Element war. Er schmeichelte, floss uber vor Liebenswurdigkeit, platzierte das eine oder andere mitfuhlende Wort und gelegentlich wohl auch eine Drohung -entsprechend seiner Philosophie, dass es nichts gab, was man mit Worten nicht aus der Welt schaffen oder wieder ins Lot bringen konnte.
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Und so wurde mit der von allen Wahlbezirken einstimmig beschlossenen
Mit Einbruch der Dunkelheit leerte sich das Forum, und die Kampfer zogen sich in ihre jeweiligen Hauptquartiere zuruck - der harte Kern der Aristokraten in Catulus' Haus auf der Kuppe des Palatin, die Anhanger von Crassus in dessen bescheidenere Behausung ein Stuck weiter unten am selben Hugel, und die siegreichen Pompeianer in die Villa ihres Anfuhrers auf dem Esquilin. Wie ublich hatte der Erfolg seine fruchtbare Zauberkraft entfaltet, und so drangelten sich nach meiner Schatzung mindestens zwanzig Senatoren in Pompeius' Tablinum, tranken seinen Wein und erwarteten seine siegreiche Ruckkehr. Kandelaber tauchten den Raum in helles Licht. Alkohol, Schwei?, laute Mannergesprache - es herrschte eine Atmosphare wie so oft, wenn sich gro?e Spannungen losen. Caesar, Afranius, Palicanus, Varro, Gabinius und Cornelius hatten sich eingefunden, waren aber in der Minderzahl gegenuber den neuen Gesichtern. Ich kann mich nicht mehr an alle Namen erinnern. Lucius Torquatus und sein Vetter Aulus waren bestimmt anwesend, ebenso Metellus Nepos und Lentulus Marcellinus, zwei weitere angesehene junge Aristokraten. Cornelius Sisenna (der einer der leidenschaftlichsten Anhanger von Verres gewesen war), die Exkonsuln Lentulus Clodianus und Gellius Publicola (jener Gellius, der immer noch unter Ciceros Witz uber die Athener Philosophenkonferenz litt) hatten die Fu?e hochgelegt und fuhlten sich schon ganz wie zu Hause. Cicero selbst sa? in einem angrenzenden Zimmer uber der Dankesrede, die Pompeius morgen halten wurde. Damals wunderte ich mich daruber, dass er so still war, aber im Nachhinein glaube ich, dass er vielleicht intuitiv spurte, dass sich ein Riss im Gefuge des Staates aufgetan hatte, den selbst er mit seinen Worten nur schwer wurde kitten konnen. Alle paar Minuten schickte er mich in den Flur, um nachzusehen, ob Pompeius schon eingetroffen war.
Kurz vor Mitternacht erschien ein Bote mit der Nachricht, dass Pompeius auf der Via Latina Richtung Rom unterwegs sei. Fur den Fall, dass seine Feinde eine letzte verzweifelte Aktion planten, standen etwa zwanzig von Pompeius' Veteranen an der Porta Capena bereit, um ihn mit Fackeln nach Hause zu geleiten. Eine uberflussige Vorsichtsma?nahme, denn Quintus, der mit den Vorstehern der Stadtteile fast die ganze Nacht auf den Beinen gewesen war, berichtete seinem Bruder, dass es auf den Stra?en ruhig sei. Schlie?lich kundigten Bravorufe seine Ankunft an, und im nachsten Augenblick stand Pompeius mitten unter uns - gro?er denn je, grinsend, Hande schuttelnd, Schultern klopfend; sogar ich bekam einen freundlichen Klaps ab. Die Senatoren forderten lautstark eine Ansprache, worauf Cicero eine Spur zu laut anmerkte: »Er kann noch nicht sprechen, ich habe die Rede noch nicht fertig.« Einen Augenblick lang verdunkelte sich Pompeius' Gesicht, aber wieder war es Caesar, der Cicero zu Hilfe eilte, indem er in brullendes Gelachter ausbrach. Pompeius fing an zu grinsen und drohte Cicero gespielt vorwurfsvoll mit dem Finger, worauf sich die Atmosphare augenblicklich entspannte und in die spottelnde Stimmung einer Offiziersmesse verwandelte, wo der triumphierende Kommandeur gar nichts anderes erwartet, als auf den Arm genommen zu werden.
Bei dem Wort
KAPITEL XIII
Bei den jahrlichen Wahlen fur die Pratur in jenem Sommer hatte Cicero am besten abgeschnitten. Als Folge des Gezerres um die
Das begehrteste Amt war das des Stadtprators, der in jenen Tagen die gesamte Gerichtsbarkeit unter sich hatte, hinter den beiden Konsuln der dritte Mann im Staat und au?erdem fur die Ausrichtung der Spiele des Apollo verantwortlich war. War das der Haupttreffer unter den zu verteilenden Posten, so war der Gerichtshof fur Veruntreuungen der, den man unter allen Umstanden vermeiden wollte: Er war geradezu niederschmetternd langweilig. »Naturlich ware mir die Stadtpratur am liebsten«, vertraute mir Cicero auf dem Weg zum Senat an. »Ganz ehrlich, wenn ich bei >Veruntreuungen< ein Jahr lang Akten walzen muss, dann hange ich mich auf. Mit allem anderen kann ich leben.« Er war aufgeraumter Stimmung an jenem Morgen. Die Wahlen waren endlich vorbei, und er hatte die meisten Stimmen bekommen. Pompeius hatte nicht nur Rom, sondern inzwischen auch Italien verlassen, sodass Cicero von keinem machtigen Mann mehr uberragt wurde. Er war dem Konsulat jetzt sehr nah - so nah, dass er es fast beruhren konnte.
Wenn Amterverlosungen anstanden, sich also die hohe Politik mit dem Glucksspiel verband, war der Senat immer bis auf den letzten Platz besetzt. Als wir eintrafen, befand sich die Mehrheit der Senatoren schon im Saal. Cicero wurde ein lautstarker Empfang bereitet: Seine alten Anhanger unter den
Neben Cicero gab es nur noch zwei Manner mit unbestrittenen Fahigkeiten, die gelassen daraufwarteten, ihr Los zu ziehen. Der bei weitem fahigste war Aquilius Gallus, der schon ein angesehener Richter war und den so mancher fur einen noch besseren Rechtsanwalt als Cicero hielt. Tatsachlich war er eine Art Vorbild fur Cicero -