Sie beruhigten sich wieder, wahrend die Me?linien festgesetzt wurden. Ihre fruhere Praxis mochte ihnen sehr geholfen haben, denn sie brauchten nur neunzig Minuten, um ihre kleinen Schiffe in die richtige Relation zueinender zu bringen.
„Wir sind soweit, Doc!“ Hoeys Stimme klang beinahe jubelnd.
Toner, der inzwischen ziemlich uberzeugt davon war, da? beim erstenmal ohnehin alles ordnungsgema? verlaufen war, konnte ebenso gut gelaunt antworten.
„Gute Arbeit — das ging ja sehr schnell. Ich werde jetzt die AMessungen einstellen. Wie weit seid ihr etwa von der Stelle entfernt, an der wir zum erstenmal mit dem Programm begonnen haben?“
„Ein paar Flugstunden, wurde ich sagen. Wir haben es nicht genau festgestellt. Sie sagten ja nicht, da? das notwendig sei.“
„Ist es auch nicht. Entspannt euch.“
„Okay, Bo?. Bringen Sie die Dinge ins Rollen.“
„Sie rollen bereits.“
Sogar in der ruhigeren Atmosphare des zweiten Ablaufs steigerte sich die Spannung ein wenig, wahrend Programm A abgewickelt wurde. Obwohl dieser Teil des Projekts beim erstenmal ohne erkennbaren Fehler abgelaufen war, konnte man nicht wissen, ob die mogliche unbekannte Fehlerquelle bei Programm B nicht noch immer existierte.
Naturlich konnte es so sein. Die Programme waren verschieden — und das Wort „unbekannt“ war sicherlich ein Schlusselwort.
Niemand konnte ganz sicher sein — noch nicht.
Toner und Ledermann kannten freilich die genaue Sekunde, in der die Unterbrechung des Programms B — wenn es wirklich eine gewesen war — stattgefunden hatte. Hoey und Luisi kannten sie beinahe genauso gut von Toners Bericht her. Alle vier beobachteten die Uhren. Vielleicht lag es an der Spannung, die die Uhrzeiger in ihnen hervorriefen, vielleicht auch nicht. Danach wu?te es keiner genau zu sagen. Was immer auch die Ursache war, sechs Sekunden vor dem kritischen Moment, als beide Wissenschaftler ihre Armlehnen umklammerten und auf ihr Kontrollsystem starrten, mu?te Hoey niesen.
Er nieste ziemlich laut, und die Tatsache, da? Toner es klar durch den Kommunikator horte, half auch nicht, die Effekte zu verringern. Der Kopf des Piloten hatte auf der gepolsterten Stutze geruht, die ein Teil seines Sitzes war, in der Stellung, die er wahrend des ganzen Experiments hatte beibehalten sollen.
Die Zuckungen der Muskeln wahrend des Niesens lie?en seinen Kopf um etwa zwanzig Zentimeter herabsinken.
Die Anfforddus wog etwa eine Million mal so viel wie Hoeys Kopf, so da? ihr Mittelpunkt sich etwa nur um ein Millionstel bewegte, was etwa den funfzigsten Teil eines Mikrons ausmachte.
Die Tatsache, da? dies innerhalb der Toleranzgrenzen des Experiments lag, dammerte Toner nicht sofort. Unter anderen Umstanden hatte er es wahrscheinlich in Sekundenschnelle erkannt, aber jetzt war seine Reaktion mehr ein Reflex als eine bewu?te Handlung. Er benahm sich wie ein uberzeugter Antivivisektionist, vor dessen Augen man ein mechanisches Herz in einem Hund ausprobierte. Er explodierte. Er sprang auf — und bewegte sich viel spurbarer als Hoey, obwohl es glucklicherweise keine Rolle spielte, ob die Holiad sich bewegte oder nicht. Er begann auch zu reden, wenn es auch ungewi? ist, was er sagte. Ledermann loschte diesen Teil vom Tonband. Der jungere Mann brauchte etwa drei?ig Sekunden, um seinen Vorgesetzten so weit zu beruhigen, da? er vernunftigen Argumenten zuganglich war, und weitere funfzehn Sekunden, bis er diese Argumente begriff. Nach funf Sekunden hatte Toner dann seine Beherrschung wiedergewonnen und begann sich bei Hoey zu entschuldigen.
Aber Hoey horte die Entschuldigung wahrscheinlich nicht.
In den rund funfzig Sekunden, die seit seinem Niesen verstrichen waren, hatte die Strahlung von seinem Schiff etwa funfzehn Millionen Kilometer zuruckgelegt. Das war leicht festzustellen.
Und diese Tatsache konnte vielleicht nutzlich sein, obwohl niemand daran dachte, sie zu verwerten.
Das Problem war naturlich, da? man nicht genau feststellen konnte, ob das Niesen eine bedeutende Anderung in das Strahlenmuster brachte, das die Anfforddus aussandte. Man konnte es schon deshalb nicht feststellen, weil niemand wu?te, wie gro? eine Anderung sein mu?te, um bedeutend zu sein.
Toner hatte gerade wieder begonnen, in normalem Ton zu sprechen, als Ledermann einen uberraschten Schrei ausstie?.
Und der Direktor, der seine gesamte Aufmerksamkeit dem Kommunikator zuwandte, blickte wieder zum Kontrollpult zuruck.
Die Lichter waren ausgegangen. Nichts. Und auch der Bildschirm des Kommunikators zeigte nichts, als er ihn wieder anstarrte.
Und genauso war es mit Ledermanns Kontrollsystem.
Hundert Sekunden spater, nachdem sich wiederholte Rufe an die beiden kleinen Schiffe als zwecklos erwiesen hatten, versetzte der Kapitan der Holiad das Schiff in Fahrt. Vier oder funf Sekunden spater, etwa ein Hundertstel eines Parsek von der Stelle entfernt, an der es gelegen hatte, hielt das Forschungsschiff wieder an. Wahrscheinlich war es ein paar zehn tausend Kilometer von Hoeys Schiff entfernt, aber weder mit dem blo?en Auge noch mit Hilfe der Instrumente konnte man ein Anzeichen des kleines Schiffes entdecken.
Die Rufe blieben weiterhin unbeantwortet. Suchschiffe flogen aus, mit Ortungsinstrumenten und Rettungsausrustung.
Auch ihnen antwortete Hoey nicht. Kein einziges Partikel aus fester Materie konnte innerhalb von Lichtminuten im Umkreis der vorherigen Positionen der beiden Schiffe gefunden werden.
Und spater, als die Raumproben auf Rhyddid untersucht wurden, stellte man den ziemlich hohen Gehalt von Aluminiumatomen in der betreffenden Raumregion fest.
Naturlich mu?te auch das nicht unbedingt ein signifikantes Faktum sein.
„Also, wer war das?“ Die Frage kam mit grollender Stimme.
Der Sergeant erhielt nicht sofort Antwort. „Nun? Wer war das?
Es kam genau von der Stelle, an der Sie jetzt sein sollen, VA. Waren Sie das?“
„Ich — ich glaube.“
„Sie glauben es? Ein Soldat sto?t einen Schrei aus, der entlang der halben Spirale gehort werden kann, und dann glaubt er nur, da? er es war?“
„Ich war es, ich — ich…“
„Sie waren es also. Nun ja, wenigstens haben Sie das Glauben aufgegeben. Und warum haben Sie geschrien? Sie wissen doch, warum wir hier sind.“
„Ja, Sergeant.“
„Sie wissen auch, was wir hier tun?“
„Ja, Sergeant.“
„Bis jetzt haben Sie auch gut mitgearbeitet.“
„Ja, Sergeant.“
„Und Sie wissen auch, warum wir das Zeug zusammenschaufeln?“
„Ja, Sergeant. Um den Weg freizumachen fur…“
„Halten Sie den Mund! Was kann uns der Weg nutzen, wenn die Flickers ihn finden, bevor unsere Jungs Gelegenheit haben, durchzukommen?“
„Wahrscheinlich nicht viel, nehme ich an, Sergeant.“
„Sie nehmen an. Nun, ich glaube, ich sollte froh sein, da? sogar Sie das begriffen haben. Jetzt, nachdem Sie wie ein Kleinkind gebrullt haben, wie lange wird es Ihrer Meinung nach dauern, bis ein Spahschiff der Flickers in dieser Gegend herumfliegt?“
„Das wei? ich nicht, Sergeant.“
„Ich wei? es auch nicht, aber es wurde mich sehr uberraschen, wenn wir vorher noch ein Hundertstel des Weges rund um die Spirale zurucklegen konnten. Wenn es moglich ware, schneller als die Strahlung zu fliegen, dann konnten Sie sie schon erwischen, ehe Sie ein weiteres Kubikparsek freigelegt haben.“
„Sie konnen so oder so auftauchen. Jetzt kann man es allerdings noch nicht wissen.“
„Das, Soldat, ist der einzige Grund, warum Sie nicht schon jetzt unter formeller Anklage stehen. Wenn wir demnachst entdeckt werden — sagen wir, bevor die Wolke, die Sie gerade zusammenwischen, zu strahlen beginnt —, dann nehme ich an, da? es nicht Ihre Schuld war. Aber wenn wir danach aufgestobert werden, wenn Ihr Geschrei sich ein paar hundert Parsek weit ausgebreitet hat, dann sind Sie dran. Was habe ich nur verbrochen, da? ich mit so einem…“
„Aber Sergeant! Ich konnte nichts dafur. Etwas hat mich gebissen.“
„So, etwas hat Sie gebissen. Dann lassen Sie sich eben bei?en!
Seit wann…“
„Aber ich konnte wirklich nichts dafur. Es geschah etwas mit meinen Muskeln, und ich zuckte so zusammen, da? ich dachte, man musse mich auf jeden Fall sehen. Aber dann entspannte ich mich und nahm eine Pille. Ich wei?, wie wichtig es ist, keine Storung zu verursachen. Das Gefuhl verschwand fur einen Moment, aber dann kam es verstarkt wieder, und bevor ich ein weiteres Beruhigungsmittel nehmen konnte, hatte ich uberall Krampfe. Ich konnte nicht anders, als einen kleinen Schrei auszusto?en…“
„Klein? Er war laut genug, um… Aber lassen wir das. Ich hoffe, Sie konnen vorzeigen, was Sie gebissen hat. Das mag Ihnen vor Gericht helfen. Alles, was einen Soldaten um seine Selbstkontrolle bringen kann, konnte sich als brauchbare Waffe erweisen. Wenn wir mehr von den Dingern zuchten konnten, die Sie gebissen haben. Sehen Sie zu, da? Sie eines davon fangen, ohne allzu gro?en Larm zu machen.“
„Ich furchte, da habe ich nicht rechtzeitig daran gedacht, Sarge.
Wir werden niemals so ein Ding fangen. Das Ganze war nur ein Reflex, und es tut mir sehr leid, aber ich zerquetschte das Ding, ohne zu uberlegen.“
Sergeanten sind manchmal dafur bekannt, da? sie einen gewissen Hang zur Rhetorik haben. Dieser Sergeant, DA von der. Kompanie des. Aufklarungsbataillons der Republik Whilth bildet keine Ausnahme.
Wenn er nicht so vorsichtig gewesen ware, fur seine Ausfuhrungen nur kurze Strahlungen zu verwenden, so hatte man sie bis nach Whilth horen konnen, das im solnachsten Spiralenarm der Milchstra?e liegt. Aber sogar die kurzen Wellen hatten eine Reaktion der Instrumente in der Holiad hervorrufen konnen.
Aber naturlich existierte die Holiad nicht mehr.
Lange, bevor der ungluckliche VA sich daruber klar geworden war, welch ein miserabler Soldat er war, hatten Dick Ledermann und Elvin Toner das Zeitliche gesegnet. Wegen Altersschwache.
DER MECHANIKER
Wenn die Haifisch trage dahintrieb, machte sie ihrem Namen wenig Ehre, sondern wirkte eher wie ein Rochen. Aber jetzt, auf hoher Kreuzfahrt, glich sie einem fliegenden Fisch. Sie ragte vollig aus dem Wasser, bis auf die vier Streben, die ihre Schwimmer trugen. Die Propeller drehten sich so hoch uber die Wasserflache, da? sie kaum Spritzwasser erzeugten. Ein kreisender Monitorsatellit hatte das Schiff aus hundert Meilen Entfernung sehen konnen, da sein Doppelrumpf mit einem lebhaft fluoreszierenden Muster in Rot und Gelb bemalt war. Aber die Haifisch produzierte so wenig Kielwasser, da? ein solcher Beobachter nicht die Geschwindigkeit von fast funfundsechzig Knoten hatte feststellen konnen, mit der die Maschine uber das Wasser glitt.
Chester V. Winkle sa? auf der Backbordseite, und seine Finger ruhten leicht auf den Druckschaltern. Er blickte nach vorn, obwohl er wu?te, da? er seinen Augen allein nicht trauen durfte.