»Zuruckholen konnen wir ihn naturlich. Aber mit der Entlassung bin ich mir nicht so sicher.«
»Entlassen, sagte ich! Horen Sie heute morgen schlecht, Margot? Ich will, da? dieser Kerl aus dem Sender verschwindet, damit ich gleich am Montagmorgen den peruanischen Prasidenten anrufen und ihm sagen kann: >Sehen Sie, wir haben den Unruhestifter rausgeworfen. Tut uns wirklich leid, da? wir ihn ausgerechnet in Ihr Land geschickt haben. Es war ein schlimmer Fehler, aber es wird nicht mehr vorkommen.««
Da Margot Schwierigkeiten im Sender befurchtete, erwiderte sie: »Theo, ich mu? Sie darauf hinweisen, da? Partridge schon sehr lange bei CBA ist. Es mussen schon beinahe funfundzwanzig Jahre sein, und er hat immer hervorragende Arbeit geleistet.«
Elliott gestattete sich ein schlaues Grinsen. »Dann schenken Sie dem Kerl von mir aus eine goldene Uhr. Aber Sie mussen ihn loswerden, damit ich am Montag bei Castaneda anrufen kann. Und Margot, ich mochte Sie noch vor etwas anderem warnen.«
»Wovor, Theo?«
Elliott ging hinter seinen Schreibtisch, setzte sich und winkte auch Margot zu einem Sessel. »Da? es gefahrlich ist, Schreiberlinge oder Reporter fur etwas Besonderes zu halten. Das sind sie namlich nicht, obwohl sie es manchmal selber glauben und sich ubertriebene Vorstellungen uber ihre eigene Wichtigkeit machen. Schreiberlinge gibt es wie Sand am Meer. Wenn Sie einen feuern, sind sofort zwei andere da.«
Elliott fand langsam Gefallen an dem Thema und erzahlte weiter: »Es sind Leute wie Sie und ich, Margot, die wirklich zahlen in dieser Welt. Wir sind die Macher, wir sind diejenigen, die jeden Tag etwas bewegen. Deshalb konnen wir uns Schreiberlinge kaufen, wann immer wir wollen, und vergessen Sie dabei eins nicht - von denen kriegt man zwei fur einen Penny, wie die Englander sagen. Und wenn wir genug haben von einem ausgedienten, alten Schmierer wie Partridge, dann holen wir uns einen neuen, am besten einen grunen Jungen frisch vom College. Nichts leichter als das.«
Margot lachelte; die schlimmste Wut ihres Vorgesetzten war offensichtlich verraucht. »Ein interessanter Standpunkt.«
»Dann machen Sie ihn sich zu eigen. Ach, und noch etwas.«
»Ich hore.«
»Glauben Sie nur nicht, da? die Leute bei Globanic, mich eingeschlossen, nicht merken, wie Sie, Leon Ironwood und Fossie Xenos um Positionen kampfen, weil jeder von euch hofft, eines Tages auf meinem Stuhl zu sitzen. Nun, ich sage Ihnen eins, Margot, was Sie und Fossie angeht, da ist Fossie Ihnen heute vormittag einige Nasenlangen voraus.«
Der Vorsitzende winkte abschlie?end mit der Hand. »Das ist alles. Rufen Sie mich spater an, wenn die Angelegenheit mit Peru erledigt ist.«
Es war schon spater Vormittag, als Margot in ihr Buro in Stonehenge zuruckkehrte und sofort Leslie Chippingham zu sich rufen lie?. Der Nachrichtenchef habe sich »unverzuglich« bei ihr zu melden.
Es hatte ihr gar nicht gefallen, da? man an diesem Morgen nach ihr geschickt hatte, sie zog es vor, andere zu sich zu zitieren. Sie freute sich deshalb uber diese Umkehrung der Lage.
Ebensowenig gefallen hatte ihr Elliotts Hinweis, da? Fossie Xenos ihr »einige Nasenlangen voraus« sei. Falls das wirklich stimmte, hatte sie vor, es so schnell wie moglich zu andern.
Margot hatte nicht die Absicht, sich ihre Karriereplane von etwas durchkreuzen zu lassen, das sie eigentlich nur als schnell und einfach zu losende Kleinigkeit betrachtete.
Deshalb kam sie, als Chippingham kurz nach Mittag ihr Buro betrat, ebenso unverblumt zur Sache, wie Elliott es bei ihr getan hatte.
»Was ich Ihnen jetzt sage, ist ein Befehl«, begann Margot. »Und ich will keine Diskussion daruber.«
Nach kurzem Schweigen fuhr sie fort: »Das Beschaftigungsverhaltnis mit Harry Partridge ist sofort zu losen. Ich will, da? er bis morgen CBA verlassen hat. Ich wei?, da? er einen Vertrag hat, und Sie werden tun, was der fur den Fall einer Auflosung vorschreibt. Au?erdem mu? Partridge Peru verlassen, am besten schon morgen, aber spatestens am Sonntag. Und wenn Sie dazu eine Maschine chartern mussen, dann tun Sie es.«
Mit offenem Mund starrte Chippingham sie an, er traute seinen Ohren nicht. Schlie?lich brachte er unter Schwierigkeiten heraus: »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!«
»Das ist mein Ernst, und ich sagte, keine Diskussion«, erwiderte Margot bestimmt.
»Zum Teufel noch mal!« Chippingham hatte erregt die Stimme erhoben. »Ich werde doch nicht untatig zusehen, wie einer unserer besten Korrespondenten, der schon uber zwanzig Jahre bei uns ist, ohne jeden Grund gefeuert wird.«
»Der Grund geht Sie nichts an.«
»Ich bin schlie?lich Chef der Nachrichtenabteilung, oder? Margot, ich flehe Sie an! Was hat Harry denn um Himmels willen getan? Ist es etwas Schlimmes? Wenn ja, dann will ich es wissen.«
»Wenn Sie es unbedingt wissen wollen, es geht um die Art seiner Berichterstattung.«
»Eine bessere gibt es nicht! Sie ist ehrlich, fundiert und vorurteilslos. Da konnen Sie jeden fragen!«
»Das habe ich nicht notig. Auf jeden Fall sind nicht alle Ihrer Meinung.«
Chippingham sah sie argwohnisch an. »Da steckt doch Globanic dahinter, oder?« Dann fiel ihm etwas an. »Das kommt von Ihrem Freund, diesem kaltblutigen Tyrannen Theodore Elliott!«
»Vorsicht!« warnte sie ihn und beschlo? dann, diese Art von Gesprach nicht langer fortzusetzen.
»Ich habe nicht vor, mich auf weitere Erklarungen einzulassen«, sagte sie kalt. »Ich will Ihnen nur noch eins sagen: Wenn mein Befehl nicht bis Geschaftsschlu? heute abend ausgefuhrt wird, dann sind Sie selbst entlassen, und ich werde jemand an Ihre Stelle setzen, der tut, was ich sage.«
»Das wurden Sie wirklich tun, nicht?« Er sah sie mit einer Mischung aus Verwunderung und Ha? an.
»Damit keine Zweifel aufkommen - ja. Und wenn Sie vorhaben, Ihren Job zu behalten, dann melden Sie mir heute abend Vollzug. Und jetzt verschwinden Sie!«
Nachdem Chippingham gegangen war, stellte Margot mit Befriedigung fest, da? sie ebenso hart sein konnte wie Theo Elliott.
Les Chippingham sa? in seinem Buro in der Zentrale von CBA News, und obwohl er wu?te, da? er damit das Unausweichliche nur verzogerte, erledigte er verschiedene Routineangelegenheiten, bis er schlie?lich um 15 Uhr seiner Sekretarin sagte, er wolle bis auf weiteres nicht gestort werden. Er brauchte Zeit zum Nachdenken.
Er verschlo? die Tur von innen und setzte sich nicht an seinen Schreibtisch, sondern an den Konferenztisch, von wo er eins seiner Lieblingsbilder im Blick hatte - eine einsame Landschaft von Andrew Wyeth. Doch Chippingham registrierte das Gemalde kaum, er war zu sehr mit der anstehenden Entscheidung beschaftigt.
Er wu?te, da? sein Leben in einer Krise steckte.
Wenn er Margots Befehl befolgte und Harry Partridge ohne ersichtlichen Grund feuerte, gab er seine Selbstachtung auf. Denn das wurde hei?en, da? er einem anstandigen, au?erst fahigen und geachteten Menschen, einem Freund und Kollegen, auf eine schandliche Weise Unrecht tat, nur um die Laune eines anderen zu befriedigen. Wer dieser andere war und aus welcher Laune heraus er handelte, wu?te Chippingham nicht, aber er war uberzeugt, da? er und andere es irgendwann herausfinden wurden. Im Augenblick wu?te er nur, da? Theodore Elliott irgendwie damit zu tun hatte - Margots Reaktion auf seine wutende Bemerkung lie? daran keinen Zweifel.
Konnte Chippingham dieses Unrecht begehen und danach weiterleben? Wenn er die Ma?stabe anlegte, an denen er sein Leben auszurichten versuchte, sollte es ihm eigentlich unmoglich sein.
Andererseits - und das lag ebenso auf der Hand - wenn er, Les Chippingham, es nicht tat, dann wurde es ein anderer tun. Margot hatte keinen Zweifel daran gelassen. Sie wurde problemlos einen anderen finden. Es gab einfach zu viele ehrgeizige Leute, auch innerhalb von CBA News, die dazu bereit waren.
Harry Partridge hatte also so oder so keine Chance mehr -zumindest bei CBA.
Und das war der entscheidende Punkt: bei CBA.
Sobald bekannt wurde - und das wurde sehr schnell passieren -, da? Harry Partridge CBA verlie? und verfugbar war, blieb er vermutlich keine funfzehn Minuten arbeitslos. Die anderen Sender wurden sich nur so um ihn rei?en. Harry war eine bekannte Personlichkeit, ein Star, und galt au?erdem uberall als sympathischer Kerl, was auch nicht eben schadete.
Nichts, absolut nichts, wurde Harry Partridge in die Knie zwingen konnen. Im Gegenteil, ein neuer Vertrag bei einem anderen Sender wurde ihm wahrscheinlich nur Vorteile bringen.
Was aber war mit einem entlassenen Nachrichtenchef? Das war eine ganze andere Geschichte, und Chippingham wu?te sehr genau, was ihm bevorstand, wenn Margot ihre Drohung wahr machte, woran er nicht
