, ohne etwas von den Entwicklungen in Lima vom Vortag zu wissen.

Begleitet wurde er von einem jungen FBI-Agenten namens Ivan Ungar, der in Crawfords Haus ubernachtet hatte. Das FBI schutzte Sloane auch weiterhin vor einer moglichen Entfuhrung, und es gab Geruchte, da? auch andere Mitarbeiter von CBA Personenschutz erhielten. Doch war seit der Kontaktaufnahme der Entfuhrer die vierundzwanzigstundige Telefonuberwachung aufgegeben worden.

FBI-Sonderagent Otis Havelock beschaftigte sich auch weiterhin mit dem Fall, er hatte nach der Entdeckung des Unterschlupfs die Leitung der Ermittlungen in Hackensack ubernommen. Wie Sloane erfahren hatte, wurde auch der Flughafen von Teterboro wegen seiner Nahe zu Hackensack vom FBI kontrolliert. So uberprufte man samtliche Fluge, die vom Zeitpunkt der Entfuhrung bis zu dem Tag, da bekannt wurde, da? sich Entfuhrer und Opfer in Peru aufhielten, von dort gestartet waren. Doch wegen der Menge der Starts in diesen dreizehn Tagen kamen die Ermittlungen nur langsam voran.

Als Sloane das CBA News-Gebaude betrat, legte ein uniformierter Sicherheitsposten gru?end die Hand an die Mutze, doch von Beamten der New Yorker Stadtpolizei, die nach der Entfuhrung uber eine Woche lang den Komplex bewacht hatten, war nichts zu sehen. Der Publikumsverkehr war so stark wie fruher, und obwohl die Hereinkommenden sich am Empfang ausweisen mu?ten, fragte sich Sloane, ob die Sicherheitsbestimmungen inzwischen wieder so nachlassig gehandhabt wurden wie vor der Entfuhrung.

Zusammen mit Ungar betrat er einen Aufzug, fuhr in den dritten Stock und ging zu seinem Buro neben dem Hufeisen, wo einige Leute von ihrer Arbeit aufsahen und ihn begru?ten. Sloane lie? die Tur seines Buros offen. Ungar setzte sich drau?en auf einen Stuhl.

Als Sloane seinen Regenmantel auf einen Haken hangte, bemerkte er auf seinem Tisch ein wei?es Styroporpaket, wie es von Stra?enverkaufsrestaurants benutzt wird. In der Gegend gab es einige dieser Laden, die haufig auf telefonische Bestellung Snacks oder komplette Menus in die Buros von CBA News lieferten. Da aber Sloane nichts bestellt hatte und normalerweise in der Cafeteria zu Mittag a?, nahm er an, da? es sich um ein Versehen handelte.

Doch dann stellte er uberrascht fest, da? auf dem ordentlich mit wei?er Schnur verschnurten Packchen »C. Sloane« als Empfanger angegeben war. Ohne gro?es Interesse nahm er eine Schere aus der Schublade, zerschnitt die Schnur und offnete das Packchen. Obenauf lagen einige Blatt zusammengefaltetes wei?es Papier

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