Autohandlern angerufen. Und dabei zeigte sich, da? einige der Farben, die die Leute gesehen haben, fur diese Modelle gar nicht lieferbar sind. Der Versicherungsmensch hat zum Beispiel erzahlt, er hatte einen gelben Ford Tempo gesehen, aber dieses Modell gibt es mit einer solchen Lackierung nicht. Das gleiche gilt fur einen blauen Plymouth Reliant. Ein anderer hat ein grunes Auto erwahnt, aber keins der drei Modelle ist mit gruner Lackierung lieferbar.«
»Vielleicht bist du da wirklich auf was gesto?en«, bemerkte Owens nachdenklich. »Es ist naturlich moglich, da? ein Auto in einen Unfall verwickelt war und neu lackiert wurde, aber bei dreien ist das eher unwahrscheinlich.«
»Da ist noch etwas anderes«, warf Jaeger dazwischen, »wenn eine Werkstatt ein Auto neu lackiert, dann verwendet sie meistens die Originallacke des Herstellers. Au?er jemand verlangt extra eine ungewohnliche Farbe.«
»Was unwahrscheinlich ist«, sagte Iris, »wenn man bedenkt, was Teddy eben gesagt hat, namlich da? die Leute, mit denen wir es hier zu tun haben, sehr gerissen sind. Die wollen doch moglichst unauffallig bleiben, und nicht das Gegenteil.«
»Ich stimme euch in allem zu, Leute«, sagte Cooper. »Und das fuhrt zu dem Schlu?, da? die Bande die Autos selbst umgespritzt hat, und zwar ohne besonders auf lieferbare Lacke zu achten. Vielleicht wu?ten sie davon auch uberhaupt nichts.«
»Das sind aber doch alles nur Spekulationen«, gab Partridge zu bedenken.
Doch Rita hielt ihm entgegen: »Sind es wirklich nur Spekulationen? Uberleg doch, was Teddy vorher gesagt hat. Da? die Leute, um die es hier geht, praktisch eine ganze Flotte von Fahrzeugen hatten - mindestens drei Personenwagen, einen oder vielleicht zwei Lastwagen, und einen Nissan Kleinbus fur die Entfuhrung. Die funf kennen wir sicher. Na, und da macht es doch durchaus Sinn, da? sie alle funf an einem Ort unterbringen wollen. Das mu?te dann allerdings ein gro?eres Anwesen sein. Und warum nicht gleich so gro?, da? sie dort auch noch eine Lackierwerkstatt unterbringen konnen?«
»Du meinst also eine Operationsbasis«, sagte Jaeger. Er wandte sich an Teddy; die anfangliche Skepsis des Alteren war einem wachsenden Respekt gewichen. »Das ist es doch, worauf du hinauswillst, oder?«
»Ja.« Cooper strahlte. »Aber klar doch.«
Inzwischen wurde weiter aufgetragen - am Ende sollten es acht Gange sein. Ein sautierter Hummer mit Ingwer und Schalotten stand nun auf dem Tisch. Nachdenklich griffen die sechs nach ihren Portionen, sie konzentrierten sich auf das, was eben gesagt worden war.
»Eine Operationsbasis.« Rita dachte laut. »Vielleicht nicht nur als Stellplatz fur die Autos, sondern auch als Unterkunft fur alle Beteiligten. Von der alten Dame wissen wir, da? vier oder funf Manner an der Entfuhrung direkt beteiligt waren. Vielleicht gab es im Hintergrund noch mehr. Da ware es doch durchaus sinnvoll, Mensch und Material an einem Ort zu konzentrieren.«
»Wo auch die Geiseln versteckt werden konnen«, erganzte Jaeger.
»Wenn wir von all dem ausgehen«, sagte nun Partridge, »und okay, wollen wir es fur den Augenblick einmal tun, dann ist die nachste Frage zwangslaufig: Wo?«
»Das wissen wir naturlich nicht«, antwortete Cooper. »Aber wenn man intensiv nachdenkt, kommt man vielleicht auf ein paar Moglichkeiten, wo dieser Ort sein konnte und wie weit er von Larchmont entfernt ist.«
»Und intensiv nachgedacht hast du naturlich bereits«, bemerkte Iris amusiert.
»Nun«, erwiderte Cooper, »da du schon fragst...«
»Hor mit der Angeberei auf«, zischte Partridge.
Vollig unbeeindruckt fuhr Cooper fort: »Ich habe versucht, mich in die Lage der Kidnapper zu versetzen. Und so habe ich mich gefragt: Nach der Entfuhrung, wenn ich die Leute habe, auf die ich es abgesehen hatte, was ware mir dann am wichtigsten?«
»Wie war's denn damit?« fragte Rita. »Sicherheit vor Verfolgern; das hei?t, ich mache mich aus dem Staub und verstecke mich so schnell wie moglich.«
Cooper klatschte in die Hande. »Genau! Und ein besseres Versteck als diese Operationsbasis gibt es nicht.«
»Verstehe ich dich richtig?« fragte Owens. »Du willst damit andeuten, da? diese Basis nicht weit vom Tatort entfernt ist?«
»Ich denke mir das folgenderma?en«, sagte Cooper. »Erstens, es mu? in einiger Entfernung von Larchmont sein, denn in der Gegend zu bleiben, ware zu gefahrlich. Aber es darf zweitens auch nicht zu weit weg sein. Die Entfuhrer sind bestimmt davon ausgegangen, da? irgend jemand innerhalb kurzester Zeit, vielleicht innerhalb von Minuten, Alarm schlagt, und da? dann die Polizei in der ganzen Gegend nach ihnen sucht. Sie haben sich deshalb genau ausgerechnet, wieviel Zeit ihnen zur Verfugung steht.«
»Und wieviel Zeit wurdest du dir als Entfuhrer geben?« fragte Rita.
»Eine halbe Stunde, wurde ich sagen. Das ist zwar auch schon gefahrlich lange, aber dieses Risiko mussen sie eingehen, um weit genug wegzukommen.«
»Wenn man das in Meilen umrechnet...«, sagte nun Owens langsam, »bei der Gegend... ich wurde sagen, etwa funfundzwanzig.«
»Genau das habe ich mir auch gedacht.« Cooper zog eine zusammengefaltete Karte von New York und Umgebung aus der Tasche und breitete sie auf dem Tisch aus. Auf der Karte hatte er mit Buntstift einen Kreis um Larchmont gezogen. Nun zeigte er mit dem Finger auf den Kreis. »Ein Funfundzwanzig-Meilen-Radius. Ich glaube, da? das Hauptquartier der Entfuhrer irgendwo innerhalb des Kreises liegt.«
8
Am Freitagabend um 20 Uhr 40, wahrend die Spezialeinheit von CBA News noch im Shun Lee West beim Essen sa?, klingelte es in der Wohnung des peruanischen Diplomaten Jose Antonio Salaverry in Manhattan. Ein Besucher kundigte sich an.
Die Wohnung lag in einem zwanzigstockigen Hochhaus an der Forty-eighth Street in der Nahe der Park Avenue. Obwohl am Haupteingang ein Pfortner postiert war, konnten sich Besucher uber eine Gegensprechanlage direkt bei den Hausbewohnern anmelden, die sie dann mit einem Knopfdruck einlie?en.
Seit seinem Treffen mit Miguel an diesem Morgen war Salaverry nervos und wartete ungeduldig auf die Nachricht, da? die Medellin-Sendero-Luminoso-Bande das Land unbehelligt verlassen habe. Denn er glaubte, mit der Abreise der Gruppe sei seine Verbindung zu dieser entsetzlichen Sache, die ihm seit gestern keine Ruhe mehr lie?, beendet.
Schon seit mehr als einer Stunde sa?en er und Helga Efferen, seine Freundin aus der Bank, vor dem offenen Kamin und tranken Wodka-Tonics, denn keiner der beiden hatte Lust, in die Kuche zu gehen und zu kochen oder auch nur telefonisch etwas zu bestellen. Obwohl der Alkohol sie korperlich entspannte, nahm er ihnen nichts von ihrer Angst.
Die beiden bildeten ein eigenartiges Paar: Salaverry war klein und unruhig, wahrend auf Helga die Beschreibung »uppig« wohl am besten zutraf. Ihr kraftiger Knochenbau war von reichlich Fleisch umhullt, sie hatte riesige Bruste und naturblonde Haare. Doch eigentliche Schonheit hatte die Natur ihr vorenthalten; eine gewisse Harte in ihrem Gesicht und ihre keifende Art stie?en einige Manner ab, nicht aber Salaverry. Seit ihrer ersten Begegnung in der Bank fuhlte er sich zu Helga hingezogen, vielleicht weil er in ihr ein Spiegelbild seiner selbst sah und weil er in ihr eine versteckte, aber ausgepragte Sexualitat zu spuren glaubte.
Er hatte in beiden Aspekten recht behalten. Sie hatten die gleichen Ansichten, die im wesentlichen von Pragmatismus, Eigennutz und Geiz bestimmt waren. Und was den Sex anging, so kam es haufig vor, da? eine erregte Helga zum Wal wurde, die ihren Jonas Jose Antonio uberwaltigte und beinahe verschlang. Er liebte es. Helga hatte auch die Neigung, laut zu stohnen und auf dem Hohepunkt zu schreien, und das gab ihm das Gefuhl, mannlicher und gro?er zu sein, als er es, in jeder Hinsicht, war.
Doch dieser Abend war bislang erotisch eine Enttauschung gewesen. In der Hoffnung, ihre Sorgen zumindest eine Zeitlang vergessen zu konnen, hatten sie mit Zartlichkeiten begonnen, aber bald darauf gemerkt, da? sie beide nicht bei der Sache waren, und es wieder aufgegeben.
Ihr geistiges Einverstandnis war jedoch noch intakt und zeigte sich in ihrer Einstellung zu der Entfuhrung der Sloanes.
Beide wu?ten, da? sie wichtige Informationen uber ein Verbrechen besa?en, das alle Nachrichtensendungen beherrschte, und nach dessen Opfern und Tatern im ganzen Land gefahndet wurde. Schlimmer noch, sie hatten zur Finanzierung der Bande beigetragen.
