„Warum macht er eine Ausnahme?“

„Ich denke, da? das einer von Ihnen beantworten kann.“

„Vielleicht aus demselben Grund, der den Vollmond so viel heller scheinen la?t als den Viertelmond? Vielleicht haben die Partikel ganz einfach unebene Oberflachen und wirken in den meisten Positionen dunkel wegen der Schatten der Unebenheiten auf ihren Oberflachen — Schatten, die verschwinden, wenn das Licht hinter dem Beobachter ist?“

„Daran kann es liegen. Offensichtlich sind die Meteore gro? im Vergleich zu den Wellenlangen des sichtbaren Lichts und bilden einen definitiven Teil des solaren Systems. Ich glaube, es wurde einmal angenommen, wenn innerhalb der Erdumlaufbahn Partikel von einem Millimeter Durchmesser waren, die funf Meilen voneinander entfernt waren, mu?ten sie genug Licht reflektieren, um ein ahnliches Licht zu bilden, das wir jetzt beobachten. Sie konnten naturlich auch kleiner und zahlreicher sein. Nur eine bestimmte Menge von reflektierenden Oberflachen ist erforderlich.“

„Die machen mir aber Sorgen“, mischte sich eine andere Stimme ein. „Seit Jahren hore ich, da? geringe Gefahr besteht, da? Raketen mit Meteoren zusammensto?en konnen, wenn wir sie in den Raum senden. Aber ein Stecknadelkopf alle funf Meilen ist vielleicht nicht so schlimm.“

„Ich wurde sagen, da? die Moglichkeit von Kollisionen besteht „, erwiderte Wright, „aber welchen Schaden Partikel von dieser Gro?e anrichten konnen, wei? ich nicht. Es scheint ziemlich wahrscheinlich, da? sie durch den Anprall zersetzt wurden. Wie der Rumpf einer Rakete darauf reagieren wurde, das mussen wir mit Hilfe von Experimenten herausfinden. Es wurde mir nichts ausmachen, dieses Risiko auf mich zu nehmen.

Ich glaube, wir konnen sagen, da? der meteorische Inhalt des solaren Systems der menschlichen Rasse noch einige Unannehmlichkeiten bringen wird, falls wir unseren Planeten verlassen sollten.“

Ein wei?er Feuerstreifen beschrieb einen schweigenden Bogen uber den Himmel und schien Wrights Worte zu unterstrei chen. Wright fragte sich, ob der Feuerstreifen auf der photographischen Platte zu sehen sein wurde.

DIE FINDLINGSSTERNE

„Also gut — wunderbar. Du bist wirklich das beinahe bewegungsloseste Ding des Universums.“

Hoeys Worte waren selbstverstandlich bildlich gesprochen.

Ob sie zutrafen oder nicht, hing naturlich vollig vom Standpunkt des Betrachters ab. Nach vier Stunden gro?er Anstrengung ruhrten sich Rocco Luisi und sein Ymyrgar in Relation zu Hoey und der Anfforddus tatsachlich nicht, aber keine Maschine war reglos, was irgend etwas anderes betraf. Beide Schiffe reisten mit einer Geschwindigkeit von etwa vier Kilometer pro Sekunde in nordlicher Richtung durch die Galaxis, von ihrem Heimathafen auf Rhyddid aus gesehen, der siebenundfunfzig Parsek hinter ihnen lag. Aber sie bewegten sich mit einer viel gro?eren Geschwindigkeit, was das viel weiter entfernte Solsystem betraf. Aber was ihr Verhaltnis zueinander anging, so war die Geschwindigkeit auf etwa funf Zentimeter pro Jahr herabgesunken.

Es war problematisch, wie lange dies anhalten wurde. Ein automatischer Verfolger war in Hoeys Schiff eingeschaltet und versuchte, das Muster konstant zu halten, das die beiden kombinierten ultravioletten Laserstrahlen erzeugten. Einer der Strahlen kam aus seinem Schiff, der andere aus Luisis Schiff, aus den prazisesten Interferometern, die je hergestellt worden waren. Da die Schiffe etwa eine Lichtstunde voneinander entfernt waren, war es schwierig, Korrekturen vorzunehmen, obwohl ein Computer sein Bestes tat, Irrtumer zu vermeiden.

„Neunzehn Dezimalstellen“, lautete der sprichwortliche Standard der Genauigkeit seit uber einem Jahrhundert. Aber es gehorte noch nicht zu den Standardleistungen, dies zu erreichen.

„Das durfte es sein“, sagte Hoey. „Das bedeutet, da? wir beide wahrend der nachsten vier Stunden in unseren Sitzen ange schnallt bleiben — ohne Bewegung. Wenn irgendein Instrument in unseren Schiffen sich mehr als um ein halbes Mikron bewegt, im Verhaltnis zu einem anderen Instrument, so haben wir eine Menge Zeit und Geld verloren.“

„Ich wei? — das habe ich mir genauso oft eingeredet, wie du dir.“ Luisis Stimme klang klar und unverzerrt aus dem Kommunikator.

„Sicher hast du das“, erwiderte Hoey. „Aber eine Menge Leute fragen sich, ob du wirklich daran glaubst.“

„Nun, das hangt davon ab, was du unter Glauben verstehst.

Ich kann mir wie jeder andere vorstellen, wohin sich der Mittelpunkt meines Schiffes bewegt, wenn ich aufstehe. Ich…“

„Ich wei?, da? du das kannst. Dein Problem ist, da? du nicht glauben kannst, dies wurde wirklich solche Schwierigkeiten bereiten, wie sie behaupten. Denke doch daran, da? sie sich sogar uber Gezeitenkrafte von Cinder dort druben Sorgen gemacht haben…“ Er zeigte auf den dicken Obc-Stern, der sie aus einer Entfernung von einem halben Parsek anstarrte. „Und sie haben sich sogar die Muhe gemacht, eine Gegend in seiner Nachbarschaft zu finden, wo der Sonnenwind bestandiger ist…“

„Ach was! Raum ist Raum. Man mu? sich nur um den Wind sorgen, wenn man in der Nahe einer Sonne ist, und dann ist es auch nur ein Problem harter Strahlung.“

„Sehr wahr. Das Problem ist nur, da? die gewohnlichen Bewegungen der stellaren Winde eine Dichte von etwa zehn Atomen pro Kubikzentimeter schaffen. Und hier sind es ein paar tausend. Es hat sich herausgestellt, da? selbst diese Masse die Geschwindigkeit der Schiffe nicht ernsthaft beschleunigt, au?er, wenn die relative Geschwindigkeit sehr hoch ist. Aber damit mu?ten sich die Planer herumschlagen. Du verstehst ja, was ich meine. Und jetzt horen wir zu schwatzen auf. Je eher die Leute in,Big Boy’ mit der Arbeit beginnen konnen, desto fruher konnen wir wieder ruhig atmen. Ich werde sie rufen.“

Hoeys Finger spannten sich um einen Knopf, und er ersetzte den mikroskopisch kleinen Kristall im Aktivitatsfeld des Kommunikators durch einen anderen, dessen Zwilling sich an Bord von „Big Boy“ befand, etwas formeller Holiad genannt.

Er sprach ohne Vorrede, denn er wu?te, da? ihm jemand zuhoren wurde.

„Wir sind in der Position, und mein Verfolger sagt mir, da? wir sie halten konnen. Seht zu, da? ihr den Job erledigt, solange alles so gut lauft.“

„Okay.“ Die Antwort klang knapp, aber nicht beilaufig. Der Sprecher, ein kraftig gebauter Mann mittleren Alters mit einem beinahe fanatischen Leuchten in seinen blauen Augen, beugte sich uber die Kontrolltafel vor ihm und begann, in einer komplizierten Reihenfolge auf mehrere Knopfe zu drucken. Alle zwei oder drei Sekunden hielt er inne, um das Lichtmuster zu beobachten, das vor ihm vor einem Bildschirm flackerte. Nach einer halben Minute wurde das Muster konstant, und er lehnte sich entspannt zuruck.

„Programm A lauft.“

Ein jungerer Mann, der einige Meter entfernt vor einer ahnlichen Kontrolltafel sa?, nickte. Zuerst antwortete er nicht, aber dann beschlo? er, zu sprechen, nachdem er ein paar Sekunden lang genau uberlegt hatte, was er sagen wollte. Es konnte leicht passieren, da? man etwas Falsches zu Elvin Toner sagte.

„Glauben Sie, da? wir die volle Zeit herausschlagen konnen?

„wagte er schlie?lich zu bemerken. „Diese Piloten sind gut, aber ich wollte, wir hatten Robotschiffe fur die Schlusselstationen genommen. Ein Mann kann nicht endlos lange stillhalten.“

„Das wunsche ich mir auch.“ Toner antwortete ohne merkbare Irritation, und sein Blick blieb auf der Kontrolltafel haften.

„Und au?erdem wunsche ich mir“, fuhr der Direktor fort, „da? es moglich ware, das Kommunikationssystem zu einer automatischen Kontrolle fur Dinge wie Entfernung oder Messung der Lichtverzogerung zu verwenden. Aber bis irgendein Genie Ihrer Generation ein System ausarbeitet, wie man Frequenz, Wellenlange und Ausbreitungsgeschwindigkeit von Wellen messen kann — oder wenigstens herausfindet, was alles zu dem Wellenphanomen gehort —, mussen wir mit der elektromagnetischen Strahlung auskommen und auch mit menschlichen Wesen.

Das mag Ihnen zwar nicht gefallen, aber wenn Sie einmal mein Alter erreicht haben, werden Sie sich damit abfinden.“

„Das hoffe ich nicht“, konnte Ledermann sich nicht enthalten zu sagen.

„Eh? Warum nicht?“ Toners Augen wandten sich beinahe von den Instrumenten ab.

„Ich meine, wenn ich es lerne, mich mit Unzulanglichkeiten abzufinden, dann wird es deshalb sein, weil ich nicht fahig war, etwas zu verbessern. Und wer will das schon gern zugeben?“

Toner grinste.

„So etwas will naturlich niemand zugeben, nehme ich an.

Aber ehrliche Leute mussen es ab und zu tun. Halt! Da kommt das Ende der ersten Minute. Irgendwelche Unregelma?igkeiten auf Ihrem Pult?“

„Bis jetzt nicht. Ich wei? allerdings nicht, was das beweist.

Wir konnen nur messen, was in die Generatoren hineinkommt.

Wir konnen nicht beruhren, was herauskommt, ohne es zu verandern…“

„Naturlich.“ Der altere Mann machte eine ungeduldige Handbewegung. „Aber es ist doch eine Erleichterung, da? alles gut ablauft. Ich wei? nicht, wie es mit Ihnen ist, Dick, aber Programm A, das sind bereits zum zweitenmal die langsten Stunden meines Lebens.“

„Ich wei?“, erwiderte Ledermann. Es geschah zum ersten mal, da? Toner so offen uber seine Gefuhle sprach, und es geschah ebenfalls zum erstenmal, da? der Assistent aufrichtige Sympathie fur den Direktor verspurte. Da der jungere Mann kein schneller Denker war, wu?te er wieder einmal nicht, was er auf diese Bemerkung antworten sollte.

Aber wahrscheinlich gab es gar nichts Passendes, was man darauf hatte sagen konnen. Toner hatte wie die meisten Manner in mittleren Jahren eine ziemlich stabile personliche Lebensphilosophie entwickelt und besa? einen Fundus von grundlegenden Glaubenssatzen. Das gegenwartige Experiment kollidierte sehr heftig mit einem dieser Glaubenssatze — mit einem Glaubenssatz, den Ledermann nicht anerkannte.

Andererseits, dachte der Assistent, wahrend er durch eines der gro?en Sichtfenster der Holiad starrte, war dies ein Ort, an dem es schwer war, von der Richtigkeit von Glaubenssatzen uberzeugt oder nicht uberzeugt zu sein.

Der Raum war nicht dunkel, obwohl die nebelartigen Substanzen, von denen es im Orion-Auslaufer des Milchstra?ensystems nur so wimmelte, nie sehr hell waren, auch wenn sie von keiner Planetenatmosphare getrubt wurden. Wenn man naher an eine ausgedehnte Lichtquelle herankam, so wurde es auch nicht heller, nur dichter. Von der Position der Holiad aus war der gro?te Teil des Himmels nebelhell. Und fur einen Raumfahrer wirkt alles im Raum, was einer Wolke gleicht, irgendwie falsch am Platz. In einigen Richtungen blinken die Sterne bestandig, andere Regionen sind von lichtjahrweiten Staubmassen verdunkelt. Ein Teil des Staubs selbst ist hell, denn Cinder ist nur ein halbes Parsek entfernt. Seine hellen Strahlen lassen nicht nur die Nebelgase fluoreszieren, sondern sie beleuchten auch den Staub auf weite Entfernungen. Cinder ist nur etwa funfmal so gro? wie Sol, was bedeutet, da? der Stern aus einer Entfernung von einem halben Parsek wie ein Punkt aus sieht.

Aber dieser Punkt beleuchtete die Holiad genauso stark wie der Vollmond die Erde. Verschiedene andere O- oder B-Sterne schimmerten in der Nachbarschaft. Manche sahen heller aus als die Venus von der Erde aus betrachtet, manche gaben sich nur dadurch zu erkennen, da? sie den sie umgebenden Staub beschienen, andere waren nur schwach im Nebel sichtbar. Im Auslaufer des Orion steht eine der Wiegen der Galaxis.

Unglucklicherweise sind die Bewohner dieser Wiege Findlinge.

Die allgemeinen Umstande einer Sternengeburt sind nun ziemlich klar. Schiffe, die in die wolkigeren Regionen der Galaxis vorgedrungen sind, haben Sterne in allen Stadien ihres Werdens beobachtet, von Gas- und Staubwolken, kaum dichter als der interstellare Raum, uber die T Tauri-Variablen, die hei? genug sind, um sichtbare Strahlen auszusenden, bis zu der Riesenbevolkerung von Hauptsonnen, deren Wasserstoffeuer leuchten. Eine vollstandige Geburt wurde noch in keinem Fall beobachtet, aber wir wissen genug, um uns die Umstande mit einiger Gewi?heit vorstellen zu konnen.

Und wie bei Findlingskindern, so liegt der Ursprung von Sternen im Dunkel. Lange Zeit wurde angenommen, da? Veranderungen in der Dichte des interstellaren Raumes den Schlusselfaktor darstellen, da? Zufall der Vater ist. Fur Ledermann, jung und konservativ, war es kein Problem, diesen Standpunkt einzunehmen. Fur ihn war es klar, da? zufallige „Winde“ im Raum zeitweise Gaskonzentrationen schufen, die so dicht waren, da? ihre Schwerkraft den spaltenden Gezeitenkraften der restlichen Galaxis standhalten konnte, sie uberwinden konnte, um ein lokales Potential zu

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