Look und die Saturday Evening Post gegangen sind. Die meisten von den Jungeren ubrigens, die heute bei den Nachrichten arbeiten, kennen die uberhaupt nicht.«

Sie waren beim Parker-Meridien an der West Fifty-seventh angelangt, in dem Jaeger wohnte. Partridge hatte das Inter-Continental an der East Forty-eighth vorgezogen, weil er es fur gemutlicher hielt.

»Wir beide sind zwei alte Schlachtrosser, Harry«, sagte Jaeger. »Bis morgen dann.« Zum Abschied gaben sie sich die Hand.

Eine halbe Stunde spater lag Partridge, umgeben von Zeitungen, im Bett und begann zu lesen. Aber bald verschwamm ihm die Schrift vor den Augen, und er legte die Zeitungen beiseite. Er nahm sich vor, sie am nachsten Morgen zu lesen, zusammen mit den Neuausgaben, die mit dem Fruhstuck eintrafen.

Dennoch konnte er nicht schlafen. Zu viel war in den vergangenen sechsunddrei?ig Stunden passiert. Sein Kopf war voll - ein Kaleidoskop von Ereignissen, Ideen, Verantwortlichkeiten und dazwischen immer wieder der Gedanke an Jessica, die Vergangenheit, die Gegenwart... lebendige Erinnerungen...

Wo war Jessica im Augenblick? Hatte Teddy recht mit seinem Funfundzwanzig-Meilen-Radius? War es wirklich moglich, da? er, Harry, der schlachtenerprobte Kampfer, wie ein mittelalterlicher Ritter in glanzender Rustung einen erfolgreichen Kreuzzug anfuhren und seine fruhere Geliebte finden und befreien konnte?

La? die Traumereien! Spar dir die Gedanken an Jessica und die anderen fur morgen auf. Er wollte endlich Ruhe finden und an nichts mehr denken, oder zumindest an etwas anderes.

Aus diesem anderen wurde, wie so haufig, die Erinnerung an Gemma... die zweite gro?e Liebe in seinem Leben.

Am Tag zuvor, auf dem Flug von Toronto, hatte er sich die denkwurdige Papstreise wieder in Erinnerung gerufen: Die DC-10 der Alitalia... die Pressekabine und die Begegnung mit dem Papst... Partridges Entscheidung, die Bemerkung uber die »Sklaven« nicht zu verwenden, und die Rose von Gemma als Belohnung... der Beginn ihrer gegenseitigen Zuneigung und Liebe...

Nun verdrangte er den Gedanken an Gemma nicht mehr, wie er es so lange getan hatte, sondern nahm die Erinnerung an der Stelle wieder auf, wo er tags zuvor abgebrochen hatte.

Die Reise durch Mittelamerika und die Karibik war lang und anstrengend gewesen und das bis dahin ehrgeizigste Unternehmen des Papstes. Sie fuhrte in acht Lander und erforderte lange Fluge, zum Teil bei Nacht.

Bereits nach ihrer ersten Begegnung hatte Harry beschlossen, Gemma naher kennenzulernen, aber seine journalistischen Aufgaben lie?en ihm auch wahrend der Aufenthalte wenig Zeit, sie zu sehen. Dennoch nahmen sie einander immer starker wahr, und wenn es die Arbeit im Flugzeug zulie?, setzte sich Gemma zu ihm. Bald fingen sie an, Handchen zu halten, und als Gemma sich einmal zum Abschied an ihn schmiegte, ku?ten sie sich.

Als es geschah, spurte er, wie sein Verlangen wuchs.

Sie sprachen miteinander, sooft sie konnten, und Gemma erzahlte ihm von ihrem Leben.

Sie stammte aus dem kleinen Ferienort Vallombrosa in den Bergen der Toskana, unweit von Florenz, und war die jungste von drei Schwestern. »Es ist kein mondaner Ort, wo die Reichen Urlaub machen, Harry caro, aber sehr schon.«

Vallombrosa, sagte sie ihm, war ein Zufluchtsort fur die italienische Mittelklasse, die dort ihre Sommer verbrachte. Etwa zwei Kilometer entfernt lag Il Paradisino, wo einst John Milton lebte und wo er angeblich seine Inspiration fur Paradise Lost fand.

Gemmas Vater war ein begabter Kunstler, der sich als Gemalde- und Freskenrestaurator einen Namen gemacht hatte und der haufig in Florenz arbeitete. Ihre Mutter war Musiklehrerin. Kunst und Musik waren ein fester Bestandteil des Familienlebens und blieben es fur Gemma auch in ihrem spateren Leben.

Vor drei Jahren hatte sie bei Alitalia angefangen. »Ich wollte die Welt sehen. Anders hatte ich es mir nicht leisten konnen.«

Partridge fragte: »Und wieviel hast du gesehen, bei dem Job?«

»Ein bi?chen was schon, wenn auch nicht so viel, wie ich wollte. Aber langsam bin ich es leid, immer nur eine cameriera del cielo zu sein.«

Er lachte. »Du bist viel mehr als eine Kellnerin des Himmels. Hast du nicht auch viele Leute kennengelernt?« Und mit gespielter Eifersucht fugte er hinzu: »Viele Manner?«

Gemma zuckte nur mit den Achseln. »Den meisten mochte ich au?erhalb des Flugzeugs nicht begegnen.«

»Aber es gab doch sicher auch andere?«

Sie lachelte auf ihre unwiderstehliche, sanfte Art. »Niemand, den ich so gern hatte wie dich.«

So einfach sie das gesagt hatte, fragte Partridge sich dennoch, ob er nicht naiv und dumm war, wenn er ihren Worten glaubte. Warum soll ich ihr nicht glauben, dachte er dann, wenn ich genauso empfinde wie sie, und wenn seit Jessica keine Frau mehr eine solche Wirkung auf mich hatte?

Sie hatten beide das Gefuhl, da? die Reise zu schnell voruberging. So wenig Zeit blieb ihnen noch. Und dann wurden sie wahrscheinlich auseinandergehen und sich nie wiedersehen.

Vielleicht war es dieses Gefuhl fur die verrinnende Zeit, das Gemma in jener denkwurdigen Nacht bewegte, zu ihm zu kommen und sich an ihn zu schmiegen, als die meisten in der schwach erleuchteten Kabine schon schliefen. Unter dem Schutz der Decke liebten sie sich zum ersten Mal. Nicht einmal der unbequeme Dreiersitz einer Touristenklasse machte ihnen etwas aus, und fur Partridge blieb diese Nacht eines seiner schonsten Erlebnisse.

»Gemma, willst du meine Frau werden?« flusterte er, nachdem sie miteinander geschlafen hatten. Es war eine plotzliche Eingebung, ausgelost durch die Erinnerung an den Verlust Jessicas.

Sie hatte zuruckgeflustert: »Oh, amor mio, naturlich will ich.«

Das nachste Reiseziel war Panama. Mit leiser Stimme stellte Partridge Fragen und machte Plane, wahrend Gemma im Halbdunkel nur verschmitzt lachte und allem zustimmte.

Bei Tageslicht landeten sie auf dem Flughafen Tocumen in Panama. Die DC-10 der Alitalia rollte aus. Der Papst verlie? die Maschine, ganz der gelernte Schauspieler von einst, und ku?te geschickt den Boden, wahrend sich zahllose Objektive auf ihn richteten. Danach begannen die hinlanglich bekannten Formalitaten.

Vor der Landung hatte Partridge mit seinem Produzenten und dem Kamerateam gesprochen und sie gebeten, wahrend der ersten Stunden des Papstbesuchs ohne ihn zu arbeiten. Er wurde spater dazukommen, um seinen Bericht fur die National Evening News aufzunehmen und beim Schneiden zu helfen. Da es in Panama keine Sommerzeit gab, betrug der Zeitunterschied zu New York nur eine Stunde, was ihnen aber reichlich Zeit lie?.

Bei aller Neugierde huteten sich seine Kollegen von CBA, Fragen zu stellen, obgleich ihnen die wachsende Bindung zwischen ihm und Gemma kaum entgangen sein durfte.

Er hatte sich auch an den Reporter der New York Times, seinen alten Bekannten Graham Broderick, gewandt und ihn gefragt, ob er fur den einen Tag dessen Notizen fur seinen Bericht verwenden durfe. Broderick zog nur spottisch seine Augenbrauen hoch und willigte ein. Solche Arrangements waren unter Journalisten durchaus ublich, zumal man ja nie wu?te, wann man selbst Hilfe brauchte.

Als die anderen ausstiegen, wartete Partridge noch auf Gemma. Er hatte keine Ahnung, welche Erklarung sie ihrem Vorgesetzten, dem Chefsteward, geben wollte, doch kam sie kurz darauf, und sie verlie?en gemeinsam die DC-10. Als Gemma sich entschuldigte, weil sie immer noch ihre Uniform anhatte, nahm er ihren Arm und sagte: »Ich liebe dich so, wie du bist.«

Mit ernstem Ausdruck wandte sie sich ihm zu. »Wirklich, Harry?«

Er nickte ihr ruhig zu. »Wirklich.«

Sie schauten sich in die Augen und schienen glucklich uber das, was sie sahen.

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