Der Bauer war mi?trauisch. »Da gibt es nichts weiter zu erzahlen. Ich kam durch den Wald und ...«
»Weshalb bist du eigentlich durch den Wald gegangen?« fragte Eadulf unschuldig dazwischen.
»Mein Hof liegt am Flu? in der Nahe des Waldes. Ich wollte zu Fu? in den Ort, nachdem ich einem meiner Nachbarn Obst gebracht hatte. Ich wollte zu Iorwerth.«
»Weiter«, sagte Fidelma, als er innehielt.
»Ich horte einen lauten Wortwechsel. Ich erkannte Mairs Stimme sofort. Dann entdeckte ich Idwal. Sie schienen beide aufgebracht zu sein, Idwal wirkte ziemlich aggressiv.«
»Aggressiv? Wie hat sich das geau?ert?«
»Seine Stimme klang wutend. Sein Gesicht und sein ganzes Benehmen kamen mir bedrohlich vor.«
»Und dann?«
»Ich wu?te, da? Iorwerth Mair verboten hatte, sich mit Idwal zu treffen, und umgekehrt ebenso. Ich eilte zu Iorwerths Schmiede, um ihm davon zu berichten.«
»Hast du Mair gemocht?« fragte Eadulf zu Fidelmas Verwunderung. »Ich meine, fandest du sie anziehend?«
Iestyn errotete. »Ich bin der Freund ihres Vaters und alt genug, um ihr Vater zu sein«, entgegnete er schroff.
»So ist es«, erwiderte Eadulf munter. »Aber sie war ein hubsches junges Madchen. Gab es da nicht Liebhaber oder Manner, die gern ihre Liebhaber gewesen waren?«
»Ihr Vater hatte eine Ehe fur sie ausgehandelt, damit .«
»Ich wei?. Doch hast du sie nicht auch anziehend gefunden?«
Fidelma sah, da? Iestyn immer wutender wurde, und da sie ihn nicht vollig verstoren wollte, fiel sie Eadulf ins Wort.
»Wir haben uns gefragt, warum du nicht eingegriffen hast, wenn sie sich so furchterlich stritten. Warum hast du den Streit nicht geschlichtet?«
»Dazu hatte ich kein Recht. Ich dachte ja nicht, da? der Junge Mair umbringen wurde, sonst hatte ich es wohl getan.«
»Aha, das hei?t - so richtig besorgniserregend war ihr Gezank fur dich doch nicht?« warf Eadulf rasch ein.
Der Bauer runzelte die Stirn, als versuchte er, den Sinn dieses Einwurfs zu ergrunden.
»Es war schon ein heftiger Streit«, sagte er langsam. »Sonst ware Mair noch am Leben.«
»Ruckblickend ist man immer schlauer«, stimmte ihm Eadulf zu. »Doch in dem Moment warst du nicht der Ansicht, es konnte fur das Madchen lebensgefahrlich werden, oder? Sonst warest du doch dageblieben und hattest Mair beigestanden, nicht wahr?«
»Naturlich hatte ich das!« fauchte der Bauer zuruck.
»Statt dessen bist du zu Iorwerth gerannt und hast ihm erzahlt, da? du Zeuge warst, wie sich Mair und Idwal im Wald stritten?«
»Ja.«
»Hast du unterwegs noch jemand anderen gesehen? Etwa Gwnda oder sonst wen?«
Iestyn schuttelte den Kopf. »Nicht da? ich wu?te ... Aber ja, ich bin Buddog begegnet, sie hat Pilze gesammelt.«
»Eins verstehe ich nicht recht«, meinte Fidelma nun. »Du hast erzahlt, da? Idwal sich trotz des Verbots mit Mair traf und da? sie sich stritten. Allerdings nicht so heftig, da? es dein Eingreifen erforderte. Und auch nicht so ernst, als da? du um ihr Leben furchten mu?test. Doch Iorwerth reichte deine Nachricht schon aus, ein paar Manner zusammenzutrommeln, um loszuziehen und Idwal zu bestrafen. Warum habt ihr den Jungen so geha?t?«
»Dem mu?te doch Gehorsam beigebracht werden!
Respekt kannte er auch nicht! Das ist alles«, rechtfertigte sich Iestyn. »Wir sind alle Iorwerths Freunde, und wir dachten, wir sollten ihm helfen.«
»Also, was geschah weiter?« fragte Fidelma.
»Zunachst fuhrte ich sie zu der Stelle, wo ich Mair und Idwal gesehen hatte. Da lag Mair, tot. Fast im gleichen Augenblick entdeckte ich Gwnda - und Idwal, ein bi?chen weiter, lag bewu?tlos am Boden. Iorwerth und die anderen ...« Er machte eine Pause, blickte sie verstockt an. »Wir wollten den Jungen am nachsten Baum aufhangen. Gwnda hielt uns davon ab, er wollte nicht gegen das Gesetz versto?en.«
»Nebenbei bemerkt, hat Gwnda euch eigentlich gesagt, wieso er so fruh am Morgen im Wald unterwegs war?« fragte Eadulf.
Iestyn schuttelte den Kopf. »Der Weg hinter der Holzfallerhutte entlang ist ziemlich begangen. Er fuhrt nach Cilau.«
»Ich verstehe. Also habt ihr den Jungen in den Ort gebracht? Wenn ihr wu?tet, da? bald ein
»Viele Leute waren daran beteiligt. Es war der Wille des Volkes.
Iestyn schwieg.
»Ich erinnere mich daran, da? du bei unserer Ankunft die Keule geschwungen hast. Weil du damit die Stimme des Volkes unterstutzen wolltest?«
»Waret ihr nicht eingeschritten, wurde Bruder Meurig immer noch am Leben sein.«
»Willst du damit sagen, da? ihr keine Verantwortung an Idwals Tod tragt?«
»Der Junge hat Mair umgebracht. Wir haben hier unsere eigene Art, mit Mordern umzugehen, Gwyddel.« Zum erstenmal hatte sich Bitterkeit hinter Iestyns erzwungener Zuruckhaltung gezeigt.
»Das ist eine Art, die gegen das Gesetz versto?t. Bruder Meurig hat euch das ziemlich deutlich erklart.«
»Der ganze Ort stand hinter uns.«
»Wird es dadurch zu Recht? Nur selten wird etwas moralisch, weil es der Wille der Mehrheit ist.«
Iestyn blickte finster drein.
»Ich schatze«, stellte Eadulf sarkastisch fest, »da? der Wille der Mehrheit euch der Verantwortung an Idwals Tod enthebt?«
»Willst du etwa sagen, da? wir falsch gehandelt haben?« fragte der Bauer hohnisch. »Bruder Meurig war Richter und Monch. Willst du etwa behaupten, da? man seinen Morder nicht bestrafen sollte? Ich dachte, da? ihr Monche und Nonnen euch untereinander beschutzt.«
»Woher wu?test du, da? Idwal es war, der Meurig umgebracht hat?«
Der Bauer betrachtete ihn, als sei er verruckt. »Was sagst du da?«
»Ganz einfach. Wer hat gesagt, da? Idwal Meurig totete?«
»Nun ... Jeder wu?te es.«
»Waren denn alle dabei, als der Mord geschah?« fragte Fidelma verachtlich.
»So habe ich das nicht gemeint. Wenn es nicht Id-wal war, wer sollte denn dann den
»Eine gute Frage«, warf Fidelma ein. »Eine, uber die man hatte nachdenken sollen, ehe Idwal sterben mu?te.«
»Wer, wenn nicht Idwal? Er ist mit dem
»Weit ist er aber nicht gekommen, oder?« meinte Fidelma rasch. »Er ist vielmehr in allernachster Nahe geblieben, bis ihr dawart.«
»Er war eben ein Schwachkopf.«
»Ein Schwachkopf, aber dennoch ein gemeiner Morder, den ihr auf der Stelle aufhangen mu?tet?«
»Was ich auch mit einem tollwutigen Hund tun wurde«, antwortete Iestyn murrisch.
»Also habt ihr den Jungen umgebracht, ohne ihm eine Chance einzuraumen?« entgegnete ihm Eadulf scharf.