Persis kam herein und beugte sich uber seine Schulter. „Hast du Schwierigkeiten, mein Schatz?“
„Es ist nicht die Arbeit, es sind die verdammten Entscheidungen“, knurrte er.
„Du meinst, wohin wir gehen sollen?“
„Ja. Jetzt mu? die Frage entschieden werden. Saxo oder Beteigeuze. Einer von den beiden mu? es sein. Wir sind nicht ausgerustet, um auf einem unentdeckten Planeten zu landen und dort auf bessere Zeiten zu warten. Das Imperium ist zu weit entfernt; jeder Reisetag wurde die Gefahr, von Merseiern ausgemacht zu werden, vergro?ern. Sie werden Kuriere in alle Himmelsrichtungen geschickt haben, schnelle Schiffe. Ihre Einheiten werden diese Regionen durchkammen.
Saxo ist naher, aber auch gefahrlicher, denn auf dieser Route sind standig Schiffe der Merseier unterwegs. Jedes gro?e, schnelle Handelsschiff konnte uns stoppen und Bewaffnete an Bord schicken. Andererseits konnte ich, wenn wir einmal auf Rufweite herangekommen sind, unseren Stutzpunkt auf Starkad verstandigen und meine Information durchgeben. Aber die Sache ware sehr gewagt.
Beteigeuze ist eine unabhangige Macht und wahrt eifersuchtig ihre Neutralitat. Fremde Patrouillenschiffe mussen auf Abstand bleiben und sind so dunn verteilt, da? wir vielleicht durchschlupfen konnten. Auf Alfzar konnten wir uns beim Botschafter des Imperiums melden. Aber die Einheimischen wurden uns niemals heimlich in ihre Region eindringen lassen. Sie haben ihre eigenen Patrouillen im Grenzgebiet. Wir mu?ten die ganzen Formalitaten uber uns ergehen lassen, Zolldurchsuchung, Impfungen und so weiter, und als alles au?erhalb der Bahn des entferntesten Planeten. Und die Merseier konnten das ganze Hin und Her abhoren, aufmerksam werden und einen schnellen Zerstorer hinschicken, der uns abschie?t.“
„Das wurden sie nicht wagen.“
„Sag das nicht. Sie wurden alles wagen, und danach wurden sie sich entschuldigen. Wer wei?, was fur sie auf dem Spiel steht?“
Der Detektoralarm schrillte. Persis fuhr zusammen und fa?te Flandrys Arm. Er machte sich los und wollte den Hyperantrieb ausschalten und auf kinetische Geschwindigkeit heruntergehen. Aber er drehte den Schalter nicht. „Ich hatte vergessen“, sagte er. „Wir haben keinen sehr guten Detektor. Wenn es ein Kriegsschiff ist, hat es uns schon vor einiger Zeit ausgemacht. Jetzt mussen wir feststellen, in welcher Richtung der andere sich bewegt.“ Er veranderte den Kurs. Die Sternbilder drehten sich drau?en an den Bullaugen vorbei, sonst war nichts zu merken. „Wenn die Intensitat des Empfangs konstant bleibt, laufen wir parallel zu ihm.“ Direkt voraus leuchtete Saxo. Flandry wischte sich Schwei? von der Stirn. „Vielleicht will der andere dorthin“, murmelte er, um sich Hoffnung zu machen.
Minuten krochen. Flandry versuchte sich zu entspannen. Sein Hemd klebte ihm am Korper. Nach langer Pause entlie? er einen tiefen Seufzer.
„Gott sei Dank. Wie ich gehofft hatte. Er halt Kurs auf Saxo. Und wenn er auf geradem Kurs gekommen ist, mu? er einer von uns sein.“
Er wurde geschaftig, rechnete, futterte den Computer mit Daten und studierte die Kurs- und Positionsberechnungen. „Ja, wir konnen ihn treffen. Vorwarts.“
„Aber wenn es ein Merseier ist?“ fragte Persis. „Er mu? ja nicht von einem unserer Planeten kommen.“
Flandry zuckte die Achseln. „Damit mussen wir naturlich rechnen. Aber es sieht nicht schlecht aus. Er ist langsamer als wir, was auf einen Frachter schlie?en la?t.“ Er berichtigte den Kurs und lehnte sich zuruck. Ein Grinsen breitete sich uber sein Gesicht. „Die Entscheidung ist mir abgenommen“, erklarte er. „Wir gehen nach Starkad.“
„Wieso?“
„Ich habe nichts gesagt, weil ich keine falschen Hoffnungen in dir wecken wollte. Aber ich bin zuerst hierher gekommen, statt direkt Saxo oder Beteigeuze anzusteuern, weil dies die Route ist, die unsere Schiffe nehmen, wenn sie Manner und Ausrustungen nach Starkad bringen oder auf dem Heimweg sind. Vielleicht nimmt er uns mit… verstehst du?“
In ihre Augen kam ein freudiger Schimmer und verging. „Warum warten wir nicht lieber, bis einer kommt, der von Starkad zur Erde zuruckkehrt?“
„Ich bin froh, da? wir uberhaupt einen gefunden haben. Au?erdem konnen wir die Information auf diesem Weg eher an den Mann bringen.“ Flandry warf einen Blick auf die Berechnungen. „In einer Stunde sind wir in Rufweite. Sollte es doch ein Merseier sein, werden wir ihn wahrscheinlich abschutteln konnen.“ Er stand auf. „Jetzt brauche ich was zu trinken.“
Persis hielt ihre Hande ausgestreckt vor sich. Sie zitterten. „Wir brauchen etwas fur unsere Nerven“, stimmte sie zu. „Aber es sind auch Beruhigungsmittel da.“
„Schnaps macht mehr Spa?. Und weil wir vom Vergnugen sprechen, wir haben eine Stunde Zeit…“
Sie zauste seine Haare. „Du bist unmoglich.“
Das Schiff war der Frachter „Rieskessel“, registriert auf Nova Germania, aber auf dem Grenzplaneten Irumclaw stationiert, von wo er als Trampfahrer die umliegenden Regionen bediente. Es war ein riesiges, dickbauchiges Ding mit einem riesigen, dickbauchigen Kapitan. Als Persis und Flandry an Bord kamen, rohrte er ein nicht ganz nuchternes Willkommen.
„Oho, sieh da, Menschen! So fruh hatte ich keine Menschen erwartet! Und noch dazu etwas so Reizendes.“ Seine haarige Rechte umschlo? Flandrys Hand wie eine Teigschussel, mit der Linken fa?te er Persis unters Kinn. „Ich bin Otto Brummelmann.“
Flandry blickte an dem kahlen, bartigen Kopf vorbei in den Korridor, der von der Luftschleuse ausgehend die Langsachse des Schiffes durchzog. Lose Metallplatten vibrierten zum Gedrohn der schlecht eingestellten Maschine. Zwei sechsfu?ige Wesen mit leuchtend blauen Hullen, gro?en Kafern ahnlich, blickten von ihrer Arbeit auf und starrten zuruck; sie scheuerten den Boden in Handarbeit, was Flandry ein wenig verwunderte. Die Lampen strahlten ein rotliches Licht aus. Die Luft schmeckte nach Metall und war so kalt, da? ihr Atem dampfte. „Sind Sie der einzige Terraner an Bord, Kapitan?“ fragte er.
„Ich bin kein Terraner. Ich nicht. Von Nova Germania, aber seit Jahren auf Irumclaw. Meine Reeder bevorzugen einheimische Arbeitskrafte, die kommen billiger. Auf meinen ganzen Reisen hore ich kaum ein menschliches Wort. Meine Leute sind gut, aber mit der Aussprache kommen sie nicht zurecht.“ Brummelmann wendete seine kleinen Augen nicht von Persis ab und zupfte dabei an seiner schmuddeligen Uniform herum, als ob er damit die Falten zum Verschwinden bringen konnte. „Ein einsames Leben. Wie schon, Sie getroffen zu haben. Jetzt kummern wir uns um Ihr Boot, dann feiern wir das Ereignis mit einem Umtrunk in meiner Kajute. Einverstanden?“
„Es ware besser, wir fuhrten sofort ein vertrauliches Gesprach, Kapitan“, sagte Flandry. „Unser Boot kann warten. Daruber konnen wir sprechen, wenn wir allein sind.“
„Sie warten, und ich bleibe mit der kleinen Frau hier allein, nicht? Ho, ho, ho!“ Brummelmann fuhr Persis mit seiner Pranke uber den Rucken, da? sie entsetzt zuruckwich.
Auf dem Weg zur Kajute wurde der Kapitan von einem Besatzungsmitglied aufgehalten, das eine Frage hatte. Flandry nutzte die Gelegenheit, um in Persis' Ohr zu zischeln: „Beleidige ihn nicht, horst du? Das ist ein phantastischer Glucksfall.“
„Was?“ Sie rumpfte die Nase.
„Ja. Denk nach. Egal, was geschieht, von diesen Fremden kann uns keiner verpfeifen. Wir brauchen uns nur mit dem Kapitan gutzustellen, und das durfte nicht schwierig sein.“
Sie betraten die unaufgeraumte Kapitanskajute. Brummelmann fullte Glaser mit einem Getrank, das geeignet schien, die Magenwande zu zersetzen. Sein Glas leerte er mit einem Schluck bis zur Halfte. „So!“ rulpste er. „Nun konnen wir reden. Wer hat euch mit dieser Nu?schale in den tiefen Raum hinausgelassen?“
Persis nippte von ihrem Wasserglas, doch der Schnaps war so stark, da? sie hustete und prustete. Flandry setzte sich dem Kapitan gegenuber und studierte ihn. Der Mann war ein alkoholisches Wrack, ein Herumtreiber und Versager, der seinen Posten offenbar nur behielt, weil die Reeder auf einem menschlichen Kapitan bestanden und fur das Gehalt, das zu zahlen sie bereit waren, keinen anderen bekommen konnten.
„Sie sind unterwegs nach Starkad, nicht wahr, Kapitan?“ fragte er betont hoflich.
„Ja, ja. Meine Reederei hat einen Marinekontrakt. Irumclaw ist ein Umschlagplatz. Auf dieser Reise haben wir Baumaterial, Maschinen und Handfeuerwaffen geladen. Ich hoffe, da? ich nicht so bald wieder nach Starkad mu?. Dieses Highport ist ein odes Nest voller aufgeblasener Militars. Aber wir wollten von Ihnen sprechen.“
„Ich kann nichts sagen, au?er da? ich auf einer Sondermission bin. Es ist lebenswichtig fur mich, da? ich