Im Terminal lie? Partridge Gemma kurz allein. Er ging zur Touristenauskunft, wo er einem pickligen Jungling mehrere Fragen stellte. Grinsend erklarte ihm dieser, da? er mit der Senora zu den Las Bovedas, einem Teil der Alten Stadtmauer an der Plaza de Francia, gehen musse. Dort wurde er den Juzgado Municipal finden.

Partridge und Gemma nahmen ein Taxi zur Altstadt. Sie stiegen bei einem gewaltigen Obelisk aus, auf dessen Spitze ein Hahn thronte und mit dem man den franzosischen Kanalbauern, darunter auch dem beruhmten Ferdinand de Lesseps, ein Denkmal gesetzt hatte.

Etwa zwanzig Minuten spater standen sie innerhalb der Alten Stadtmauern vor einem juez in einem uppig ausgeschmuckten Raum, einer ehemaligen Gefangniszelle. Hier wurden Harry Partridge und Gemma Baccelli Mann und Frau. Nach einer funfminutigen Zeremonie unterzeichnete der mit einer baumwollenen guayabera recht lassig bekleidete Richter eine Acta Matrimonial, die funfundzwanzig Dollar kostete. An die beiden Stenografen, die als Trauzeugen fungierten, zahlte Partridge jeweils zwanzig Dollar.

Braut und Brautigam erfuhren nun, da? sie sich auf Wunsch in das Heiratsregister eintragen lassen konnten, was jedoch nur notwendig sei, wenn sie eines Tages zuruckkommen wollten, um sich scheiden zu lassen.

»Wir werden uns eintragen lassen«, sagte Partridge, »undwir werden nicht zuruckkommen.«

Schlie?lich wunschte ihnen der Richter »Que vivan los novios!«, doch es klang nicht sehr uberzeugend. Sie hatten den Eindruck, als hatte er das schon sehr oft gesagt.

Damals, wie auch spater, fragte sich Harry, wie Gemma, die der zivilen Trauung ohne Zogern zugestimmt hatte, das mit ihrer Religion vereinbaren konnte. Sie war katholisch getauft und wurde in den ersten Schuljahren von Nonnen erzogen. Aber jedesmal, wenn er fragte, zuckte sie nur mit den Achseln und sagte: »Der liebe Gott wird das schon verstehen.« Sie hatte offenbar ein recht ungezwungenes Verhaltnis zur Religion, was Harry bei vielen Italienern aufgefallen war, die, wie ihm jemand einmal gesagt hatte, immer davon ausgingen, da? Gott selbst Italiener sei.

An Bord des Flugzeugs hatte sich die Nachricht von der Heirat schneller als »die vier Winde der Erde« verbreitet, wie es ein Korrespondent der Londoner Times in Anspielung auf die Offenbarung formulierte. Nach dem Abflug von Panama wurde in der Pressekabine mit reichlich Champagner, Schnaps und Kaviar gefeiert. Das Bordpersonal schlo? sich ihnen an, soweit es seine Pflichten erlaubten, wahrend Gemma fur den Rest des Tages frei bekam. Sogar der Flugkapitan verlie? kurz das Cockpit, um zu gratulieren.

Inmitten des Trubels und der Gluckwunsche spurte Harry, da? einige starke Zweifel hatten, was die mogliche Dauer der Ehe betraf. Aber er spurte auch, da? ein paar der Manner ihn beneideten.

Die demonstrative Abwesenheit des Klerus hatte man ohne gro?e Verwunderung zur Kenntnis genommen. Auch im weiteren Verlauf der Reise mu?te Harry feststellen, da? von dieser Seite nur Reserviertheit und Ablehnung kamen. Ob der Papst uber das Geschehen informiert war oder nicht, konnte keiner der Journalisten in Erfahrung bringen. In der Pressekabine erschien er auf dieser Reise jedenfalls nicht mehr.

In der kurzen Zeit, die sie gemeinsam verbringen konnten, begannen Partridge und Gemma, Plane fur die Zukunft zu machen.

In dem New Yorker Hotelzimmer verbla?te... langsam... leider... die Erinnerung an Gemma. Schlie?lich schlief Harry Partridge erschopft ein.

10

Im Unterschlupf der Entfuhrer in Hackensack erhielt Miguel um 7 Uhr 30 am Samstagmorgen einen Anruf. Er nahm ihn in dem kleinen Zimmer im Erdgescho? des Hauptgebaudes entgegen, das er fur sich als Buro und Schlafzimmer eingerichtet hatte.

Eins der sechs Funktelefone der Bande war fur besondere Anrufe reserviert, und die Nummer des Anschlusses kannten nur diejenigen, die solche Anrufe auch tatigen durften. Miguel hatte den Apparat immer in seiner Nahe.

Der Anrufer benutzte befehlsgema? eine offentliche Telefonzelle, damit das Gesprach nicht zuruckverfolgt werden konnte.

Miguel wartete schon eine Stunde ungeduldig auf diesen Anruf. Gleich beim ersten Klingelzeichen hob er ab und fragte:

»St?«

Der Anrufer benutzte nun ein Codewort, »Tiempo?«, worauf Miguel antwortete: »Relampago.«

Er hatte noch eine zweite Antwortmoglichkeit gehabt. Wenn er auf die Frage »Wetter?« »Donner« anstatt »Blitz« erwidert hatte, so hatte das bedeutet, da? seine Gruppe aus irgendeinem Grund einen Aufschub um vierundzwanzig Stunden benotigte. Aber seine Antwort »Relampago« hie?: »Wir sind bereit zum Aufbruch. Nennen Sie Zeit und Ort.«

Nun folgte die eigentliche Botschaft: »Sombrero profundo sur zwanzighundert.«

Sombrero hie? Teterboro Airport, der ja nur eine knappe Meile entfernt lag, profundo sur der sudlichste Flugsteig. »Zwanzighundert« bedeutete den Zeitpunkt - 20 Uhr 00 -, an dem die Entfuhrungsopfer und ihre Begleiter einen in Kolumbien registrierten Learjet 55LR besteigen sollten, der dort auf sie wartete. Der 55er, das wu?te Miguel bereits, war gro?er und geraumiger als die sonst gebrauchlichen 20er und 30er Learjets. Das LR bedeutete Long Range, langstreckentauglich.

»Lo comprendo«, erwiderte Miguel knapp, und das Gesprach war beendet.

Der Anrufer war wiederum ein Diplomat gewesen, diesmal einer, der beim kolumbianischen Generalkonsulat in New York akkreditiert war. Seit Miguels Ankunft in den Vereinigten Staaten vor einem Monat diente er als Nachrichtenubermittler. Die diplomatischen Corps Perus und Kolumbiens waren mit Verratern durchsetzt, Sympathisanten des Sendero Luminoso oder bezahlte Soldner des Medellin-Kartells und manchmal auch beides. Das gro?e Geld, das die lateinamerikanischen Drogenkonige zahlten, lockte sie alle an.

Gleich nach dem Anruf ging Miguel durch das Haupthaus und Nebengebaude, um die anderen zu informieren. Die Vorbereitungen zur Abreise waren bereits in vollem Gange, und jeder wu?te, was er zu tun hatte. Es war vereinbart, da? nur Miguel, Baudelio, Socorro und Rafael als Begleitung fur die Opfer in ihren Sargen im Learjet mitflogen. Julio sollte in den Vereinigten Staaten bleiben, seine fruhere Identitat wieder annehmen und erneut ein Schlafer des Medellin-Kartells werden. Carlos und Luis sollten innerhalb der nachsten Tage das Land in aller Stille verlassen und getrennt nach Kolumbien fliegen.

Julio, Carlos und Luis hatten nach dem Abflug des Learjet noch etwas Wichtiges zu erledigen: Sie mu?ten die Fahrzeuge loswerden. Miguel hatte lange daruber nachgedacht, was mit ihrem Unterschlupf in Hackensack passieren sollte. Anfangs wollte er, sozusagen als Schlu?strich, das ganze Anwesen niederbrennen, einschlie?lich der Fahrzeuge. Die Gebaude waren alt und wurden brennen wie Zunder, vor allem wenn man mit Benzin etwas nachhalf.

Aber ein Feuer wurde Aufmerksamkeit erregen, und in der Asche lie?en sich bei einer Untersuchung Spuren finden. Obwohl das wenig Bedeutung hatte, da alle bereits verschwunden sein wurden, ware es doch unklug, den amerikanischen Behorden die Sache einfacher zu machen als notig.

Wenn sie das Anwesen einfach raumten und alles so lie?en, wie es war, wurde es Wochen, Monate oder noch langer dauern, bis man entdeckte, da? es den Entfuhrern als Durchgangsstation gedient hatte. Aber das hie?, da? man die Fahrzeuge loswerden mu?te, da? man sie an verschiedene, moglichst weit entfernte Ort fahren und dort abstellen mu?te. Es war naturlich ein gewisses Risiko dabei, vor allem fur die Leute, die den Laster, den Leichenwagen und die drei Personenautos fuhren, aber Miguel schatzte dieses Risiko sehr gering ein. Und deshalb hatte er sich auch fur diesen Weg entschieden.

Bei seinem Rundgang traf er Rafael als ersten und sagte zu ihm: »Heute abend um 19 Uhr 40 geht's los.«

Der stammige Handwerker, der gerade in der provisorischen Lackierwerkstatt in einem der Nebengebaude arbeitete, nickte nur grunzend und schien mehr interessiert an dem Wagen, den er am Tag zuvor umgespritzt

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