ab. Die Unterhaltung verstummte. Gwnda bat seine Gaste, am Tisch Platz zu nehmen. Es gab aufgeschnittenen Braten, Kase, pikante Pasteten und Haferbrot. Becher mit Met und frischem Wasser standen bereit.

Fidelma nutzte die Gelegenheit, Eadulf zu fragen, ob er der Unterhaltung einigerma?en hatte folgen konnen. Eadulf sagte, er verstehe, woruber man rede, sei der Sprache jedoch nicht so machtig, um etwas beitragen zu konnen.

»Man hat dich also geschickt, um das Geheimnis der verschwundenen Klostergemeinde aufzudecken?« wandte sich Gwnda nun an Fidelma.

»Was wei?t du daruber?« fragte Bruder Meurig.

»Llanpadern befindet sich nur drei Meilen von hier entfernt. Wir haben weder etwas bemerkt noch etwas gehort, bis einer unserer Schafer uns davon berichtete.« Er war nachdenklich geworden. »Es war ebenjener Idwal, er kam hierher und erzahlte meinen Leuten, da? die Monche wie vom Erdboden verschluckt seien. Das war genau an dem Vormittag, als er Mair umgebracht hat.«

»Hast du jemanden losgeschickt, um seine Geschichte zu uberprufen?«

Gwnda schuttelte den Kopf. »Als mir Buddog, meine Dienerin, berichtete, was Idwal ihr erzahlt hatte, war Mair schon tot. Idwal war bereits gefangengenommen worden. Wir waren ganz mit dem Mord beschaftigt, und dann habe ich jemanden losgeschickt, um von Dewi Sant einen Richter anzufordern. Erst heute vormittag habe ich mich an die Geschichte mit Llanpadern erinnert. Naturlich war es da zu spat.«

»Zu spat? Was meinst du damit?«

»Ja, wi?t ihr es denn nicht?« fragte Gwnda uberrascht. »Der junge Dewi, der Sohn von Goff, dem Schmied von Llanferran, teilte uns heute fruh mit, da? die Klostergemeinde von Seeraubern entfuhrt wurde. An der nahe gelegenen Kuste hat man ein paar tote Monche gefunden. Wahrscheinlich sind sie bei einem Fluchtversuch heimtuckisch erschlagen worden.«

Diese Nachricht machte alle sprachlos und tief betroffen.

Bruder Meurig fragte leise: »War Bruder Rhun unter den Opfern?«

»Das wei? ich nicht. Dewi sagte, da? die Leute von Llanferran die toten Monche begraben hatten. Wenn sich Bruder Rhun darunter befunden hat, hatten sie es uns sicher mitgeteilt.«

»Und hat dieser Dewi aus Llanferran gesagt, wer die Seerauber waren?« fragte Fidelma ruhig.

»O ja. Es waren Angelsachsen.«

Kapitel 5

Die darauffolgende Stille wurde nur von Eadulf unterbrochen, der verlegen auf seinem Stuhl hin und her rutschte. Er hatte alles verstanden und wich nun Fidelmas Blicken aus.

»Dieser Junge, den ihr Dewi nennt, ist er ein zuverlassiger Zeuge?«

Gwnda nickte. »Sein Vater, Goff, ist ein sehr angesehener Mann. Llanferran liegt nicht weit von hier, wenn du dich selbst vergewissern willst.«

»Hast du viel Kontakt zum Kloster Llanpadern?«

»Eigentlich nicht. Ich kannte den Klostervorsteher, Pater Clidro, ziemlich gut. Er war ein gro?herziger frommer Mann und ein hervorragender Gelehrter. Aber wir haben mit den Monchen nur wenig Handel getrieben.«

»Du hast gesagt, da? Idwal euch als erster von den verschwundenen Monchen erzahlt hat?« fragte Fidelmanachdenklich. »Das mu? vor zwei Tagen gewesen sein, oder?«

»Er hat das meiner Dienerin Buddog erzahlt, nicht mir.«

»Ich mu? unbedingt mit Idwal daruber sprechen, was er gesehen hat.«

»Der wiederum ist kein zuverlassiger Zeuge«, bemerkte Gwnda sarkastisch.

Fidelma zog die Augenbrauen ein wenig hoch. »Warum? Weil er sich jetzt in dieser mi?lichen Lage befindet?«

»Keineswegs. Idwal hat behauptet, da? die Gemeinde einfach verschwunden sei. Puff! Wie Rauch im Wind. Da? es keine Anzeichen fur Gewalt gab. Wenn die Angelsachsen Llanpadern geplundert und die Monche entfuhrt haben, wie Dewi berichtet, dann mu? man doch sehen, da? dort ein Uberfall stattgefunden hat.«

Fidelma verkniff sich, Gwnda zu sagen, da? Idwals Darstellung mit der von Bruder Cyngar ubereinstimmte.

»Warum hielt sich Idwal zu dieser Zeit in Llanpadern auf?« wollte sie wissen.

»Der Junge ist ein umherziehender Schafhirte und wandert haufig uber die Berge.«

»Verzeih mir die Frage, aber bist du dir sicher, da? er an dem gleichen Vormittag die Nachricht uberbrachte, an dem er das Madchen vergewaltigt und ermordet haben soll?« Zum erstenmal beteiligte sich Eadulf an der Unterhaltung. Es war auch das erstemal, da? er sich in der Sprache von Dyfed au?erte. Er sprach mit starkem Akzent und fehlerhafter Grammatik, doch man konnte ihn verstehen. Gwnda betrachtete ihn uberrascht.

»Ah, und ich dachte, du bist stumm, Angelsachse. Dabei kannst du sprechen. Nicht gut, aber immerhin redest du.«

»Bruder Eadulf ist Abgesandter des Erzbischofs von Canterbury«, erlauterte ihm Fidelma. »Und er ist mein getreuer Begleiter. Er beherrscht mehrere Sprachen.«

Gwnda lachelte herablassend. »Ich habe erfahren, da? es unter den Juten von Canterbury einen neuen Erzbischof gibt. Ein Grieche, nicht wahr?«

»Ehe wir uns uber diese und jene Neuigkeiten unterhalten, sollten wir vielleicht noch einiges klaren«, sagte Fidelma. »Bruder Eadulf hat eine prazise Frage gestellt.«

Der Furst von Pen Caer zuckte gleichgultig mit den Schultern. »So ist es, sachsischer Bruder. Das war an dem gleichen Vormittag, an dem Idwal Mair vergewaltigt und umgebracht hat.«

»Ein Zufall?« fragte Eadulf mit Nachdruck.

»Was sonst, mein sachsischer Freund? Was sonst?«

Gerauschvoll rausperte sich Bruder Meurig. »Morgen ist genugend Zeit, sich mit dem Ratsel von Llan-padern zu beschaftigen«, sagte er. »Ich wurde gern mehr uber den Mord hier erfahren. Vielleicht konntest du, Gwnda, mir den Vorgang so schildern, wie er sich deines Wissens nach zugetragen hat.«

»Wie er sich meines Wissens nach zugetragen hat?«

»Alles, was du wei?t. Zuallererst, wer ist eigentlich das Opfer?«

Gwnda setzte sich auf seinem Stuhl zurecht und legte die Hande ineinander. »Ein Madchen namens Mair. Wie ihr wi?t, war sie die Tochter von Iorwerth, unserem Schmied - seine einzige Tochter. Sogar sein einziges Kind. Da Iorwerths Frau auch schon tot ist, hat sie ihm sehr viel bedeutet. Mair war sehr jung, erst sechzehn Jahre alt. Und sie war Jungfrau.«

Bruder Meurig schnalzte mehrmals mit der Zunge. Als er sah, da? Fidelma die Stirn leicht runzelte, erklarte er ihr: »Ich glaube, auch in deinem Land hat die Ehre einer Jungfrau ihren Preis, Schwester. Dieser Preis, wir nennen ihn hier sarhead, ist sehr hoch. Ein Teil des Geldes steht dem Konig zu, denn eine Jungfrau und ihre Sicherheit liegen in seiner Verantwortung. Das wird hier seine nawdd genannt.«

Mit gesenktem Kopf hatte Fidelma Bruder Meurig zugehort. »Das stimmt. Bei uns hei?t dieser Preis snadud. Der Schutz des Konigs. Alle Jungfrauen seines Herrschaftsgebietes stehen unter seinem Schutz, und wenn ihnen jemand ihre Jungfraulichkeit nimmt, so mu? derjenige dafur eine bestimmte Geldsumme zahlen.«

»Sollten wir uns jetzt nicht den Umstanden des Mordes zuwenden?« warf Bruder Meurig ein.

Also fuhr Gwnda fort: »Es fiel auf, da? Idwal mehr als unter solchen Bedingungen ublich Mairs Gesellschaft suchte.«

»Was meinst du mit: unter solchen Bedingungen?« erkundigte sich Fidelma.

»Idwal ist, wie ich schon sagte, ein umherziehender Schafhirte. Au?erdem ist er ein Findelkind. Ein Kind ohne Herkunft, ohne Namen. Niemand kannte seinen Vater oder seine Mutter. Er ist ein Junge ohne jeden Wert. Deshalb hat Iorwerth ihm nahegelegt, sich von seiner Tochter fernzuhalten. Und Mair hat er dazu aufgefordert, die Gesellschaft des Schafhirten zu meiden.«

»Und hat sie das getan?« fragte Fidelma.

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