hatte. Der zuvor wei? lackierte Laster mit der Aufschrift
Miguel hatte ihm diese Veranderung befohlen. Nun sagte er zufrieden zu Rafael:
Ganz offensichtlich froh uber dieses Lob, drehte sich Rafael zu ihm um, ein dunnes Lacheln in seinem narbigen, groben Gesicht. Eigenartig, dachte Miguel, da? dieser Rafael, der so wild sein konnte und mit damonischem Vergnugen anderen Leid zufugte und totete, manchmal wie ein kleines Kind war, das Zustimmung und Aufmunterung brauchte.
Miguel deutete auf die Nummernschilder des Lasters mit Kennzeichen aus New Jersey. »Sind das neue?«
Wieder nickte Rafael. »Aus dem letzten Satz. Sind bis jetzt noch nicht benutzt worden, und die anderen hab' ich auch ausgetauscht.«
Das bedeutete, da? alle funf Fahrzeuge nun Nummernschilder hatten, die wahrend der Beschattung nicht verwendet worden waren. So konnte man die Autos viel leichter verschwinden lassen.
Miguel ging nach drau?en, wo Julio und Luis unter einer Baumgruppe ein tiefes Loch gruben. Die Erde war schwer vom Regen des vergangenen Tages, die Arbeit muhsam. Julio durchtrennte eben mit einem Spaten ein Baumwurzel, und als er Miguel kommen sah, richtete er sich auf, wischte sich den Schwei? von der Stirn und fluchte.
Miguel wollte ihn schon anschreien, beherrschte sich aber. Die ha?liche Messerwunde in Julios Gesicht farbte sich rot, ein Zeichen, da? er schlecht gelaunt war und auf einen Kampf nur wartete.
»Mach 'ne Pause«, sagte Miguel knapp. »Wir haben noch Zeit. Um 19 Uhr 40 fahren wir los.«
Ein Streit in diesen letzten paar Stunden ware absolut unsinnig. Au?erdem brauchte er die Manner noch, um das Loch fertig zu graben, in dem sie die Funktelefone und einen Teil von Baudelios medizinischer Ausrustung verstecken wollten.
Das Vergraben vor allem der Telefone war nicht eben die ideale Losung, und Miguel hatte es vorgezogen, sie irgendwo in tiefes Wasser zu werfen. Es gab in der Gegend zwar genug
Wasser, doch die Chancen, sich der Apparate auf diese Art zu entledigen, ohne beobachtet zu werden, waren gering -zumindest in der kurzen Zeit, die ihnen noch zur Verfugung stand.
Sobald die uberflussige Ausrustung versteckt und das Loch wieder zugeschuttet war, wurden Julio und Luis Blatter daruberrechen und so die Spuren verwischen.
Carlos, den Miguel als nachsten traf, war in einem anderen Nebengebaude und verbrannte Papiere in einem Eisenofen. Er war ein gebildeter, junger Mann, der die Beschattung der Sloanes organisiert hatte und nun die Berichte und Fotos dieser Beschattung in den Ofen steckte.
Als Miguel ihm den Abreisetermin nannte, schien er erleichtert. Seine dunnen Lippen zuckten, und er sagte:
Miguel wu?te sehr wohl, wie belastend die letzten vierundzwanzig Stunden fur jeden einzelnen gewesen waren, vor allem fur Carlos, vielleicht wegen seiner Jugend. Aber der junge Mann hatte sich vorbildlich unter Kontrolle, und Miguel sah fur ihn uber kurz oder lang eine fuhrende Rolle im Terrorismus voraus.
Ein kleiner Stapel Kleider, die offensichtlich Carlos gehorten, lag neben dem Ofen. Miguel, Carlos und Baudelio wurden wahrend der Abreise schwarze Anzuge tragen, um bei einer moglichen Kontrolle durch Polizei oder Zoll mit einer sorgfaltig ausgearbeiteten Tarngeschichte als Trauernde auftreten zu konnen. Die restliche Kleidung wollten sie zurucklassen.
Miguel deutete auf die Kleidungsstucke. »Verbrenn die nicht - zu viel Rauch. Durchsuch die Taschen, nimm alles raus und rei? die Etiketten ab.« Er deutete in die Richtung der beiden Grabenden. »Sag's den anderen auch.«
»Okay.« Carlos wandte sich wieder dem Feuer zu und sagte nach einer Weile: »Eigentlich brauchten wir Blumen.«
»Blumen?«
»Fur den Sarg im Leichenwagen und vielleicht fur die anderen auch. Eine trauernde Familie wurde Blumen auf die Sarge legen.«
Miguel zogerte. Er wu?te, da? Carlos recht hatte und da? er, Miguel, bei der Vorbereitung der Reise diesen Aspekt nicht beachtet hatte. Die Route dieser Reise war sorgfaltig geplant: Von Teterboro aus flogen sie im Learjet zuerst zum Opa Locka Airport in Florida und von dort dann ohne weitere Zwischenlandung direkt nach Peru.
Da Miguel am Anfang nur mit zwei bewu?tlosen Gefangenen gerechnet hatte, war ursprunglich geplant gewesen, zweimal zum Flughafen zu fahren, da der Leichenwagen jeweils nur einen Sarg transportieren konnte. Aber drei Fahrten mit drei Sargen waren ein zu gro?es Risiko, Miguel hatte sich deshalb einen neuen Plan ausgedacht.
Ein Sarg - Baudelio hatte zu entscheiden, welcher - sollte im Leichenwagen zum Flugplatz transportiert werden, die beiden anderen in dem umgespritzten Laster.
Der Lear 55LR, das wu?te Miguel, besa? eine Ladeklappe, durch die man problemlos zwei Sarge hineinschieben konnte. Beim dritten wurde es vielleicht Probleme geben, aber er war sich ziemlich sicher, da? sie es schafften.
Er dachte noch immer uber Carlos' Vorschlag nach. Die Blumen wurden ihre Tarngeschichte wirklich uberzeugender machen. In Teterboro mu?ten sie durch die Flughafenkontrolle. Wegen des Entfuhrungsalarms war vermutlich zusatzliche Polizei anwesend, und mit ziemlicher Sicherheit wurden Fragen nach den Sargen und ihrem Inhalt gestellt werden. Einige kritische Augenblicke standen ihnen noch bevor, und Miguel wu?te sehr gut, da? Teterboro der Schlussel zu ihrer sicheren Ausreise war. In Opa Locka, von wo aus sie die Vereinigten Staaten verlassen wurden, sah er keine Probleme mehr.
Miguel beschlo?, das kleinere Risiko einzugehen, um spater ein gro?eres zu vermeiden. Er nickte. »Okay, Blumen.«
»Ich nehme einen der Personenwagen«, sagte Carlos. »Ich wei?, wo man in Hackensack Blumen kaufen kann. Ich werde vorsichtig sein.«
»Nimm den Plymouth.« Er war inzwischen dunkelblau lackiert und hatte bisher noch nicht benutzte Nummernschilder, wie Miguel von Rafael wu?te.
Nachdem Miguel Carlos verlassen hatte, suchte er Baudelio. Er fand ihn, zusammen mit Socorro, in dem gro?en Zimmer im ersten Stock des Haupthauses, das sie als Krankenstation eingerichtet hatten. Baudelio sah selbst aus wie ein Patient, denn er trug einen Verband uber der inzwischen genahten Schnittwunde an der rechten Gesichtshalfte.
Wirkte Baudelio fur gewohnlich schon hager, bla? und alter, als er war, so wurde dieser Eindruck nun noch verstarkt. Sein Gesicht war kranklich wei?, und jede Bewegung kostete ihn ganz offensichtlich Uberwindung. Aber er erledigte seine Arbeit, und als Miguel ihn uber die Abfahrtszeit informierte, sagte er nur: »Wir werden bereit sein.«
Auf Miguels Nachfrage bestatigte der ehemalige Arzt, da? er nach seinen eineinhalbtagigen Experimenten mit Propofol nun wisse, welche Dosis er den einzelnen Gefangenen jeweils geben musse, um sie fur eine bestimmte Zeit zu betauben. Dieses Wissen war notwendig fur die Zeitspanne, in der die »Patienten« unbeobachtet in den versiegelten Sargen lagen.
Auch die Dauer des Nahrungsentzugs - bei der Abreise waren es sechsundfunfzig Stunden - sei ausreichend. Zur Einatmung von Erbrochenem werde es nicht kommen, sagte Baudelio, und au?erdem werde er, als weitere Vorsichtsma?nahme gegen das Ersticken, bei allen drei Patienten einen Luftrohrenkatheter einfuhren und sie in den Sargen auf die Seite legen. Die Flussigkeitsinfusionen hatten in der Zwischenzeit eine Dehydrierung verhindert, bemerkte Baudelio abschlie?end. An Standern neben den Betten hingen transparente Beutel mit Glucose, die uber Infusionsschlauche in die Armvenen der Betaubten tropfelte.
Miguel betrachtete die drei Gestalten. Sie wirkten friedlich, ihre Gesichter waren entspannt. Die Frau besa? eine gewisse Schonheit, vielleicht wurde er sie spater, falls sich die Gelegenheit ergab, einmal sexuell benutzen. Der Mann sah wurdevoll aus, wie ein schlafender alter Soldat, und das war er den Berichten zufolge ja auch. Der Junge wirkte zerbrechlich, sein Gesicht war sehr dunn; vielleicht hatte ihn der Nahrungsentzug geschwacht, doch
