Elen senkte traurig den Kopf. »Er hat ein edles Gemut und bricht seine Versprechen nicht. Das ist noch ein Beweis mehr, warum er Mair nicht hatte umbringen konnen.«

»Angenommen, da? es so ist, wei?t du, wer ihr Liebhaber war?«

»Nein, das wei? ich nicht. Sie war sehr verschwiegen. Sie hat mir nur erzahlt, wie die erste Nacht gewesen ist - so wie sich Madchen eben uber ihre Liebsten unterhalten. Mair war sehr zynisch. Sie machte sich sogar ein wenig uber ihren Liebhaber lustig; er war wohl sehr linkisch und unerfahren.«

»Mair hingegen hatte Erfahrung, was?« fragte Eadulf mit spottischem Unterton.

Fidelma neigte sich auf einmal zu dem Madchen vor, um ihm in die Augen zu blicken. »Bruder Eadulf hat recht. Fand diese Unterhaltung mit Mair statt, als sie gerade ihre Jungfraulichkeit verloren hatte, oder hatte sie schon zuvor ihre Erfahrungen gemacht?«

Elen uberlegte sich ihre Antwort genau, denn ihr wurde deren Tragweite bewu?t. Dann schuttelte sie den Kopf. »Zu jenem Zeitpunkt prahlte sie damit, ihre Jungfraulichkeit verloren zu haben. Mair war den Mannern immer sehr zugetan gewesen - besonders alteren Mannern. Ich erinnere mich, da? sie damals uber fleischliche Geluste sprach und mir verriet, da? ihr Geliebter ein alterer Mann sei, der unbeholfen war und dem sie sich uberlegen fuhlte.«

»Ein alterer Mann?« Fidelma richtete sich nachdenklich auf. »Da Mair ziemlich jung war, konnte es sich auch um jemanden handeln, der einfach nur ein wenig alter war als sie.«

»Elen, hast du uberhaupt keine Ahnung, wer es sein konnte?« fragte Eadulf.

Elen schuttelte heftig den Kopf.

»Denk grundlich nach«, bedrangte er sie. »Das konnte auch der Mann sein, der sie getotet hat, falls dein Freund Idwal, wie du behauptest, es nicht gewesen ist.«

»Ich denke nicht, da? Mair von ihrem Geliebten umgebracht worden ist.«

»Ich schatze, das ist wohl eine weitere vom Gefuhl bestimmte Aussage, oder?« fragte Eadulf boshaft.

»Nein«, entgegnete das Madchen. »Wi?t ihr, ich glaube, ich sollte an jenem Tag das Opfer sein.«

Kapitel 13

Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Selbst Fidelma kostete es Muhe, die Frage, die Elens Worte heraufbeschworen, auszusprechen.

Plotzlich wurde es laut vor der Tur. Gwnda trat ein. Er wirkte sehr erregt.

»Sie haben . «, hub er an. Nun entdeckte er Elen und schwieg. Dann sagte er: »Elen, la? uns bitte allein.«

»Aber Vater, was . «, beschwerte sich das Madchen.

Gwnda stampfte mit dem Fu? auf - eine Reaktion, die Fidelma uberrascht schmunzeln lie?. Sie hatte davon gehort, da? Leute in hochster Wut mit den Fu?en aufstampften, aber gesehen hatte sie es noch nicht.

»Geh sofort hinaus!«

Widerstrebend stand das Madchen auf und schaute Fidelma mit einem Blick an, der ihr zu verstehen gab, da? sie das Gesprach gern fortsetzen wurde. Dann ging sie.

Gwnda wartete, bis sie drau?en war. »Ich mochte nicht, da? sie das mit anhort«, erklarte er kurz.

»Das war kaum zu ubersehen«, versicherte ihm Fidelmatrocken. »Was soll Elen denn nicht mit anhoren?«

»Der Junge .«

»Meinst du Idwal?« mischte sich nun Eadulf ein.

»Idwal. Er ist gefunden worden.«

Fidelma sprang auf. »Dann mussen wir ihm umgehend einige Fragen stellen«, sagte sie entschlossen.

Eadulf stand auch auf, aber Gwnda machte eine abweisende Handbewegung.

»Dafur ist es zu spat. Ich sagte euch doch, da? die Leute aufgebracht reagieren wurden, wenn sie von Bruder Meurigs Tod erfahren. Iorwerth und Iestyn haben den Mob angefuhrt. Sie . Sie haben den Jungen gelyncht.«

»Ist er tot?« fragte Fidelma nach einer Pause. Im selben Moment wurde ihr klar, da? diese Frage uberflussig war. Naturlich war der Junge tot. Sie konnte es in Gwndas Gesicht lesen.

»Ich habe Iorwerth und Iestyn fur ihre Tat zurechtgewiesen«, sagte der Furst von Pen Caer. »Ich sehe ein, da? sie gegen das Gesetz versto?en haben. Doch ich glaube, es war ein gerechter Ausgang der ganzen Sache, und Konig Gwlyddiens oberster Richter wird dafur Verstandnis haben. Der Junge ist tot. Damit ist die Angelegenheit erledigt.«

»Tatsachlich?« Fidelmas Zorn war nicht zu uberhoren. Eadulf wiegte sich voller Unbehagen hin und her.

»Ja, es ist in der Tat eine traurige Geschichte«, redete Gwnda weiter, ohne das Funkeln in ihren Augen zu bemerken. »Es tut mir nur leid, da? das Ganze mit dem Tod eines so erfahrenen barnwr wie Bruder Meurig endete.«

»Das ist sicherlich bedauerlich.« Fidelmas Stimme klang gefahrlich kalt.

Gwnda klatschte in die Hande, woraufhin Buddog eintrat. Er befahl ihr, Met zu bringen.

»Ich habe die Leiche des Jungen zu Elisse, dem Apotheker, bringen lassen. Ich werde dafur sorgen, da? der Junge ein ordentliches Begrabnis erhalt. Damit ist der Fall endgultig abgeschlossen«, verkundete er und setzte sich hin. »Meine Tochter kannte Idwal«, fugte er hinzu, als wollte er etwas erklaren. »Ich wollte nicht, da? sie erfahrt, was gerade geschehen ist.«

»Sie wird es bald selbst herausfinden«, meinte Eadulf.

»Das stimmt, ich werde es ihr in angemessener Form beibringen. Zunachst wollte ich es euch allein mitteilen.«

»Es ist emporend, da? die Leute den Richterspruch mi?achtet haben«, sagte Fidelma, die ihre Wut jetzt ein wenig gezugelt hatte. Eadulf hatte befurchtet, sie wurde vollig au?er sich geraten, doch sie schien ihre Gefuhle im Griff zu haben. »Verweigerst du es mir immer noch, uber den Tod von Mair und Bruder Meurig Ermittlungen anzustellen?«

Gwnda sah sie erstaunt an. »Ermittlungen? Aber wir haben den Fall doch gelost. Nicht innerhalb des Gesetzes, aber wir haben ihn gelost.«

»Der Meinung bin ich nicht.«

Gwnda runzelte verargert die Stirn. »Ich habe dir schon einmal gesagt, da? du in diesem Fall keine Befugnisse hast. Die Angelegenheit ist, soweit es mich betrifft, erledigt. Ich werde der Abtei Dewi Sant eine Botschaft schicken, damit das Gericht davon in Kenntnis gesetzt wird.«

Fidelma neigte nachdenklich den Kopf. »Nun gut, aber gegen meine Ermittlungen im Fall des Klosters Llanpadern hast du ja wohl nichts einzuwenden.«

Gwnda war mi?trauisch geworden. »Das wei?t du doch. Du hast die Erlaubnis des Konigs.«

»Dann werde ich mit jenen Ermittlungen fortfahren.« Sie drehte sich um und bedeutete Eadulf, ihr zu folgen. Gwnda blieb verwirrt und gereizt zuruck.

Drau?en fragte Eadulf verblufft: »Was sollte denn das hei?en?«

Fidelma lachelte ihn an. »Ich werde mit Iorwerth und Iestyn reden.«

»Aber Gwnda hat gesagt .«

»Gwnda hat gesagt, da? er nichts dagegen hatte, wenn ich mit meinen Ermittlungen zu Llanpadern weitermache. Du wirst dich daran erinnern, da? Idwal am Vormittag von Mairs Tod am Kloster vorbeikam. Alles, was Llanpadern betrifft, kann auch Idwal betreffen.«

Fidelma ging zu Buddog in die Kuche. »Wo kann ich Elen finden?« fragte sie.

»Sie hat das Haus verlassen, als ihr Vater zuruckkam. Ich wei? nicht, wohin sie gegangen ist.«

Fidelma pre?te verargert die Lippen aufeinander, bedankte sich aber bei der Haushalterin.

»Wie schade«, sagte sie zu Eadulf, der drau?en auf dem Hof wartete. »Ich mochte unbedingt wissen, was sie damit meinte, da? Mair an ihrer Stelle umgebracht wurde. Ehe wir sie ausfindig machen, la? uns zur Schmiede gehen, um ein deutliches Wort mit dem Schmied zu reden.«

Eadulf zogerte. »Ich habe arge Zweifel, ob Gwnda die Sache im gleichen Licht sieht wie du.«

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