hatte, fur ihn eine Erleichterung bedeutete. Trotz der vorgeruckten Uhrzeit - kurz vor 22 Uhr - beschlo? Partridge, Sloane zu Hause zu besuchen. Denn Telefonieren kam nicht in Frage. Alle Gesprache, die Sloane in Larchmont entgegennahm, wurden vom FBI abgehort, und Partridge wollte diese Information noch nicht dem FBI uberlassen.

Von einem Telefon in seinem provisorischen Buro aus bestellte er fur sofort ein Auto mit Fahrer zum Haupteingang der CBA-News Zentrale.

»Ich bin dir dankbar, da? du zu mir herausgekommen bist«, sagte Sloane, nachdem Partridge ihm die Neuigkeit erzahlt hatte. »Willst du damit morgen auf Sendung gehen?«

»Ich bin mir nicht sicher.« Partridge erklarte ihm, warum, und fugte dann hinzu: »Ich will erst mal daruber schlafen.«

Sie sa?en mit Drinks im Wohnzimmer, wo, wie Sloane nun traurig dachte, er sich noch vier Abende zuvor mit Jessica und Nicholas unterhalten hatte.

Ein FBI-Agent hatte Partridge beim Betreten des Hauses neugierig gemustert. Er hatte Otis Havelock abgelost, der an diesem Abend zu Hause bei seiner Familie war. Doch Sloane hatte die Verbindungstur zwischen Flur und Wohnzimmer fest verschlossen, und die beiden sprachen mit gedampften Stimmen.

»Gleichgultig, wie du entscheidest«, sagte jetzt Sloane, »ich stehe hinter dir. Aber ware denn diese Information fur dich schon Grund genug, um nach Kolumbien zu fliegen?«

Partridge schuttelte den Kopf. »Nein, denn Rodriguez ist ein bezahlter Killer. Er hat in ganz Lateinamerika gearbeitet, und auch in Europa. Ich mu? noch mehr wissen - vor allem, von wo diese Operation ausgeht. Morgen hange ich mich wieder ans Telefon. Und die anderen auch.«

Partridge wollte vor allem den Anwalt mit den Verbindungen zum organisierten Verbrechen noch einmal anrufen, denn der hatte sich seit ihrem Gesprach am Freitag noch nicht gemeldet. Sein Instinkt sagte ihm, da? jemand, der in den Vereinigten Staaten auf eine Art operierte, wie Rodriguez es offensichtlich getan hatte, Verbindungen zum organisierten Verbrechen haben mu?te.

Beim Abschied legte Sloane Partridge die Hand auf die Schulter. »Harry, mein Freund«, sagte er mit bewegter Stimme. »Inzwischen glaube ich, da? nur du mir Jessica, Nicky und meinen Vater zuruckbringen kannst.« Er zogerte und fuhr dann fort: »Ich wei?, es hat Zeiten gegeben, in denen wir nicht gerade enge Freunde, ja nicht einmal Verbundete waren, und wenn ich daran schuld war, tut es mir leid. Aber abgesehen davon mochte ich dir einfach sagen, da? das Wichtigste, was ich im Leben habe, in deinen Handen liegt.«

Partridge versuchte, etwas zu erwidern, aber er fand nicht die richtigen Worte. Statt dessen nickte er nur, fa?te dann Sloane ebenfalls an der Schulter und sagte: »Gute Nacht.«

»Wohin, Mr. Partridge?« fragte der Fahrer.

Es war bereits kurz vor Mitternacht, und Partridge antwortete mude: »Ins Inter-Continental, bitte.«

Wahrend er sich in die Polster zurucklehnte und an Sloanes Abschiedsworte dachte, fiel ihm ein, da? auch er wu?te, was es hie?, jemanden verloren zu haben oder Gefahr zu laufen, jemanden, den man liebte, zu verlieren. In seinem Fall war es, vor langer Zeit, zuerst Jessica gewesen, obwohl naturlich die Umstande damals in keiner Weise mit Crawfords verzweifelter Situation zu vergleichen waren. Und etwas spater dann Gemma...

Er unterbrach sich. Nein! Er wollte an diesem Abend nicht an Gemma denken. Die Erinnerung an sie hatte ihn in letzter Zeit immer starker und immer haufiger uberfallen... offensichtlich immer, wenn er mude war... und mit der Erinnerung kam immer der Schmerz.

Statt dessen zwang er sich, wieder an Sloane zu denken, der ja nicht nur um Jessica, sondern auch um ein Kind, seinen Sohn, bangen mu?te. Partridge wu?te nicht, was es hie?, ein Kind zu haben. Aber dennoch wu?te er, da? der Verlust eines Kindes unertraglich sein mu?te, vielleicht die unertraglichste Last uberhaupt. Er und Gemma hatten immer ein Kind gewollt...

Er seufzte... Ach, liebste Gemma...

Dann gab er es auf. Er sa? entspannt in dem Auto, das ihn nach Manhattan zuruckbrachte, und lie? nun doch seinen Gedanken freien Lauf.

Seit jener standesamtlichen Trauung in Panama City, als er und Gemma vor dem juez in seiner baumwollenen guayabera ihr schlichtes Gelubde abgelegt hatten, war Partridge uberzeugt, da? aus einfachen Zeremonien bessere Ehen hervorgehen als aus spektakularen, pomposen Hochzeitsfeiern.

Er gab zu, da? es ein Vorurteil war, das sich vor allem auf seine eigene Erfahrung grundete. Seine erste Ehe, in Kanada, hatte mit einer »wei?en Hochzeit« begonnen, komplett mit Brautjungfern, mehreren hundert Gasten und kirchlichem Zeremoniell - die Mutter der Braut hatte darauf bestanden. Der ganze Ablauf war zuvor minutios einstudiert worden, so da? die Hochzeit selbst zur Farce wurde. Danach wollte die Ehe einfach nicht funktionieren, was Partridge zur Halfte sich selbst zuschrieb, und das rhetorische Gelubde »bis da? der Tod uns scheide« wurde - in gegenseitigem Einvernehmen und diesmal vor einem Richter - auf ein Jahr verkurzt.

Die Ehe mit Gemma dagegen hatte sich seit ihren unscheinbaren Anfangen an Bord des papstlichen Flugzeugs in dem Ma?e gefestigt, in dem ihre Liebe wuchs. Zu keiner Zeit seines Lebens war Partridge glucklicher gewesen.

Er arbeitete weiter als CBA-Korrespondent in Rom, wo auslandische Journalisten - so ein Kollege von CBS - »wie Konige lebten«.

Schon kurz nach ihrer Ruckkehr von der Papstreise fanden Partridge und Gemma eine Wohnung in einem Palazzo aus dem sechzehnten Jahrhundert. Sie lag zwischen der Spanischen Treppe und der Fontana di Trevi und hatte acht Zimmer und drei Balkone. Damals, als die gro?en Sender noch Geld ausgaben, als gabe es kein Morgen, kummerten sich die Korrespondenten noch selber um ihre Wohnungen und lie?en sich die Kosten zuruckerstatten. Doch seitdem die Budgets magerer und die Buchhalter entsprechend mi?trauischer geworden waren, wurden vom Sender weniger anspruchsvolle, billigere Wohnungen zur Verfugung gestellt.

Wahrend Gemma sich in der Wohnung, die ihr erstes gemeinsames Zuhause werden sollte, umsah, sagte sie plotzlich: »Harry, mio amore, hier fuhle ich mich schon jetzt wie im Himmel. Aber fur dich werde ich einen siebten Himmel daraus machen.« Und sie tat es.

Gemma hatte die Gabe, mit ihrem Lachen, ihrem Frohsinn und ihrer Liebe zum Leben ihre Umgebung zu verzaubern. Au?erdem wu?te sie, wie man ein Haus fuhrte, und sie war eine hervorragende Kochin. Doch beim Umgang mit Geld oder Schecks tat sie sich, wie Harry schnell herausfand, eher schwer. Wenn Gemma mit Schecks bezahlte, verga? sie haufig, den Kontrollabschnitt auszufullen, so da? auf ihrem Konto immer weniger Geld war, als sie glaubte. Und selbst wenn sie an den Kontrollabschnitt dachte, verrechnete sie sich haufig, weil sie addierte, anstatt abzuziehen, und hatte so standig Probleme mit der Bank. »Harry, tesoro«, klagte sie nach einem wenig erfreulichen Gesprach mit dem Zweigstellenleiter, »Bankleute sind so lieblos. Sie sind... wie hei?t das englische Wort?«

Schmunzelnd sagte er: »Wie war's mit pragmatisch?«

»Oh, Harry, du bist so ein kluger Kopf Ja«, sagte Gemma entschieden, »Bankleute sind zu pragmatisch.«

Partridge fand schnell eine Losung. Er nahm die finanziellen Dinge nun selbst in die Hand - ein relativ kleiner Beitrag, wie er fand, zu einem Leben, das jetzt so viele angenehme Seiten fur ihn bereithielt.

Ein anderes Problem mit Gemma erforderte mehr Behutsamkeit. Sie war vernarrt in Autos, besa? einen klapprigen Alfa Romeo und fuhr, ganz im Stil ihrer Landsleute, wie eine Wahnsinnige. Wenn er in ihrem Alfa oder seinem BMW, den sie ebenso gerne fuhr, neben ihr sa?, gab es Situationen, in denen er die Augen schlo?, weil er glaubte, seine letzte Stunde habe geschlagen. Jedesmal, wenn sie davongekommen waren, verglich er sich mit einer Katze, die gerade wieder eins ihrer neun Leben verloren hatte.

Vier waren ihm noch verblieben, als er den Mut aufbrachte, Gemma zu fragen, ob sie bereit sei, mit dem Fahren aufzuhoren. »Es ist doch nur, weil ich dich uber alles liebe«, versicherte er ihr. »Wenn ich nicht da bin, habe ich Alptraume, weil ich furchte, du konntest in einen Unfall verwickelt und verletzt werden.«

»Aber Harry«, protestierte Gemma verstandnislos, »ich bin eine gute und vorsichtige Fahrerin.«

Fur den Augenblick belie? es Partridge dabei, brachte aber das Thema von Zeit zu Zeit wieder

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