diesem Becken ein. Wir glauben zwar, da? Lebensbedingungen und Nahrung geeignet fur ihn sind, aber wer kann das wissen?“
Hauksberg machte ein finsteres Gesicht. „Sie werden jede Chance zerstoren, seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit zu gewinnen, von seinem Vertrauen ganz zu schweigen.“
„Fur Verhandlungszwecke? Was haben wir an ihm verloren? Wir kennen seine Psyche nicht. Es kann gut sein, da? er auf erbarmungslose Behandlung eingestellt ist und nichts anderes erwartet. Wenn die Leute von Kursoviki mit kleinen Booten unterwegs sind und das Pech haben, diesen Meeresbewohnern zu begegnen, dann wissen sie, was die Stunde geschlagen hat. Unser Gefangener sieht hubsch aus, aber er ist weder mit Ihnen noch mit mir oder dem Landvolk verwandt.“
„Er denkt. Er fuhlt. Und gerade der Umstand, da? er nichts Gutes von uns erwartet, kann uns helfen — wenn wir ihn anstandig behandeln.“
„Ich wei? nicht. Was denkt und fuhlt er? Ich wei? nur, da? er ein Sauger ist, obwohl er durch Kiemen atmet. Seine Lebensbedingungen sind uns vollig fremd.“
„Die Merseier kommen gut mit ihnen zurecht.“
Abrams nickte verdrie?lich. „Sie haben sich Zeit genommen und alles gelernt, was wir nicht gelernt haben. Wir haben Versuche dieser Art unternommen, in Gebieten, die vom Konflikt bisher unberuhrt waren, aber die Merseier haben es jedesmal herausgebracht und die Sache hintertrieben.“
„Wie haben sie es herausgebracht?“ bohrte Hauksberg. „Durch Spione?“
„Nein, durch Uberwachung. Wenn wir irgendwie Zugang zu ihrem aufgezeichneten Wissen uber diese unterseeische Rasse bekommen konnten…“ Abrams brach ab und zog eine Zigarre aus der Brusttasche. Mit heftigen Bewegungen zundete er sie an.
Hauksberg lachelte. „Mi?verstehen Sie mich nicht, Oberst. Ich versichere Ihnen, da? ich kein weinerlicher Idealist bin. Ich habe nur etwas dagegen, wenn jemand hingeht und jedes Ei in Sicht zerbricht. Gro?er Murks, das.“ Er machte eine Pause. „Heute werde ich Sie nicht mehr belastigen. Aber ich mochte einen ausfuhrlichen Bericht uber dieses Projekt, heute abend noch, und regelma?ige Meldungen. Ich verbiete diese Hypnosondenbehandlung nicht kategorisch, aber ich werde keine Form der Qualerei oder Folter dulden. Und ich werde mich durch eigenen Augenschein vom Befinden des Gefangenen uberzeugen.“ Er wendete sich abrupt um. „Nein, nein danke, Sie brauchen mich nicht hinauszubegleiten. Guten Tag, die Herren.“
Die Tur fiel hinter seiner aristokratischen Eleganz ins Schlo?. Abrams fluchte und zog sich mit Leong in eine Ecke zuruck, wo sie mit gedampften Stimmen diskutierten. Das Summen und Klicken der Maschinen erfullte den Raum. Es war kalt. Flandry stand verloren da und starrte seinen Gefangenen an.
„Was grubeln Sie da?“
Flandry fuhr zusammen. Abrams war wie auf Katzenpfoten unbemerkt an seine Seite gekommen.
„Ich… ich habe nachgedacht, Chef“, stammelte Flandry errotend. „Hauks… ich meine, der Graf hatte recht. Sie ubersturzen die Sache ein bi?chen, nicht wahr?“
„Ich mu?.“
„Nein“, widersprach Flandry ernst. „Entschuldigen Sie, aber wenn wir die Zletovarsee erkunden wollen, konnen wir es mit Tauchern und U-Booten tun. Den Gefangenen hier brauchen wir dazu nicht; wir sollten ihn studieren, das erscheint mir sinnvoller und auf lange Sicht nutzlicher. Ich habe gelesen, was ich finden konnte, aber dieses Seevolk ist nach wie vor eine unbekannte Gro?e. Sie brauchen viel mehr Informationen, bevor Sie sicher sein konnen, da? irgendeine Form der Befragung zu Resultaten fuhren wird.“
Abrams betrachtete ihn unter zusammengezogenen Brauen durch eine Wolke Tabaksqualm. „Wollen Sie mir erzahlen, wie ich meine Arbeit zu tun habe?“ Seine Stimme klang mild.
„Nein, gewi? nicht. Ich — ich habe viel Respekt vor Ihnen.“ Eine Erleuchtung flammte in ihm auf. „Chef! Sie haben mehr Informationen, als Sie zugeben! Eine direkte Leitung nach…“
„Mund halten.“ Die Stimme blieb leise, aber Flandry schluckte und nahm unwillkurlich Haltung an. „Kein Wort davon, verstanden?“
„Ja — jawohl, Chef.“
Abrams sah sich nach den anderen Mannern um. Keiner von ihnen hatte mitgehort. „Junge“, murmelte er, „Sie setzen mich in Erstaunen. Wirklich. Sie sind als Aufklarerpilot nicht am richtigen Platz. Haben Sie schon mal an eine Versetzung zum Nachrichtendienst gedacht?“
Flandry bi? sich auf die Lippen. „Los“, drangte Abrams. „Sagen Sie es Onkel. Warum gefallt Ihnen der Gedanke nicht?“
„Es ware — ich meine — nein, Chef, ich bin nicht geeignet.“
„Seien Sie ehrlich, Mann. Haben Sie was gegen mich? Mir macht es nichts aus, ein Hurensohn genannt zu werden. Ich habe meine Geburtsurkunde.“
„Also“, ermannte sich Flandry, „ich wollte sagen, da? es ein schmutziges Geschaft ist.“
„Hm. Sie meinen diese Sache hier, zum Beispiel?“
„Ja. Ich… ich habe mir Gedanken gemacht“, stammelte Flandry. „Wissen Sie, ich hatte bei diesem Seegefecht keine Angst, und nachher sah es wie ein gro?artiger Sieg aus. Aber dann — dann sind mir die Toten eingefallen. Einer der Gefangenen wurde abgestochen wie ein Schwein. Und einer der Gestreiften brauchte zwei Tage zum Sterben. Wenn ich mir diesen hier ansehe — er wei? nicht einmal, was mit ihm geschehen wird!“
Abrams paffte eine Weile. „Alle Wesen sind Bruder, nicht wahr?“ sagte er schlie?lich.
„Nun ja, nicht unbedingt, aber…“
„Nicht unbedingt? Sie sollten es besser wissen. Sie sind es nicht! Nie gewesen. Sicher, der Krieg ist eine deprimierende Sache. Sicher, der Friede ist wunderbar. Aber man kann nicht immer Frieden haben, au?er im Tod, und man kann schon gar keinen Frieden haben, der nicht auf allseitigem Interesse beruht, der sich nicht fur alle Beteiligten auszahlt. Gewi?, das Imperium ist krank. Aber es ist unser Imperium. Es ist alles, was wir haben. Es ware unverantwortlich, wollte man seine Liebe und Loyalitat so dunn und gleichma?ig verteilen, da? fur die wenigen Geschopfe und Institutionen, denen man sie schuldig ist, nicht genug ubrigbliebe. Sie sollten ein paar von den Buchern lesen, die ich in meinem Quartier habe, hauptsachlich altes Zeug, Aristoteles, Juvenal, Machiavelli, Clausewitz und so. Aber das wird eine Weile dauern. Gehen Sie jetzt nach Hause und denken Sie uber meinen Vorschlag nach.“
„Hat der Fodaich meine Meldung nicht gelesen?“ fragte Dwyr.
„Naturlich habe ich sie gelesen“, antwortete Runei. „Aber ich mochte Auskunft uber gewisse Details. Warum haben Sie fur den Einbruch keine bessere Gelegenheit abgewartet?“
„Die Wahrscheinlichkeit fur eine solche Gelegenheit war nicht gro?, Fodaich. Es ging bereits gegen Morgen zu. Jemand hatte mich anhalten konnen, und meine Antwort ware notwendigerweise verdachtig gewesen. Mein Befehl lautete, da? jedes unnotige Risiko zu vermeiden sei.“
„Was ist mit der Patrouille, die Ihnen auf dem Ruckweg begegnet ist? Hat man Sie gesehen?“
„Wohl kaum, Fodaich. Es war im dichten Wald, und sie feuerten blindlings um sich, als ich ihren Anruf nicht beantwortete. Sie werden nur eine undeutliche Gestalt gesehen haben.“
Runei seufzte. „Nun, es war ein Versuch, und Sie haben Ihre Sache gut gemacht. Aber ich furchte, wir konnen Sie auf Starkad nicht mehr einsetzen, nachdem Abrams Sie gesehen hat.“
„Ich hoffe, man la?t mich in Ehren weiterdienen“, sagte Dwyr. „Noch etwas, Fodaich: Wahrend ich in Highport war, beobachtete ich von weitem einen Vorgang, der Sie vielleicht interessiert. Abrams ging mit einem Zivilisten, der mehrere Begleiter bei sich hatte, in angeregter Unterhaltung die Stra?e entlang. Ich vermute, der Zivilist war der kaiserliche Abgesandte.“
Runei nickte. „Der von hier aus nach Merseia geht. Haben Sie etwas von ihrem Gesprach auffangen konnen?“
„Der Gerauschpegel war sehr hoch, Fodaich, aber mit Hilfe meines Verstarkers konnte ich ein paar Wortfetzen verstehen. Danach habe ich den Eindruck, da? Abrams ihn nach Merseia begleiten wird. In diesem Fall sollten wir Abrams besonders gut beobachten.“
Runei rieb sich das Kinn. „Ja, das ist eine Moglichkeit. Halten Sie sich fur eine baldige Abreise bereit.“
Dwyr salutierte und ging. Runei sa? allein unter dem surrenden Ventilator. Nach einer Weile nickte er vor sich hin, holte das Schachbrett hervor und uberlegte seinen nachsten Zug. Ein Lacheln spielte um seine Lippen, als er eine Verbindung mit Abrams verlangte.