Der Gro?teil seiner Aufmerksamkeit galt der Stimme des kleineren Mannes, der vier Fu? von ihm entfernt zu seiner Rechten sa?, hinter dem anderen „Auge“ des Schiffes. Yoshii Ishihara sah nicht hinaus. Seine Blicke waren unverwandt auf das Unterwasser-Schallme?gerat gerichtet, das bei ihrer gegenwartigen Geschwindigkeit als einziges zwischen der Haifisch und einer Katastrophe stand, zwischen den Eisbergen und den Zeowalen der Labrador See.

„Zweiundzwanzig Wale, etwa vierzehntausend Meter bis zu der Mitte der Gruppe.“

„Wohin schwimmen Sie?“ Winkle wu?te, da? die Frage uberflussig war. Wenn eine Kursanderung erforderlich gewesen ware, hatte Ishihara es gesagt.

„In unsere Richtung, fur zweiunddrei?ighundert Meter. Dann zweiundzwanzig Strich Steuerbord. Da ist Eis im Weg.“

„Gut. Gibt es weitere Daten uber die Objekte?“

„Nein. Wir werden sie leichter bekommen, wenn wir anhalten, und wir werden wenig Zeit verlieren, wenn wir warten.

Vier von den zweiundzwanzig lassen sich treiben. Seien Sie bereit fur die Kursanderung.“

„Ich warte nur auf Ihre Angaben.“

Etwa eine Minute herrschte Schweigen, dann sagte Ishihara: „Steuerbord zehn.“

„Steuerbord zehn.“ Die Schwimmer an den Bugstreben der Haifisch tauchten tiefer unter Wasser, als Winkle auf den Knopf druckte, aber der Rumpf blieb etwa auf gleicher Ebene.

Die Kompa?nadel bewegte sich rasch uber zehn Grade hinweg.

Als sie den zehnten erreichte, sagte Ishihara, ohne von seiner Skala aufzublicken: „Halt.“

„Okay“, erwiderte der Kommandant.

„Jetzt noch zwolf nach Steuerbord.“

Wieder schwang die Haifisch herum und behielt dann den neuen Kurs bei.

„Jetzt ist unser Weg frei“, sagte Ishihara. „In funf Minuten die Maschinen zurucknehmen.“

Trotz seiner Versicherung, da? der Weg frei sei, blickte Ishihara nicht von seinem Instrument auf. Solange die Haifisch unterwegs war, lie? seine Pflichtauffassung keine Unaufmerksamkeit zu. Auch Winkle, obwohl sein schlafriges Aussehen eine standige Zielscheibe schlechter Witze war, blickte aufmerksam nach vorn, um rechtzeitig Hindernisse zu erkennen.

Er konnte mehrere Eisberge sehen. Aber keiner lag direkt im Weg des Schiffes, und Winkles Finger bewegten sich nicht, bis sein Zweiter Offizier das erwartete Signal gab.

Dann verstummte das Wimmern der Turbinen allmahlich, und die breite Form der Haifisch sank in die Dunung hinab.

Der Rumpf setzte sanft auf der Wasserflache auf, und das Schiff stoppte. Und zwanzig Fu? hinter der Kommandokabine warteten die vier restlichen Mitglieder angespannt auf den Befehl zur Aktion.

„Langsam genug, um die Daten zu lesen?“ fragte Winkle.

„Ja, Sir. Die Suchsignale gehen gerade hinaus. Innerhalb der nachsten drei?ig Sekunden werde ich zahlen konnen.“ Ishihara machte eine Pause. „Einer der vier Drifter treibt jetzt auf uns zu. Aber ich sehe keine Reaktion der anderen.“

„Welcher der Drifter ist uns am nachsten?“

„Da ist einer funfzehnhundert Meter weit weg, genau Backbord.“

Winkles Finger bewegten sich wieder. Die Turbinen, die die gro?en Luftschrauben antrieben, blieben still, aber Wasserdusen schwangen das Schiff in die angezeigte Richtung. Langsam fuhr die Haifisch auf das treibende Tier zu. Winkle rief uber die Schulter einen Befehl.

„Kran und Taucher einsatzbereit! Die Klappe ist entsichert.

Erwarte Kontakt in funf Minuten.“

„Kran bereit“, berichtete Dandridge mit tiefer Stimme, wahrend er sein Schachbrett beiseite schleuderte und auf einen Schalter druckte. Mancini, der ihm am Schachbrett gegenubergesessen hatte, eilte weiter nach hinten ins Laboratorium, das mehr als die Halfte des bewohnbaren Teiles der Haifisch fur sich in Anspruch nahm. Er sagte nichts, da an ihn kein Befehl ergangen war, und er ruhrte keinen Finger, um einen seiner Apparate einzuschalten, solange das Schiff in Bewegung war.

„Taucher bereit“, sagte Farrell, nachdem er und sein Assistent uberpruft hatten, ob Sichtfenster und Luftausla?ventile ihrer Taucheranzuge in Ordnung waren. Sie hatten sich bereits fur das arktische Wasser gekleidet. Zu beiden Seiten des rotbemalten Decks nahmen sie ihre Platze ein, gleich vor dem Laboratorium, das sich hinter der Hauptluke befand. Dandridge blickte auf, uberzeugte sich, da? niemand auf der Klappe stand, und offnete sie durch einen Druck auf einen Schalter seiner Kontrolltafel. Ihre Halften glitten auseinander und enthullten die eisgrune Flussigkeit, die den Doppelrumpf umspulte. Bei der gegenwartigen Geschwindigkeit der Haifisch verdrangte das Schiff so viel Wasser, da? es bis etwa vier Meter unterhalb der Klappe reichte. Farrell blickte in das Wasser hinab. Sein jungerer Assistent buckte sich und sah durch die Offnung.

Ishiharas Stimme konnte den Wind, der durch die geoffnete Klappe blies, kaum ubertonen. Nur gelegentlich drangen Worte zu den Tauchern.

„Sechshundert… Los… Vier… Drei…“

„Ich sehe ihn“, unterbrach ihn Winkle. „Ich nehme ihn.“

Wieder rief er uber die Schulte!. „Farrell… Stubbs… Wir kommen zu einem. In einer Minute werdet ihr ihn sehen. Ich sage euch, wenn ich ihn unter dem Bug habe.“

„Ja, Sir“, erwiderte Farrell. „Siehst du ihn schon, Rick?“

„Noch nicht. Nur Quallen.“

„Funfzig Meter“, rief Captain. „Jetzt drei?ig.“ Er drosselte die Wasserdusen noch weiter. „Zwanzig.“

„Ich sehe ihn! „rief Stubbs.

„Gut“, erwiderte der Kapitan. „Zehn Meter. Funf. Er ist direkt unter mir. Ich habe ihn verloren. Taucher!“

„Etwa funf Meter, Sir. Jetzt im Totpunkt… Vier… Drei…

Zwei… Okay, er ist direkt unter der Klappe. Magnetgreifer bereit, Gil?“

Der Magnetkran hing direkt uber der Klappe, Dandridge war also bereit. Aber Winkle nicht.

„Halt! La?t ihn noch nicht herab. Stubbs, beobachten Sie den Fisch. Treiben wir?“

„Ein wenig, Sir. Der Fisch treibt ein wenig nach Backbord…

Jetzt haben Sie das Schiff gestoppt — ja, jetzt.“

„Ziemlicher Wind“, bemerkte der Kapitan, wahrend er seinen Finger vom Kontrollknopf der Wasserdusen nahm. „Okay, schnappt ihn.“

„Glaubst du, da? es mit dem Magneten klappt, Marco?“ fragte Dandridge. „Dieser Wal sieht mir ziemlich komisch aus.“

Der Mechaniker trat zu den Tauchern und zu Dandridge an die Offnung und blickte auf ihr schwimmendes Problem hinab.

Auf den ersten Blick sah der „Wal“ ganz gewohnlich aus. Er war etwa zwei Meter lang und perfekt wie eine Zigarre geformt, bis auf die Stelle, wo der Einla?ring etwa vierzig Zentimeter hinter der Nase endete. Die Ausla?offnungen, die sich etwa ebenso weit vom Schwanz entfernt befanden, waren kaum sichtbar, da sie einfache Locher in der dunkelgrauen Haut waren.

Uberhaupt konnte man wenige Einzelheiten erkennen. Der ganze Organismus war mit einer braunen, schleimartigen Masse uberzogen, einer Masse von Fasern, die einem verschimmelten Seehundsfell glichen.

„Irgendwo hat er das aufgeschnappt“, sagte Mancini. „Aber ich sehe nicht ein, warum eure Magnete nicht funktionieren sollten. Oder habt ihr Angst, da? ihr sie schmutzig macht?“

„Also gut. La? die Leiter ’runter und steuere die Magnete, Rick.“ Dandridge lie? eine leichte Aluminiumleiter aus dem Bugstuck der Klappe ausfahren. Dann druckte er auf einen anderen Schalter, und die Greifer senkten sich langsam herab.

Stubbs hakte sich an der untersten Sprosse der Leiter fest, und mit beiden Handen hielt er die Masse gleitenden Metalls fest.

Die Haifisch schwankte ein wenig in der Dunung, und die achtzig Pfund von Elektromagneten und angeschlossenen Drahten benahmen sich etwas rebellisch. Der jungste Mann der Crew und der einzige Nicht-Spezialist — er absolvierte seine beiden Arbeitsjahre, die einer hoheren Ausbildung vorausgingen — hatte seinen Anteil an der schmutzigen Arbeit zu tragen.

Aber er beklagte sich nicht.

„Langsamer — langsamer — zwanzig Zentimeter, zehn… Halt jetzt an! Noch ein klein wenig tiefer — okay!“ Dandridge folgte den Instruktionen, speiste die Magnete mit Strom und wollte die Apparatur wieder anheben.

„Warte!“ rief der Junge auf der Leiter. „Es halt nicht!“

Der Mechaniker reagierte blitzschnell.

„Bringt es trotzdem heraus!“ rief er. „Etwas von der Substanz klebt am Magneten. Ich mochte eine Probe haben.“

Stubbs wich zuruck, als die schleimige Masse an ihm vorbeiglitt.

Dandridge schnitt eine angeekelte Grimasse, als sie auf gleicher Hohe mit dem Deck war.

„Das konnt ihr gern haben“, bemerkte er.

Mancini gab keine Antwort und zeigte au?er Interesse keine anderen Emotionen. Er war in sein Laboratorium gelaufen, wahrend die Schleimmasse hochgezogen wurde, und kehrte jetzt mit einer Zweiliterflasche und dem gro?ten Trichter, den er besa?, zuruck.

„Ein bi?chen weiter nach hinten“, sagte er kurz. „Das genugt.

Wenn etwas danebengeht, dann ist es besser, wenn es ins Wasser fallt als auf das Deck.“ Die Greifer, die sich ein paar Zoll auf ihn zubewegt hatten, stoppten kurz vor dem hinteren Rand der Offnung. Mancini stand gleichmutig davor, und der Wind zerrte an seinen Kleidern. Er hielt den Trichter und die Flasche unter die Magnete.

„Okay, Gil, la? es fallen.“ Dandridge gehorchte.

Der Gro?teil der Masse fiel gehorsam vom Greifer. Etwas davon landete im Trichter und glitt weiter in die Flasche. Etwas traf Mancinis ausgestreckten Arm, was ihn aber nicht im mindesten zu storen schien, und ein wenig tropfte auf das Deck, zu Dandridges sichtlichem Widerwillen. Aber das meiste fiel an Mancinis Arm vorbei ins Meer.

Der Mechaniker nahm etwas von der Masse von seinem Arm und rieb es zwischen Daumen und Zeigefinger.

„Kornig“, bemerkte er. „Die Magnete halten dieses Zeug fest, aber nicht das Skelett des Wales. Das bedeutet, da? der Gro?teil des Skeletts verschwunden sein mu?, und ich wette, da? diese Korner magnetisch sind. Ich wurde sogar einen Dollar wetten, da? diese Infektion von der alten — Fe-DE- Kultur herruhrt, die sich vor ein paar Jahren in Passamaquoddy selbstandig machte. Ich werde es naturlich analysieren lassen, um sicherzugehen. Ich furchte, die Taucher werden Schlingen benutzen mussen, um den Fisch an Bord zu schaffen.“

„Rick, zuerst werde ich einmal die Magnete hinablassen, und du kannst sie im Wasser abwaschen. Dann werde ich die Schlingen holen, und ihr konnt sie um den Wal winden.“

„Okay, Sir. Ich warte.“

Als die Greifer wieder herabsanken, rief Dandridge dem Mechaniker, der gerade ins Laboratorium gehen wollte, nach: „Ich nehme an, der Wal ist ruiniert, wenn Sie mit der Infektion recht haben. Konnen wir da nicht Schadenersatz kassieren?“

Der Mechaniker schuttelte verneinend den Kopf.

„Von DE kann man nicht kassieren. Die sind langst pleite.

Au?erdem entschieden die Gerichte schon vor einiger Zeit, da? einer Verletzung oder Zerstorung eines Stucks von Pseudoleben nur ein wiedergutzumachender Schaden sei, wenn es ein Originalmodell betrifft. Dieser Fisch ist ein Abkommling von einem zehn Jahre alten Modell. Er wurde im Meer geboren.

Wir haben ihn nicht gemacht und konnen auch keine Entschadigung verlangen.“

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